SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR KULTUS Postfach 10 09 10 I 01079 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Piatz 1 01067 Dresden STAATSMlNlSTERlUM FÜR KULTUS Kleine Anfrage des Abgeordneten Andre Wendt, Fraktion der AfD Drucksache: 6/9543 Thema: Nachfrage zur Drs. 6/9130: Extremistische Vorfälle in Kitas Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie viele Meldungen nach § 47 SGB VIII Nr. 2 gab es in den letzten 10 Jahren und welchen Inhalt hatten die einzelnen Meldungen? (Bitte nach Jahresscheiben einzeln auflisten) Die Anzahl sowie der Inhalt der einzelnen Meldungen werden beim zuständigen Landesjugendamt statistisch nicht erfasst. Die erfragten Informationen liegen der Staatsregierung deshalb nicht vor. Da die Meldungen nach der abschließenden Bearbeitung im Landesjugendamt in den Akten der betroffenen Einrichtungen abgelegt werden, wäre es zur Beantwortung der Frage erforderlich, ca. 3.500 Akten für den Zeitraum der vergangenen zehn Jahre nach den entsprechenden Mitteilungen zu recherchieren. Dabei ist mindestens der Zeitaufwand für das Heraussuchen der Akten in den Einrichtungen, das Auswerten der Akten im Sinne der Fragestellung , die schriftliche Dokumentation des gefundenen Ergebnisses, die Zusammenfassung und Plausibilitätsprüfung der Angaben zu berücksichtigen . Für die notwenigen Arbeitsschritte der damit beschäftigten Mitarbeiter in unterschiedlichen Einrichtungen sind in Summe mindestens 30 min je Akte zu veranschlagen . Daraus resultieren insgesamt 1. 750 Arbeitsstunden bzw. 219 Arbeitstage, die für die Recherche im Sinne der Fragestellung zu erbringen wären . Die Staatsregierung kommt daher bei der vorzunehmenden Abwägung zwischen dem parlamentarischen Fragerecht einerseits und der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung sowie der ihr nachgeordneten Behörden andererseits zu dem Ergebnis, dass eine Beantwortung der Frage auch unter Berücksichtigung des hohen Rangs des parlamentarischen Fragerechts mit zurnutbarem Aufwand nicht leistbar und unverhältnismäßig ist. Seite 1 von 5 S SACHsEN Die Staatsministerin Ihr Zeichen Ihre Nachricht vom Geschäftszeichen (bitte bei Antwort angeben) Z-1 053/9/43 Dresden, 0' . Juni 2017 Hausanschrift Sächsisches Staatsministerium für Kultus Carolaplatz 1 01097 Dresden www.smk.sachsen.de De-Maii-Zugang: poslstelle@smk-sachsen.de-mai l.de Verkehrsverbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3. 7. 8 STAATSMlNlSTERlUM FÜR KULTUS S SACHsEN Frage 2: Welche konkreten Ereignisse sind nach § 47 SGB VIII Nr. 2 meldepflichtig , also welche Ereignisse gelten im Sinne dieser Vorschrift als "geeignet, das Wohl der Kinder und Jugendlichen zu beeinträchtigen"? Bei den Ereignissen, die geeignet sind, das Wohl der Kinder und Jugendlichen zu beeinträchtigen und/oder zu gefährden, lassen sich verschiedene Kategorien bilden: 1. Fehlverhalten von Mitarbeiter/innen und durch Mitarbeiter/innen verursachte Gefährdungen der zu betreuenden Kinder und/oder Jugendlichen. Hierzu gehören insbesondere : Aufsichtspflichtverletzungen, schwere Unfälle mit Personenschäden, verursachte oder begünstigte Übergriffe/Gewalttätigkeiten, sexuelle Gewalt und entwürdigende Handlungen. 2. Gefährdungen, Schädigungen und Verstöße durch zu betreuende Kinder und/oder Jugendliche und delinquentes Verhalten von zu betreuenden Kindern und/oder Jugendlichen . Hierunter sind insbesondere zu verstehen: gravierende selbstgefährdende Handlungen, Selbsttötungsversuche bzw. Selbsttötung, sexuelle Gewalt, gefährliche und/oder wiederholte Körperverletzungen, strafrechtlich relevante Ereignisse, die über ein entwicklungsbedingtes Verhalten hinausgehen. 3. Katastrophenähnliche Ereignisse Hierunter sind alle über Schadensfälle des täglichen Lebens hinausgehenden Ereignisse , die in einem ungewöhnlichen Ausmaß Schäden an Leben oder an der Gesundheit von Menschen oder an Sachwerten verursachen oder zur Folge haben und die (teilweise ) Nutzung der Einrichtung beeinträchtigen zu verstehen. Beispiele sind Feuer, Explosionen, erhebliche Sturmschäden mit massiver Beeinträchtigung des Gebäudes oder Hochwasser. 4. Mängelfeststellung und/oder Auflagen anderer Aufsichtsbehörden, Hierzu gehören insbesondere Feststellungen des Gesundheitsamtes, des Bauaufsichtsamtes und/oder der Brandschutzbehörde in Bezug auf die konkrete Einrichtung. 5. Straftaten bzw. Strafverfolgung von Mitarbeiter/innen Meldepflichtig sind Straftaten oder der Verdacht von Straftaten von in der Einrichtung tätigen Personen sowie bekannt gewordene Ermittlungsverfahren. Eintragungen in Führungszeugnissen sind dem Landesjugendamt zu melden, damit die Relevanz der Straftat für die persönliche Eignung bewertet werden kann . Darüber hinaus stellt§ 47 SGB VIII Nr. 2 auch auf Entwicklungen ab, die das Wohl der Kinder und Jugendlichen beeinträchtigen und/oder gefährden können und im Zusammenhang mit den strukturellen und personellen Rahmenbedingungen in der Einrichtung stehen. Das ist zum Beispiel gegeben: wenn absehbar ist, dass die wirtschaftlichen Voraussetzungen für den Betrieb der Einrichtung nicht mehr voll erfüllt werden , Seite 2 von 5 STAATSMlNlSTERlUM FÜR KULTUS ~SACHsEN bei erheblichen personellen Ausfällen, z. B. aufgrund von Krankheiten und/oder Kündigung mehrerer Mitarbeiter/-innen, bei gravierenden oder sich wiederholende Beschwerden über die Einrichtung oder bei Insolvenz des Trägers oder Auflösung des Vorstandes ohne gesicherte Nachbesetzung . Frage 3: ln Frage 5 (Drs. 6/9130) gab das Staatsministerium für Kultus folgende Antwort: "Im Bereich der Jugendhilfe machen die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, die freien Träger der Jugendhilfe und andere Fortbildungsinstitute eigene Angebote für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Jugendhilfe." § 21 Abs. 2 SächsKitaG stellt hingegen klar, dass das Landesjugendamt neben den o.g. Beteiligten für die Fortbildungen verantwortlich seien. a. Warum hat das Staatsministerium für Kultus dies bei der Beantwortung der Kleinen Anfrage nicht erwähnt? b. Welche Fort- und Weiterbildungsangebote, Informationsmaterialien und weitere Publikationen, die auf einen Umgang mit demokratiegefährdenden Tendenzen - insbesondere mit Linksextremismus, Rechtsextremismus und religiös motivierten Extremismus- hält das Landesjugendamt für Erzieher und Lehrer vor? Die Zuständigkeit des Landesjugendamtes für die Fortbildung der Mitarbeiter von Kindertageseinrichtungen wurde in der Antwort auf die Kleine Anfrage Drs. 6/9130 nicht ausgeschlossen. Zur vorliegenden Frage wird aktuell verwiesen auf die geplante Fachtagung unter dem Titel "Was tun, wenn Kinder sich fremdenfeindlich äußern? - Verantwortung und Handlungsmöglichkeiten der pädagogischen Fachkräfte im Hort" am 12. September 2017 in Meißen. 4. ln einem Artikel der SZ vom 31.03.17 war zu entnehmen, dass das Kulturbüro Sachsen im Jahre 2013 vom Landesjugendamt mit der Feldforschung zur Erstellung der Broschüre (auf die in Drs. 6/9130 Bezug genommen wird) beauftragt worden ist. Warum wurde das Kulturbüro Sachsen vom Landesjugendamt mit solch einer Feldforschung beauftragt, obwohl es keine gemeldeten "extremistischen Vorfälle" in Kindertagesstätten gab und wer hat die Haushaltsmittel in Höhe von 113.278,18 € -ohne vorherige Prüfung des Sachverhaltes -freigegeben? Es wurde zu keiner Zeit eine "Feldforschung" bzw. Broschüre mit Handlungsideen zum Umgang mit Eitern, die in der rechten Szene aktiv sind , seitens des Landesjugendamts in Auftrag gegeben. Vielmehr geht das Kulturbüro Sachsen e. V. seinen satzungsgemäßen Auftrag nach, zu dessen Umsetzung der Verein in den vergangenen Haushaltsjahren eine finanzielle Unterstützung der Personal- und Sachausgaben im Projekt "Fachstelle Jugendhilfe - Demokratiewerte gegen Rechtsextremismus" im Rahmen der Richtlinie des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz zur Förderung der Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe im Freistaat Sachsen (FRL Weiterentwicklung) erhielt. Die Bewilligung von Mitteln für das Projekt "Fachstelle Jugendhilfe - Demokratiewerte gegen Rechtsextremismus" erfolgte durch den Kommunalen Sozialverband Sachsen als Bewilligungsbehörde nach pflichtgemäßer Prüfung des Projektantrags. Eine Freigabe von Mitteln ohne vorherige Prüfung ist nicht erfolgt. Seite 3 von 5 STAATSMlNlSTERlUM FÜR KULTUS S SACHsEN 5. Die Förderung der Broschüre, auf die in Drs. 6/9130 Bezug genommen wird, erfolgte nach der "Richtlinie des Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz zur Förderung der Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe im Freistaat Sachsen". Die Fördervoraussetzung ist u.a. der "( ... ) Abschluss einer Kooperationsvereinbarung ( ... ) zur prozesshaften Begleitung des Vorhabens durch das Landesjugendamt sowie zur Auswertung, Präsentation und Nutzung der Ergebnisse( ... )". Was war Inhalt dieser Kooperationsvereinbarung im vorliegenden Fall der erstellten Broschüre sowie der zur Erstellung durchgeführten Feldforschung im Hinblick auf: c. Begleitung des Projektes durch das Landesjugendamt, d. Auswertung des Projektes durch das Landesjugendamt, e. Nutzung der Ergebnisse, vor? Entsprechend Punkt 4.2 der Richtlinie des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz zur Förderung der Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe im Freistaat Sachsen (FRL Weiterentwicklung) vom 06.04.2010 wurde zwischen dem Kulturbüro Sachsen e. V. und dem Landesjugendamt 2015 eine Kooperationsvereinbarung für das gesamte Projekt "Fachstelle Jugendhilfe - Demokratiewerte gegen Rechtsextremismus" geschlossen. ln dieser Vereinbarung wurden insbesondere Aussagen zu Zielen, zur Umsetzung und zur Qualitätsentwicklung getroffen. Für den entsprechenden Doppelhaushalt wurden folgende Ziele vereinbart: • Beratung und Begleitung von Fachkräften der Jugendhilfe (Multiplikator/-innen, Kindertagesstätten und Erziehungsberatungsstellen, Mitarbeiterl-innen in sozialpädagogischen und erzieherischen Berufen) im Kontext der Auseinandersetzung mit organisierten und teilorganisierten Strukturen und jugendlichen Personen der rechtsextremistischen Bewegung . ln Verknüpfung mit den bisherigen Erfahrungen und vorhandenen Kenntnissen des Kulturbüros zielen diese Prozesse primär auf die Stärkung von Elternkompetenz. • Ein adäquates Fortbildungsangebot wird in Form von Fachgesprächen mit o. g. Zielgruppe nach Bedarf im Projektzeitraum umgesetzt. Im Rahmen der Qualitätsentwicklung wurde festgelegt, dass im Sinne einer prozesshaften Begleitung durch das Landesjugendamt mindestens einmal jährlich Gespräche zwischen den Vertragspartnern stattfinden. Diese Gespräche, welche sowohl in 2015 als auch in 2016 stattfanden, dienen der projektspezifischen Reflexion und einer gegebenenfalls notwendigen Nachsteuerung des Projektes. Sie sind Bestandteil des kooperativen Entwicklungsprozesses zwischen den Vereinbarungspartnern . Zur Sicherung, Weiterentwicklung und Nachhaltigkeit der Qualität innerhalb des Projektes verpflichtete sich das Kulturbüro gem. Punkt 5 (b) der in Rede stehenden Kooperationsvereinbarung , die Arbeit und sich daraus ergebende Erkenntnisse im Rahmen eines Sachberichtes gem. Pkt. 6.4 Satz 5 der FRL Weiterentwicklung entsprechend zu dokumentieren. Seite 4 von 5 STAATSMlNlSTERlUM FÜR KULTUS S SACHsEN Entsprechend des Zuwendungsbescheides vom 01 .03.2016 ist der Verwendungsnachweis , bestehend aus Sachbericht und zahlenmäßigem Nachweis, bis 30.06.2017 vorzulegen. Mit freundlichen Grüßen Seite 5 von 5 2017-06-06T14:19:09+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes