SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DER FINANZEN Postfach 100 948 1 01076 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden STAATSMlNlSTERlUM DER FINANZEN Kleine Anfrage des Abgeordneten Sebastian Wippel, AfD-Fraktion Drs.-Nr.: 6/9330 Thema: Kostenbegrenzungen bei staatlichen Bauprojekten im Oberschwellenbereich Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche Möglichkeiten der Kostenbegrenzung oder Kostenreduzierung bei staatlichen Bauprojekten sind der Staatsregierung bekannt? Frage 2: Welche der Instrumente aus Frage 1 fanden in Sachsen bei staatlichen Bauprojekten bisher Anwendung? zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1 und 2: Zu den staatlichen Bauprojekten gehören aus dem Ressort SMF die Baumaßnahmen des Staatsbetriebes Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (Staatsbetrieb SIB) zur Unterbringung der staatlichen Behörden und Einrichtungen, aus dem Ressort SMWA die Straßenbaumaßnahmen des Landesamtes für Straßenbau und Verkehr (LaSuV) und aus dem Ressort SMUL die Baumaßnahmen der Landestalsperrenverwaltung (L TV). S SY\CHsEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) L/K/46-W 2000/20/271157- 2017119891 Dresden, 17. Mai 2017 Zertifikat seit 2013 audit berufundfamilie Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium der Finanzen Carolaplatz 1 01097 Dresden Telefon +49 351 564 4000 Telefax +49 351 564 4009 minister@smf.sachsen.de* www.smf.sachsen.de Verkehrsverbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 7, 8 Haltestelle Carolaplatz Für Besucher mit Behinderungen befinden sich Parkplätze im Innenhof. Bitte beim Pförtnerdienst melden. *Kein Zugang für verschlüsselte elektronische Dokumente. Zugang für qualifiziert elektronisch signierte Dokumente nur unter den auf www.smf.sachsen.de/eSignatur.html vermerkten Voraussetzunoen. STAATSMlNlSTERlUM DER FlNANZEN 5j! SACHsEN Für alle Baumaßnahmen im Zuständigkeitsbereich des Staatsbetriebes SIB gelten die Vorschriften der Richtlinie für die Durchführung von Bauaufgaben und Bedarfsdeckungsmaßnahmen des Freistaates Sachsen im Zuständigkeitsbereich der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung (RLBau Sachsen). In der RLBau Sachsen sind Schritte der Kostenkontrolle und Kostensteuerung geregelt. Darüber hinaus sind die Vorschriften der Sächsischen Haushaltsordnung zu beachten. Grundlage und unmittelbar kostenbeeinflussender Faktor bei staatlichen Bauprojekten ist die Phase der Anmeldung eines Unterbringungsbedarfes durch den Bedarfsträger (Nutzer) und die Anerkennung des Bedarfes durch den Staatsbetrieb SIB im Einvernehmen mit dem SMF. Eine Kostenreduzierung ist hier durch Flächenreduzierung und/oder einer Reduzierung der Qualität möglich. Im nächsten Schritt erfolgen zunächst Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen zu Bedarfsdeckungsalternativen , um die wirtschaftlichste Lösung für die weitere Planung festzulegen . Die Beeinflussbarkeit der Kosten sind am Anfang des Projektes - also in den frühen Planungsphasen - am größten. Daher werden zu diesem Zeitpunkt für eine belastbare Kostenermittlung verschiedene Kostenplanungsverfahren angewendet, z. B. die DV- Programme „Richtlinie Baukostenplanung (RBK)" und „Planungs- und Kostendaten Module (PLAKODA)". In den einzelnen Phasen der Objektplanung erfolgen weitere Kostenermittlungen in unterschiedlichen Genauigkeitsstufen. Es erfolgt