STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Andre Barth, AfD-Fraktion Drs.-Nr.: 6/9950 Thema: Geschehen in der Asylbewerberunterkunft Altenberger Straße 83 in Dresden von Juli bis Oktober 2016 Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche Geschehnisse in der Asylbewerberunterkunft in den Monaten Juli bis Oktober 2016 führten zu einem Polizeieinsatz bzw. Rettungsdiensteinsatz ? Bitte aufschlüsseln (Datum, Uhrzeit, Kurzbeschreibung der Situation, Status der Ermittlungen, beteiligte Personen) Frage 2: Gegen wie viele Bewohner und aus welchem Grund wurde ermittelt bzw. wurden Anzeigen erstattet? Bitte aufschlüsseln (Tatvorwurf, Einzel - oder Wiederholungstat, Herkunftsland, Datum) Frage 3: Welche Ergebnisse brachten Durchsuchungen der Räumlichkeiten im Hinblick auf harte sowie weiche Drogen, Waffen oder Propagandadelikte ? Wenn keine Durchsuchungen stattfanden, bitte Begründung, warum diese unterlassen wurden. Bitte aufschlüsseln (Datum der Durchsuchung, Funde, Konsequenzen) Frage 4: Welche Zu- und Abgänge gab es im o. g. Zeitraum? Bitte aufschlüsseln (reguläres/eigenmächtiges Fernbleiben, Herkunftsland, Datum, Grund) Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1 bis 4: Von einer Beantwortung durch die Staatsregierung wird abgesehen. Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 33-1053/30/1 Dresden, ?v.Juli 2017 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm-Buck- Str. 2 oder 4 melden. STAATSMIN1STERIUM DES INNERN Gemäß Artikel 51 Absatz 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen ist die Staatsregierung verpflichtet, Fragen einzelner Abgeordneter oder parlamentarische Anfragen nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig zu beantworten. Nach dem Grundsatz der Verfassungsorgantreue ist jedes Verfassungsorgan verpflichtet, bei der Ausübung seiner Befugnisse den Funktionsbereich zu respektieren, den die hierdurch mitbetroffenen Verfassungsorgane in eigener Verantwortung wahrzunehmen haben. Dieser Grundsatz gilt zwischen der Staatsregierung und dem Parlament sowie seinen einzelnen Abgeordneten, so dass das parlamentarische Fragerecht durch die Pflicht des Abgeordneten zur Rücksichtnahme auf die Funktions- und Arbeitsfähigkeit der Staatsregierung begrenzt wird. Die Staatsregierung muss nur das mitteilen, was innerhalb der Antwortfrist mit zumutbarem Aufwand in Erfahrung gebracht werden kann (vgl. SächsVerfGH, Urteil vom 16. April 1998, Vf. 14-1-97). Diese Unzumutbarkeit liegt in diesem Fall vor, jedoch nicht wegen einer einzigen Kleinen Anfrage, sondern wegen einer Vielzahl von Kleinen Anfragen. Der Fragesteller stellt in den 27 Kleinen Anfragen Drs.-Nr. 6/9950 bis Drs.-Nr. 6/9976 jeweils die inhaltlich grundsätzlich gleichen vier Fragen mit unterschiedlichen Zeiträumen zu Geschehen in 27 verschiedenen Asylbewerberunterkünften bzw. Erstaufnahmeeinrichtungen im Bereich der Stadt Dresden. Diese 27 Kleinen Anfragen sind wohl schon deshalb unzulässig , weil sie als Kettenanfrage behandelt werden könnten und die Anzahl zulässiger Einzelfragen i. S. d. § 56 Abs. 2 S. 2 der Geschäftsordnung des Sächsischen Landtages (fünf Einzelfragen) damit überschritten wäre. Dies wurde an dieser Stelle aber nicht weiter geprüft. Denn nach Auffassung der Staatsregierung sind sie bereits im Hinblick auf die Frage der Zumutbarkeit ihrer Beantwortung jedenfalls deswegen in ihrer Gesamtheit zu betrachten, da diese thematisch so eng zusammenhängen, dass für die Beantwortung aller dieselben Organisationseinheiten innerhalb der Staatsregierung tätig werden müssten. Daraus ergibt sich tatsächlich die Situation, in der es diesen Organisationseinheiten nicht möglich ist, alle 27 Kleinen Anfragen binnen vier Wochen zu beantworten. Zur nachfolgenden Erläuterung der Unzumutbarkeit des erforderlichen Aufwandes wurden die Kleinen Anfragen Drs.-Nrn. 6/9953 und 6/9970 als Beispiele herangezogen. Die Kleine Anfrage Drs.-Nr. 6/9953 bildet einen ganzjährigen Abfragezeitraum für 2016 ab und dient so als Beispiel für die Frage 3. Die Kleine Anfrage Drs.-Nr. 6/9970 wurde als Beispiel für die Fragen 1, 2 und 4 herangezogen, da die angefragte Asylbewerberunterkunft weder besonders hohe noch besonders niedrige Belegungszahlen aufweist und die Abfrage einen mittleren Zeitraum abdeckt. Die angefragten Daten aus den Fragen 1 bis 4 der 27 Kleinen Anfragen werden nicht statistisch recherchierbar erfasst. Zur vollständigen Beantwortung der Fragen müssten in der Polizeidirektion Dresden, in der Landesdirektion Sachsen sowie in der Stadt Dresden eine Vielzahl von Unterlagen händisch ausgewertet werden. Jeweils zur Beantwortung der Frage 1 aller 27 Kleinen Anfragen sind durch die Polizeidirektion Dresden Recherchen in drei nicht miteinander verknüpfbaren Datensystemen sowie mehrere weitere händische Auswertungen erforderlich. Freistaat SACHSEN Seite 2 von 5 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Allein für die Kleine Anfrage Drs.-Nr. 6/9970 wurden im Einsatzleitsystem 311 polizeiliche Einsätze in der angefragten Asylbewerberunterkunft für den angefragten Zeitraum recherchiert. Dieses Rechercheergebnis lässt jedoch noch keine vollständige Beantwortung der Frage 1 zu. In einem zweiten Schritt wurden in der Integrierten Vorgangsbearbeitung der Polizei 306 Vorkommnisse in der angefragten Asylbewerberunterkunft recherchiert. Eine Aussage, ob jedem Vorkommnis (Geschehnis im Sinne der Fragestellung ) auch ein Polizeieinsatz zu Grunde lag oder folgte, kann daraus noch nicht gewonnen werden. Vielmehr müssen alle Vorkommnisse einzeln aufgerufen werden. Durch den Sachbearbeiter muss dann im Vorgang (z. B. Vorgangsvermerk oder Sachstandsbericht etc.) nach Hinweisen gesucht werden, die für einen Polizeieinsatz an oder in der betreffenden Adresse sprechen. Sachverhalte die mit der Adresse verknüpft sind, jedoch nicht in einem Zusammenhang mit der Fragestellung stehen, müssen ebenso selektiert werden. Wenn man einen Zeitansatz von fünf Minuten für die Auswertung eines Vorganges ansetzt, wären dies 25,5 Stunden für die Auswertung aller Vorgänge. Zur vollständigen Beantwortung der Frage 1 müssen nun die Polizeieinsätze entsprechenden Straftaten zugeordnet werden. Dazu ist ein weiterer manueller Abgleich der Ergebnisse der Schritte 1 und 2 erforderlich. Nach Zuordnung von Straftaten zu den jeweiligen Einsätzen muss anhand der Ermittlungsverfahren der Status der Ermittlungen und die beteiligten Personen recherchiert werden. Der dafür erforderliche Aufwand ist von der Qualität der verfügbaren Daten und dem Umfang der jeweiligen Ermittlungsverfahren abhängig. Der erforderliche zeitliche Aufwand lässt sich im Vorfeld nicht seriös schätzen. Wenn man ebenfalls einen Zeitansatz von fünf Minuten für die Auswertung eines Einsatzes ansetzt, wären dies ca. 26 Stunden für die Auswertung aller Einsätze. Damit würden allein zur Beantwortung der Frage 1 der Kleinen Anfrage Drs.-Nr. 6/9970 über 51 Stunden benötigt. Bei einer 40 -Stunden -Woche wäre ein Sachbearbeiter über eine Woche mit dieser Auswertung befasst. Inwiefern für jede der 27 Kleinen Anfragen zu Frage 1 ein vergleichbarer Arbeitszeitaufwand entstehen würde , lässt sich nicht mit Sicherheit feststellen, da die abgefragten Zeiträume und auch die Belegungszahlen unterschiedlich sind. Auf eine detaillierte Berechnung wie zu der beispielhaften Drucksache wurde verzichtet, da allein dadurch bereits ein Zeitaufwand von über 40 Stunden entstanden wäre. Eine reine Hochrechnung auf alle 27 Kleinen Anfragen würde einen Arbeitszeitaufwand von fast 1.400 Stunden bzw. von fast 35 Wochen allein zur Beantwortung der jeweiligen Frage 1 für die Polizeidirektion Dresden ergeben. Jeweils zur Beantwortung der Frage 2 aller 27 Kleinen Anfragen sind durch die Polizeidirektion Dresden weitere unterschiedliche Recherchen erforderlich. Einer beispielhaften Recherche zur Beantwortung der Frage 2 der Kleinen Anfrage Drs.-Nr. 6/9970 zufolge begingen im angefragten Zeitraum 246 Personen, die in der Asylbewerberunterkunft als Bewohner registriert waren, 1.063 Straftaten in Sachsen. Diese Recherche gibt unter anderem darüber Auskunft, welche Person wiederholt straffällig geworden ist. Allein zur Beantwortung dieses Frageteils betrug die Bearbeitungsdauer drei Stunden. Eine Aussage dazu, wie oft ein Tatverdächtiger eine bestimmte Straftat wiederholt begangen hat, lässt sich daraus nicht ableiten. Dazu sind weitere Recherchen in den entsprechenden Ermittlungsvorgängen erforderlich. Auf eine beispielhafte Recherche dazu wurde aus Zeitgründen verzichtet. Eine reine Hochrechnung auf alle 27 Kleinen Anfragen würde einen Arbeitszeitaufwand von 81 Stunden bzw. von über zwei Wochen allein zur Teilbeantwortung der jeweiligen Frage 2 für die Polizeidirektion Dresden ergeben, denn die Frage ist noch nicht vollständig beantwortet. Der Frag.esteller fragt nämlich Freistaat SACHSEN Seite 3 von 5 STAATSMIN1STERIUM DES INNERN nicht nur danach, ob im Freistaat Sachsen gegen Bewohner ermittelt wurde. Er schränkt seine Frage 2 nicht darauf ein. Eine qualifizierte Aussage dazu, ob gegen einen der im Abfragezeitraum dort wohnhaften ca. 2.100 Asylbewerber auch außerhalb des Freistaates Sachsen ermittelt wurde und wenn ja mit welchem Ergebnis, kann nur durch eine bundesweite Abfrage aller Polizeien der Länder und des Bundes getroffen werden. Ein Arbeitszeitaufwand für eine Erstellung der Listen, des Versandes, der Auswertung der rückkehrenden Listen, notwendiger Rückfragen und Erstellung der vollständigen Antwort auf die Frage 2 lässt sich seriös nicht abschätzen, der Aufwand wäre jedoch immens. Abgesehen davon wären für alle 27 Kleine Anfragen ca. 17.730 Personen in allen Ländern und des Bundes im Sinne der Fragestellung zu überprüfen. Zu Frage 3 liegen ebenfalls keine statistisch recherchierbaren Angaben vor. Weder werden Durchsuchungen noch Sicherstellungen bzw. Beschlagnahmen statistisch erfasst . Zur vollständigen Beantwortung der Frage 3 müssten allein beispielhaft für die Kleine Anfrage Drs.-Nr. 6/9953 für den dortigen Abfragezeitraum Januar bis Dezember 2016 324.736 Ermittlungsverfahren danach durchgesehen werden, ob und welche dieser Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit der angefragten Asylbewerberunterkunft stehen, ob Durchsuchungen der Räumlichkeiten im Hinblick auf harte sowie weiche Drogen, Waffen oder Propagandadelikte stattgefunden haben und wenn keine Durchsuchungen stattgefunden haben, mit welcher Begründung dies unterlassen wurde , aufgeschlüsselt nach Datum der Durchsuchung, Funde und Konsequenzen. Wenn man einen Zeitansatz von 30 Minuten für die Auswertung eines Ermittlungsverfahrens ansetzt, wären dies über 162.000 Stunden für die Auswertung aller Ermittlungsverfahren . Zu jeder Frage 4 der 27 Kleinen Anfragen müsste die Stadt Dresden alle jemals unter der benannten Anschrift gemeldeten Personen herausfiltern. Dies waren allein beispielhaft für die Kleine Anfrage Drs.-Nr. 6/9970 ca. 2.100 Personen. Ob und wie lange die jeweiligen Personen unter einer Anschrift gemeldet waren, warum Abmeldungen erfolgten und ob sonstige Erkenntnisse zu den Fragen 1 bis 4 vorliegen, müsste von der Stadt Dresden hingegen händisch ausgewertet werden. Der zeitliche Aufwand hierfür wird mit etwa einer halben Stunde pro Fall anzusetzen sein, da zum einen das ausländerrechtliche Spektrum der Personengruppe (vom unerlaubt eingereisten Ausländer bis zum anerkannten Flüchtling, von aufhältigen Personen bis zu bereits ausgereisten bzw. abgeschobenen Personen) und auch der Auskunftszeitraum sehr groß ist. Es würde sich somit ein Arbeitsaufwand von zirka 1.050 Stunden zur Beantwortung der Frage 4 der Kleinen Anfrage Drs.-Nr. 6/9970 ergeben. Bei einer 40 -Stunden -Woche wäre ein Sachbearbeiter über 26 Wochen mit dieser Auswertung befasst. Zu allen 27 Kleinen Anfragen müssten insgesamt ca. 17.730 Fälle zur Beantwortung der Frage 4 ausgewertet werden. Durch die Landesdirektion wären zudem die Kleinen Anfragen Drs.-Nrn. 6/9954 und 6/9969 zu Frage 4 zu beantworten. Im Zeitraum vom 1. Juli 2016 bis zum 30. Juni 2017 hatten die Erstaufnahmeeinrichtungen des Standortes Dresden einen Gesamtzugang von 3.825 Personen. Wenn man einen Zeitansatz von fünf Minuten für die Auswertung eines Datensatzes ansetzt, wären dies über 318 Stunden für die Auswertung aller Datensätze . Bei einer 40 -Stunden -Woche wäre ein Sachbearbeiter fast acht Wochen mit dieser Auswertung befasst. Freistaat SACHSEN Seite 4 von 5 STAATSM1NISTER1UM DES INNERN Zusammenfassend ist festzustellen, dass das aufgeführte, zur Beantwortung erforderliche Personal im Falle einer Beantwortung der Fragen aller 27 Kleinen Anfragen Drs.- Nrn. 6/9950 bis 6/9976 für Kernaufgaben des Polizeivollzugsdienstes und der Ausländerbehörden nicht bzw. nur sehr eingeschränkt zur Verfügung stünde. Die Staatsregierung kam daher bei der vorzunehmenden Abwägung zwischen dem parlamentarischen Fragerecht einerseits und der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung sowie der ihr zugeordneten Polizei- und Ausländerbehörden andererseits zu dem Ergebnis, dass eine Beantwortung der Fragen aller 27 Kleinen Anfragen Drs.-Nrn. 6/9950 bis 6/9976 auch unter Berücksichtigung des hohen Rangs des parlamentarischen Fragerechts unverhältnismäßig und ohne erhebliche Einschränkung der Funktionsfähiakeit der sächsischen Polizei und der Ausländerbehörden nicht zu leisten ist. Im Üb igen ird auf die zusammenfassende Antwort der Staatsregierung auf die Fragen 2 und 4 der Kleinen Anfrage Drs.-Nr. 6/9442, zweitletzter und letzter Absatz, verwiese . Mit frundlichen Grüßen ( « Markus Ulbig Freistaat SACHSEN Seite 5 von 5 2017-07-20T14:22:25+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes