1 SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/1083 18. Wahlperiode 2013-9-02 Kleine Anfrage der Abgeordneten Angelika Beer (PIRATEN) und Antwort der Landesregierung – Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Schallschutzkonzept zum Schutz der Schweinswale im Zuge der Aufstellung von Offshore-Windenergie-Anlagen Vorbemerkung: Der Bau von Windparks im Meer und die damit einhergehenden Lärmbelastungen sind für Schweinswale nicht nur eine Qual, sondern gefährden auch ihr Leben, da ihr sensibler Orientierungssinn (Echoortung) geschädigt wird. Seit 2 Jahren verhandel- ten unter Federführung des Bundesumweltministeriums Experten und Vertreter der Bundesländer (Umwelt und Wirtschaft) ein Schallschutzkonzept für den Bau von Off- shore-Windparks. Die rot-grün-blaue Landesregierung hat sich mehrmals für den Schutz der Schweinswale ausgesprochen. Die Vorstellung des Schutzkonzeptes war für den 12. August 2013 vorgesehen – fiel jedoch aus. 1. Mit welchen Ressorts war die Landesregierung an den Gesprächen zu dem Schallschutzkonzept von Bundesminister Altmaier beteiligt? Mit Datum vom 10. Mai 2013 wurde dem MELUR erstmals die Möglichkeit ge- geben, zum Konzept für den Schutz der Schweinswale vor Schallbelastungen bei der Errichtung von Offshore-Windparks in der deutschen Nordsee (Schall- schutzkonzept) Stellung zu nehmen. Hiervon hat das MELUR Gebrauch ge- macht. Drucksache 18/ 1083 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 2. Liegt die Federführung beim MELUR oder beim Wirtschaftsministerium? Die Federführung liegt im MELUR. 3. Trifft es zu, dass das Konzept nach einer Intervention der „Stiftung Offshore- Windenergie“ nicht mehr konsensfähig war? Zum o.g. Konzept haben neben der „Stiftung Offshore Windenergie“ auch an- dere Institutionen bzw. Verbände die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellung- nahme erhalten. Welchen Einfluss die Stellungnahme der „Stiftung Offshore Windenergie“ dabei in der Gesamtschau gehabt hat, kann von hier nicht beur- teilt werden. 4. Kann die Landesregierung bestätigen, dass sie das Schreiben der „Stiftung Offshore-Windenergie“ vom 18. Juli 2013 – gerichtet an die Wirtschafts- und Umweltminister des Landes – erhalten hat? Ja. Das Schreiben der „Stiftung Offshore Windenergie“ vom 18. Juli 2013 ist sowohl im MELUR wie auch im MWAVT eingegangen. 5. Wenn ja, welche der darin aufgeführten Gründe gegen das Schallschutzkon- zept wurden dem Grunde nach von der Landesregierung als unzureichend oder unbefriedigend angesehen? Dem Schreiben der „Stiftung Offshore Windenergie“ vom 18. Juli 2013 waren zwei Anlagen beigefügt, in denen die Bedenken der Offshore-Verbände (offs- hore forum windenergie, VDMA Power Systems, WAB, WindEnergy Network, RENEWABLE ENERGY HAMBURG, WVW Wirtschaftsverband Windkraftwer- ke e.V.) dargelegt wurden. Die Landesregierung hat ihre Bewertung des Kon- zeptes nicht anhand dieses Briefes durchgeführt. 6. a) Trifft es zu, dass sich vor allem die SPD und die von SPD und Bünd- nis90/Die Grünen regierten Länder wie Hamburg, Niedersachsen und Schles- 3 wig-Holstein gegen die Veröffentlichung ausgesprochen haben? b) Wenn ja, aus welchen Gründen? Für Schleswig-Holstein trifft dieses nicht zu. Zu Hamburg und Niedersachsen können keine Aussagen getroffen werden. 8. In wie weit ist die Landesregierung der Auffassung, dass das Schallschutz- konzept des Bundesumweltministeriums dazu geeignet ist, dem Schutz der Schweinswale gemäß dem Agreement of the Conservation of small Cetaceans of the Baltic and North Seas (ASCOBANS) Rechnung zu tragen? Mit dem im Konzept festgelegten Grenzwert von 160 dB re 1µPa² sowie einem Spitzenschallpegel von 190 dB re 1µPa² wird dem o.g. Agreement on the Conservation of small Cetaceans of the Baltic, North East Atlantic, Irish and North Seas (ASCOBANS) Rechnung getragen. 9. a) Kennt die Landesregierung die Aussage des Bundesumweltministers, dass das Konzept eine „Balance zwischen den Erfordernissen des Windenergie- ausbaus und dem Schutz der Schweinswale“ herstellen würde? b) Wie bewertet die Landesregierung das Konzept? Kommt sie zu dem Schluss, dass damit eine Balance zwischen den Erfordernissen des Wind- energieausbaus und dem Schutz der Schweinswale hergestellt wird? c) Sofern die Landesregierung zu dem Schluss kommt, dass damit eine Ba- lance zwischen den Erfordernissen des Windenergieausbaus und dem Schutz der Schweinswale hergestellt wird: Wie ist dann die Aussage von Wirt- schaftsminister Reinhard Meyer, die Pläne von Bundesumweltminister Altmai- er würden die industriepolitischen Belange zu kurz kommen lassen, damit zu vereinbaren? a): Ja. Die Aussage ist in dem Schreiben des Bundesumweltministers vom 5. August 2013 an den Ministerpräsidenten enthalten. b): In dem Konzept ist deutlich geworden, welche Schwierigkeiten damit ver- bunden sind, beiden Anliegen, nämlich den Erfordernissen des Windenergie- ausbaus einerseits sowie dem Schutz der Schweinswale andererseits, Rech- nung zu tragen. Die bei der Rammung von Gründungspfählen zur Errichtung von Offshore Windkraftanlagen erzeugten Schallemissionen werfen Fragen Drucksache 18/ 1083 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 4 hinsichtlich bestehender Anforderungen der MSRL sowie des europäischen Arten- und Gebietsschutzes auf, die es erforderlich machen, technische Mög- lichkeiten zur Verminderung dieser Emissionen weiterzuentwickeln. Das vor- gelegte Konzept ist eine gute Grundlage, die o.g. Balance zu erreichen. Aus Sicht der Landesregierung gibt es zwei Punkte, die klargestellt werden sollten: Es ist notwendig, dass das BSH sich weiterhin vorbehält, Bauabläufe benach- barter Windparks gemeinsam mit den Offshore Windparkbetreibern zeitlich und räumlich zu koordinieren. Nur so können im Zweifelsfall die Flucht- und Rückzugsmöglichkeiten der Tiere bei der Arbeit an mehreren Parks gesichert werden. Weiterhin muss bei dem gesetzten Grenzwert von 160 Dezibel klargestellt werden, dass über Auflagen oder auch finanzielle Beiträge zur Forschung die technischen Möglichkeiten zu dessen Erreichung so schnell wie möglich vo- rangetrieben werden müssen. Ein Baustopp darf nicht die Konsequenz einer noch nicht sicher vermeidbaren Überschreitung sein, wenn der Betreiber alle zumutbaren technisch möglichen und wirtschaftlich vertretbaren Vorkehrungen getroffen hat. c): Die Äußerung von Minister Meyer bezog sich auf die Berücksichtigung in- dustriepolitischer Belange, z.B. dass ein Baustopp nicht die Konsequenz einer noch nicht sicher vermeidbaren Überschreitung sein dürfe, wenn der Betreiber alle zumutbaren technisch möglichen und wirtschaftlich vertretbaren Vorkeh- rungen getroffen habe. Ferner sei die Industrie weiterhin zu unterstützen, technische Möglichkeiten zur Verminderung der bei der Errichtung von Offsho- re-Windkraftanlagen entstehenden Schallemissionen weiterzuentwickeln und zu verbessern. 10. Umweltminister Robert Habeck erklärte gegenüber dem sh:z zur Weigerung das Konzept zu veröffentlichen: „Das Konzept enthält Ansatzpunkte für den notwendigen Schutz, aber einzelne Fragen sind noch zu diskutieren“. Wieso hält die Landesregierung es für erforderlich, die offenen Fragen unter Aus- schluss der Öffentlichkeit zu diskutieren? 5 Die von Minister Habeck gegenüber der sh:z getroffene und oben zitierte Aus- sage sagt nichts darüber aus, die offenen Fragen öffentlich oder nicht öffent- lich zu diskutieren. Die Verantwortung für das o.g. Konzept, das für die AWZ der deutschen Nordsee und nicht für die Küstenmeere der Länder erarbeitet wurde, trägt der Bundesumweltminister. Er bestimmt die Art der Diskussion. 11. Kann die Landesregierung bestätigen, dass sich der Bundesumweltminister nach dem Scheitern der Vorstellung des Konzepts an den Ministerpräsidenten des Landes gewandt hat, mit dem Ziel, eine Zustimmung zum Schutz der Schweinswale im Konsens durchzusetzen? Mit Schreiben vom 5. August 2013 hat der Bundesumweltminister die Länder im Interesse einer möglichst baldigen rechtssicheren Grundlage zum Schutz der Schweinswale um Rückäußerung gebeten. 12. Für den Fall, dass das Konzept doch noch umgesetzt wird: Welche Möglich- keiten sieht die Landesregierung, es später nachzubessern? Das o.g. Konzept hat den Bedarf weiterer Forschungen und technischer Ent- wicklungen formuliert. Hierin ist bereits eine Weiterentwicklung des Konzeptes angelegt. 13. Teilt die Landesregierung die Kritik des BUND, dass das Konzept nur für neue Windanlagen gilt, nicht aber für bereits genehmigte und derzeit im Bau befind- liche? Rechtssicherheit und Bestandsschutz haben einen hohen Wert. Diesem Gut fühlt sich auch die Landesregierung verpflichtet. Im Übrigen ist der Grenzwert aus dem Schallschutzkonzept auch in allen neueren Genehmigungen bereits Auflage. Links: http://www.shz.de/index.php?id=160&tx_ttnews[tt_news]=2937729&no_cache=1 http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=a2&dig=2013%2F08%2F14%2Fa0 044&cHash=a53f57a4e75baddfa8394102b0ad0dde http://www.offshore-stiftung.com/Offshore/aktuelles/-/51,51,60005,liste9.html