SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/1336 18. Wahlperiode 03.12.2013 Kleine Anfrage des Abgeordneten Wolfgang Kubicki (FDP) und Antwort der Landesregierung – Ministerin für Justiz, Kultur und Europa Übertragung von Aufgaben im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit auf Notare 1. Wie viele Erbscheinsverfahren sind seit 2010 beantragt worden? Bitte jeweils pro Jahr aufschlüsseln. Antwort: Die Anzahl der Erbscheinsverfahren wird nicht gesondert statistisch erfasst. In der Geschäftsübersicht werden unter der Position „Nachlasssachen VI“ neben den „Verfahren auf Erteilung von Erbscheinen“ unter anderem auch folgende Verfahren erfasst: - Einrichtung von Nachlasspflegschaften und –verwaltungen - Erklärungen gegenüber dem Nachlassgericht - Sonstige Handlungen, die zur Zuständigkeit des Nachlassgerichts oder des in § 344 Abs. 4 FamFG genannten Amtsgerichts gehören - Verfahren nach § 1964 BGB Anzahl der „Nachlasssachen VI“ seit 2010: 2010: 18.760 2011: 20.232 2012: 21.624 Drucksache 18/1336 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 2. Wie viel Zeit vergeht im Durchschnitt bis zur Bescheidung in einem Erbscheinsverfahren ? Antwort: Hierüber liegen der Landesregierung keine statistischen Daten vor. 3. In welcher Höhe werden Gebühren für die Aufnahme des Erbscheinsantrages mit enthaltender EV gem. § 2356 Abs. 2 BGB durch die Landeskasse vereinnahmt? Antwort: Auch diese Daten werden nicht gesondert erfasst. Die eingenommenen Gebühren fallen als nicht gesondert erfasster Rechnungsposten unter die Position „Gerichtgebühren in Nachlasssachen VI“. Gerichtsgebühren „Nachlasssachen VI“ seit 2010: 2010: 3.734.224 € 2011: 4.071.438 € 2012: 4.224.263 € 4. In welcher Höhe werden Gebühren für die Erteilung des Erbscheins durch die Landeskasse vereinnahmt? Antwort: Siehe Frage 3. 5. Liegen Pläne vor, von der Länderöffnungsklausel Gebrauch zu machen, wonach eine Aufgabenübertragung im Erbscheinsverfahren auf die Notarinnen und Notare erfolgt. Wenn ja, wann werde diese Pläne umgesetzt. Wenn nein, warum nicht? Antwort: Nein. Nach geltendem Recht kann der Antrag auf Erteilung eines Erbscheines formfrei gestellt und die Versicherung an Eides statt nach § 2356 Abs. 2 Satz 1 BGB (durch die der Antragsteller die Richtigkeit seiner Angaben im Antrag versichert und die praktisch immer erforderlich ist) sowohl vor einem Notar als auch vor Gericht erklärt werden . Nach dem neuen Art. 239 EGBGB können die Länder durch Gesetz bestimmen, „dass der Antrag auf Erteilung eines Erbscheins der notariellen Beurkundung bedarf und die Versicherung an Eides statt nach § 2356 Absatz 2 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nur vor einem Notar abzugeben ist.“ Aus folgenden fachlichen Gründen ist davon abgesehen worden, von dieser Länderöffnungsklausel Gebrauch zu machen : Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/1336 3 - Die Einführung eines Formerfordernisses für den Erbscheinsantrag ist nicht erforderlich und dürfte auch ohne nennenswerten Effekt bleiben. Nach der Begründung der Beschlussempfehlung des BT-Rechtsausschusses soll durch das Formerfordernis erreicht werden, dass derjenige, der die Erteilung eines Erbscheins beantragt, über die erbrechtliche Rechtsstellung (durch einen Notar) fachkundig beraten wird, der Erbscheinsantrag die für die Erbscheinserteilung erforderlichen Angaben enthält und bereits mit dem Erbscheinsantrag die erforderlichen Urkunden dem Nachlassgericht vorgelegt werden (vgl. BT-Drucks. 17/13136, Seite 22, rechte Spalte unten). All dies ist allerdings in der Praxis bereits unter dem geltenden Recht gewährleistet. Denn das Nachlassgericht kann nach § 2356 Abs. 2 Satz 2 BGB dem Antragsteller zwar die eidesstattliche Versicherung erlassen, wenn es sie für nicht erforderlich erachtet. In der Praxis ist die eidesstattliche Versicherung jedoch fast immer erforderlich. Ein entsprechender Erlass stellt die absolute Ausnahme dar. Dies aber bringt es mit sich, dass auch unter dem geltenden Recht fast 100 % der Erbscheinsanträge nicht privatschriftlich gestellt, sondern von Notaren oder den Nachlassrechtspflegern der Nachlassgerichte aufgenommen werden. Letztere können zwar keine (Rechts-)Beratung des Antragstellers im eigentlichen Sinne leisten, jedoch auf eine sachgerechte Antragstellung und auf die Einreichung der erforderlichen Urkunden hinwirken und tun dies auch. In qualitativer Hinsicht stehen die von Nachlassrechtspflegern aufgenommenen Erbscheinsanträge erfahrungsgemäß den von Notaren aufgenommenen Anträgen zumindest in nichts nach. - Mit einer Aufgabenübertragung wären für den Justizhaushalt erhebliche (indes derzeit nicht genau bezifferbare) Einnahmeeinbußen verbunden, denen zumindest kein gleichwertiges (Personal-)Einsparpotential gegenüberstünde. Derzeit arbeiten die Gerichte in Nachlasssachen kostendeckend. - Für den Antragsteller wäre eine Aufgabenübertragung mit einer Kostenerhöhung verbunden: Im Gegensatz zum Gericht hat der Notar die Mehrwertsteuer anzusetzen.