SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/1101 18. Wahlperiode 2013-09-09 Kleine Anfrage des Abgeordneten Patrick Breyer (PIRATEN) und Antwort der Landesregierung - Innenminister Vorsorge gegen ausländische Menschenrechts- und Datenschutzverletzungen 1. Frank M., ein in Schleswig-Holstein wohnhafter deutscher Staatsbürger, ist wegen des Vorwurfs von Al Qaeda-Kontakten monatelang in einem Foltergefängnis in Jemen inhaftiert gewesen und auch von FBI-Beamten verhört worden . Haben nach Kenntnis der Landesregierung deutsche Stellen Informationen über Herrn M. oder dessen Familie an ausländische Stellen weitergegeben? Wenn ja, welche Informationen wurden wann weitergegeben? Antwort: Von Seiten der Landespolizei sind keine entsprechenden Informationen an ausländische Stellen weitergegeben worden. Zu Art und Umfang der Beteiligung des Verfassungsschutzes an operativen Maßnahmen anderer Nachrichtendienste wird ausschließlich dem dafür zuständigen Parlamentarischen Kontrollgremium berichtet (§ 26 LVerfSchG). 2. Gibt es nach Kenntnis der Landesregierung Staaten, an welche Eingriffsbe- hörden des Landes oder des Bundes (Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungsbehörden , Nachrichtendienste) generell keine personenbezogenen Daten weiter geben wegen der Gefahr daraus resultierender Menschenrechtsverletzungen ? Drucksache 18/1101 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Antwort: Der Rechtshilfeverkehr mit ausländischen Behörden in Strafsachen richtet sich nach den bilateralen und multilateralen völkerrechtlichen Verträgen, die die Bundesrepublik mit anderen Staaten geschlossen hat. Ob auf vertragsloser Grundlage Rechtshilfe geleistet wird, ist Sache des Einzelfalls und richtet sich u.a. nach dem Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen. Die Entscheidung, Staaten aus den in der Anfrage genannten Gründen generell von der Rechtshilfe auszuschließen, obliegt allein der Bundesregierung. In der Praxis des Geschäftsbereichs des Generalstaatsanwalts des Landes Schleswig-Holstein ist diese Fallkonstellation allerdings noch nicht vorgekommen . Sowohl für die Landespolizei als auch für die schleswig-holsteinische Verfassungsschutzbehörde gibt es keine Auflistung von Staaten, an die generell keine personenbezogenen Daten wegen der Gefahr daraus resultierender Menschenrechtsverletzungen weitergegeben werden. 3. Wenn Frage 2 bejaht wird, um welche Staaten handelt es sich? Wenn Frage 2 verneint wird, hält es die Landesregierung nicht für angezeigt, eine entsprechende Richtlinie auszuarbeiten? Antwort: Für die Sicherheitsbehörden Schleswig-Holsteins ist eine entsprechende Richtlinie entbehrlich. Daten, die aus Schleswig-Holstein im Rahmen nationaler Zusammenarbeitsverpflichtungen an die Zentralstellen (BfV/BKA) zu deren Aufgabenerfüllung übersandt wurden, werden vor ihrer Weitergabe an ausländische Partner sorgfältig durch die Bundessicherheitsbehörden im Hinblick auf die rechtlichen Voraussetzungen der konkreten Datenweitergabe geprüft. Darüber hinaus sind immer für den konkreten Einzelfall die Interessen des Informationsempfängers mit den Schutzinteressen des Betroffenen abzuwägen. Diese Interessenabwägung kann eine pauschale Liste nicht leisten. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. 4. Gibt es nach Kenntnis der Landesregierung Staaten, an welche Eingriffsbehörden des Landes oder des Bundes generell keine personenbezogenen Daten weiter geben wegen ungenügenden Datenschutzes? Antwort: Es wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/1101 5. Wenn Frage 4 bejaht wird, um welche Staaten handelt es sich? Ist das Unabhängige Landesdatenschutzzentrum an der Entscheidung beteiligt worden? Wenn Frage 4 verneint wird, hält es die Landesregierung nicht für angezeigt, eine entsprechende Richtlinie unter Einbeziehung des Unabhängigen Landesdatenschutzzentrums auszuarbeiten? Antwort: Es wird auf die Antworten zu Frage 2 und Frage 3 verwiesen. 6. In wie vielen Fällen im vergangenen Jahr haben welche Eingriffsbehörden des Landes nach Kenntnis der Landesregierung personenbezogene Daten an welche Nicht-EU-Mitgliedsstaaten übermittelt? Antwort: Für den Bereich der Justiz bedarf die Beantwortung einer Auswertung der Einzelvorgänge durch die Staatsanwaltschaften des Landes. Eine solche ist innerhalb der für die Beantwortung der Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht zu leisten. Für die konkrete Darstellung der Zahlen innerhalb der Landespolizei wäre eine händische Auszählung beim Landeskriminalamt erforderlich, die wegen des Aufwandes innerhalb der für die Beantwortung zur Verfügung stehenden Zeit nicht leistbar ist. Für den Bereich der Verfassungsschutzbehörde kann ausgeschlossen werden , dass personenbezogene Daten im Anfragezeitraum an Nicht-EUMitgliedstaaten übermittelt wurden. 7. Nach den §§ 20, 19 LVerfSchG darf der Verfassungsschutz personenbezogene Daten an ausländische Geheimdienste ausliefern, wenn es „zum Schutz vor Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes unverzichtbar ist“. Es fehlt an der im BVerfSchG vorgesehenen Einschränkung, derzufolge die Übermittlung zu unterbleiben hat, wenn überwiegende schutzwürdige Interessen des Betroffenen entgegenstehen. Auch fehlt die etwa im BKAG vorgesehene Präzisierung, wonach zu den schutzwürdigen Interessen der betroffenen Person auch das Vorhandensein eines angemessenen Datenschutzniveaus im Empfängerstaat zählt. Unterlässt der Verfassungsschutz die Übermittlung personenbezogener Informationen bei entgegenstehenden überwiegenden Interessen des Betroffenen einschließlich des Fehlens eines angemessenen Datenschutzniveaus im Empfängerstaat ? Drucksache 18/1101 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Antwort: Die gesetzliche Regelung für eine Übermittlung personenbezogener Daten an ausländische Nachrichtendienste gem. § 20 i.V.m. § 19 LVerfSchG setzt voraus , dass diese zum Schutz vor Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes unverzichtbar ist. Diese hohe Hürde für eine Datenübermittlung beinhaltet bei der Prüfung im jeweiligen Einzelfall auch eine Interessenabwägung zwischen dem Übermittlungsinteresse und den Interessen des Betroffenen , die auch die Berücksichtigung von Kenntnissen über das Datenschutzniveau im Empfängerstaat beinhaltet.