SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/135 18. Wahlperiode 06.09.2012 Kleine Anfrage der Abgeordneten Anita Klahn (FDP) und Antwort der Landesregierung - Ministerin für Soziales, Gesundheit, Familie und Gleichstellung Schulpflicht für Heimkinder Vorbemerkung der Fragestellerin: In § 20 Abs. 1 Satz 2 Schulgesetz wird bestimmt, dass Kinder und Jugendliche, die in Heimen untergebracht sind, öffentliche Schulen in Schleswig-Holstein besuchen können. Durch diesen Satz sollte sichergestellt werden, dass Heimkinder, auch wenn sie formal während der Heimunterbringung den Wohnsitz ihrer Eltern beibehalten, das Recht zum Schulbesuch in Schleswig-Holstein haben. 1. Wie wird sichergestellt, dass alle Kinder und Jugendliche aus Heimeinrichtungen in Schleswig-Holstein ihrer Schulpflicht nachkommen und wie wird das Recht auf Beschulung der Kinder und Jugendlichen sichergestellt? Antwort: In Schleswig-Holstein besteht Schulpflicht nur für Kinder und Jugendliche, die im Land Schleswig-Holstein ihre Wohnung oder ihre Ausbildungsstätte haben. Andere Kinder und Jugendliche, die zwar ihren Wohnsitz nicht in Schleswig-Holstein haben, hier aber in einem Heim, einer Familienpflegestelle, einem Internat oder einem Krankenhaus untergebracht sind, „können“ öffentliche Schulen des Landes besuchen (§ 20 Abs. 1 Satz 2 SchulG). Über die Einhaltung der Schulpflicht hat die am Wohnsitz zuständige Behörde zu wachen. Der Wohnsitz im Sinne von § 20 Abs. 1 SchulG wird durch die meldegesetzlichen Regelungen bestimmt (§ 2 Abs. 8 SchulG). Drucksache 18/135 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 Die Träger von Heimeinrichtungen in Schleswig-Holstein werden im Rahmen des Betriebserlaubnisverfahrens von der Aufsicht über Einrichtungen nach § 45 SGB VIII (Heimaufsicht) darauf hingewiesen, den örtlich zuständigen Schulämtern die Betriebsaufnahme anzuzeigen. Die in den Einrichtungen untergebrachten Kinder und Jugendlichen werden in der Regel entsprechend ihren Kenntnissen, Fähigkeiten und Wünschen und in Absprache mit den jeweiligen fallzuständigen örtlichen Jugendämtern an Schulen angemeldet. Um die Beschulung auch der Kinder und Jugendlichen sicherzustellen, die nicht an öffentlichen Schulen unterrichtet werden (s. Antwort zu Frage 3), haben die betroffenen Einrichtungsträger im Einvernehmen mit der nach dem Wohnsitz zuständigen Schulaufsichtsbehörde heiminternen Schulunterricht (anderweitigen Unterricht) oder Fördermaßnahmen zur Wiedereingliederung in die Schule vorzuhalten (§ 43 JuFöG). 2. Ist es möglich das Gesetz so auszulegen, dass mit Berufung auf die „KannFormulierung “ Schulleitungen Heimkindern die Schulaufnahme verwehren? Antwort: Der Gesetzgeber hat eine ausdrückliche Unterscheidung zwischen Kindern und Jugendlichen mit melderechtlicher Wohnung in Schleswig-Holstein und solchen mit einer Wohnung außerhalb Schleswig-Holsteins getroffen. Wenn Kinder und Jugendliche nicht mit Wohnsitz in Schleswig-Holstein gemeldet sind, dann besteht in Schleswig-Holstein keine Schulpflicht. In diesen Fällen „können“ öffentliche Schulen im Land besucht (§ 20 Abs. 1 Satz 2 SchulG) werden. Diese „KannRegelung “ bedeutet, dass die Entscheidung, ob eine Schülerin oder ein Schüler in eine öffentliche Schule aufgenommen wird, im pflichtgemäßen Ermessen der jeweiligen Schulleitung liegt. 3. Sind Fälle bekannt, dass aufgrund dieser skizzierten Auslegung Heimkinder an Schulen abgewiesen wurden? Wenn ja, an welchen Schulen? Antwort: Es werden keine Daten über den Schulbesuch von Kindern und Jugendlichen im Sinne von § 20 Abs. 1 Satz 2 SchulG erhoben. Der Schulaufsicht und der Heimaufsicht sind Fälle bekannt, in denen Kinder und Jugendliche ohne melderechtliche Wohnung in Schleswig-Holstein aus besonderen Gründen vorübergehend nicht in öffentlichen allgemeinbildenden Schulen aufgenommen werden konnten, insbesondere weil zuvor noch Fragen zur geeigneten Beschulung oder begleitenden Maßnahmen zu klären waren. 4. Wie viele schulpflichtige Heimkinder leben in den einzelnen Kreisen und kreisfreien Städten (bitte entsprechend aufgeschlüsselt darstellen)? Antwort: Nach der Kinder- und Jugendhilfestatistik des Statistikamtes Nord haben am 31. Dezember 2011 insgesamt 1.687 Kinder und Jugendliche Leistungen der Jugendhilfe in Heimen oder sonstigen betreuten Wohnformen erhalten, davon 353 im Alter von 6 bis unter 12 und 1.289 im Alter von 12 bis unter 18 Jahren. Kinder, Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/135 3 die keine Jugendhilfeleistungen bekommen (beispielsweise in Behinderteneinrichtungen ), sind hierbei nicht erfasst. Diese Zahlen beruhen auf den Meldungen der Jugendämter zur Jugendhilfestatistik . Ob es sich um schleswig-holsteinische oder um auswärtige Kinder und Jugendliche handelt, wird nicht erhoben. Die Verteilung auf die Kreise und kreisfreien Städte ist in der nachstehenden Tabelle dargestellt. Kinder und Jugendliche von 6 bis unter 18 Jahren in Heimerziehung oder sonstigen betreuten Wohnformen am 31.12.2011 Jugendämter von 6 bis unter 12 Jahre von 12 bis unter 18 Jah-ren Schleswig-Holstein 353 1.289 Stadt Flensburg 39 114 Landeshauptstadt Kiel 46 131 Hansestadt Lübeck 40 159 Stadt Neumünster 15 69 Dithmarschen 22 77 Herzogtum Lauenburg 17 79 Nordfriesland 5 63 Ostholstein 19 41 Pinneberg 25 106 Plön 17 35 Rendsburg-Eckernförde 23 111 Schleswig-Flensburg 32 101 Segeberg 30 78 Steinburg 11 66 Stormarn 12 59 (Quelle: Statistik der Kinder- und Jugendhilfe Schleswig-Holstein, Teil I Tabelle 20.7) Die im Sozialministerium bei der Aufsicht über die Einrichtungen nach § 45 SGB VIII jährlich erhobenen Zahlen der belegten Plätze in Einrichtungen lassen eine Differenzierung nach schulpflichtigen und nicht mehr oder noch nicht schulpflichtigen Kindern bzw. Jugendlichen nicht zu, da keine Altersangaben erhoben werden .