SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/1388 18. Wahlperiode 23.01.2014 Kleine Anfrage des Abgeordneten Rasmus Andresen (Bündnis 90/Die Grünen) und Antwort der Landesregierung – Finanzministerin - Selbstanzeigen wegen Steuerhinterziehung Vorbemerkung des Fragestellers: Laut Medienberichterstattung und Presseinformation der Finanzministerin hat die Anzahl der Selbstanzeigen in 2013 erheblich auf 155 Mio. Euro Steuereinnahmen zugenommen. 1. Wie viele Fälle von Selbstanzeigen hat es jeweils in den Jahren von 2010 bis 2013 gegeben und wie stellt sich deren regionale Verteilung in SchleswigHolstein dar (bitte nach Landgerichtsbezirken differenzieren)? In den Jahren von 2010 bis 2013 sind 1.203 Selbstanzeigen eingegangen, davon 256 im Landgerichtsbezirk Itzehoe, 198 im Landgerichtsbezirk Flensburg, 336 im Landgerichtsbezirk Kiel und 413 im Landgerichtsbezirk Lübeck. 2. In welchem Zeitraum haben die angezeigten Steuerhinterziehungen stattge- funden? Die Selbstanzeigen seit dem Jahr 2010 betreffen Zeiträume von 1998 – 2012. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/1388 3. Wie teilen sich die Steuermehreinnahmen von 155 Mio. Euro auf die einzelnen Selbstanzeigen auf? Gibt es Wiederholungstäter bzw. Personen, die mehrmals von der straffreien Selbstanzeige Gebrauch gemacht haben? Die aus den Selbstanzeigen resultierenden Mehreinnahmen (Einkommensteuer und Erbschaft- und Schenkungssteuer) teilen sich wie folgt auf: Nachzahlungsbetrag in Euro Verteilung < 10.000,00 39 % 10.000,00 – 50.000,00 33 % 50.000,00 – 100.000,00 12 % 100.000,00 – 200.000,00 7 % 200.000,00 – 500.000,00 5 % 500.000,00 – 1.000.000,00 2 %  1.000.000,00 2 % Als Folge der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH-Urteil vom 20.05.2010, GeschZ. 1 StR 577/09) und dem Schwarzgeldbekämpfungsgesetz vom 28.04.2011 (BGBl. 2011, Seite 676) sind keine Selbstanzeigen in einer Steuerart durch Wiederholungstäter eingereicht worden. 4. Welche Instrumente gibt es für die Steuerbehörden, neben der Gruppenabfra- ge und dem Ankauf von Steuer-CDs, um Steuerbetrug aufzudecken und den Informationsfluss von den Banken zu gewährleisten? Die EU-Mitgliedstaaten haben sich darauf verständigt, durch Austausch von Informationen die effektive Besteuerung von Zinserträgen natürlicher Personen (wirtschaftliche Eigentümer) und Personenzusammenschlüssen nicht gewerblicher Art (ausländische Einrichtungen) im Gebiet der EU sicherzustellen (Ausnahme: Österreich und Luxemburg). Der Zoll führt Bargeldkontrollen durch und fertigt Kontrollmaterial oder Geldwäscheverdachtsanzeigen , die von dem Verbindungsbeamten der Steuerfahndung beim Landeskriminalamt Kiel auf steuer- bzw. steuerstrafrechtliche Sachverhalte überprüft werden. Gleiches gilt für Geldwäscheverdachtsanzeigen der Kreditinstitute. Im Rahmen von Außenprüfungen durch Betriebsprüfung, Umsatzsteuersonderprüfung sowie Aufsichtsprüfungen der Steuerfahndungsstelle der Finanzämter können Kapitalflüsse ermittelt werden, die zur Aufdeckung von Hinterziehungstatbeständen mit Bezug zu ausländischen Kapitalanlagen führen. 5. Wie viele Steuer-CDs wurden vom Land Schleswig-Holstein gekauft und gibt es konkrete Möglichkeiten weitere Steuer-CDs zu kaufen? Das Land Schleswig-Holstein hat keine Daten mit Bezug zu Kapitalanlagen im Ausland gekauft. In der Vergangenheit hat sich SH finanziell an sämtlichen Datenankäufen anderer Länder beteiligt. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/1388 Die Landesregierung betrachtet die Bekämpfung der Steuerhinterziehung sowie die Aufklärung von Steuerstraftaten im Zusammenhang mit ausländischen Finanzinstituten als eine Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern, so dass auch die durch den Datenankauf entstandenen Kosten gemeinsam getragen werden sollten. 6. Wie beurteilt die Landesregierung die Effektivität der strafbefreienden Selbst- anzeige in Bezug auf Ausmaß und Wirkung? Die Selbstanzeige ist in Fällen effektiv, in denen die Straftäter von einem erhöhten Entdeckungsrisiko ausgehen müssen. Der „reuige Sünder“ bildet die Ausnahme. Daher kann die Selbstanzeige nicht isoliert betrachtet werden. Bei hohem Entdeckungsrisiko beispielsweise durch die Datenankäufe, aber auch durch eine effektive Steuerverwaltung und Justiz, werden Sachverhalte angezeigt, die so nicht oder nur durch einen außerordentlich hohen Aufwand zu ermitteln wären. Insbesondere der medienwirksame Ankauf von Daten führte zu erhöhtem Druck und der Bereitschaft zur Selbstanzeige. Das entspricht auch dem Gesetzeszweck der Rechtsfigur der strafbefreienden Selbstanzeige. Diese ermöglicht den Rücktritt von vollendeter Tat, um Steuereinnahmen grundsätzlich ohne Ermittlungsaufwand herbeizuführen. Der Anstieg der Selbstanzeigen 2013 gegenüber 2012 belegt, dass die Ablehnung des Steuerabkommens mit der Schweiz sowohl fiskalisch als auch aus Gründen der Gerechtigkeit richtig war. Nur so konnte der Ermittlungsdruck hochgehalten werden, der 2013 dazu führte, dass sich immer mehr Steuerhinterzieher selbst angezeigt haben.