STAATSMINISTERIUM DES INNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Juliane Nagel, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/9992 Thema: Verschwiegenheitspflicht der Mitglieder der Sächsischen Härtefallkommission Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „In §1 Absatz 4 Satz 2 SächsHFKVO werden die Mitglieder der Sächsischen Härtefallkommission zur Verschwiegenheit über die ihnen „bekannt gewordenen Angelegenheiten" verpflichtet. Im Artikel der taz „Beauftragter für Ablehnungen" vom 6. Juni 2017 (https://www.taz.de/Asyl-und-Abschiebung/5411684/) wird berichtet, dass für Pressearbeit allein der Vorsitzende, sprich der Ausländerbeauftragte , zuständig sei." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Teilt die Landesregierung die im Artikel der taz wiedergegebene Interpretation des §1 Absatz 4 Satz 2 der SächsHFKVO? Dies entspricht der Regelung in § 3 Abs. 2 der Geschäftsordnung der Sächsischen Härtefallkommission. Danach obliegt die Öffentlichkeits- und Pressearbeit der Härtefallkommission dem Vorsitzenden. Der Vorsitzende ist der vom Sächsischen Landtag gewählte Ausländerbeauftragte. Frage 2: Bezieht sich die Formulierung „ihnen dabei bekannt gewordenen Angelegenheiten " im genannten Paragraphen lediglich auf die personenbezogenen Daten der Menschen, über deren Fälle die Härtefallkommission eine Entscheidung nach §23a AufenthG getroffen hat? Nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 4 Satz 1 Sächsische Härtefallkommissionsverordnung (SächsHFKVO) sind die Mitglieder der Härtefallkommission ehrenamtlich tätig und unterliegen keinen Weisungen. Sie haben auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit über die ihnen dabei bekannt gewordenen Ange- Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 24a-1053/28/51 Dresden, Juli 2017 Hausanschrift Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden • Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm-Buck- Str. 2 oder 4 melden. STAATSMINISTERIUM DES INNERN legenheiten Verschwiegenheit zu bewahren, vgl. § 1 Abs. 4 Satz 2 SächsHFKVO. Eine dem § 1 Abs. 4 Satz 2 SächsHFKVO entsprechende Regelung findet sich in § 1 Satz 1 Gesetz zur Regelung des Verwaltungsverfahrens- und des Verwaltungszustellungsrechts für den Freistaat Sachsen i. V. m. § 84 Abs. 1 Satz 1 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG). Danach hat der ehrenamtlich Tätige, auch nach Beendigung seiner ehrenamtlichen Tätigkeit, über die ihm dabei bekannt gewordenen Angelegenheiten Verschwiegenheit zu wahren. Die Vorschrift ist zwar hier nicht unmittelbar anwendbar, da § 84 VwVfG aufgrund seines systematischen Zusammenhanges nur für die ehrenamtliche Tätigkeit im Verwaltungsverfahren gilt (vgl. § 81 VwVfG). Der Anwendungsbereich des VwVfG ist mit Blick auf das Verfahren bei der Sächsischen Härtefallkommission nicht eröffnet, denn die Härtefallkommission ist keine Behörde im Sinne des § 1 Abs. 4 VwVfG. Dennoch sind die für die Auslegung des § 84 Abs. 1 Satz 1 VwVfG geltenden Grundsätze entsprechend heranzuziehen. Danach gilt die Verschwiegenheitspflicht für alle Angelegenheiten, Vorgänge und Tatsachen, von denen der ehrenamtlich Tätige im Zusammenhang mit seiner ehrenamtlichen Tätigkeit Kenntnis erlangt. Es handelt sich um eine umfassende Verschwiegenheitspflicht. Die Verschwiegenheitspflicht dient sowohl dem Schutz berechtigter Interessen Dritter als auch der Wahrung öffentlicher Belange und ist ein maßgeblicher Eckpfeiler für das Vertrauensverhältnis zwischen Behörde und Bürger. Gemessen an diesen Maßstäben gilt auch für die ehrenamtlich tätigen Mitglieder der Härtefallkommission eine umfassende Verschwiegenheitspflicht über alle Angelegenheiten , von denen die Mitglieder im Rahmen ihrer Tätigkeit in der Härtefallkommission als auch danach Kenntnis erlangen. Eine Einschränkung der Verschwiegenheitspflicht auf personenbezogene Daten im Sinne der Fragestellung ist weder dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck der Vorschrift des § 1 Abs. 4 Satz 2 SächsHFKVO zu entnehmen. Frage 3: Warum veröffentlicht der Ausländerbeauftragte als Vorsitzender der Härtefallkommission keine Informationen über die Mehrheitsverhältnisse und das Abstimmungsverhalten der Mitglieder zu den einzelnen, entschiedenen Fällen? Frage 4: Können die Mitglieder der Sächsischen Härtefallkommission trotz des §1 Absatz 4 Satz 2 über Mehrheitsverhältnisse und das Abstimmungsverhalten der Mitglieder zu den einzelnen, entschiedenen Fällen öffentliche Aussagen tätigen? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 3 und 4: Von einer Beantwortung seitens der Staatsregierung wird abgesehen. Die Sächsische Staatsregierung ist dem Landtag nur für ihre Amtsführung verantwortlich . Sie ist daher lediglich in Angelegenheiten zur Auskunft verpflichtet, die in ihre Zuständigkeit fallen und muss nicht auf Fragen eingehen, die außerhalb ihres Verantwortungsbereichs liegen (SachsAnhVerfG, Urteil vom 17. Januar 2000, NVwZ 2000, 671). Freistaat SACHSEN Seite 2 von 3 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Letzteres ist hier der Fall. Nach § 4 Abs. 8 SächsHFKVO i. V. m. § 2 Abs. 2 Satz 1 der Geschäftsordnung der Sächsischen Härtefallkommission vertritt allein der Vorsitzende die Härtefallkommission nach außen. Zudem obliegt gemäß § 3 Abs. 2 der Geschäftsordnung die Öffentlichkeits- und Pressearbeit der Härtefallkommission dem Vorsitzenden . Der Vorsitzende ist der vom Sächsischen Landtag gewählte Ausländerbeauftragte . Frage 5: Wie beurteilt die Landesregierung das in der taz geschilderte Sinken der Anerkennungsquote der Härtefallkommission seitdem Geert Mackenroth das Amt des Ausländerbeauftragten bekleidet vor dem Hintergrund, dass mit dem Amtswechsel die Sächsische Härtefallkommissionsverordnung sowie die Frage, wer ein Härtefall ist, offenbar neu interpretiert wurden und die Interpretation somit stark abhängig von einer Einzelperson scheint? Von einer Beantwortung seitens der Staatsregierung wird abgesehen. Die Frage ist auf eine Bewertung gerichtet. Zur Abgabe einer Bewertung ist die Staatsregierung nicht verpflichtet. Das Fragerecht dient nach Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nicht dazu, die Staatsregierung zu einer Bewertung anzuhalten, die der Abgeordnete für geboten hält, sondern nur dazu, den Abgeordneten Informationen zu verschaffen (SächsVerfGH, Urteil vom 22. April 2004, Vf. 44-1-03). ZuderI ist zu berücksichtigen, dass der Sächsische Ausländerbeauftragte als Vorsitzende der/'Härtefallkommission nicht der Aufsicht durch die Sächsische Staatsregierung )ntevliegt. /Mit frieu dlichen Grüßen • 1 rit .1/4 . 1 . Mätkus Ulbig Freistaat SACHSEN Seite 3 von 3 2017-07-18T10:58:35+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes