SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/141 18. Wahlperiode 2012-09-10 Kleine Anfrage der Abgeordneten Heike Franzen (CDU) und Antwort der Landesregierung - Innenminister Verkehrssicherheit für Kinder und Jugendliche 1. Wie und in welchem Umfang wird die Verkehrserziehung in Kindertagesstätten und Schulen durchgeführt? Antwort: Für die Verkehrserziehung sind in den Klassenstufen 1, 4, 5 und 9 je 20 Unter- richtsstunden, in allen anderen Klassenstufen 10 Unterrichtsstunden jährlich vor- gesehen. In der Oberstufe der Gymnasien und Gemeinschaftsschulen sowie in den berufsbildenden Schulen erfolgt die Verkehrserziehung orientiert am Erfah- rungshorizont der Schülerinnen und Schüler projektbezogen oder integrativ im Fachunterricht. (Auszug aus dem Erlass Verkehrserziehung und Schulwegsiche- rung vom 12.09.2002.) Die Landespolizei Schleswig-Holstein unterstützt die Kindertagesstätten und Schulen bei der Verkehrserziehung durch den flächendeckenden Einsatz von Präventionsbeamten. In den Kindertagesstätten kommen die drei Handpuppen- bühnen der Polizei zum Einsatz. Die dort begonnene Verkehrsunfallprävention wird unter Mitwirkung der Polizei durch die Schulen in den ersten Klassen fortge- führt. In allen vierten Klassen unterstützt die Polizei die Schulen bei der Radfahr- ausbildung, die mit einer praktischen Radfahrprüfung abschließt. Darüber hinaus Drucksache 18/141 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 leistet die Polizei Unterstützung bei der Ausbildung und dem Einsatz von Schü- lern und Eltern als Verkehrshelfer und bei der Erstellung aktueller Schulwegplä- ne. Ergänzt werden diese Maßnahmen durch Aufklärung über Auswirkungen und Konsequenzen beim Fahren unter Alkohol- oder Drogeneinfluss. 2. Welche Inhalte werden vermittelt? Antwort: Die Kernbereiche der Verkehrserziehung sind durch die „Empfehlungen zur Ver- kehrserziehung in der Schule“ (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 7.7.1992 in der Fassung vom 17.6.1994) vorgegeben, die mit dem Erlass „Ver- kehrserziehung und Schulwegsicherung“ (vom 12.09.2002) auch in Schleswig- Holstein verbindlich eingeführt wurden: - Sicherheitserziehung - Sozialerziehung - Umwelterziehung - Gesundheitserziehung Inhaltlich folgt die Verkehrserziehung den Vorgaben des Lehrplans Heimat- u. Sachunterricht der Grundschule und beginnt mit der Sicherheitserziehung. Die Schülerinnen und Schüler werden zunächst mit dem für sie sichersten Schulweg und dem richtigen Verhalten im Straßenverkehr vertraut gemacht. Die Feinmotorik wird im Programm „Frühradfahren“ geschult, womit den Schüle- rinnen und Schülern die Grundlage für eine erfolgreiche Teilnahme an der Rad- fahrausbildung mitgegeben werden kann. Die richtige Verkehrsmittelwahl und das Kennenlernen der Verkehrszeichen münden in die Radfahrausbildung, die möglichst im Realverkehr stattfinden soll. In der Sekundarstufe I setzt sich die Mobilitäts- und Verkehrserziehung zuneh- mend auch mit Fragen einer zukunftsfähigen Mobilität auseinander: Dem Klima- schutz, den Auswirkungen des Verkehrs auf das Leben der Menschen und der zukünftigen Verkehrsraumgestaltung. Die Inhalte der KMK-Empfehlungen zur Verkehrserziehung finden Konkretisierungen in den verschiedenen Fächern oder in Projekten. Auf eine detaillierte Vorgabe einzelner Inhalte wurde zugunsten der Formulierung von zu erreichenden Kompetenzen verzichtet. Den Lehrkräften wird mit dem durch die BAST (Bundesanstalt für Straßenwesen) in Zusammenarbeit Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/141 3 mit den Bildungsbehörden der Länder entwickelten Verkehrsquiz ein Evaluie- rungsinstrument an die Hand gegeben, mit dem sie in der 6. und der 9. Klasse den Ist-Stand abfragen und ggf. weiteren Ausbildungsbedarf erkennen können. Das Quiz wurde in Schleswig-Holstein allen Schulen durch die Unfallkasse Nord zur Verfügung gestellt. Insgesamt steht dabei das Fahrrad als Unterrichtsgegenstand und als das Ver- kehrsmittel der Jugend im Mittelpunkt des Unterrichts. Zum Ende der Sekundar- stufe I beschäftigt sich der Unterricht zunehmend mit den Auswirkungen der mo- dernen Mobilität. In der Sekundarstufe II geht es neben der Vermittlung physikalischer Gegeben- heiten bei Fahrzeugen in einem erheblichen Maße um die Beeinflussung des Verhaltens jugendlicher Verkehrsteilnehmer als Fahrer und Beifahrer. Sie sollen sich mit den Gefahren unangepasster Geschwindigkeit, den Ursachen für Ag- gressivität oder den Folgen von Fahren unter dem Einfluss von Drogen oder Al- kohol auseinandersetzen. Die polizeiliche Verkehrssicherheitsarbeit fokussiert in diesem Kontext insbeson- dere folgende Themen: a) sicherer Schulweg Die Polizei - informiert über die Gefahren und das richtige Verhalten an Querungsstellen im Nahbereich der Schulen - unterstützt die Schulen beim Üben im öffentlichen Verkehrsraum - gibt Hinweise zum Thema Sicherheit und Sichtbarkeit - bezieht Aspekte der Kriminalprävention dabei ein. b) Radfahrausbildung Die Radfahrausbildung findet flächendeckend in allen vierten Klassenstufen statt. Die Polizei unterstützt die Schulen bei - der Absicherung theoretischer Kenntnisse (Linksabbiegen/toter Winkel/Helm) - der Kontrolle des verkehrssicheren Fahrrades nach den Vorschriften der StVZO - dem Üben im öffentlichen Verkehrsraum - der Durchführung der praktischen Radfahrausbildung. Drucksache 18/141 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 4 c) Verkehrshelferausbildung Die Verkehrshelferausbildung ist Schwerpunkt der Deutschen Verkehrswacht und wird dort durchgeführt, wo es von den Schulen gefordert wird. Die Polizei leistet ihren Beitrag durch - Vermittlung theoretischer Kenntnisse - Unterstützung der Lernzielkontrolle - praktische Übungen im öffentlichen Verkehrsraum. d) Alkohol, Drogen, Medikamente Mit dem Ziel, Verkehrsunfälle möglichst zu vermeiden, informiert die Polizei über - die Verkehrsunfalllage - Entstehung und Folgen von Verkehrsunfällen - Rechtsfolgen und persönliche Folgen bei Normverstößen. 3. Durch wen erfolgt die Verkehrserziehung? Antwort: Die Verkehrserziehung erfolgt durch die Lehrkräfte im Rahmen ihres Regelunter- richts. Zu ihrer Unterstützung und zur Steigerung der Nachhaltigkeit der Unter- richtsinhalte können und sollen sie sich externe Experten in die Schule einladen bzw. mit den Schülerinnen und Schülern besondere Orte aufsuchen. Hier sind beispielsweise zu nennen: - Präventionsbeamte der Polizei - ausgebildete Moderatoren der Verkehrswachten, des ADAC, des B.A.D.S. (Bund gegen Alkohol und Drogen im Straßenverkehr) sowie weiterer Organisa- tionen für besondere Programme - Polizeidienststellen, Orte im Realverkehr. Die Aufsicht über die Schülerinnen und Schüler liegt dabei bei der Lehrkraft. Die Polizei verfügt für die Verkehrserziehung über speziell ausgebildete Präventi- onsbeamte, die die Aufgabe nach landesweit verlässlichen Standards wahrneh- men. Auf Anforderung von Schulen und anderen Kooperationspartnern unterstützen darüber hinaus die örtlichen Dienststellen im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/141 5 4. Wie werden die Personen, die die Verkehrserziehung durchführen, ausgebildet? Antwort: In der 1. Ausbildungsphase (Studium): An der Universität Flensburg z.B. werden Wahlmodule „Von der Verkehrserzie- hung zur Mobilitätskompetenz“ für die Primar- und Sekundarstufe I angeboten. In der 2. Ausbildungsphase (Vorbereitungsdienst): Die Verkehrserziehung ist in der Ausbildung für die Grundschule curricular in den Heimat- u. Sachunterricht eingebettet und wird dort entsprechend bearbeitet. Für die Sekundarstufe gibt es zurzeit keine speziellen Module. In der Lehrerfortbildung: Das IQSH bietet über den Landesfachberater in enger Kooperation mit der Unfall- kasse Nord ein sehr umfangreiches Fortbildungsangebot zu allen Themen- schwerpunkten schulischer Mobilitäts- und Verkehrserziehung für alle Schularten an. Die Angebote werden durch die Lehrkräfte i.d.R. sehr gut angenommen. Zu- dem gibt es jährlich eine Fachtagung zur Verkehrserziehung/Mobilitätserziehung mit wechselnden Schwerpunkten, in diesem Jahr z.B. für den Bereich der Grund- schulen zum Thema „Grundlagen für die Radfahrausbildung“. Zusätzlich sind die Kreisfachberater gehalten, mindestens einmal jährlich auf re- gionalen Dienstversammlungen die Beauftragten für Verkehrserziehung an den Schulen über alle aktuellen Belange zu unterrichten und die Lehrkräfte ggf. the- matisch zu schulen. Weiterhin besteht die Möglichkeit für Schulen, Veranstaltungen mit besonderen thematischen Schwerpunkten beim IQSH abzurufen. Ebenso haben Schulen und Lehrkräfte die Möglichkeit, sich für eine Beratung di- rekt an die Kreisfachberater oder den Landesfachberater für Verkehrserziehung zu wenden. Die Qualifizierung der Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten erfolgt über ein Lehrgangsangebot gezielt für die spezialisierte Prävention sowie durch Inhouse- Seminare für die Beamten des allgemeinen Polizeivollzugsdienstes in den Poli- zeidirektionen. Grund- und Weiterbildungslehrgänge an der Fachdirektion für Aus- und Fortbildung verknüpfen theoretisches Fachwissen mit praktischen Übungen z.B. im laufenden Schulbetrieb. Drucksache 18/141 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 6 5. Welche Maßnahmen zur Schulwegsicherung stehen zur Verfügung und werden umgesetzt? Antwort: Auf der Grundlage des Erlasses „Verkehrserziehung und Schulwegsicherung“ vom 12.09.2002 sind folgende organisatorische Maßnahmen durch Schulen und Behörden vorzusehen: Schulwegsicherung Schulträger und Schulen werden gebeten, alle ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu nutzen, um Gefahrenquellen zu beseitigen bzw. zu vermindern. Hierzu gehört auch, gemeinsam mit den Straßenverkehrsbehörden, der Polizei und den Eltern zu einem geordneten und sicheren Verkehrsablauf an den Schu- len beizutragen. Schulwegpläne Auf der Grundlage eines Schulkonferenzbeschlusses (§ 63 Abs.1 Nr. 21 SchulG) fertigt die Schulleiterin oder der Schulleiter in Zusammenarbeit mit dem Schulelternbeirat, den Polizeiverkehrslehrerinnen und -lehrern, den jeweils zu- ständigen Polizeidienststellen und den Kommunalbehörden einen Schulwegplan und aktualisiert ihn ggf. jährlich. Die Erfahrungen von Eltern, Schülerinnen und Schülern sind zu berücksichtigen. Der Schulwegplan ist den Schülerinnen und Schülern sowie den Eltern zum Schuljahresbeginn und nach Bedarf zu erläutern und auch zum Gegenstand von Elternversammlungen zu machen. Die Schülerinnen und Schüler der Anfangs- klassen sind in geeigneter Weise mit dem für sie sicheren Schulweg und den Ge- fahrenpunkten vertraut zu machen. Darüber hinaus gilt: Verkehrshelfer sichern im Umfeld der Schulen an kritischen Stellen die Schulwe- ge. Unterrichtliche Maßnahmen: Die Sicherung menschlichen Lebens ist zentrales Thema der Grundschule. Mit dem Schülerarbeitsheft „Mein Schulweg-Trainer“ erhalten die Lehrkräfte die Mög- lichkeit, mit einem aktuellen und didaktisch fundierten Schülerarbeitsheft das Thema der Gefahren auf den Schulwegen mit den Schülerinnen und Schülern zu bearbeiten. Darüber hinaus wird auch das Heft „Das kleine Zebra“, ausgegeben durch die Verkehrswacht, in den Schulen eingesetzt. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/141 7 Das IQSH und die Unfallkasse Nord bieten spezielle Seminare zur Schulwegsi- cherung an. Dabei bildet die Mitwirkung bei der Erstellung von Schulwegplänen sowohl für die Grundschule als auch für weiterführende Schulen einen zentralen Schwerpunkt. Das Thema Schulwegsicherung und „mit dem Fahrrad sicher unterwegs“ ist wei- terhin Grundlage der Schülerarbeitshefte „Mein Fahrradtagebuch“ (3.-4. Klasse) und „RadFahren Mobil“ (5. bis 7. Klasse). Die Schülerarbeitshefte werden von der Unfallkasse Nord den Schulen zur Verfügung gestellt, einführende Seminare werden vom IQSH und der Unfallkasse Nord angeboten. Flankierend führt die Polizei die unter Ziffer 2 (a) beschriebenen Maßnahmen zur Schulwegsicherung und - unabhängig davon - jeweils zum Schuljahresbeginn ge- zielte Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit durch (Fußstreifen, Überwachung des ruhenden und fließenden Verkehrs).