eine Kostenschätzung bei den Vorplanungen, gefolgt von Kostenberechnungen im Stadium der Entwurfsplanungen, dem Kostenanschlag auf Basis von Ausführungsplanungen sowie Angebotspreisen und letztlich der Kostenfeststellung der tatsächlich entstandenen Kosten anhand von Abrechnungen. Im Rahmen der Projektsteuerung erfolgt das Controlling für die Einhaltung der Kosten-, Termin- und Qualitätsziele unter anderem durch Aufstellen, Überprüfen und Fortschreiben von Organisations-, Termin- und Kostenplänen. Eine Kosten- und Terminsteuerung findet auf Grundlage fortlaufender SOLL-IST-Vergleiche statt. Seite 2 von 6 STAATSMlNlSTERlUM DER FINANZEN S SACHsEN Zum Kostencontrolling des SIB gehört auch die interne, von der Projektleitung unabhängige Prüfung der Planungen (4-Augen-Prinzip) hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der Planung sowie der Richtigkeit der Kostenermittlung. Weiterhin besteht die Möglichkeit der Vereinbarung von Baukostenobergrenzen in Planerverträgen. Damit werden die Kosten zu einer wesentlichen Eigenschaft des Werkerfolges des Planers. Der Planer wird außerdem mit der Kostenkontrolle beauftragt, sodass er hierfür auch bei Kostenüberschreitungen haftbar gemacht werden kann. Er wird außerdem vertraglich verpflichtet, unabhängig von den Projektzielen die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nicht nur in Bezug auf die Baukosten , sondern auch im Hinblick auf den Betrieb des Gebäudes zu beachten. Der Grundsatz der öffentlichen Ausschreibung von Bauleistungen sichert den Wettbewerb der Bieter und damit einen wirtschaftlichen Preis. Auch das grundsätzliche vergaberechtliche Verbot der Eventual- bzw. Bedarfspositionen sorgt für eine Reduzierung des Kostenrisikos. Letztendlich ist ein wichtiger Schritt die Kostenfeststellung abgerechneter Baumaßnahmen und die Meldung dieser Kostendaten an die „Informationsstelle Wirtschaftliches Bauen" in Baden-Württemberg, welche eine bundesweite Datenbank unterhält. Diese Datenbank ist wiederum Grundlage zur Ermittlung von Kostenkennwerten, die statistische Basis verschiedener Kostenplanungsverfahren für frühe Planungsphasen sind und beim Staatsbetrieb SIB, wie oben beschrieben, Anwendung finden. Bei der Planung und Baudurchführung von Straßenbauprojekten sind Gesetze und Verordnungen (u. a. die Sächsische Haushaltordnung) sowie technische Regelwerke (z. B. die Richtlinien zum Planungsprozess und für die einheitliche Gestaltung von Entwurfsunterlagen im Straßenbau [RE 2012]) zu beachten. Diese enthalten wesentliche Vorgaben über die Anwendung von Instrumenten zur Kostenbegrenzung oder Kostenreduzierung bei Projekten. Bereits bei der Erarbeitung der Regelwerke ist darauf geachtet worden, dass diese Instrumente enthalten sind. Durch die Anwendung dieser Vorschriften werden einheitlich bei allen Planungen und Baudurchführungen von Straßenbauprojekten die Möglichkeiten zur Kostenbegrenzung oder Kostenreduzierung geprüft und festgelegt. Seite 3 von 6 STAATSMlNlSTERlUM DER FINANZEN Die Landestalsperrenverwaltung wendet die gängigen Methoden und Mittel der Kostenkontrolle und -reduzierung bei der Durchführung von Bauprojekten analog wie im Hochbau an. Zu Beginn eines Projektes führt die L TV Wirtschaftlichkeits- und Variantenuntersuchungen durch, erstellt Machbarkeitsstudien, Konzepte usw., um die wirtschaftlichste Ausführungsart eines Projekts zu ermitteln. Während der Planung sind die Planungsbüros - begleitend zur Kostenkontrolle, die durch die L TV selbst erfolgt - in jeder Phase der Planung mit der Kostenkontrolle beauftragt. Kostenschätzungen zu Beginn eines Projekts werden so realistisch wie möglich und unter Berücksichtigung aller denkbaren Randbedingungen erstellt. Durch das öffentliche Vergabewesen ist sichergestellt, dass der wirtschaftlichste Bieter ausgewählt wird. Bei Kostensteigerungen , z. B. Nachträgen der Baufirmen, erfolgt immer mindestens eine Prüfung nach dem 4-Augen-Prinzip. Frage 3: Welche Erfahrung hat die Staatsregierung mit den Instrumenten aus Frage 1 bisher gewonnen und welche Folgerungen für Folgeprojekte daraus gezogen? Mit den unter Frage 1 benannten Instrumenten wurden sowohl im Staatsbetrieb SIB, im Landesamt für Straßenbau und Verkehr und in der Landestalsperrenverwaltung gute Erfahrungen gewonnen. Bei Bauvorhaben des Staatsbetriebes SIB ist beabsichtigt, intensiver in den frühen Planungsphasen der Bauprojekte das Risikomanagement zu qualifizieren und auszubauen . Da geänderte Bedarfsanforderungen und damit einhergehende Einflüsse auf Flächen und Qualitäten eine der Hauptursachen für Kostenänderungen sind und in den meisten Fällen zu Nachträgen führen, sollen künftig qualifiziertere Bedarfsanmeldungen durch den Nutzer bzw. das Fachressort erstellt werden, bei denen der Staatsbetrieb SIB bereits fachlich berät und einen ersten Kostenorientierungswert (zur Optimierung des Bedarfs ) ermittelt. Seite 4 von 6 Freistaat SACHSEN STAATSMlNlSTERlUM DER FlNANZEN Bauseitig gibt es vielfältige kostenrelevante Risiken wie z. B. die Beschaffenheit des Baugrundes, Altlasten, Kampfmittel, Grundwasser, Bauen im Bestand, geänderte Vorschriften , behördliche Auflagen, Einwände von Nachbarn, Ausschreibungsrisiken (z. B. Beschwerden von Bietern), lnsolvenzen und sich daraus ergebende Bauzeitverlängerungen sowie die allgemeine Baupreisentwicklung (Marktlage). Künftig sollen diese baulichen Risiken und das Baupreisrisiko in den Genehmigungsunterlagen dargestellt werden und in der Haushaltsplanung Berücksichtigung finden. Gegenwärtig findet eine Übererarbeitung der RLBau Sachsen u. a. hinsichtlich dieser Risikokostenvorsorge und der kostenorientierten Verbesserung der Projektanfangsphase statt. Frage 4: Auf welche konkrete Weise wurden und werden die sächsischen Kommunen durch die Staatsregierung zur Anwendung der Instrumente aus Frage 1 motiviert und fortgebildet? Durch die Staatsregierung erfolgt keine direkte Fortbildung von Bediensteten der sächsischen Kommunen zur Anwendung der Instrumente aus Frage 1. Die Regelungen des staatlichen Bauens stehen den Kommunen jedoch zur sinngemäßen Anwendung frei. Frage 5: Mit welchen Inhalten wird an sächsischen Verwaltungsfachschulen / der Fachhochschule der sächsischen Verwaltung das Thema Kostenbegrenzung I Kostenreduzierung bei staatlichen Bauprojekten oder anderen größeren Vergabeverfahren unterrichtet? An der Fachhochschule der sächsischen Verwaltung wird im Fachbereich Allgemeine Verwaltung das Modul „Beschaffungs- und Vergabewesen" unterrichtet. Inhalte sind u. a.: • Aufbau des Vergaberechts (nationale und europäische Vergabevorschriften), • Rechtsquellen des Vergaberecht; ihre Anwendungen und Abgrenzungen, • Vergabeverfahren (Vergabegrundsätze, Vorbereitung und Durchführung der Vergabeverfahren ), • Nachprüfung und Rechtsschutz (nationale und europaweite Auftragsvergaben), • Vertragsabschluss/-Abwicklung (Bauverträge, Ausführung und Abrechnung, Mängelansprüche ), Seite 5 von 6 Freistaat SACHSEN STAATSMlNlSTERlUM DER FINANZEN ljSACHsEN • Beschaffung von Informationstechnik und Software (Besonderheiten bei der Vorbereitung und Durchführung der Vergabeverfahren), • Elektronische Vergaben (Vergabeplattformen), • Investitionsrechnung (Grundlegende Begriffe, Investitionsarten, Planung und Prozessablauf ) , • Investitionsrechenverfahren (Statische und dynamische Verfahren, Nutzen-Kosten- Untersuchungen). Die konkrete Umsetzung kann dem Stoffgliederungsplan in der Anlage entnommen werden. Am Fachbereich Steuer- und Staatsfinanzverwaltung, Fachrichtung Staatsfinanzverwaltung , wird in allen Studiengängen das Fach Liegenschaftswesen unterrichtet. Teil dieses Faches sind u. a. auch die Themen Behördenunterbringung, Wirtschaftlichkeitsuntersuchung , Allgemeines Vergaberecht und Einführung in das Vergabewesen. Mit freundlichen Grüßen p,for /:!u~d Anlage Seite 6 von 6 Modul-Nr.: BaAV-19 Beschaffungs- und Vergabewesen Nr. Inhalt lt. Modulbeschreibung 1. Allgemeine Betriebswirtschaft 2. Vergaberecht Gliederung der Inhalte Grundbegriffe der Investitionsrechnung und Investitionsplanung Investitionsrechenverfahren • Statische und dynamische Verfahren • Nutzen-Kosten-Untersuchungen Wirtschaftlichkeitsprüfung/-vergleich Bedeutung der „öffentlichen Auftragsvergaben Aufbau des Vergaberechts • Nationale/Europäische Vergabevorschriften • Schwellenwerte • Kaskadenprinzip Anwendung des Vergaberechts • Abgrenzung von VOB, VOL, VOF Vergabeverfahren • Vergabegrundsätze (Wettbewerb, Transparenz und Gleichbehandlung, Mittelstandsförderung ) • Vorbereitung des Vergabeverfahrens (Ausschreibungsreife , Vergabeunterlagen, Vergabearten , Leistungsbeschreibung, Eignungskriterien ) • Durchführung des Vergabeverfahrens (Bekanntmachung , Eröffnungstermin, Prüfung und Wertung der Angebote, Zuschlag, Aufhebung der Ausschreibund , Informationspflicht , Dokumentation Nachprüfung und Rechtsschutz • Allgemeine Nachprüfung durch die Rechtsaufsichtsbehörde • Nachprüfung bei nationaler Auftragsvergabe • Nachprüfung bei europaweiter Auftragsvergabe Vertragsabschluss/-abwicklung • Bau-, Liefer- und Dienstleistungsverträge • Ausführung und Abrechnung • Mängelansprüche Vorlesung Lehrgespräch *) 2 LVS 3 LVS 3 LVS 1 LVS 3 LVS 3 LVS 3 LVS 9 LVS 9 LVS 3 LVS 6 LVS Übung Seminar Selbststudium *) 2 LVS 2 LVS 3 LVS 3 LVS 2 LVS Modul-Nr.: BaAV-19 Vorle- Lehrge- Übung Seminar Selbst- Beschaffungs- und Vergabewesen sung spräch studium *) *) Nr. Inhalt lt. Modulbeschreibung Gliederung der Inhalte 3. Beschaffung von lnformationstech- • UfAB (Unterlagen für Ausschreibung und Be- 2 LVS 1 LVS nik und Software wertung) mit Fallbeispiel • WiBe - Wirtschaftlichkeitsbetrachtung 2 LVS 1 LVS • Leistungsbeschreibung, Pflichtenhaft, Lasten- 2 LVS 1 LVS heft mit Fallbeispiel • Vergabeakte 2 LVS 1 LVS • Ergänzende Vertragsbedingungen für die Be- 2 L'S schaffung (EVB-IT) und besondere Vertragsbedingungen für die Beschaffung von DV-Anlagen, Vertraqsbeispiele 4. Elektronische Vergabe • Vergabeplattformen (Europa, Länder, Bund) 1 LVS • Auftragsberatungsstellen • Sichere Kommunikation zwischen Partnern mittels Verschlüsselunqs- und Siqnaturverfahren OLVS 56 LVS 16 LVS OLVS 48 h 2017-05-17T13:43:12+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes