STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Durchwahl Telefon +49 (0)351 564-1500 Telefax +49 (0)351 564-1509 staatsminister@ smj.j ustiz.sachsen.de' Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 1 040E-KLR-881 /1 7 SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Hosp¡talstraße 7 | 01 097 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Kirsten Muster, AfD-Fraktion Drs.-Nr.: 6/8986 Thema:,,S-Bahn-Vorfall vom 17. Mär22017 in Dresden-ZschachwiE" Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: ,,Am 17.03.2017 kam es an der S-Bahn-Stat¡on in Dresden-ZschachwiE zu e¡ner Auseinandersetzung zw¡schen e¡nem Dresdner und zwe¡ Asylbewerber . Die Medien haben übereinstimmend darüber berichtet, dass der Mann von den beiden Asylbewerbern auf die Gleise geschubst und während der Einfahrt des Zuges mit Fußtritten daran geh¡ndert wurde, wieder auf den Bahnsteig zu klettern. Nur durch eine Vollbremsung des reaktionsschnellen Lokführers kam die S-Bahn kurz vor der angegriffenen Person zum Stehen. Die Staatsanwaltschaft hat die beiden Täter nach e¡ner kuzen Festnahme w¡eder laufen lassen und den Fall der für Verkehrsdelikte zuständ¡gen Abteilung zugewiesen. Erst nach vier Tagen wurde ein Haftbefehl beantragt." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Dresden. zfl.Aprit 2otz Hausanschrift: Sächslschês Staatsmlnlsterium der Justlz Hospitalstraße 7 01 097 Dresden Briefpost über Deutsche Post 01095 Dresden www.justiz.sachsen.de/smj Verkehrsverbl nd ung: Zu erre¡chen mil Straßenbahnlinien 3,6,7, 8, 11 Parken und behindertengerechter Zugang über Einfahrt Hospitalstraße 7 .zugang für elektronisch signierte soûe für verschlüsselto elektronische Dokumente nur übar das Elektron¡sche Ger¡chts- und V6Maltungspostfach; nåhere lnlormationên unter ww.ogvp.de Seite 1 von 6 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Frage l: Warum hat die Staatsanwaltschaft Dresden nicht sofort wegen versuchten Totschlags die Untersuchungshaft für beide Tatverdächtige beantragt? Der zuständige Dezernent der Staatsanwaltschaft Dresden hat, nachdem die Beschuldigten durch die Bundespolizei festgenommen worden waren, am 17. März 2Q17 nach einer Beratung mit Mitarbeitern des zuständigen Kommissariats der Polizeidirektion Dresden einen Tötungsvorsatz für nicht nachweisbar erachtet. Er ist dabei davon ausgegangen , dass die örtlichen Gegebenheiten, die nach seiner Ansicht eine Flucht des Opfers auf das Nachbargleis erlaubt hätten, für die Beschuldigten erkennbar gewesen seien, so dass auf der Grundlage der strengen Anforderungen des Bundesgerichtshofs an die Feststellung der subjektiven Tatseite bei Tötungsverbrechen ein Tötungsvorsatz nicht nachweisbar gewesen sei. Daraufhin erfolgte die Abgabe an die Verkehrsabteilung der Staatsanwaltschaft Dresden . Von der Beantragung eines Haftbefehls wurde dort nach Verneinung des Tötungsvorsatzes abgesehen, da allein der Von¡rurf eines gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkeh r d ie Anordn ung von Untersuchungshaft n icht rechtfertigte. Nach Bekanntwerden des Sachverhalts forderte die Generalstaatsanwaltschaft Dresden am 20. Mär22017 bei der Staatsanwaltschaft Dresden einen Bericht an. Am 20. März 2Q17 hat der für Kapitalsachen zuständige Dezernent gegen beide Beschuldigte Haftbefehle unter anderem wegen versuchten Totschlags beantragt, nachdem eine durch ihn selbst durchgeführte Vernehmung des Geschädigten zu einer weitergehenden Aufklärung als die der Bundespolizei führte. Das Amtsgericht Dresden erließ sodann die beantragten Haftbefehle am 21. Män2017. tgFrt¡5¿[-ffFÀi¡i:v Freistaat SACHSEN Seite 2 von 6 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN Ð&rJlñsi -itg_rt\=tu Frage 2: Welche Vorkehrungen w¡rd die Staatsreg¡erung unternehmen, damit sich solche Feh I bewertu n gen du rch d ie Staatsanwaltschaft nic ht wiederholen? Die Frage, ob ein Haftbefehl beantragt wird, ist gesetzlich in der Strafprozessordnung geregelt. Die Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen obliegt dem zuständigen Dezernenten bei der Staatsanwaltschaft und stellt stets - so wie auch vorliegend - eine Einzelfallentscheidung dar. Die Aufsicht über die Sächsischen Staatsanwaltschaften führt die Generalstaatsanwaltschaft Dresden, welche wiederum der Aufsicht des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz unterliegt (S 147 Gerichtsverfassungsgesetz). Mithin ist die Möglichkeit zur Korrektur von Entscheidungen bereits von Gesetzes wegen gegeben, weshalb gesonderte Vorkehrungen durch das Sächsische Staatsministerium der Justiz nicht notwendig sind. Darüber hinaus bestehen bei den sächsischen Staatsanwaltschaften keine strukturellen Mängel, die ein Eingreifen erforderlich machen würden. Frage 3: Seit wann befinden sich die beiden Asylbewerber in Deutschland? Sind sie bereits polizeilich bzw. gerichtlich in Erscheinung getreten? Wenn ja, um welche Delikte handelte es sich? Welche Strafen wurden verhängt? (Bitte nach Deliktanzahl und Strafen aufschlüsseln) Nach der Meldung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge an das Ausländerzentralregister ist der ältere Beschuldigte am 18. November 2015 nach Deutschland eingereist. Allerdings ist er bereits zuvor polizeilich in Deutschland in Erscheinung getreten . Ob dieser Widerspruch mit einem vorgelagerten illegalen Aufenthalt oder mit einem Fehler beim Erfassen der Einreisedaten im BAMF zusammenhängt, konnte nicht aufgeklärt werden. Folgende Übersicht enthält sowohl die anhängigen als auch die abgeschlossenen E rm ittl u ngsverfah ren gegen ih n : Seite 3 von 6 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN ñ4r Fñe!L\¿f-w Lfd. Nr. Straftatbestand Verfahrensstand 1 - Diebstahl - Erschleichen von Leistungen - Erschleichen von Leistungen Durch das Amtsgericht Görlitz erging zu den nebenstehenden Straftaten ein Strafbefehl : 20 Tagessätze zuje 10,00 € 15 Tagessätze zu je 10,00 € 10 Tagessätze zu je 10,00 € Aus diesen Einzelgeldstrafen wurde eine Gesamtgeldstrafe in Höhe von 35 Tagessätzen zu je 10,00 € gebildet. 2 - Diebstahl in drei Fällen Die Verfahren wurden hinsichtlich der Taten lfd. Nr. 1 gemäß S 154 Abs. 1 StPO eingestellt. 3. - Aufenthalt ohne Aufenthaltstitel Das Verfahren wurde hinsichtlich der Taten lfd. Nr. 1 gemäß S 154 Abs. 1 StPO eingestellt. 4 - Diebstahl in sieben Fällen - versuchter Diebstahl - Erschleichen von Leistungen in sechs Fällen - Betrug in vier Fällen - Urkundenfälschung in Tateinheit mit versuchtem Betrug Anklageerhebung zum Amtsgericht Dresden mit Verfügung vom 22. Februar 2017 5 - Diebstahl in zwei Fällen - Sachbeschädigung in zwei Fällen Die Verfahren wurden hinsichtlich der Taten lfd. Nr. 4 gemäß S 154 Abs. 1 StPO eingestellt. 6. - Besitz von Betäubungsmitteln Es wurde von der Verfolgung gemäß $ 31a Abs. 1 BtMG abgesehen. 7 - Betrug Das Verfahren wurde nach $ 170 Abs. 2 StPO eingestellt. I - Körperverletzung Das Verfahren wurde nach $ 170 Abs. 2 StPO eingestellt. I - versuchter Totschlag Die Ermittlungen zu dem Geschehen am 17. März2017 dauern an. Seite 4 von 6 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN rc!-L\¿t-nËiliñ,:v 10. - Sexuelle Belästigung Die Ermittlungen dauern an 11 - Sachbeschädigung Die Verfahren wurden hinsichtlich der Tat lfd. Nr. 9. gemäß S 154 Abs. 1 StPO einsestellt. Der jüngere Beschuldigte befindet sich laut Ausländerzentralregister seit dem 18. Mäz 2016 in Deutschland. Allerdings ist er bereits zuvor polizeilich in Deutschland in Erscheinung getreten. Ob dieser Widerspruch mit einem vorgelagerten illegalen Aufenthalt oder mit einem Fehler beim Erfassen der Einreisedaten im BAMF zusammenhängt , konnte nicht aufgeklärt werden. Folgende Übersicht enthält sowohl die anhängigen als auch die abgeschlossenen Ermittlungsverfahren: Lfd. Nr. Straftatbestand Verfahrensstand I - Körperverletzung Das Verfahren wurde nach $ 170 Abs. 2 StPO eingestellt. 2. - Unerlaubte Einreise Das Verfahren wurde nach $ 153 Abs. 1 StPO eingestellt. 3. - Körperverletzung - Diebstahl - Erschleichen von Leistungen - Bedrohung Das Verfahren wurde wegen unbekannten Aufenthalts gemäß S 154f SIPO vorläufig eingestellt. Die Generalstaatsanwaltschaft hat die Staatsanwaltschaft Dresden im Rahmen dieser kleinen Anfrage gebeten, die Ermittlungen wieder aufzunehmen. 4 - Erschleichen von Leistunqen Die Ermittlungen dauern an 5 - versuchter Totschlag Die Ermittlungen zu dem Geschehen am 17. Män2017 dauern an. Seite 5 von 6 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSENw Frage 4: Wird die Staatsregierung versuchen, beide Migranten nach rechtskräftiger Verurteilung zur Strafverbüßung in deren Heimatstaaten zu überstellen? Diese Frage kann beim gegenwärtigen Verfahrensstand noch nicht beantwortet werden . Aller Voraussicht nach werden auch prognostische Außerungen insoweit frühestens nach Anklageerhebung möglich sein. Mit freundlichen Grüßen ln Ve¡þtungÉ=áAv Dr. Eva-Maria Stange Seite 6 von 6 2017-04-20T12:49:59+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes