STAATSM1NISTERIUM DES INNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Sarah Buddeberg, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/9344 Thema: Homo-, trans*- und inter*feindliche Gewalt in Sachsen Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie viele Straftaten gegen die sexuelle Orientierung oder Identität / homo-, trans*- und inter*feindliche Straftaten wurden in Sachsen seit 2006 von der Polizei erfasst? (Bitte nach Jahresscheiben, Landkreisen sowie Geschlecht der Opfer und Täter_innen aufgliedern!) Frage 2: Bei wie vielen dieser Straftaten wurden seitens der Staatsanwaltschaft Ermittlungsverfahren eingeleitet und wie oft Anklage erhoben? (Bitte nach Jahresscheiben, Landkreisen sowie Geschlecht der Opfer und Täter_innen aufgliedern!) Frage 3: Wie wird sichergestellt, dass homo-, trans*- und inter*feindliche Straftaten in der polizeilichen Kriminalstatistik gesondert ausgewiesen werden? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1 bis 3: Homo-, trans*- und inter*feindliche Straftaten werden in der Polizeilichen Kriminalstatistik nicht gesondert ausgewiesen. Im Weiteren wird von einer Beantwortung seitens der Staatsregierung abgesehen . Gemäß Artikel 51 Absatz 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen ist die Staatsregierung verpflichtet, Fragen einzelner Abgeordneter oder parlamentarische Anfragen nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig zu beantworten. Nach dem Grundsatz der Verfassungsorgantreue ist •Tgm'' Freistaat was S A C H S E N Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 33-1053/25/73 Dresden, A .Mai 2017 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSMINISTERIUM DES INNERN jedes Verfassungsorgan verpflichtet, bei der Ausübung seiner Befugnisse den Funktionsbereich zu respektieren, den die hierdurch mitbetroffenen Verfassungsorgane in eigener Verantwortung wahrzunehmen haben. Dieser Grundsatz gilt zwischen der Staatsregierung und dem Parlament sowie seinen einzelnen Abgeordneten, so dass das parlamentarische Fragerecht durch die Pflicht des Abgeordneten zur Rücksichtnahme auf die Funktions- und Arbeitsfähigkeit der Staatsregierung begrenzt wird. Die Staatsregierung muss nur das mitteilen, was innerhalb der Antwortfrist mit zumutbarem Aufwand in Erfahrung gebracht werden kann (vgl. SächsVerfGH, Urteil vom 16. April 1998, Vf. 14-1-97). Wie viele Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung Opfer von Gewaltdelikten geworden sind, wird statistisch nicht erfasst. Weder stellt die sexuelle Orientierung eines Opfers noch das Motiv des Täters ein recherchefähiges Erfassungskriterium dar. Lediglich im Sachverhalt der Ermittlungsvorgänge könnten sich daraus Hinweise ergeben , wenn die Tat damit in Zusammenhang steht. Zur vollständigen Beantwortung der Fragen müssten insofern alle in Frage kommenden Ermittlungsverfahren händisch nach den angefragten Kriterien ausgewertet werden. Die Anzahl der Verfahren und der insgesamt erforderliche Aufwand kann nicht abgeschätzt werden, auf jeden Fall müssten mehrere tausend Ermittlungsverfahren ausgewertet werden. Dazu wäre es notwendig , mehrere Sachbearbeiter über einen mehrere Wochen währenden Zeitraum mit den Recherchen und Auswertungen zu beauftragen. Dieses Personal stünde dann für Kernaufgaben des Polizeivollzugsdienstes nicht bzw. nur sehr eingeschränkt zur Verfügung . Die Staatsregierung kam daher bei der vorzunehmenden Abwägung zwischen dem parlamentarischen Fragerecht einerseits und der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung sowie der ihr zugeordneten Polizeibehörden andererseits zu dem Ergebnis, dass eine Beantwortung der Frage auch unter Berücksichtigung des hohen Rangs des parlamentarischen Fragerechts unverhältnismäßig und ohne erhebliche Einschränkung der Funktionsfähigkeit der sächsischen Polizei nicht zu leisten ist. Frage 4: Welche Maßnahmen wurden und werden seitens der Staatsregierung zur Schulung und Sensibilisierung von Personal der Polizei und Justiz sowie zur Entgegenwirkung von Homo-, Trans*- und Inter*feindlichkeit geplant, vorgenommen und durchgeführt? Hinsichtlich der Akzeptanz von sexueller und geschlechtlicher Vielfalt sowie der Vermeidung vielfältiger Formen der Diskriminierung und Ausgrenzung in der Gesellschaft werden die Bediensteten der Polizei im Rahmen ihrer Aus- und Fortbildung anlass-, aufgaben- und funktionsbezogen zum Thema informiert und sensibilisiert. So werden auch Fragestellungen im Zusammenhang mit der Gleichbehandlung von Personen mit unterschiedlicher sexueller Orientierung sowie der Aufklärung von Straftaten aufgegriffen . Darüber hinaus besteht für Bedienstete der sächsischen Polizei im Einzelfall auch die Möglichkeit, an Tagungen und Schulungen von Vereinen, die sich mit dieser Thematik beschäftigen, im Rahmen der dezentralen Fortbildung teilzunehmen. Dies bietet sich insbesondere für Betroffene und Lehrkräfte von Bildungseinrichtungen an. Zudem wurde zur Lösung von schwerwiegenden Konflikten am Arbeitsplatz sowie zur Vorbeugung und Bekämpfung von Mobbing und sexueller Belästigung eine Dienstvereinbarung zwischen dem Staatsministerium des Innern, Abteilung 3 — Öffentliche Sicherheit und Ordnung, Landespolizeipräsidium — und dem Polizei -Hauptpersonalrat Freistaat SACHSEN Seite 2 von 3 STAATSUNISTEMM DES INNERN Freistaat SACHSEN abgeschlossen. Darin sind die einzelnen Schritte aufgezeigt, wie eine Konfliktlösung erreicht werden kann. Danach können sich Bedienstete, die Opfer von Mobbing oder sexueller Belästigung sind, an ihren unmittelbaren oder den nächsthöheren, nicht selbst an den Mobbinghandlungen beteiligten Vorgesetzten, an die personalverwaltende Stelle, an die Vertreter des Personalrates, die Frauenbeauftragten, die Jugend- und Auszubildendenvertretungen und den ärztlichen Dienst wenden. Für sächsische Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte werden derzeit keine speziellen Fortbildungen oder anderweitige Schulungsmaßnahmen angeboten, um diese zum Thema „Homo-, trans*- und Interleindliche Gewalt" zu sensibilisieren und dieser entgegen zu wirken. Derartige Schulungsmaßnahmen wurden auch in der Vergangenheit nicht angeboten und sind auch nicht in Planung. Mit dem Themenbereich Transsexualismus und den damit im Zusammenhang stehenden Problemen befasst sich jedoch die regelmäßig vom Sächsischen Staatsministerium der Justiz als landeseigene Fortbildung angebotene Veranstaltung „Basiswissen der forensischen Psychiatrie" im Zusammenhang mit dem Themenbereich „Störungen der Geschlechteridentität". Diese Fortbildung richtet sich vorrangig an Strafrichterinnen und Strafrichter bzw. Staatsanwältinnen und Staatsanwälte und konzentriert sich schwerpunktmäßig auf medizinische und gutachterliche Aspekte. Frage 5: Welche psychologischen und juristischen Beratungsmöglichkeiten bestehen im Freistaat Sachsen für die Opfer homo-, trans*- und inter*feindliche Straftaten? (Bitte nach Träger_innen und Landkreis aufschlüsseln!) Der Staatsregierung liegen keine Erkenntnisse zu speziellen psychologischen und juristischen Beratungsmöglichkeiten für die Opfer von „homo-, trans*- und Inter*feindlicher" Straftaten vor. Auch diesen Personen stehen aber die allgemein zugänglichen und vielfältig vorhandenen Beratungsstellen zur Verfügung. Es existiert eine Vielzahl von allgemeinen und spezialisierten Betreuungs- und Beratungsstellen im gesamten Freistaat Sachsen. Der WEISSE RING e.V. beispielsweise betreibt professionelle Beratungsstellen für Opfer von Gewalttaten. Die Opferhilfe Sachsen e. V. hat mehrere Einrichtungen zur Unterstützung von Opfern von Straftaten, deren Angehörigen oder Freunde eingerichtet. Es existieren acht Beratungsstellen, die sich speziell um die Beratung von Opfern sexueller Gewalt professionell und anonym kümmern. Weitere drei Beratungsstellen stehen Opfern, Betroffenen, Zeugen und Angehörigen von rechtsextremer und rassistischer Gewal , sowohl körperlicher als auch seelischer Art, offen. Es gibt im psychosozialen Berei aut Frauen- und Kinderschutzhäuser und viele weitere Beratungsstellen, die je nah H. fe-, Beratungs- und Unterstützungsbedarf angefragt und in Anspruch genom en erden können. Mit fifeureicen Grüßen Markus Ulbig Seite 3 von 3 2017-05-17T09:57:01+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes