STAATSMIN1STERIUM DES INNERN 7:i7-e Freistaat7e7al SACHSEN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Juliane Nagel, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/9619 Thema: Probleme bei der Umsetzung der sogenannten 3+2 -Regelung Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „In einem Beitrag auf ntv vom 25. April 2017 heißt es, dass es in Sachsen zu Abschiebungen von Auszubildenden gekommen sei, die faktisch der so genannten 3+2 Regelung (§ 60a Abs. 2 S. 4 ff. Aufenthaltsgesetz ) unterliegen. Abschiebungen würden trotz gültigen Ausbildungsverträgen oder laufenden Praktika vollzogen. Weiterhin wird Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer zitiert: ,Unternehmen berichten, dass Ausländerbehörden gerade die '3+2-Regelung für Auszubildende unterschiedlich auslegen. Die Ministerpräsidenten sollten sicherstellen, dass das Recht bundesweit einheitlich angewandt wird'." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche untergesetzlichen Regelungen gibt es in Sachsen zur Ausgestaltung der so genannten 3+2 -Regelung ( § 60a Abs. 2 S. 4 ff. Aufenthaltsgesetz )? Das Bundesministerium des Innern (BMI) hat mit Schreiben vom 1. November 2016 Hinweise zur Berufsausbildung von Asylbewerbern und Geduldeten erlassen, die den unteren Ausländerbehörden bekanntgegeben wurden. Zudem hat das Sächsische Staatsministerium des Innern (SW) unmittelbar nach Inkrafttreten des Integrationsgesetzes am 25. August 2015 erste Informationen zur Neuregelung des § 60a Abs. 2 Satz 4 ff. Aufenthaltsgesetz (AufenthG) und nachfolgend am 12. Dezember 2015 umfangreiche Anwendungshinweise zur Erteilung einer Duldung zur qualifizierten Berufsausbildung an die unteren Ausländerbehörden herausgegeben, die vorab mit dem Sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr sowie dem Sächsischen Staatsministerium für Kultus abgestimmt wurden. Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 24a-1053/28/12 Dresden, 4 . Juni 2017 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 wwvv.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm-Buck- Str. 2 oder 4 melden. STAATSM1N1STER1UM DES INNERN Freistaat SACHSEN Das BMI hat am 30 Mai 2017 Allgemeine Anwendungshinweise zur Duldungserteilung nach § 60a AufenthG erlassen, die auch die Ausbildungsduldung umfasst. Die Anwendungshinweise werden auch auf die Internetseite des BMI eingestellt werden. Frage 2: Wie ist die Handhabe der Ausländerbehörden hinsichtlich der Fristen zwischen Abschluss eines Ausbildungsvertrages und Aufnahme der Ausbildung (und damit Erteilung einer Ausbildungsduldung)? Nach dem Wortlaut des § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG setzt die Erteilung einer Ausbildungsduldung voraus, dass der Ausländer die qualifizierte Berufsausbildung aufnimmt oder aufgenommen hat. Nach der Gesetzesbegründung zum Integrationsgesetz (BT- Drucksache 18/9090) und den Hinweisen des BMI muss der Ausbildungsbeginn unmittelbar bevorstehen. Unter Berücksichtigung, dass in der Praxis Auswahlverfahren für eine Berufsausbildung mit einem zeitlichen Vorlauf zum Beginn des Ausbildungsjahres durchgeführt werden, hat das SMI festgelegt, dass eine Aufnahme der Berufsausbildung nach § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG in absehbarer Zeit auch dann gegeben ist, wenn der Ausbildungsvertrag bereits abgeschlossen ist, das Ausbildungsjahr allerdings erst in ein paar Wochen beginnt. Eine pauschale Fristbestimmung ist insoweit nicht angezeigt. Die Ausländerbehörden entscheiden unter Berücksichtigung der Vorgaben des Bundesministeriums des Innern und des SMI im Einzelfall anhand aller Umstände. Die Angaben zur konkreten Handhabung beruhen auf den Meldungen von zwei unteren Ausländerbehörden, die dem SMI zum Zeitpunkt der Beantwortung der Kleinen Anfrage vorlagen. Die Ausländerbehörde der Kreisfreien Stadt Leipzig stellt Ausbildungsduldungen aus, wenn der Ausbildungsbeginn in absehbarer Zukunft liegt. In der Regel sind dies drei Monate, im Einzelfall auch bis zu sechs Monate vor Ausbildungsbeginn. Der Ausländerbehörde des Landkreises Meißen wurden bisher die Ausbildungsverträge durchschnittlich zehn Wochen vor Ausbildungsbeginn vorgelegt und die Ausbildungsduldung beantragt. Die Erteilung der Ausbildungsduldung erfolgte dann vor Ausbildungsbeginn . Frage 3: Welche Ausschlusskriterien werden durch die sächsischen Ausländerbehörden hinsichtlich der Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis, die der Erteilung der Ausbildungsduldung vorausgeht, angelegt? Eine Beschäftigungserlaubnis ist nur zur Aufnahme einer betrieblichen Berufsausbildung erforderlich. Über die für die betriebliche Berufsausbildung erforderliche Beschäftigungserlaubnis ist zum gleichen Zeitpunkt zu entscheiden wie über die Erteilung der Duldung. Die Erteilung der Beschäftigungserlaubnis steht grundsätzlich im Ermessen der Ausländerbehörde. Das Ermessen ist aber weitestgehend reduziert, wenn die Voraussetzung für die Duldungserteilung nach § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG vorliegen. Dabei sind nach § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG auch die Ausschlussgründe für eine Erwerbstätigkeit nach § 60a Abs. 6 AufenthG zu prüfen. Seite 2 von 4 STAATSMIN1STERIUM DES INNERN Die Ausländerbehörden legen die Maßstäbe der gesetzlichen Regelungen zum Erwerbstätigkeitsverbot nach § 60a Abs. 6 AufenthG bei der Entscheidung über die Duldungserteilung und der Erteilung der Beschäftigungserlaubnis zugrunde. Danach darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn der Ausländer sich nach Deutschland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) zu erlangen oder aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können aus Gründen, die der Ausländer zu vertreten hat oder der Ausländer Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt wurde. Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe des Nichtvollzugs der Aufenthaltsbeendigung insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Frage 4: Wie viele Geflüchtete wurden in Sachsen trotz Abschluss eines Ausbildungsvertrages abgeschoben? (bitte nach Alter, Staatsangehörigkeit, Ort des letzten Aufenthalts , Ausbildungsbereich aufschlüsseln) Von einer Beantwortung seitens der Staatsregierung wird abgesehen. Der Abschluss eines Ausbildungsvertrages wird im Zusammenhang mit der Abschiebung statistisch nicht erfasst. Gemäß Artikel 51 Absatz 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen ist die Staatsregierung verpflichtet, Fragen einzelner Abgeordneter oder parlamentarischer Anfragen nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig zu beantworten. Nach dem Grundsatz der Verfassungstreue ist jedes Verfassungsorgan verpflichtet, bei der Ausübung seiner Befugnisse den Funktionsbereich zu respektieren , den die hierdurch mitbetroffenen Verfassungsorgane in eigener Verantwortung wahrzunehmen haben. Dieser Grundsatz gilt zwischen der Staatsregierung und dem Parlament sowie seinen einzelnen Abgeordneten, so dass das parlamentarische Fragerecht durch die Pflicht des Abgeordneten zur Rücksichtnahme auf die Funktions- und Arbeitsfähigkeit der Staatsregierung begrenzt wird. Die Staatsregierung muss nur das mitteilen, was innerhalb der Antwortfrist mit zumutbarem Aufwand in Erfahrung gebracht werden kann (vgl. SächsVerfGH, Urteil vom 16. April 1998, Vf. 14-1-97). Im vorliegenden Fall wäre durch eine vollständige Beantwortung der Frage die Arbeitsund Funktionsfähigkeit der Staatsregierung gefährdet. Statistisch werden die erfragten Daten nicht erfasst. Es müssten hierfür gut 4.000 Akten zu den im Jahr 2016 und 1. Quartal 2017 abgeschobenen Ausländer händisch ausgewertet werden. Hierfür ist pro Akte ein Gesamtaufwand von durchschnittlich 15 Minuten zu veranschlagen: Hieraus ergibt sich ein Arbeitsaufwand von über 1.000 Arbeitsstunden. Es wird insoweit auch auf die Antwort der Staatsregierung auf die Frage 4 der Kleinen Anfrage Drs.-Nr. 6/8842 verwiesen. Die Staatsregierung kam dabei bei der vorzunehmenden Abwägung zwischen dem parlamentarischen Fragerecht einerseits und der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung andererseits zu dem Ergebnis, dass angesichts der Aktenmenge dieser Aufwand innerhalb der für die Beantwortung der Kleine Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit unverhältnismäßig und ohne eine Gefährdung der Funktions - und Arbeitsfähigkeit sowie der sonstigen Aufgabenwahrnehmung nicht leistbar ist. Freistaat SACHSEN Seite 3 von 4 STAATSMEMSTERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN Frage 5: Wie vielen Geflüchteten wurden aus welchen Gründen eine Beschäftigungserlaubnis zum Abschluss eines Ausbildungsvertrages versagt? (bitte nach Alter, Staatsangehörigkeit, Ort des letzten Aufenthalts, angestrebter Ausbildungsbereich aufschlüsseln) Von einer Beantwortung durch die Staatsregierung wird abgesehen. Die Versagung einer für die Aufnahme einer betrieblichen Berufsausbildung erforderlichen Beschäftigungserlaubnis durch die Ausländerbehörde wird statistisch nicht erfasst . Gemäß Artikel 51 Absatz 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen ist die Staatsregierung verpflichtet, Fragen einzelner Abgeordneter oder parlamentarischer Anfragen nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig zu beantworten. Nach dem Grundsatz der Verfassungstreue ist jedes Verfassungsorgan verpflichtet, bei der Ausübung seiner Befugnisse den Funktionsbereich zu respektieren, den die hierdurch mitbetroffenen Verfassungsorgane in eigener Verantwortung wahrzunehmen haben. Dieser Grundsatz gilt zwischen der Staatsregierung und dem Parlament sowie seinen einzelnen Abgeordneten, so dass das parlamentarische Fragerecht durch die Pflicht des Abgeordneten zur Rücksichtnahme auf die Funktions- und Arbeitsfähigkeit der Staatsregierung begrenzt wird. Die Staatsregierung muss nur das mitteilen, was innerhalb der Antwortfrist mit zumutbarem Aufwand in Erfahrung gebracht werden kann (vgl. Sächs- VerfGH, Urteil vom 16. April 1998, Vf. 14-1-97). Im vorliegenden Fall wäre durch eine vollständige Beantwortung der Frage die Arbeitsund Funktionsfähigkeit der Staatsregierung gefährdet. Statistisch werden die erfragten Daten nicht erfasst. Es müssten hierfür sowohl die Akten der Ausländer, die abgeschoben wurden, als auch die Akten der aus anderen Gründen geduldeten Ausländer jeweils händisch ausgewertet werden. Im Jahr 2016 und im 1. Quartal 2017 wurden insgesamt gut 4.000 Ausländer abgeschoben und zum 31. März 2017 betrug die Zahl aller geduldeten Ausländer im erwerbsfähigen Alter zwischen 18 und 65 Jahren insgesamt 5.673 Personen. Veranschlagt man pro Akte ein Gesamtaufwand von durchschnittlich 15 Minuten, ergibt sich ein Arbeitsaufwand über 1.400 Arbeitsstunden. Die Staatsregierung kam bei der vorzunehmenden Abwägung zwischen dem parlamentarischen Fra- ( ( gerecht inerseits und der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung andere eits zu dem Ergebnis, dass angesichts der Aktenmenge dieser Aufwand innerhal d für die Beantwortung der Kleine Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit unver ält ismäßig und ohne eine Gefährdung der Funktions- und Arbeitsfähigkeit sowie d r s nstigen Aufgabenwahrnehmung nicht leistbar ist. Mit eunpllichen Grüßen Markus Ulbig Seite 4 von 4 2017-06-08T13:43:38+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes