SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/1278 18. Wahlperiode 13-11-20 Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Axel Bernstein (CDU) und Antwort der Landesregierung – Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie Sinnvollen Interessenausgleich zwischen Wirtschaft, Vereinen sowie ehrenamtlich Tätigen und Kulturschaffenden ermöglichen (LT-Drs. 18/231) Welche der geforderten Aktivitäten hat die Landesregierung nach Beschluss der LT- Drs 18/231 durch den Landtag im September 2012 mit welchen Ergebnissen unter- nommen? Antwort: Wirtschaftsminister Reinhard Meyer hat im vergangenen Jahr die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA), das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) als Aufsichtsbehörde und das Bundesmi- nisterium der Justiz, dem das DPMA organisatorisch nachgeordnet ist, aufgefordert, die Interessen der Musikveranstalter, ehrenamtlich Tätiger und Vereine ausreichend bei der Tarifgestaltung zu berücksichtigen. Er hat deutlich gemacht, dass bei allem Verständnis für das berechtigte Interesse der Urheber an einer angemessenen Ver- gütung für die Nutzung ihrer Werke eine Neugestaltung der Tarifsysteme die wirt- schaftliche Betätigung von Musikveranstaltern nicht in der Weise beeinträchtigen darf, dass diese nicht oder kaum noch möglich ist. Drucksache 18/1278 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 Die Bundesjustizministerin sicherte in ihrem Antwortschreiben zu, dass die von vielen Seiten vorgebrachte Kritik an der GEMA Tarifreform ernst genommen wird. Das Bun- desministerium der Justiz hat die Staatsaufsicht über die Verwertungsgesellschaften beim Deutschen Patent- und Markenamt gebeten, die Kritik sorgfältig zu überprüfen und Gespräche mit allen Beteiligten zu führen, um zu einem gemeinsamen Ver- ständnis für angemessene Lösungen zu gelangen. Im Dezember 2012 haben die GEMA und die Bundesvereinigung der Musikveran- stalter e.V. eine Übergangslösung für das Jahr 2013 ausgehandelt, um dann in 2013 die Verhandlungen auf der Basis des Einigungsvorschlags der Schiedsstelle beim Deutschen Patent- und Markenamt wieder aufzunehmen. Die Schiedsstelle hat in dem Verfahren am 10. April 2013 einen Einigungsvorschlag vorgelegt. Dieser betrifft Musikaufführungen durch Musiker oder mit Tonträgern im Bereich der Unterhaltungs- und Tanzmusik. Die Schiedsstelle hält die Berücksichtigung typischer Nutzungsge- gebenheiten bei der Tarifgestaltung und eine entsprechende Differenzierung für er- forderlich und hat insoweit Korrekturen des durch die Reform geschaffenen Tarif- werks vorgeschlagen. Die von der GEMA begehrte lineare Ausgestaltung hat die Schiedsstelle dabei grundsätzlich als sachgerecht und angemessen bewertet. Sowohl die GEMA als auch die Bundesvereinigung der Musikveranstalter haben Wi- derspruch gegen den Einigungsvorschlag eingelegt. Gleichzeitig wurden jedoch die Verhandlungen wieder aufgenommen mit dem Ziel einer einvernehmlichen Lösung. Seit Juni diesen Jahres haben mehrere Verhandlungsrunden stattgefunden. Die Wirtschaftsministerkonferenz hat sich auf ihrer Sitzung am 03./04. Dezember 2012 mit der Thematik befasst und verschiedene Prüfbitten an die Justizministerkon- ferenz gerichtet (s. Anlage 1). Die Justizministerkonferenz (JMK) hat auf ihrer Sitzung am 12./13.06.2013 den Beschluss der Wirtschaftsministerkonferenz (WMK) zur Kenntnis genommen und das Bundesministerium der Justiz gebeten, die von der WMK herangetragenen Anliegen zu prüfen und ggf. in die Verhandlungen zum Vor- schlag der Kommission einer Richtlinie über die kollektive Wahrnehmung von Urhe- ber- und verwandten Schutzrechten und die Vergabe von Mehrgebietslizenzen zur Online-Nutzung von Rechten an Musikwerken im Binnenmarkt einzubeziehen (s. An- lage 2). Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/1278 3 Des Weiteren hat sich auch die Verbraucherschutzministerkonferenz (VSMK) mit der Thematik „Verwertungsgesellschaften – Transparenz und Kontrolle“ befasst. Eine 2012 eingesetzte Projektgruppe erarbeitet Vorschläge zur Verbesserung des Ver- braucherschutzes. Ein Zwischenbericht wurde auf der 9. Verbraucherschutzminister- konferenz am 17. Mai 2013 zur Kenntnis genommen (s. Anlage 3). Der Abschlussbe- richt wird auf der 10. VSMK im Mai 2014 vorgestellt werden. Anlage 1: Beschluss WMK v. 03./04.12.12 Anlage 2: Beschluss JMK v. 12./13.06.13 Anlage 3: Beschluss VSMK v. 17.05.13 (einschl. Zwischenbericht) - 57 - Niederschrift, WMK, 3./4. Dez. 2012 ... TOP 12: GEMA - Tarifreform Initiative zur Änderung des Urheberrechtswahrnehmungsgesetzes Die Wirtschaftsministerkonferenz fasst einstimmig nachfolgenden Beschluss: 1. Die Wirtschaftsministerkonferenz appelliert an die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA), den Vollzug der einseitig festgelegten Tarifreform zum 1. April 2013 auszusetzen, sollte bis dahin im Rahmen der laufenden Schiedsverhandlungen keine Einigung mit der Bundesvereinigung der Musikveranstalter über die zukünftige Tarifstruktur der GEMA gefunden werden. 2. Die Wirtschaftsministerkonferenz bittet gleichzeitig die Justizminister- konferenz um Überprüfung der bestehenden Rechtslage, um zukünftige, unverhältnismäßige Belastungen für die betroffenen Betriebe zu vermeiden. Eine entsprechende Neuregelung sollte auch darauf abzielen, dass Tarifänderungen im Bereich von bestehenden Gesamtverträgen, insbesondere dann, wenn sie einseitig festgelegt wurden, erst in Kraft treten, wenn ein Entscheidungsvorschlag der Schiedsstelle, der die Rechtmäßigkeit bestätigt, von den Parteien angenommen wurde oder die Rechtmäßigkeit in einem gerichtlichen Verfahren rechtskräftig festgestellt worden ist. 3. Darüber hinaus bittet die Wirtschaftsministerkonferenz die Justiz- ministerkonferenz um Überprüfung, ob den Nutzervereinigungen ein gesetzlicher Anspruch ermöglicht werden kann, einen Gesamtvertrag Niederschrift, WMK, 3./4. Dez. 2012 - 58 - ... gemeinsam mit den in Bezug auf die jeweiligen Nutzungshandlungen wahrnehmungsberechtigten Verwertungsgesellschaften zu schließen, anstatt wie bisher mit verschiedenen Verwertungsgesellschaften. Dies könnte mit einem gesetzlichen Anspruch für die Nutzervereinbarungen gelöst werden. So könnte sichergestellt werden, dass alle in Rede stehenden Rechte zu kalkulierbaren Bedingungen eingeräumt werden und gleichzeitig die Gesamtbelastung transparent gemacht wird. Begründung: Die GEMA hat als Verwertungsgesellschaft nach dem Urheber- rechtswahrnehmungsgesetz die Nutzung von urheberrechtlich geschützten Musikwerken zu angemessenen Tarifen zu ermöglichen. Die Tarifreform der GEMA im Veranstaltungsbereich, die zum 1. April 2013 in Kraft treten soll, bringt für die musiknutzenden Betriebe (Kneipen, Gaststätten, Clubs, Discotheken, Hotels, Zeltveranstaltungen etc.) nach Informationen des DEHOGA teilweise existenzbedrohende Preiserhöhungen mit sich. Zurzeit werden die von der GEMA einseitig festgesetzten neuen Tarife vor der Schiedsstelle beim Deutschen Patent- und Markenamt verhandelt. Das Verfahren hat jedoch keine aufschiebende Wirkung für das Inkrafttreten der Tarife. Das bedeutet, dass die Betriebe zunächst einmal den von der GEMA angelegten Tarif zahlen müssen, unabhängig davon, ob die Angemessenheit des Tarifes in einem strittigen und oft langwierigen Verfahren im Nachhinein bestätigt wird oder nicht. Für den Fall, dass eine Nutzung der Rechte unterschiedliche Rechteinhaber berührt, müssen Nutzer an unterschiedliche Verwertungsgesellschaften zahlen. Das Urheberrechtswahrnehmungsgesetz sieht nur in Sonderfällen vor, dass die Vergütung einheitlich festzustellen ist bzw. dass Nutzer mit allen beteiligten Rechtsinhabern einen gemeinsamen Vertrag schließen können. Die Nutzer können daher die Gesamtbelastung nicht kalkulieren. Preiserhöhungen einer Verwertungsgesellschaft führen darüber hinaus zu einer fast automatischen Preiserhöhungsspirale bei den Tarifen der anderen Verwertungsgesellschaften, die in ihrer Gesamtwirkung von den Gerichten praktisch nicht kontrollierbar ist. Auch Nutzervereinigungen haben keinen Anspruch darauf, einen einheitlichen Vertrag mit allen Rechteinhabern zu schließen, der die Rechte umfassend klärt und die Vergütung insgesamt festlegt. (Ende TOP) Beschluss TOP I.7: Änderungsbedarf im Urheberrecht Berichterstattung: Saarland 1. Die Justizministerinnen und Justizminister haben den Beschluss der Wirtschaftsministerkonferenz vom 3./4. Dezember 2012 zur Kenntnis genommen und sich mit den darin geäußerten Prüfbitten auseinander- gesetzt. 2. Die Justizministerinnen und Justizminister bitten das Bundesministe- rium der Justiz, die durch die Wirtschaftsministerkonferenz unter Zif- fer 2 ihres Beschlusses vom 3. Dezember 2012 an die Justizminister- konferenz herangetragenen Anliegen zu prüfen und gegebenenfalls in die Verhandlungen zum Vorschlag der Kommission einer Richtlinie über die kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten und die Vergabe von Mehrgebietslizenzen zur Online- Nutzung von Rechten an Musikwerken im Binnenmarkt einzubeziehen. 3. In Bezug auf Ziffer 3 des Beschlusses der Wirtschaftsministerkonfe- renz sind die Justizministerinnen und Justizminister der Auffassung, dass die Rechtslage den unterschiedlichen Interessen von Verwer- tungsgesellschaften und Nutzern in ausreichendem Maße Rechnung trägt. 4. Die Justizministerinnen und Justizminister bitten das Bundesministeri- um der Justiz zu prüfen, wie die Empfehlungen der Enquete- Kommission des Deutschen Bundestages „Kultur in Deutschland“ vom 11.12.2007 für eine angemessene und zeitgemäße Repräsentanz aller Wahrnehmungsberechtigten, die an der Wertschöpfung tatsächlich be- teiligt sind, in den entscheidungserheblichen Gremien der Verwer- tungsgesellschaften, besonders bei der Verteilung, zu sorgen und die Aufsicht über die Verwertungsgesellschaften zu verstärken, umgesetzt werden können. Projektgruppe "Verwertungsgesellschaften" Zwischenbericht Stand: 1. März 2013 Die Projektgruppe "Verwertungsgesellschaften" (PG) wurde im Auftrag der AG WV (TOP 12 der 12. AG WV vom 21.11.2012) auf Grundlage entsprechender Beschlüsse von VSMK (TOP 38 der 8. VSMK) und LAV (Ziff. 3c des LAV-Umlaufbeschlusses 13/2012) eingerichtet. Sie besteht aus Vertreterinnen und Vertretern der Länder Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz und steht unter der Federführung von Baden-Württemberg. Sie hat den Auftrag, Vorschläge für mehr Transparenz und Kontrolle bezüglich der Tätigkeit von Verwertungsgesellschaften (speziell im Hinblick auf die Festlegung von Vergütungssätzen für Geräte und Medien, die potenziell zur Herstellung von Privatkopien urheberrechtlich geschützter Werke genutzt werden - sog. Leermedienabgabe) zu erarbeiten. Die PG hielt am 13. Dezember 2012 eine Telefonkonferenz ab und tagte am 17. Januar 2013 in Stuttgart. Im Rahmen dieser Sitzung fand eine Expertenanhörung unter der Beteiligung von Vertreterinnen und Vertretern des Deutschen Patent- und Markenamtes , des Branchenverbandes BITKOM sowie des Verbraucherzentrale Bundesverbandes statt. Unter anderem wurden bislang folgende Problemfelder von der PG identifiziert: - Das im Zuge einer Urheberrechtsnovelle im Jahr 2008 (sog. 2. Korb) neu geregelte Verfahren zur Festlegung von Vergütungssätzen für die Herstellung und den Vertrieb von Leer- und Speichermedien, bei dem das sog. Schiedsstellenverfahren mit ggf. anschließendem Gerichtsverfahren eine zentrale Rolle spielt, hat sich bislang als langwierig, ineffizient und intransparent erwiesen. Objektiv nachprüfbare Kriterien für die Angemessenheit der Gebührensätze im Verhältnis zur tatsächlichen Nutzung der Geräte und Medien für die Privatkopie fehlen bislang . - Enorme Erhöhungen der Vergütungssätze für Geräte und Medien, sind die Folge. Sowohl die eigentlichen Vergütungssätze als auch die im Zusammenhang mit den Schiedsstellen- und Gerichtsverfahren erforderlichen Mehraufwendungen der betroffenen Hersteller, Händler und Importeure werden auf die Endkundenpreise umgelegt. - Die gesetzliche Ausgestaltung des Verfahrens zur Festlegung von Vergütungssätzen räumt der staatlichen Aufsicht derzeit nur wenig Möglichkeiten für eine effektive Kontrolle dieser Vorgänge ein. - Die Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher werden in dem Verfahren bislang nur unzureichend berücksichtigt. Den Verbraucherverbänden mangelt es an Instrumenten für eine effektive Mitwirkung bei verbraucherrelevanten Entscheidungen . - Der geltende Rechtsrahmen ist nicht mehr zeitgemäß, da er nicht auf die veränderten technischen und wirtschaftlichen Bedingungen der letzten Jahre abgestimmt ist. Moderne Angebote wie Streaming oder Cloudspeicherung und Lizensierungsformen wie das Digitale Rechtemanagement (DRM) werden nicht berücksichtigt . Die zweite PG-Sitzung mit einer weiteren Expertenanhörung war ursprünglich für den 21. Februar 2013 vorgesehen, konnte jedoch wegen eines krankheitsbedingten Ausfalls in Baden-Württemberg nicht stattfinden. Ein Folgetermin wird derzeit für April in Erwägung gezogen. Für die weitere Expertenanhörung ist die Beteiligung von Vertreterinnen und Vertretern mehrerer Verwertungsgesellschaften (voraussichtlich GEMA, ZPÜ, GVL und die alternative Initiative C3S) geplant. Aus den vorgenannten Gründen sowie angesichts der vergleichsweise geringen Projektgruppengröße wird sich die Vorlage eines abschließenden Berichts mit Vorschlägen / Empfehlungen zur Lösung der skizzierten Probleme frühestens auf die 22. Sitzung der LAV im November 2013 und damit auch auf die 10. VSMK 2014 verschieben . 131119 AE M Anl. 1 WMK Anl. 2 JMK Anl. 3 VSMK Anl. 3a VSMKAnl