STAATSMINISTERIUM DES INNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Valentin Lippmann, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drs.-Nr.: 6/9857 Thema: versuchter Übergriff auf von Geflüchteten bewohnte Unterkunft in Wurzen am 09.06.2016 Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Verschiedene Medien berichteten über einen geplanten Übergriff auf eine von Geflüchteten bewohnte Unterkunft in Wurzen am 09.06.2017. Die Rede ist von bis zu 60 aggressiven und zum Teil stark alkoholisierten Rechten, die einem zuvor im Internet veröffentlichten Aufruf gefolgt seien. Die Polizei kommentierte das Geschehen in einer Medieninformation wie folgt: ,Nur durch das sofortige Einschreiten konnten Übergriffe auf das Gebäude und Personen verhindert werden.' Dem geplanten Übergriff ist laut selbiger Medieninformation der Polizei eine ‚Körperverletzung von zwei Asylbewerbern an Wurzener Jugendlichen am Pfingstwochenende' vorausgegangen." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie stellen sich die beiden in der Vorbemerkung benannten Sachverhalte aus Sicht der Staatsregierung dar? (Bitte auch angeben wie viele erwachsene und minderjährige Personen sich zur Zeit des versuchten Übergriffs im Gebäude befanden.) Frage 2: Gegen wie viele Beschuldigte wurden jeweils Anzeigen erstattet wegen welches Straftatbestandes und inwieweit kam es zu Festnahmen? (Bitte auch etwaige Einordnungen in die PMK-rechts benennen.) 2;:-= Freistaat SAC1-ISEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 33-1053/29/51 Dresden, G. Juli 2017 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSMINISTERIUM DES INNERN 7, Frage 3: Wie viele Identitätsfeststellungen wurden im Zusammenhang mit dem geplanten Übergriff bzw. der anschließenden Einrichtung einer Platzverweiszone durchgeführt , aus welchen Orten stammten die festgestellten Personen und inwieweit sind diese bereits in der Vergangenheit strafrechtlich in Bezug auf Delikte, die in die PMK-rechts eingeordnet wurden, in Erscheinung getreten bzw. inwieweit sind die Personen dem organisierten Rechtsextremismus zugehörig? Frage 4: Inwieweit wurden Ermittlungen bezüglich des Aufrufs zur Zusammenkunft, der zuvor im Internet verbreitet wurde und als Auslöser für den geplanten Übergriff anzusehen ist, gegen wie viele bekannte oder unbekannte Tatverdächtige eingeleitet ? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1 bis 4: Erster Sachverhalt: Ort: Wurzen, Wenceslaigasse Zeit: 5. Juni 2017, 00:10 Uhr Fünf Männer zwischen 18 und 27 Jahren aus Eritrea und Mosambik verursachten mit einer Musikbox eine Ruhestörung auf der Straße. Anwohner fühlten sich in ihrer Nachtruhe gestört und forderten die Verursacher auf, entweder die Musik leiser zu stellen oder gar abzustellen. Die Gruppe ignorierte die Aufforderungen. Zwei Anwohner wollten erneut mit den Männern reden, um Ruhe herzustellen. Die Männer wurden daraufhin aggressiv und griffen die beiden Anwohner mit Holzklappstühlen an. Sie schlugen sie und traten nach ihnen. Dabei wurden die Anwohner an Kopf, Oberkörper und Beinen verletzt und mussten ärztlich versorgt werden. Polizeibeamte schritten ein. Gegen die fünf Tatverdächtigen wird wegen gefährlicher Körperverletzung gem. § 224 StGB ermittelt. Es kam zu keinen Festnahmen. Zweiter Sachverhalt: Ort: Wurzen, Markt Zeit: 9. Juni 2017, 18:15 Uhr Über verschiedene Informationswege sowie Bürgermitteilungen wurde der Polizei bekannt , dass sich am Freitagabend in Wurzen auf dem Markt eine zunächst nicht bestimmbare Anzahl von Personen treffen will, um nach der im ersten Sachverhalt genannten gefährlichen Körperverletzung zu zeigen, „wem die Straßen bzw. die ganze Stadt gehört". Die Polizeidirektion Leipzig bereitete aus diesem Grund einen Polizeieinsatz vor und forderte die Versammlungsbehörde des Landkreises Leipziger Land an, die mit einem Mitarbeiter vor Ort war. Gegen 20:00 Uhr trafen zunehmend mehrere Personen im Bereich auf und um den Markt ein, verteilt in kleineren Personengruppen. Gegen 21:30 Uhr setzten sich einzelne Personengruppen in verschiedene Richtungen weiter in Bewegung. Dabei stellte die Polizei eine Ansammlung von ca. 60 Personen fest, die sich vor einem Wohnhaus in der Wenceslaigasse einfanden. Diese Personengruppe war erheblich alkoholisiert und skandierte Rufe wie „Ausländer raus" und Freistaat SACHSEN Seite 2 von 3 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN „Deutschland den Deutschen". Die Beamten schritten ein und räumten den unmittelbaren Bereich vor dem Wohnhaus. Durch dieses sofortige Einschreiten konnten Übergriffe auf das Gebäude und Personen verhindert werden. Nach der Zuführung weiterer Polizeieinsatzkräfte wurde eine Platzverweiszone für den Bereich der Altstadt in Wurzen eingerichtet und mit der Durchsetzung begonnen. Die Lage beruhigte sich dadurch. Es wurden dennoch mehrere kleine Ansammlungen außerhalb der Platzverweiszone festgestellt und unter Kontrolle gehalten. Aufgrund dieser Vorkommnisse führte die Polizeidirektion Leipzig auch am Folgetag des 10. Juni 2017 in den Nachtstunden einen Polizeieinsatz durch und zeigte Präsenz. Es wurden keinerlei Störungen im Sachzusammenhang bekannt. Es wurden vier Identitätsfeststellungen durchgeführt. Es werden gegen zwei Beschuldigte Ermittlungsverfahren wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte gem. § 113 StGB, gegen einen Beschuldigten wegen Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gem. § 86a StGB und gegen einen weiteren Beschuldigten wegen Beleidigung gem. § 185 StGB geführt. Zwei weitere Ermittlungsverfahren richten sich gegen Unbekannt wegen des Verstoßes gegen das Sächsische Versammlungsgesetz und wegen Volksverhetzung gern. § 130 StGB. Es kam zu keinen Festnahmen . Einer der Beschuldigten ist bereits mit einer Straftat der PMK-rechts in Erscheinung getreten. Die Beschuldigten kamen aus Wurzen. Die politische Motivation und eine mögliche Zugehörigkeit zu einem „organisierten Rechtsextremismus" im Sinne der Fragestellung ist Bestandteil der noch laufenden Ermittlungen. Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen. Wie viele Personen sich im Sinne der Fragestellung im Gebäude befanden, ist nicht bekannt. Frage 5: Wie viele Beamte welcher Einheiten waren zu welchem Zeitpunkt (auch im Nachgang des geplanten Übergriffs) vor Ort? (Bitte auch Anzahl etwaiger zivil gekleideter Beamter angeben.) Am 9. Juni 2017 wurden 59 Polizeibeamte der Polizeidirektion Leipzig, der Bereitschaftspolizei Sachsen und der Bundespolizei eingesetzt, davon zehn Polizeibeamte in ziviler Kleidung. Am 10. Juni 2017 wurden 24 Polizeibeamte der Polizeidirektion Leipzig eingesetzt. In der weiteren Folge wurden am 16., 17., 23. und 24. Juni Präsenzeinsätze mit jeweils 28, 10, 14 und 24 Beamten der Polizeidirektion Leipzig und der Bereitschaftspolizei Sachsen durchgeführt. Mit freundlichen Grüßen In Vertretung Prof. Df. Georg Unland Seite 3 von 3 2017-07-07T12:15:31+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes