SACHSISCHES STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Hospitalstrãßs 7 | 01097 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bern hard-von-Lindena u-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Katja Meier, Fraktion BUNDNIS gO/DIE GRUNEN Drs.-Nr.: 6/9558 Thema: Überbelegung der Haftanstalten - Überstellung von Gefangenen aus EU-Ländern in ihre Heimatländer Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: ,,Vorbemerkung: Laut.Berichterstattung in der Freien Presse vom 4.5.2017 sollen verstärkt in Sachsen inhaftierte EU-Ausländer*innen in ihre Heimatländer überstellt werden. Diese Maßnahme soll die Überbetegung sächsischer Haftanstatten eindämmen. Laut Äußerung des SMJus müssen dabei bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, damit eine Überstellung sinnvoll ist, bspw. das die Gefangenen noch eine Reststrafe von mindestens einem Jahr zu verbüßen haben." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: STAATSMINISTERìUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Durchwahl Telefon +49 (0)351 564-1500 Telefax +49 (0)351 564-1509 staatsminister@ smj.justiz.sachsen.de* Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 1 040E-KLR-1 367/1 7 Dresden, y'.Juni 2O17 Hausansch¡lft: Sächslsches Staatsminlsterlum der Justlz Hospitalstraße 7 01 097 Dresden Briefpost tiber Deutsche Post 01 095 Dresden www.just¡z.sachsen.de/smj Verkehrsverblndung: Zu erreichen mit Straßenbahnlinien 3,6,7,8,11 Parken und beh¡ndertengerechter Zugang t¡ber Einfahrt Hospitalstraße 7 *zugang für sleklronisch signi€rto sowie für verschli¡ssslte elekiron¡sche Þokumente nur über das EIêKronìsche Gsrichts- und Verwaltungspostfach; nåhere lnformationen untsr ww.sgvp.de Seite I von 6 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN frl-Mw Frage l: Wie viele EU-Ausländerninnen welcher Nationalitäten befanden sich zum Stichtag 01.05.2017 in sächsischen Haftanstalten? (Bitte für jede Haftanstalt gesondert sowie absolut und prozentual angeben.) Zur Beantwortung der Frage wird auf die tabellarische Übersicht in der Anlage verwiesen . Aus dieser geht die Anzahl und der prozentuale Anteil der Gefangenen aus EU- Mitgliedstaaten in den einzelnen Justizvollzugsanstalten - jeweils bezogen auf den Stichtag 1. Mai 2017 - hervor. Frage 2: Welche konkreten Voraussetzungen müssen für eine Überstellung (2.8. Dauer der Reststrafe usw.) erfüllt sein und wie viele EU-Ausländer*innen welcher Nationalitäten entsprechen diesen Voraussetzungen? (Bitte für jede Haftanstalt gesondert sowie absolut und prozentual angeben.) Die Voraussetzungen für die Überstellung von EU-Ausländern werden im Rahmenbeschluss 2008/909/Jl des Rates vom 27. November 2008 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Urteilen in Strafsachen, durch die eine freiheitsentziehende Strafe oder Maßnahme verhängt wird, sowie die $$ 85 ff. des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (lRG) geregelt. Nach $ 85 Absatz 1 IRG kann die Vollstreckungsbehörde die Vollstreckung einer im Geltungsbereich dieses Gesetzes verhängten freiheitsentziehenden Sanktion einem anderen Mitgliedstaat nach Maßgabe des Rahmenbeschlusses übertragen. Hält sich die verurteilte Person in der Bundesrepublik Deutschland auf, darf die Vollstreckungsbehörde die Vollstreckung einer freiheitsentziehenden Sanktion in einem anderen Mitgliedstaat grundsätzlich bewilligen, wenn sich die verurteilte Person mit der Vollstreckung der freiheitsentziehenden Sanktion in dem anderen Mitgliedstaat einverstanden erklärt (S 85 Absatz 2 Nummer 1 IRG). Liegt das Einverständnis der verurteilten Person nicht vor, darf die Vollstreckungsbehörde die Vollstreckung einer freiheitsentziehenden Sanktion in einem anderen Mitgliedstaat nur bewilligen, wenn das Gericht die Vollstreckung der freiheitsentziehenden Sanktion in dem anderen Mitgliedstaat auf Seite 2 von 6 STAATSMINISTERIUM DER JUST¡Z Freistaat SACHSENw Antrag der Vollstreckungsbehörde für zulässig erklärt hat ($ 85 Absatz 2 Nummer 2 rRG). Nach $ 85c Nummer 1 IRG ist die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union zulässig, wenn die verurteilte Person die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates besitzt und dort ihren Lebensmittelpunkt hat oder nach $ 85c Nummer 2 IRG gemäß $ 50 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) nach Feststellung der zuständigen Stelle zur Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland verpflichtet ist. Nach $ 85c Nummer 2 IRG muss dabei eine bestandskräftige Feststellung der zuständigen Venrualtungsbehörde zur Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland vorliegen. Ferner m[issen die der Verurteilung zugrunde liegenden Handlungen nach dem Recht beider beteiligter EU-Staaten strafbar sein. Schließlich regelt Artikel 9 des Rahmenbeschlusses in welchen Fällen die zuständige Behörde des Vollstreckungsstaats die Anerkennung des Urteils und die Vollstreckung der Sanktion versagen kann. So kann die Übernahme der Vollstreckung insbesondere dann versagt werden, wenn zum Zeitpunkt des Eingangs des Urteils bei der zuständigen Behörde des Vollstreckungsstaats noch weniger als sechs Monate der Sanktion zu verbüßen sind. Ausgehend von den vorstehend genannten Voraussetzungen bzw. Hinderungsgründen liegen die Voraussetzungen für eine Überstellung in 73 Fällen vor, in denen dezeit auch eine Überstellung geprüft wird, ersichtlich in der nachfolgenden Aufstellung. Seite 3 von 6 STAATSMTNTSTERTUM I re= DER JUSilz I æ Freistaat SACHSEN J ustizvollzu gsanstalt AnzahlVerurteilte Herkunftsland Anteil in % 14 Tschech. Republik 3,5 10 Polen 2 , 5 o.21 Bulgarien Bautzen 2 Rumänien 0,5 1 Tschech. Republik 0,4Chemnitz 1 Polen 0,4 I Tschech. Republik 1,0 2 Polen 0,3 Dresden 1 Slowak. Republik 0,1 3 Tschech. Republik 1,4 7 Polen 3.3 Görlitz 2 Litauen 1,0 Leipzig 1 Rumänien 0,2 1 Polen 0,4 2 Rumänien 0,7 1 Italien 0,4 1 Portugal 0,4 Torgau 1 Ungarn 0,4 4 Tschech. Republik 1 t I 1 Polen 0,3 2 Bulgarien 0,5 1 Rumänien 0,3 1 Italien 0,3 Waldheim 2 Litauen 0,5 1 Tschech. Republik 0,3Zeithain 1 Polen 0,3 Zwickau 1 Niederlande 0,7 Seite 4 von 6 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Frage 3: Welche Kosten entstehen durchschnittlich (bzw. sind prognostiziert) für die Überstellung einer oder eines Gefangenen, durch wen und wie werden die Überstellungen durchgeführt und wie viele EU-AusländeÊinnen welcher Nationalitäten wurden seit 2015 aus Sachsen in welche EU-Staaten überstellt? Abgesehen von den Personal- und Arbeitskosten, die nicht gesondert ausgewiesen werden können, sind nach Einschätzung des Leitenden Oberstaatsanwalts in Dresden Übersetzungskosten in Höhe von durchschnittlich 3.000,- € für jedes Überstellungsverfahren anzusetzen. Hinzu kommen Kosten für den Vollzug der Überstellung. Soweit Überstellungen an angrenzende EU-Staaten erfolgen, sind diese Kosten gering, da hier lediglich Kosten für den Transport mit einem Pkw mit Begleitung bis zur Grenze anfallen. Soweit die Überstellung an nichtangrenzende EU-Staaten erfolgen muss, sind für die Flüge und ggf. Übernachtungen des Begleitpersonals durchschnittlich 5.000,- € anzusetzen. Die Überstellungsverfahren werden von den Vollstreckungsbehörden betrieben. Die tatsächliche Überstellung erfolgt jedoch durch das Landeskriminalamt Sachsen bzw. durch die von dem Landeskriminalamt Sachsen hiermit beauftragten Polizeidienststellen der Landespolizei und in Amtshilfe der Bundespolizei. ln dem abgefragten Zeitraum sind 13 Überstellungen von EU-Ausländern in ihre jeweiligen Herkunftsländer realisiert worden : Anzahl Verurteilte Herkunftsland 5 Tschech. Republik 4 Polen 1 Bulgarien 1 Rumänien 1 Lettland I Slowenien FÛ-NårJ w Freistaat SACHSEN Seite 5 von 6 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSENw Frage 4: lnwieweit sind der Staatsregierung etwaige Überbelegungen von Strafvollzugsanstalten in anderen EU-Staaten, vor allem in Polen und Tschechien, bekannt und wird dies vor einer etwaigen Überstellung überprüft? Falls Überbelegungen bekannt sind, stehen dies einer Überstellung entgegen und sofern troE Überbelegung eine Überstellung vollzogen wird kann dies gegen die Menschenwürde des oder der Gefangenen verstoßen? Erkenntnisse zu etwaigen Überbelegungen von Strafvollzugsanstalten in anderen EU- Staaten, vor allem in Polen und Tschechien, liegen der Staatsregierung nicht vor. Eine etwaige Überbelegung von Strafvollzugsanstalten in anderen EU-Staaten wird vor einer Überstellung nicht geprüft . Frage 5: Wie viele deutsche Staatsbürger*innen (mit Wohnort in Sachsen) sind in welchen anderen EU-staaten inhaftiert und inwieweit sind seit 2015 Überstellung dieser Personen in sächsische Haftanstalten erfolgt? Der Staatsregierung liegen keine Erkenntnisse dazu vor, wie viele deutsche Staatsangehörige in welchen anderen EU-Staaten inhaftiert sind und inwieweit seit 2015 Überstellungen dieser Personen in sächsische Haftanstalten erfolgt sind. Mit freundlichen Grüßen Sebastian Gemkow Anlage Tabellarische Übersicht zu Frage 1 Seite 6 von 6 Anlage zu Frage 1, Drs. 6/9558 JVA/JSA EU-Herkunftsstaat Anzahl der Gefangenen Anteil im Vehältnis zur Gesamtzahl der Gefangenen in Prozent (gerundet) Bautzen Bulgarien 4 1,0% Lettland 1 0,2% Litauen 1 0,2% Polen 22 5,4% Rumänien 8 2,0% Slowakische Republik 2 0,5% Tschechische Republik 24 6,0% Summe 62 15,3% Chemnitz Polen 5 1,8% Rumänien 4 1,4% Slowakische Republik 2 0,7% Tschechische Republik 10 3,6% Ungarn 1 0,3% Summe 22 8,0% Dresden Bulgarien 4 0,5% Italien 2 0,3% Kroatien 2 0,3% Lettland 2 0,3% Österreich 1 0,1% Polen 18 2,3% Portugal 1 0,1% Rumänien 12 1,5% Slowakische Republik 4 0,5% Tschechischen Republik 36 4,6% Summe 82 10,4% Görlitz Bulgarien 1 0,5% Kroatien 1 0,5% Lettland 1 0,5% Litauen 2 1,0% Polen 50 23,8% Rumänien 3 1,4% Tschechischen Republik 18 8,6% Summe 76 36,2% Anlage zu Frage 1, Drs. 6/9558 JVA/JSA EU-Herkunftsstaat Anzahl der Gefangenen Anteil im Vehältnis zur Gesamtzahl der Gefangenen in Prozent (gerundet) Leipzig mit KH Italien 2 0,4% Lettland 1 0,2% Litauen 5 1,1% Niederlande 1 0,2% Österreich 1 0,2% Polen 7 1,5% Portugal 2 0,4% Rumänien 12 2,5% Tschechische Republik 5 1,1% Vereinigtes Königreich 1 0,2% Summe 37 7,8% Regis-Breitingen Polen 4 1,7% Slowakische Republik 1 0,4% Tschechischen Republik 4 1,7% Summe 9 3,9% Torgau Italien 1 0,4% Polen 2 0,7% Portugal 3 1,1% Rumänien 3 1,1% Tschechische Republik 1 0,4% Ungarn 1 0,4% Summe 11 4,0% Waldheim Bulgarien 2 0,5% Italien 2 0,5% Litauen 2 0,5% Polen 3 0,8% Rumänien 3 0,8% Tschechische Republik 5 1,3% Summe 17 4,5% Zeithain Lettland 1 0,3% Polen 4 1,0% Rumänien 1 0,3% Tschechische Republik 4 1,0% Anlage zu Frage 1, Drs. 6/9558 JVA/JSA EU-Herkunftsstaat Anzahl der Gefangenen Anteil im Vehältnis zur Gesamtzahl der Gefangenen in Prozent (gerundet) Summe 10 2,5% Zwickau Lettland 2 1,3% Niederlande 1 0,7% Polen 2 1,3% Portugal 1 0,7% Rumänien 2 1,3% Spanien 1 0,7% Tschechische Republik 5 3,3% Ungarn 1 0,7% Summe 15 9,9% Insgesamt 341 9,5% KA6-9558 KA6-9558_Anl 2017-06-02T12:51:30+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes