STAATSMINISTERIUM FÜR WISSENSCHAFT UND KUNST Freistaat SACHSEIN Die Staatsministerin STAATSMINISTERIUM FÜR WISSENSCHAFT UND KUNST Postfach 10 09 20 | 01079 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) L-1053/2/154-2017/ Dresden, ^s/4 Juni 2017 Kleine Anfrage des Abgeordneten Klaus Bartl, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/9611 Thema: Archäologische Ausgrabungen im ehemaligen Klosterareal von Annaberg-Buchholz durch das sächsische Landesamt für Archäo logie Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Seit April 2016 führt das sächsische Landesamt für Archäologie Grabungen auf dem Ge lände des ehemaligen Franziskanerklosters in Annaberg-Buchholz durch. Nach Abschluss der Ausgrabungen soll dort das künftige Groß finanzamt des Landkreises Erzgebirgskreis errichtet werden. Neben der Klosterruine befinden sich auf dem Areal die Gebäude des ehemaligen Amtsgerichtes und des Finanzamtes. Bei dem Franziskanerkloster handelt es sich um ein schützenswertes Kulturdenkmal von herausgehobener Bedeutung, was die sächsische und deutsche Geschichte, die Religions- und Architekturgeschichte so wie die Geschichte des Münzwesens und der Metallurgie betrifft." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Vor und nach 1990 wurden auf dem betreffenden Gelände Bau arbeiten mit Bodeneingriffen verschiedener Größe und Bautiefe durch geführt. Gab es für die Arbeiten nach 1990 Genehmigungen der Denk malschutzbehörde und archäologische Fachbegleitungen nach § 12 des Sächsischen Denkmalschutzgesetzes und welche Dokumentationen wurden dabei ggf. erarbeitet? Auf der Grundlage der §§ 12 und 14 des Sächsischen Denkmalschutzgeset zes (SächsDSchG) führte das Landesamt für Archäologie Sachsen (LfA) fol gende Untersuchungen durch: • November 1998: Mauerwerkstrockenlegung Gebäude Amtsgericht (Vermerk in Ortsakte LfA) -ir Zertifikat seit 2007 audft berufundfamilie Hausanschrift: Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst Wigardstraße 17 01097 Dresden www.smwk.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßen bahnlinien 3,6,7,8, 13 Für Besucher mit Behinderungen befinden sich gekennzeichnete Parkplätze am Hintereingang der Wigardstraße 17. Für alle Besucherparkpiatze gilt: Bitte beim Pfortendienst melden. •Kein Zugang für elektronisch signierte sowie für verschlüsselte elektronische Dokumente. STAATSMINISTERIUM FÜR WISSENSCHAFT UND KUNST Freistaat SACHSEN • September bis Oktober 1999: Sanierung Klostermauer zwischen Polizei- und Amtsgerichtsgebäude, Keller im Nordteil des Ostflügels (Vermerk in Ortsakte LfA) • Juni 2000: Anlage eines Parkplatzes für das Finanzamt (archäologische Doku mentation) In diesem Zusammenhang erfolgten durch den Staatsbetrieb Sächsisches Immobilienund Baumanagement (SIB) auch die notwendigen Abstimmungen mit dem Landesamt für Denkmalpflege (LfD). Frage 2: Welche vorbereitenden Untersuchungen erfolgten im Rahmen des aktu ellen Bauvorhabens im Vorfeld der archäologischen Grabungen, um sich ein Bild von möglichen Funden und Befunden machen zu können, welche Forschungslite ratur wurde dabei ausgewertet und wie erfolgte die Planung der archäologischen Grabungen, vor allem hinsichtlich der Anzahl, Lage und Ergebnissen der Sondagen (Probeschnitte)? Folgende Untersuchungen und Auswertungen fanden im Rahmen des Bauvorhabens statt: • Frühjahr 2015: Baugrunduntersuchung mittels Baggerschürfen durch den Staats betrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB), Dokumentation SIB, Niederlassung Chemnitz • Frühjahr 2016: Recherchen und Studien durch Archäologen und Historiker des LfA zu Karten, Rissen, Plänen, Archivalien, einschlägige Fachliteratur, Ergeb nisse der Baugrunduntersuchung, Grabungen, sonstige Quellen- und Dokumen tationen zum und über das Franziskanerkloster Annaberg (u. a. auch Arbeiten des Heimatforschers Siegfried llling). Es handelt sich um eine Flächengrabung, die durch ein Bauvorhaben des Freistaates Sachsen ausgelöst wurde. Ihr genaues Ausmaß ist durch die Maße des künftigen Bau körpers sowie dessen Gründungstiefe (Bauendtiefe ist minus 1,40 m unter Geländeober kante) definiert. Darüber hinaus gehende Eingriffe erfolgen nicht. Diearchäologische Do kumentation der Mauerbefunde bildet zugleich eine der Grundlagen für die weitere Pla nung der Baukörper. Durch die historischen Pläne, die Baugrunduntersuchungen und noch sichtbare Reste der Außenmauern war die Lage des Klosterkomplexes auf dem Gelände gut eingrenzbar. Die Baumaßnahme befindet sich vollumfänglich auf dem ehe maligen Klostergelände, das daher in diesen Bereichen vollständig zu untersuchen ist. Vorausgehende Sondagen zur Feststellung der Lage des Klosters erübrigten sich. Frage 3: Im Unterschied zum südlichen Bereich des, die ehemalige Klausur des Klosters umfassenden, Grabungsfeldes, bei dem bereits wenige Zentimeter unter der Geländeoberfläche ergrabenes Fundgut archäologisch untersucht wurde, wurde im Nordbereich die Bodenschicht bis nahe dem historischen Fußboden pflaster nicht als relevante Fundschicht ausgewiesen und demzufolge ohne archä ologische Untersuchungen abgetragen und deponiert. Diese Bewertung könnte auch auf die verfüllten Keller des Nordflügels, die Versturzmassen und Bauschutt enthalten, bezogen werden. Welche konkreten Untersuchungen führten auf der Grundlage des Sächsischen Denkmalschutzgesetzes zu diesen Einschätzungen? Seite 2 von 4 STAATSMINISTERIUM FÜR WISSENSCHAFT UND KUNST Freistaat SACHSEN Im angesprochenen Bereich der Klausur befand sich bekanntermaßen vorher der Park platz des Amtsgerichtes mit einer Unterfütterung aus Frostschutz und einem darunter liegenden Plastikgitter (Datierung: Ende 20. Jahrhundert). Letzteres lag direkt auf den erhaltenen Grundmauern der Klausur auf, demzufolge waren höherliegende oder gar ältere Befunde vollständig auszuschließen. Die auf dem Kreuzgangpflaster im Nord- und Westteil der Klausur unter dem Plastikgitter befindliche, noch ca. 5 cm dicke Schicht aus Brand- und Bauschutt wurde vollständig von Hand abgetragen, etwaige Funde sorgfältig dokumentiert und archiviert. Im Nordflügel des Klosters befanden sich keine Keller, sondern dessen Erdgeschoss. Es war vollständig mit Bauschutt des 19./20. Jahrhunderts verfüllt (vgl. u. a. Schnick 1803; Baugrunduntersuchung SIB2015). Der Bauschutt enthielt auch moderne Beton- und Zie gelfragmente. DerSchutt wurde daher - wieallgemein üblich - mittels kontrolliertem Bag gereinsatz und unter archäologischer Fachbegleitung auf die Bauendtiefeabgetragen. Frage 4:Welches Fundmaterial, aufgeschlüsselt nach Typologie (Fundkategorien) einschließlich der Fundkomplexe, wurde bei den Ausgrabungen bislang gebor gen? Die spezifische Typologie der aufgefundenen Objekteanhand ihrerForm und Materialart wird im Zuge der wissenschaftlichen Auswertung der Grabung stattfinden. Es handelt sich um mehrere Tausend Objekte. Ein Teil konnte der Öffentlichkeit bereits bei Gra bungsführungen und Pressekonferenzen vorgestellt werden. Bei dem Fundmaterial handelt es sich insbesondere um: denware Alltagskeramik des frühen 16.-19. Jahrhunderts Technische Keramik 16.-1. Hälfte 17. Jahrhundert Glas Technisches Glas Reste der Fensterverglasung des Klosters Baustoffe Bauliche Reste, die eindeutig dem Kloster zugeschrieben werden können (u. a. Gebäudespolien) Bodenfliesen des Kreuzganges weitere Fußbodenfragmente Metall Buntmetallgegenstände (u. a. Münzen, Rechenpfennige, Stecknadeln) Schlacke und Eisengegenstände (z. B. Dachnägel) Kachelofenfragmente des 16. Jahrhunderts Bildkacheln Napfkacheln Blattkacheln mit rundem Spiegel Seite 3 von 4 STAATSMINISTERIUM FÜR WISSENSCHAFT UND KUNST Freistaat SACHSEN Organische Materialien • Tierknochen • Hölzer, die zur dendrochronologischen Beprobung geborgen wurden Gräber • Bestattungen im Kreuzgang und im Langhaus Frage 5: Wurden, um alle Aspekte der Denkmalpflege und des Denkmalschutzes einschließlich einer angemessenen öffentlichen Präsentation des bedeutenden Kulturdenkmals mit seiner wertvollen historischen Bausubstanz zu berücksichti gen, bei der Errichtung des neuen Finanzamtes auch andere Bauvarianten in Er wägung gezogen? Während der Planungen erfolgten durch den SIB insbesondere mit dem LfA und dem LfDumfangreiche Abstimmungen. Im Ergebnis dessen wird auf die Errichtung eines Kel lergeschosses für den Neubauteil verzichtet. Die Funde (Mauern) werden wieder verfüllt. So ist weiterhin ein substanzerhaltender Schutz möglich. Bei der Gebäude- und der Innenhofgestaltung wird jedoch teilweise auf Elemente des ehemaligen Kreuzganges sichtbar Bezug genommen. Begleitend wird eine umfangreiche Dokumentation erstellt. Die Funde sollen auf Infor mationstafeln in der zukünftigen Informations- und Annahmestelle des Finanzamtes dar gestellt werden. Mit freundlichen Grüßen Dr. Eva-Maria Stange Seite 4 von 4 2017-06-12T08:28:50+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes