STAATSMINISTERIUM DES INNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Juliane Nagel, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/9991 Thema: Nachfrage zu Drs. Nr. 6/9540: Sicherheitsüberprüfung der Dokumente und Identitäten Geflüchteter durch Ausländerbehörden Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Finden die in Drs.-Nr. 6/9540 angegebenen Sicherheitsüberprüfungen der Dokumente von Geflüchteten im Zuge von Antragstellungen auch im Rahmen der Antragstellung auf Familiennachzug statt? Die in der Drs.-Nr. 6/9540 angegebenen Echtheitsprüfungen von Dokumenten erfolgen im Einzelfall, wenn sich Zweifel an der Echtheit der vorgelegten Dokumente ergeben, und zwar unabhängig vom beantragten Aufenthaltszweck und somit grundsätzlich auch in Fällen des Familiennachzuges. Frage 2: Wenn Frage 1 mit Ja beantwortet wird, welche Dokumente müssen Geflüchtete den Ausländerbehörden vorlegen damit ihr Antrag auf Familiennachzug erfolgreich im Sinne der Geflüchteten ist? Es wird zunächst darauf hingewiesen, dass vom Begriff „Geflüchtete" verschiedene Flüchtlingsgruppen erfasst sind. Ein Familiennachzug zu Asylbewerbern im laufenden Asylverfahren und zu Personen mit einer Duldung nach abgelehntem Asylantrag ist mangels gesicherter Rechtsposition nicht möglich. Der Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten nach § 4 Asylgesetz, denen nach dem 17. März 2016 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) erteilt wurde, ist bis zum 16. März 2018 ausgesetzt. Der Familiennachzug zu Personen mit festgestelltem Abschiebeverbot und mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG oder Personen mit einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 22, 23 Abs. 1 oder Abs. 2 AufenthG ist nach § 29 Abs. 3 Satz 1 AufenthG eingeschränkt auf Fälle des Familiennachzugs, in denen humanitäre oder Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 24a-1053/28/8 Dresden, ( '. Juli 2017 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSM1N1STER1UM DES INNERN völkerrechtliche Gründe vorliegen, oder die zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland erfolgen. Der sogenannte Stammberechtigte, zu dem der Nachzug stattfindet, muss grundsätzlich seine gesicherte Rechtsposition durch einen Aufenthaltstitel nachweisen. Die Ausländerbehörden können diese Voraussetzung aber in der Regel anhand der vorhandenen Ausländerakte und des Eintrages im Ausländerzentralregister ohne Dokumentenvorlage prüfen. Für die Erteilung eines Aufenthaltstitels müssen grundsätzlich die Regelerteilungsvoraussetzungen des § 5 AufenthG vorliegen. Dazu zählt vorrangig nach § 5 Abs. 1 Nr. la AufenthG, dass die Identität geklärt ist. Insoweit müssen beim Familiennachzug durch die nachziehenden Familienangehörigen entsprechende Dokumente vorgelegt werden. Dies können ID-Cards oder andere hoheitliche Dokumente des Heimatstaates mit Lichtbild sein (etwa Wehrpässe oder Studentenausweise). Zudem muss grundsätzlich nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG die Passpflicht durch Vorlage eines Heimatpasses oder Reisepasses erfüllt sein. Zudem sind bei einem Antrag auf Familiennachzug noch die familienrechtlichen Beziehungen durch öffentliche Urkunden nachzuweisen. Dies kann vorzugsweise durch Personenstandsurkunden , z. B. Geburtsurkunden und Eheurkunden, oder durch Familienbücher , Familienstandsbescheinigungen, Adoptionsurkunden und Zivilregisterauszüge erfolgen. Für die weiteren Voraussetzungen für den Familiennachzug, wie ausreichender Wohnraum und Lebensunterhaltssicherung oder Sprachkenntnisse, müssen grundsätzlich ebenfalls entsprechende Nachweise vorgelegt werden. Dies können z. B. Miet- und Arbeitsverträge, Einkommensnachweise, Steuerbescheide und Sprachzertifikate oder Bescheinigungen über Sprachkurse sein. Die im Einzelfall erforderlichen Dokumente bestimmen sich nach den Umständen des jeweiligen Falles und können aufgrund der vielgestaltigen Lebenssituationen nicht abschließend aufgelistet werden. Auf die besonderen Privilegierungen nach § 29 Abs. 2 AufenthG wird hingewiesen. Frage 3: Nach welchen Kriterien entscheiden die Ausländerbehörden, wer weitere Dokumente vorlegen muss um sie durch das Landeskriminalamt einer Sicherheitsüberprüfung zu unterziehen und werden die Geflüchteten über die Sicherheitsüberprüfung unterrichtet? Im aufenthaltsrechtlichen Verfahren kann es im Einzelfall erforderlich sein, die Vorlage weiterer Dokumenten oder Urkunden zu fordern, wenn notwendige Nachweise und Unterlagen nicht beigebracht wurden oder werden konnten. Auch die zusätzlich vorgelegten Dokumente und Unterlagen werden nur dann einer Echtheitsprüfung unterzogen , wenn sich Zweifel an ihrer Echtheit ergeben. Die Antragsteller werden in der Regel über die Notwendigkeit der Echtheitsprüfung informiert, insbesondere, wenn sich durch die Echtheitsprüfung kausale Verzögerungen in der Antragsbearbeitung ergeben. Freistaat SACHSEN Seite 2 von 4 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Frage 4: Wie viele Menschen, die einen Antrag auf Familiennachzug gestellt haben, waren dazu aufgefordert, Dokumente vorzulegen die dann vom Landeskriminalamt überprüft wurden (bitte in absoluten Zahlen angeben sowie die Relation zur Zahl aller Menschen, die einen Antrag auf Familiennachzug gestellt haben sowie nach Ausländerbehörden aufschlüsseln)? Von einer Beantwortung wird seitens der Staatsregierung abgesehen. Gemäß Artikel 51 Absatz 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen ist die Staatsregierung verpflichtet, Fragen einzelner Abgeordneter oder parlamentarischer Anfragen nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig zu beantworten. Nach dem Grundsatz der Verfassungstreue ist jedes Verfassungsorgan verpflichtet, bei der Ausübung seiner Befugnisse den Funktionsbereich zu respektieren, den die hierdurch mitbetroffenen Verfassungsorgane in eigener Verantwortung wahrzunehmen haben. Dieser Grundsatz gilt zwischen der Staatsregierung und dem Parlament sowie seinen einzelnen Abgeordneten, so dass das parlamentarische Fragerecht durch die Pflicht des Abgeordneten zur Rücksichtnahme auf die Funktions- und Arbeitsfähigkeit der Staatsregierung begrenzt wird. Die Staatsregierung muss nur das mitteilen, was innerhalb der Antwortfrist mit zumutbarem Aufwand in Erfahrung gebracht werden kann (vgl. Sächs- VerfGH, Urteil vom 16. April 1998, Vf. 14-1-97). Im vorliegenden Fall wäre durch eine vollständige Beantwortung der Frage die Arbeitsund Funktionsfähigkeit der Staatsregierung gefährdet. Die unteren Ausländerbehörden erheben keine statistischen Daten zur Anzahl der Echtheitsüberprüfungen beim Landeskriminalamt . Eine elektronische Auswertung ist ebenfalls nicht möglich. Die Fragestellung enthält keinen spezifischen Zeitraum. Die Ausländerbehörden müssten zur Beantwortung Akten zum Familiennachzug aus mehreren Jahren händisch auswerten. Dies würde mehrere zehntausend Vorgänge umfassen. Allein zum Stichtag 30. Mai 2017 leben fast 27.400 Personen mit einem Aufenthaltstitel aus familiären Gründen nach Abschnitt 6 des Aufenthaltsgesetzes im Freistaat Sachsen. Bereits für deren Auswertung wäre mit einem durchschnittlichen Gesamtaufwand von zehn Minuten pro Akte ein Arbeitsaufwand von über 4.500 Arbeitsstunden verbunden. Die Staatsregierung kam dabei bei der vorzunehmenden Abwägung zwischen dem parlamentarischen Fragerecht einerseits und der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung andererseits zu dem Ergebnis, dass angesichts der Aktenmenge dieser Aufwand innerhalb der für die Beantwortung der Kleine Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit unverhältnismäßig und ohne eine Gefährdung der Funktions- und Arbeitsfähigkeit sowie der sonstigen Aufgabenwahrnehmung nicht leistbar ist. Freistaat SACHSEN Seite 3 von 4 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Frage 5: Wird die Übersetzung der vorzulegenden Dokumente von den Ausländerbehörden finanziert und wenn nein, wie begründet sich eine solche Praxis vor dem Hintergrund des Rechtsanspruchs auf Familiennachzug? Die Ausländerbehörden finanzieren keine Übersetzungen ausländischer Dokumente. Dokumente müssen grundsätzlich nach dem allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Bs timmungen in deutscher Sprache vorgelegt werden. Nach § 23 Verwaltungs-verfahrIs sgesetz soll die Behörde unverzüglich die Vorlage einer Übersetzung verlangen , wrn in iner fremden Sprache Anträge gestellt oder Eingaben, Belege, Urkunden oder s nsti e Dokumente vorgelegt werden. Dieser Grundsatz gilt unabhängig vom beabs.chtig en Aufenthaltszweck oder vom Rechtsanspruch auf einen Aufenthaltstitel. / Mit freund ichr Grüßen I Markus Ulbig Freistaat SACHSEN Seite 4 von 4 2017-07-21T14:02:25+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes