SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/1006 18. Wahlperiode 2013-08-01 Kleine Anfrage des Abgeordneten Sven Krumbeck (PIRATEN) und Antwort der Landesregierung - Finanzministerin Rücklagen des Landeshaushalts 1) Hält das Land Schleswig-Holstein liquide Mittel für die Inanspruchnahme der Rücklagen aus dem Landeshaushalt vor? Wenn ja: Wie hoch sind diese Mittel, sowohl in absoluten als auch in relativen Zahlen zu der jeweiligen Rücklage? Wie haben sich diese Werte seit dem Jahr 2003 verändert? Antwort: Für die ausschließlich auf dem Haushaltsgesetz bzw. der Landeshaushaltsordnung beruhenden Rücklagen hält das Land keine „liquiden Mittel“ vor. Die Aufnahme der Kredite des Landes erfolgt fortlaufend in Abhängigkeit des Liquiditätsbedarfs . Die Buchung einer Rücklage löst keine liquiditätswirksame Ausgabe aus, somit wird faktisch kein zusätzlicher Kredit aufgenommen, es entstehen damit keine Zinskosten. Der Kredit wird dann aufgenommen, wenn eine tatsächliche Ausgabe dies erforderlich macht. Erst im Jahr der Auflösung einer Rücklage kann eine Liquiditätslücke und damit ein entsprechender Kreditbedarf entstehen. Eine Ausnahme bildet die Versorgungsrücklage gemäß § 18 des Gesetzes des Landes Schleswig-Holstein über die Besoldung der Beamtinnen und Beamten sowie Richterinnen und Richter (Besoldungsgesetz Schleswig-Holstein) vom 26. Januar 2012 (GVOBl. Schl.-H. S. 153). Dieser Rücklage werden jährlich liquiditätswirksame Mittel zugeführt. 2) Wie hoch waren die durchschnittlichen Refinanzierungskosten (Zinskosten der Kreditaufnahme, ohne Optimierung durch Finanzderivate) im Jahr der Zuführung zu einer Rücklage für das Land Schleswig-Holstein? Wie hoch waren die durchschnittlichen Refinanzierungskosten im Jahr der Entnahme aus einer Rücklage? Es wird um eine Auflistung der Jahre seit 2003, getrennt nach den einzelnen Rücklagen sowie unter Angabe des jeweiligen Rücklagenbestandes, gebeten. Antwort: Die durchschnittlichen Refinanzierungskosten des Landes werden im „Jahresbericht für den Aufgabenbereich Kredite, Finanzderivate, Schulden “ sowohl mit als auch ohne Berücksichtigung der Finanzderivate dargestellt. Dieser Bericht wird dem Finanzausschuss jährlich vorgelegt. Im letzten vorliegenden Bericht für das Jahr 2011 (Umdruck 18/118) betrug die durchschnittliche Rendite 3,01%, im Vorjahr 2,67%) Angaben zur Entwicklung einzelner Rücklagen finden sich in den jeweiligen Haushaltsrechnungen. 3) Liegen der Landesregierung statistische Erhebungen vor, inwieweit mit einer Entnahme aus der entsprechenden Rücklage in den Jahren seit 2003 noch der ursprüngliche Ausgabenzweck in vollem Umfang geleistet werden konnte? Antwort: Die Landesregierung verwendet gebildete Rücklagen ausschließlich entsprechend ihrer Zweckbestimmung. Bei Wegfall des Zwecks, für den die Rücklagen gebildet wurden, werden diese aufgelöst. 4) Wie schätzt die Landesregierung die Sinnhaftigkeit von Rücklagen ein, wenn deren Freigabe grundsätzlich nur bei Deckung – Einsparungen oder Mehreinnahmen – erfolgen soll? Welche Vorteile ergeben sich aus der Konstruktion einer Rücklage im Vergleich zu einer „normalen“ Finanzierung von Haushaltstiteln aus Sicht der Landesregierung? Antwort: Das Instrument der Rücklagen dient der Flexibilisierung der Haushaltsführung. Es ist aus dieser Perspektive sinnvoll und trägt dazu bei, den Mitteleinsatz wirtschaftlich zu gestalten. Dieser Vorteil entsteht unabhängig von der Frage der Deckung bei Auflösung einer Rücklage. 5) Liegen der Landesregierung statistische Erhebungen über die Zuführungen und die Entnahmen aus Rücklagen für den Zeitraum seit 1990 vor? Es wird um eine tabellarische Auflistung dieser - inkl. der im Haushaltsplan veranschlagten sowie der tatsächlichen Nettoneuverschuldung im entspre- chenden Haushaltsjahr - gebeten. Bei der Aufschlüsselung der Zuführungen und Entnahmen wird ebenso um eine quartalsweise Darstellung gebeten. Antwort: Eine quartalsweise Aufschlüsselung ist nur mit erheblichem Aufwand (externe Programmierung) und auch nur ab dem Jahr 2003 (Darstellung im SAPSystem des Landes) möglich. In der zur Verfügung stehenden Zeit ist die Beantwortung insoweit nicht möglich. Im Übrigen können die gewünschten Daten der ANLAGE entnommen werden. 6) In welcher Form leistet der Haushaltstitel 11 11 35301 851 (Entnahme aus der Rücklage zur Verminderung des Kreditbedarfs) einen Beitrag zu seiner eigenen Zweckbestimmung? Führt eine Inanspruchnahme dieses Titels zu einer Kreditaufnahme? Antwort: Rücklagenentnahmen, denen keine entsprechenden Ausgaben entgegenstehen , senken den Kreditaufnahmebedarf. Dies gilt auch für den Titel 11 11 - 353 01. 7) Strebt die Landesregierung einen langfristigen Rückgang der Rücklagen an? Wenn ja: Wie soll dieser konkret vollzogen werden? Liegt ein „Rücklagenabbaupfad “ vor? Antwort: Es ist mittelfristig das Ziel, den Rücklagenbestand deutlich zu reduzieren. Dies wird gelingen, indem die Rücklagenneubildung geringer ausfällt als die Rücklagenauflösung . Ein konkreter Abbaupfad wurde nicht definiert. Dieser ist aus Sicht der Landesregierung auch nicht erforderlich. Der Betrachtung der Rücklagenbewegungen kommt im Zusammenhang mit der Einhaltung der verfassungsrechtlichen Vorgaben zur Begrenzung der Neuverschuldung eine besondere Bedeutung zu. Dieser Verantwortung ist sich das Finanzministerium bewusst und legt deshalb vor allem an die Freigabe von Rücklagen strenge Maßstäbe an. Dieses Verfahren hat sich in den letzten drei Jahren bewährt. Das Finanzministerium sieht deshalb keine Veranlassung, von der gegenwärtigen Praxis abzuweichen. Antwort zu Frage 5): Anlage Kiel, 22. Juli 2013 Haushaltsjahr Zuführung an Rücklagen Mio. € Entnahme aus Rücklagen Mio. € HaushaltsSoll Mio. € HaushaltsIst Mio. € 1990 106,4 3,7 646,2 563,2 1991 172,7 142,4 562,0 494,2 1992 19,7 109,6 566,7 506,9 1993 11,6 66,4 562,8 562,8 1994 9,0 21,4 659,4 643,8 1995 4,8 47,5 500,6 659,2 1996 13,0 1,6 550,0 638,4 1997 11,3 8,8 622,9 622,9 1998 18,8 11,0 622,6 568,6 1999 73,4 4,7 485,7 435,1 2000 135,3 10,5 497,5 463,3 2001 43,4 151,7 472,2 595,1 2002 87,1 80,1 1.102,0 1.100,9 2003 34,7 65,6 1.213,4 1.171,5 2004 58,4 29,2 729,5 788,1 2005 91,0 46,7 1.615,7 1.484,5 2006 141,0 46,3 1.562,4 885,3 2007 228,6 36,7 1.094,3 515,5 2008 376,0 146,2 1.239,6 494,9 2009 210,1 212,6 1.124,0 982,1 2010 290,0 226,0 1.582,8 1.371,3 2011 88,3 206,9 1.273,5 553,5 2012 39,4 166,2 940,6 65,6 Hinweis: Zuführungen an Rücklagen und Entnahmen aus Rücklagen sowie Entwicklung der Netto-Neuverschuldung am Kreditmarkt Schleswig-Holstein 1990 - 2012 Die Landesregierung unterrichtet den Finanzausschuss jährlich über bestimmte Haushaltsdaten. Der letzte Bericht "Fortschreibung von Haushaltsdaten" ist mit Umdruck 18/1275 vom 07. Juni 2013 erfolgt. Netto-NeuverschuldungRücklagen Zuführungen Entnahmen Rücklagen 1990 - 2012 und Entwicklung der Netto-Neuverschuldung.pdf Tabelle1