STAATSMIN1STERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Katja Meier und Valentin Lippmann, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drs.-Nr.: 6/9509 Thema: Umsetzung der Empfehlungen der Länderarbeitsgruppe zum Hochrisikomanagement bei häuslicher Gewalt Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Inwieweit wurden die Handlungsempfehlungen der länderoffenen Arbeitsgruppe des AK II der Innenministerkonferenz, die im Bericht „Management von Hochrisikofällen häuslicher Gewalt und Stalking" vom 8. Oktober 2015 aufgeführt sind, in Sachsen wann umgesetzt? (Bitte die jeweilige Handlungsempfehlung, Umsetzungsstand, Gründe für Nichtumsetzung, etc. angeben.) Die Reihung der nachfolgend genannten Handlungsempfehlungen ergibt sich aus der Zusammenfassung (Ziffer 14) der Handlungsempfehlungen des Berichtes „Management von Hochrisikofällen häusliche Gewalt und Stalking ". • Handlungsempfehlung — Verbesserung der Auswertung phänomenbezogener , polizeilicher Daten Die sächsische Polizei erfasst Straftaten der „Häuslichen Gewalt" jährlich in einem spezifischen Lagebild und wertet diese aus. Als Datengrundlage dient die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) sowie das interne Polizeiliche Auskunftssystem Sachsen (PASS). Zusätzlich wurden erstmalig ab 2016 Fälle der häuslichen Gewalt herangezogen , bei denen die Opfer im Katalogfeld „Opfer -Tatverdächtigen- Beziehung" einen Eintrag aus der Obergruppe „Ehe/Partnerschaft/Familie einschl. Angehörige" und im Katalogfeld „Art der Meldung" keinen Eintrag enthielten. Diese Straftaten wurden einer umfassenden Qualitätsüberprüfung unterzogen und in die Auswertung aufgenommen. Somit wurden alle Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 33-1053/27/18 Dresden, ZO.Mai 2017 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6,7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSM1N1STERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN polizeilich registrierten Gewaltstraftaten, bei denen die Täter und Opfer in engeren verwandtschaftlichen oder in eheähnlichen Verhältnissen zueinander stehen bzw. standen , im Lagebild des Jahres 2015 abgebildet. Diese Vorgehensweise wird zukünftig fortgesetzt. Bei Bedarf und Notwendigkeit werden fortlaufend weitere Optimierungen bei der Datenerfassung und -auswertung vorgenommen. Zu beachten ist, dass durch eine veränderte Datenerhebung in der Regel die Vergleichbarkeit mit den Daten vorangegangener Zeiträume bzw. eine Trendprognose erheblich erschwert werden. • Handlungsempfehlung — Themenspezifische Sensibilisierung der polizeilichen Sachbearbeiter Die im Nebenamt tätigen Opferschutzbeauftragten der Polizeidirektionen sensibilisieren und schulen die Polizeibediensteten zu den Themen „Häusliche Gewalt", „Stalking" und „Polizeilicher Opferschutz" in ihrem Zuständigkeitsbereich in fortlaufend stattfindenden dezentralen Fortbildungen. Die Hochschule der Sächsischen Polizei (FH) bietet für Polizeibeamte eine zentrale Fortbildung zum Schwerpunkt „Polizeiliches Handeln in Fällen häuslicher Gewalt und Stalking" an. • Handlungsempfehlung — Abstimmung und Verwendung einer einheitlichen Definition „Hochrisikofall" Im Rahmen der Sitzung der Unterarbeitsgruppe „Polizeiliches Handeln" des Lenkungsausschusses zur Bekämpfung häuslicher