STAATSMINISTERIUM DES INNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage de:, Abgeordneten Rene Jalaß, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/9613 Thema: Cannabis und Führerschein Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften wurde Cannabis ein verschreibungsfähiges Medikament, ohne dass die Patientinnen und Patienten noch einer Ausnahmegenehmigung nach § 3 Absatz 2 des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) bedürfen. Durch Anfragen von Bürgerinnen ist bekannt, dass häufig Polizeibeamtinnen nicht ausreichend darüber aufgeklärt sind, dass es überhaupt legales Cannabis zum medizinischen Gebrauch gibt. Das ist aufgrund der ideologisch motivierten Verbotspolitik bei Cannabis zu Genusszwecken nicht überraschend. Oftmals ist sich die Polizei nicht sicher, ob es sich um legales medizinisches Cannabis handelt oder um illegalisiertes Cannabis zum Freizeitkonsum . Insbesondere bei Straßenverkehrskontrollen sehen sich Cannabispatientinnen und -patienten demnach der Gefahr ausgesetzt, durch die polizeiliche Praxis kriminalisiert zu werden, auch wenn die Rechtslage eine andere ist. Bei bestimmungsgemäßer Einnahme fahren Cannabispatientinnen und -patienten nicht unter Rausch. Erst durch den Einsatz von Cannabismedizin sind sie vielleicht überhaupt in der Lage, sicher am Straßenverkehr teilzunehmen. Trotz ärztlicher Gutachten sehen sich Cannabispatientinnen und -patienten mit Ermittlungsverfahren aufgrund eines Anfangsverdachts des Verstoßes gegen Betäubungsmittel oder wegen Trunkenheit im Verkehr konfrontiert oder ihnen wird die charakterliche Eignung zum Führen eines Fahrzeuges abgesprochen. Das wäre eine unzulässige Kriminalisierung von Cannabispatientinnen und Cannabispatienten." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 31-1053/27/33 Dresden, .Juni 2017 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSMIN1STERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN Frage 1: Wird gegen Personen, die Cannabis nachweislich aus medizinischen Gründen konsumieren und bei denen z.B. im Rahmen einer Verkehrskontrolle der Konsum oder der Besitz von medizinischem Cannabis festgestellt wurde, ein polizeiliches Ermittlungsverfahren eingeleitet und/oder eine Aufnahme in die „Falldatei Rauschgift"? Die polizeilichen Ermittlungen im Rahmen einer Verkehrskontrolle richten sich nach dem allgemeinen und besonderen Strafrecht sowie dem Ordnungswidrigkeitenrecht. Für die Verfolgung einer Straftat wegen Trunkenheit im Verkehr nach § 316 Strafgesetzbuch (StGB) oder wegen Gefährdung des Straßenverkehrs gemäß § 315c Absatz 1 Nummer la), Absatz 2 und 3 StGB, kommt es nicht darauf an, ob das Cannabis erlaubterweise aus medizinischen Gründen oder verbotenerweise konsumiert wurde. Eine Strafbarkeit nach den oben genannten Vorschriften ist immer dann gegeben, wenn der Fahrer eines Fahrzeuges ein solches führt, obwohl er infolge des Konsums berauschender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen. Ob die berauschenden Mittel dabei medizinisch indiziert oder verbotenerweise konsumiert wurden , ist hingegen unerheblich. Auch derjenige, dem der Konsum von Cannabis aus medizinischen Gründen erlaubt ist, macht sich strafbar, wenn er ein Fahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr im Zustand der Fahruntüchtigkeit führt. Im Gegensatz dazu muss von einer Verfolgung einer Ordnungswidrigkeit gemäß § 24 a Absatz 2 Satz 3 Straßenverkehrsgesetz (StVG) abgesehen werden, wenn die Substanz aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall vorgeschriebenen Arzneimittels herrührt. Dies muss durch den Kraftfahrzeugführer im konkreten Einzelfall nachgewiesen werden (z. B. zusätzliche Ausfertigung des Betäubungsmittelrezeptes oder eine Bescheinigung des Arztes). Für die Speicherung und Aufnahme in die Falldatei Rauschgift ist das Vorliegen einer Straftat von länderübergreifender oder erheblicher Bedeutung und das Vorliegen einer Negativprognose Voraussetzung. Eine Aufnahme in die Falldatei Rauschgift erfolgt bei begangenen Verkehrsstraftaten gemäß §§ 315 c und 316 StGB grundsätzlich nicht. Der Eigenkonsum von Betäubungsmitteln, so auch von Cannabis, ist generell nicht strafbar. Der Besitz von Cannabis aus medizinischen Gründen führt nicht zur Einleitung eines polizeilichen Ermittlungsverfahrens, wenn vor Ort durch den Patienten im konkreten Einzelfall der Nachweis erbracht werden kann, dass dieses ärztlich verschrieben wurde . Seite 2 von 4 STAATSMINISTER1UM DES INNERN T-Tei " Freistaat SACHSEN Frage 2: Wie reagiert die Staatsregierung auf die geänderte Rechtslage hinsichtlich der in der Vorbemerkung genannten Problematik, insbesondere mit Blick auf das Führen eines Kraftfahrzeugs durch Personen, die aus medizinischen Gründen Cannabis z.B. in Form von Fertigarzneimitteln konsumieren? Die sächsische Staatsregierung setzt die seit dem 10. März 2017 geltende neue Rechtslage um. Cannabispatienten werden hinsichtlich der Teilnahme am Straßenverkehr genauso behandelt wie andere Patienten, die unter einer Dauermedikation stehen bzw. die ein psychoaktives Arzneimittel verordnet bekommen haben. Grundsätzlich dürfen Patienten am Straßenverkehr teilnehmen, soweit sie auf Grund der Medikation nicht in ihrer Fahrtüchtigkeit beeLlträchtigt sind, d. h. sie müssen in der Lage sein, ein Fahrzeug sicher zu führen. Frage 3: Welche Vorschriften bestehen hinsichtlich des Nachweises des Konsums zu medizinischen Zwecken, bspw. im Rahmen einer polizeilichen Verkehrs- oder Personenkontrolle zum Nachweis der ordnungsgemäßen ärztlichen Verschreibung; des legalen Bezugs des Medizinproduktes; der bestimmungsgemäßen Anwendung ; der Kostenübernahme durch eine Krankenkasse / ein Versicherungsunternehmen , etc.? Es ist nicht gesetzlich festgeschrieben, dass Patienten unter Dauermedikation einen Nachweis hierüber mit sich führen müssen. Es wird empfohlen, dass Cannabispatienten beim Führen eines Fahrzeugs eine zusätzliche Ausfertigung des Betäubungsmittelrezeptes oder eine Bescheinigung des Arztes mitführen. Die Verantwortung für die Verschreibung, Verabreichung oder Verbrauchsüberlassung weiterer Cannabisarzneimittel, wie getrockneter Cannabisblüten und Extrakte, liegt mit der Neuerung des Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften nun gemäß § 13 Absatz 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) bei dem behandelnden Arzt, der entsprechend handeln darf, wenn die Anwendung am oder im menschlichen Körper des Patienten begründet ist. Innerhalb von 30 Tagen darf der Arzt für einen Patienten gemäß § 2 Absatz 1 Buchstabe a Nummer 2 a Betäubungsmittel- Verschreibungsverordnung (BtMVV) beispielsweise Cannabis in Form von getrockneten Blüten bis zu einer Höchstmenge von 100.000 mg verschreiben. Gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 3 BtMG ist der Erwerb von Cannabis oder anderen in Anlage III bezeichneten Betäubungsmitteln aufgrund ärztlicher Verschreibung in einer Apotheke nun straflos ohne Ausnahmeerlaubnis für Patienten möglich. Nach § 9 BtMVV ist bei der Verschreibung von Betäubungsmitteln auf dem Betäubungsmittelrezept u. a. eine Gebrauchsanweisung mit Einzel- und Tagesgabe oder im Falle, dass dem Patienten eine schriftliche Gebrauchsanweisung übergeben wurde, ein Hinweis auf diese schriftliche Gebrauchsanweisung anzugeben. Die Leistung, der vertragsärztlichen Verordnung von Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten, bedarf gemäß § 31 Absatz 6 Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung bei der ersten Verordnung für Versicherte nach Antrag der Genehmigung der Krankenkasse. Seite 3 von 4 STAATSM1N1STERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN Frage 4: Ist der Staatsregierung ein THC-Höchstwert zum Führen eines Kraftfahrzeuges analog zum Promillehöchstwert bei Alkoholkonsum bekannt? Der Staatsregierung ist kein THC-Höchstwert zum Führen eines Kraftfahrzeuges bekannt . Frage 5: Wird die Staatsregierung Anstrengungen unternehmen, eine bundeseinheitliche Prax" (bspw. über fachliche Standards; in der Polizeipraxis; etc.) beim Umgang mit a if nnabispatientinnen zu erreichen? Der Staeregierung liegen keine Erkenntnisse hinsichtlich einer unterschiedlichen bu eseden Polizeipraxis beim Umgang mit Cannabispatienten vor.es Mitlfreulndlichen Grüßen rkus Ulbi Seite 4 von 4 2017-06-09T10:00:18+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes