SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/1225 18. Wahlperiode 2013-10-21 Kleine Anfrage der Abgeordneten Angelika Beer (PIRATEN) und Antwort der Landesregierung – Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Tötung von Eintagsküken Vorbemerkung: In einigen Betrieben, die sich auf die Zucht und das Vermehren von Legehennen spezialisiert haben, ist die Tötung der wirtschaftlich schwerer nutzbaren, männlichen Eintagsküken gängige Praxis. Die Staatsanwaltschaft Münster teilt dazu in einem Bescheid vom 28.08.2013 mit (Zitat): Ein „vernünftiger Grund“ im Sinne des § 17 TierSchG, männliche Eintagsküken zu töten, ist nicht erkennbar. Ein Grund ist dann im Sinne dieser Vorschrift vernünftig, wenn er triftig, einsichtig und von einem schutzwürdigen Interesse getragen anzuerkennen ist und wenn er unter den konkreten Umständen schwerer wiegt als das Interesse des Tieres an seiner Unversehrtheit und an seinem Wohlbefinden (Lorz/Metzger § 1 Rn. 62). Rein ökonomische Gründe – wie sie der Tötung der männlichen Eintagsküken zugrunde liegt – genügen nicht (vgl. OLG Frankfurt/Main, NStZ 1985, 130 zur Haltung von Legehennen in sog. Legebatterien). Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass die getöteten Tiere – sei es teilweise, sei es zukünftig zu 100 % – als Futter verwertet werden. Denn der Hauptzweck der Tötung ist und bleibt die Vernichtung ökonomisch unrentablen Lebens. 1. Wie viele in Schleswig-Holstein ansässige Betriebe züchten oder vermehren Legehennen oder ggf. Bruteier? In Schleswig-Holstein handelt es sich um einen Betrieb. Drucksache 18/1225 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 2. a) Ist der Landesregierung bekannt ob in Schleswig-Holstein ansässige Betriebe, die Legehennen züchten oder vermehren, männliche Eintagsküken töten? Ja. b) Falls ja, um wie viele und welche Betriebe handelt es sich? Es handelt sich um einen Betrieb. c) Falls ja, hält die Landesregierung die Tötung von männlichen Eintagsküken aus rein wirtschaftlichen Erwägungen für rechtmäßig? Das MELUR sieht einen dringenden Handlungsbedarf. Notwendig ist eine bundes- einheitliche Rechtsanwendung. Das MELUR wird sich daher auf Agrarminister- ebene und ggf. mit dem Bund für eine einheitliche Bewertung und Handhabung der Problematik einsetzen. In allen Bundesländern wurde bislang geduldet, dass männliche Eintagsküken von Legerassen am 1. Lebenstag getötet werden, weil sie auf Grund der einseitigen Ausrichtung auf Lebensleistung nicht für Mastzwecke genutzt werden können. Tatsächlich gibt es bei dieser einseitigen Zucht auf Legeleistung noch keine praktikablen Lösungen. Das MELUR teilt die im Erlass des nordrhein-westfälischen Landwirtschafts- ministeriums vom 26.9.2013 aufgeführte Auffassung, dass es vor dem Hintergrund der Ausführungen der Staatsanwaltschaft Münster rechtlichen Klärungsbedarf gibt. In diesem Zusammenhang ist davon auszugehen, dass es durch die ausge- sprochene Untersagung in Nordrhein-Westfalen erstmalig zu einem Klageverfahren und damit zu einer gerichtlichen Klärung kommen wird. Unabhängig von der ausstehenden rechtlichen Klärung sucht das MELUR schon jetzt nach Lösungen für dieses Problem. Im Rahmen des Runden Tisches Tierschutz in der Nutztierhaltung wurde eine Unterarbeitsgruppe „Geflügel“ eingesetzt, die zeitnah Empfehlungen auch zu dieser Problematik präsentieren soll. 3. a) Sofern der Landesregierung nicht bekannt ist, dass in Schleswig-Holstein ansässige Betriebe männliche Eintagsküken töten: Kann die Landesregierung sicher ausschließen, dass in Schleswig-Holstein ansässige Betriebe, die Legehennen züchten oder vermehren, Eintagsküken töten? Entfällt. b) Erwägt die Landeregierung die Tötung von Eintagsküken auch vorsorglich zu unterbinden? 3 Darüber wird das MELUR nach Erörterung der Problematik mit den Agrarministerinnen und -ministern der Länder und des Bundes entscheiden. 4. a) Bezüglich des Bescheides der Staatsanwaltschaft Münster vom 28.08.2013: Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass die Tötung von Eintagsküken einen Verstoß gegen § 17 TierSchG darstellt? S. Antwort zu 2 c). b) Sieht die Landesregierung in der Tötung von Eintagsküken einen Verstoß gegen Artikel 7 der Landesverfassung? Würde rechtskräftig festgestellt werden, dass es sich bei der gängigen Praxis des Tötens der Eintagsküken um einen Verstoß gegen § 17 TierSchG handelt, stünde die unveränderte Fortsetzung des bisherigen Verwaltungshandelns nicht mehr im Einklang mit Artikel 7 der Landesverfassung. 5. a) Plant die Landesregierung – sofern dies in Schleswig-Holstein praktiziert wird – Maßnahmen, um die Tötung von Eintagsküken zu unterbinden? b) Falls ja, welche Maßnahmen plant die Landesregierung? Antwort zu Frage 5 a) – b): Über den eigenen Runden Tisch Tierschutz in der Nutztierhaltung hinaus engagiert sich das MELUR beim Tierschutzplan Niedersachsen, welcher u. a. das Töten von männlichen Eintagsküken behandelt. Dort wird das Thema unter Berücksichtigung des Projektes „Geschlechtsdifferenzierung im unbebrüteten Ei“ der Universität Leipzig und Fragestellungen der Zucht auf Zweinutzung beim Huhn diskutiert. Das MELUR ist mit einem Vertreter im Lenkungsausschuss zum Tierschutzplan Niedersachsen als beratendes Mitglied vertreten. Dadurch ist eine sinnvolle Verbindung zum Runden Tisch „Tierschutz in der Nutztierhaltung“ in Schleswig- Holstein gegeben. Dort sollen zu dem hier vorliegenden Thema ebenfalls gemeinsame Lösungen in der AG Geflügel des Runden Tisches erarbeitet werden. c) Erwägt die Landesregierung eine Bundesratsinitiative, ggf. auch gemeinsam mit dem Land Nordrhein-Westfalen? Angesichts der angestrebten juristischen Prüfung durch Bund und Länder und einer absehbaren gerichtlichen Klärung, ist eine Bundesratsinitiative derzeit nicht geplant.