Gewalt am 14. März 2017 stimmten die Mitglieder der beteiligten Ressorts und nichtstaatlichen Organisationen einer einheitlichen Definition nach dem Vorschlag der länderoffenen Arbeitsgruppe des AK II der Innenministerkonferenz (IMK) zu. • Handlungsempfehlung —Überprüfung der polizeilichen Entscheidungshilfen und Handlungsanleitungen Das Sächsische Staatsministerium des Innern (SMI) hat das Landeskriminalamt (LKA) mit der Fortschreibung der bestehenden Handlungsanleitungen zum Umgang mit häuslicher Gewalt sowie Stalking in der sächsischen Polizei im Zusammenhang mit dem Thema „Hochrisikofall" beauftragt. Das Ergebnis wird Ende 2017 erwartet. Des Weiteren wird unter Federführung des LKA ein Vorschlag für ein sächsisches Bewertungsmodell zur Risikoidentifizierung und Gefährdungseinschätzung von Hochrisikofällen im Rahmen eines Workshops bis Ende August 2017 mit polizeilichen und nichtpolizeilichen Vertretern erstellt. • Handlungsempfehlung — Weiterentwicklung des Fallmanagements und Ausbau von Fallkonferenzen In Hochrisikofällen fanden im Zuständigkeitsbereich einzelner Polizeidirektionen Fallbesprechungen mit Vertretern beteiligter Behörden und Opferhilfeinstitutionen statt. Im Nachgang wurden uiese als hilfreich in Bezug auf die Abstimmung des weiteren Vorgehens und zur Identifizierung weiterer Opferschutzmaßnahmen eingeschätzt. Darüber hinaus wird auf die Ausführungen in der Antwort auf die Frage 3 verwiesen. Seite 2 von 4 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat - SACHSEN • Handlungsempfehlung — Prüfung des Informationsaustauschs zwischen den beteiligten Institutionen zur Verbesserung des Opferschutzes Die IMK bat die Gleichstellungs- und Frauenministerkonferenz, die Jugend- und Familienministerkonferenz (JFMK) sowie die Jugendministerkonferenz um Prüfung, ob im SGB VIII eine Regelung geschaffen werden sollte, die klarstelle, dass in bestimmten Anwendungsbereichen, wie z. B. in Hochrisikofällen von häuslicher Gewalt und Stalking , die Weitergabe von Sozialdaten auch an nichtöffentliche Stellen zulässig ist. Die JFMK beantwortete diese Prüfbitte dahingehend, dass aus fachlicher Sicht ein gesetzgeberisches Handeln als nicht notwendig erachtet wird. In Hochrisikofällen ist zur Abwehr einer konkreten Gefahr für Mutter und Kind die Informationsweitergabe von besonders geschützten Sozialdaten über den Weg des rechtfertigenden Notstandes zulässig , soweit dies zur Aufgabenerfüllung des Jugendamtes erforderlich ist. Auf Grundlage des § 45 Sächsisches Polizeigesetz sowie der geschlossenen Kooperationsvereinbarungen zwischen den Polizeidirektionen und den örtlichen Interventionsund Koordinierungsstellen zur Bekämpfung häuslicher Gewalt und Stalking informiert die sächsische Polizei sofort nach Abschluss der Einsatzmaßnahmen in Fällen häuslicher Gewalt die zuständige Beratungsstelle per Faxvordruck. Voraussetzung ist die schriftliche Einverständniserklärung des Geschädigten. Die Fachkräfte nehmen daraufhin Kontakt zu den Betroffenen auf und bieten qualifizierte Beratung an. Darüber hinausgehende Maßnahmen werden nur in Absprache mit dem Betroffenen veranlasst, um das Recht auf informelle Selbstbestimmung zu sichern. Die Interventionsstellen informieren wiederum die Polizei über eingeleitete Maßnahmen oder relevante Sachverhalte , sofern dies den gesetzlichen Grundlagen nicht widerspricht und dem Schutz des Opfers dient. Im April dieses Jahres wurde der Faxvordruck zur Information der Interventionsstellen optimiert, damit den Betroffenen noch passgenauere Unterstützungsangebote unterbreitet werden können. • Handlungsempfehlung — Analyse der vollendeten Tötungsdelikte mit Bezug zu häuslicher Gewalt und Stalking Die Anregung der Arbeitsgruppe des AK II der IMK, vollendete Tötungsdelikte zu analysieren und die praktizierten täter- und opferbezogenen Maßnahmen durch eine wissenschaftliche Einrichtung bewerten zu lassen, wurde seitens des SMI positiv bewertet und wird derzeit hinsichtlich einer möglichen Umsetzung mit der Hochschule der Sächsischen Polizei (FH) abgestimmt. Frage 2: Aus welchen konkreten Gründen hat sich Sachsen nicht an der Arbeitsgruppe beteiligt? In der Regel sind nicht alle Bundesländer in Bund -Länder -Arbeitsgruppen vertreten. Da von den Ergebnissen der Bund -Länder -Arbeitsgruppen jedes Bundesland partizipiert, war eine Mitarbeit Sachsens in der Bund -Länder -Arbeitsgruppe nicht erforderlich. Seite 3 von 4 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN Frage 3: Welches Konzept und welche Projekte bestehen in Sachsen derzeit für die Risikoidentifizierung und Gefährdungseinschätzung von Beziehungsgewalt in interdisziplinären Fallkonferenzen und wie werden diese umgesetzt? Für die Risikoidentifizierung und Gefährdungseinschätzung von Beziehungsgewalt werden landesweit durch die sächsische Polizei die Risikofaktoren aus der Handlungsanleitung zum Umgang mit häuslichem Stalking in der sächsischen Polizei bzw. das JACA-Moder (Gavin de Becker) angewandt. Das JACA-Model wird auch von den Interventionsstellen im Freistaat Sachsen genutzt. Sofern auf dieser Grundlage ein Risikofall identifiziert wird, beruft die jeweilige zuständige Polizeidienststelle eine Fallkonferenz ein. Im Weiteren wird auf die Antwort auf die Frage 1, Handlungsempfehlung — Überprüfung der polizeilichen Entscheidungshilfen und Handlungsanleitungen, verwiesen. Frage 4: Wie viele weibliche und männliche Opfer von Mord- und Totschlagsdelikten in Partnerschaften gub es jeweils jährlich in Sachsen seit 2011? (Bitte Gesamtzahl angeben, aber auch nach Deliktstadium Versuch/Vollendung und Art der Partnerschaft [Ehe, eingetragene Lebenspartnerschaft, nichteheliche Lebensgemeinschaft und ehemalige Partnerschaft] unterscheiden.) Die erbetene Darstellung nach vollendeten und versuchten Straftaten ist auf Grundlage der im Lagebild „Häusliche Gewalt" abgebildeten Informationen in der angefragten Kombination nicht möglich. Diese Angaben wurden für das Lagebild in dieser Form nicht erhoben. Deshalb erfolgt die Beantwortung auf Grundlage von Daten der PKS des Freistaates Sachsen. Es wiri t darauf hingewiesen, dass die zur Beantwortung der Fragestellung genutzten PKS- ten nicht mit den Angaben des Lagebildes „Häusliche Gewalt" vergleichbar sind, a die Informationen im Lagebild auf der Grundlage von Daten aus PASS nach der tzeiVerhoben wurden. Es uf die Anlage verwiesen. Mit fi-eurfidlichen Grüßen Mafkus Ulbig Anlage .J(ustification) A(Iternatives) C(onsequences) A(bility)-Model Seite 4 von 4 Anlage zur Kleinen Anfrage Drs.-Nr. 6/9509 Opfer von Mord und Totschlagsdelikten im Freistaat Sachsen im Berichtszeitraum 2011 bis 2016 Berichtsjahr 2011 Partnerschaften Ehepartner eingetragene Partner nichtehelicher Ehemalige Schlüssel- Straftat insgesamt Lebenspartnerschaft Lebensgemeinschaften Partnerschaften zahl männlich weiblich männlich weiblich männlich weiblich männlich weiblich männlich weiblich 010000 Mord vollendet - 3 - 2 - - - 1 - - versucht 2 2 1 1 - - 1 1 - - insgesamt 2 5 1 3 - - 1 2 - - 020000 Totschlag, vollendet - 3 - 3 - - - - - - Tötung auf Verlangen versucht 6 8 1 5 - - 4 2 1 1 insgesamt 6 11 1 8 - - 4 2 1 1 Berichtsjahr 2012 Partnerschaften Ehepartner eingetragene Partner nichtehelicher Ehemalige Schlüssel- Straftat insgesamt Lebenspartnerschaft Lebensgemeinschaften Partnerschaften zahl . männlich weiblich männlich weiblich männlich weiblich männlich weiblich männlich weiblich 010000 Mord vollendet 1 4 1 1 - - - 3 - - - versucht - 2 - 1 - - - - - 1 insgesamt ' 1 6 1 2 - - - 3 - 1 020000 Totschlag, vollendet 1 3 1 3 - - - - - - Tötung auf Verlangen versucht 3 8 2 - - - 1 6 - 2 insgesamt 4 11 3 3 - - 1 6 - 2 Berichtsjahr 2013 Partnerschaften Ehepartner eingetragene Partner nichtehelicher Ehemalige Schlüssel- Straftat insgesamt Lebenspartnerschaft Lebensgemeinschaften Partnerschaften zahl - männlich weiblich männlich weiblich männlich weiblich männlich weiblich männlich weiblich 010000 Mord vollendet - 1 - - - - - 1 versucht 1 3 1 2 - - - 1 - - insgesamt 1 4 - 1 2 - - - 1 - 1 020000 Totschlag, vollendet - 2 - 2 - - - - - - Tötung auf Verlangen versucht - 6 - 2 - - - 2 - 2 insgesamt - 8 - 4 - - - 2 - 2 Seite 1 von 2 Anlage zur Kleinen Anfrage Drs.-Nr. 6/9509 Opfer von Mord und Totschlagsdelikten im Freistaat Sachsen im Berichtszeitraum 2011 bis 2016 Berichtsjahr 2014 Partnerschaften Ehepartner eingetragene Partner nichtehelicher Ehemalige Schlüssel- Straftat insgesamt Lebenspartnerschaft Lebensgemeinschaften Partnerschaften zahl männlich weiblich männlich weiblich männlich weiblich männlich weiblich männlich weiblich 010000 Mord vollendet - 5 - 2 - - - 2 - 1 versucht 1 3 1 - - - - - - 3 ' insgesamt 1 8 1 2 - - - 2 - 4 020000 Totschlag, vollendet 2 2 1 1 - - - 1 1 - Tötung auf Verlangen versucht 2 11 2 5 - - - 5 - 1 insgesamt 4 13 3 6 - - - 6 1 1 Berichtsjahr 2015 Partnerschaften Ehepartner eingetragene Partner nichtehelicher Ehemalige Schlüssel- Straftat insgesamt Lebenspartnerschaft Lebensgemeinschaften Partnerschaften zahl männlich weiblich männlich weiblich männlich weiblich männlich weiblich männlich weiblich 010000 Mord vollendet 1 5 - 1 - - - 3 1 1 versucht - 2 - 1 - - - 1 - - insgesamt 1 7 ' - 2 - - - 4 1 1 020000 Totschlag, vollendet - 3 - 1 - - - 2 - - Tötung auf Verlangen versucht 1 6 - 2 - - 1 4 - - insgesamt 1 9 - 3 - - 1 6 - - Berichtsjahr 2016 Partnerschaften Ehepartner eingetragene Partner nichtehelicher Ehemalige Schlüssel- Straftat insgesamt Lebenspartnerschaft Lebensgemeinschaften Partnerschaften zahl männlich weiblich männlich weiblich männlich weiblich männlich weiblich männlich weiblich 010000 Mord vollendet - 1 - 1 - - - - - - versucht 2 2 - 2 - - 1 - 1 - ' insgesamt 2 3 - 3 - - 1 - 1 - 020000 Totschlag, vollendet - 4 - 3 - - - - - 1 Tötung auf Verlangen versucht 2 7 - 5 - - 1 1 1 1 insgesamt 2 11 - 8 - - 1 1 1 2 Seite 2 von 2 2017-05-31T12:30:02+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes