SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/142 18. Wahlperiode 2012-09-11 Kleine Anfrage der Abgeordneten Heike Franzen (CDU) und Antwort der Landesregierung - Ministerin für Bildung und Wissenschaft Schuleschwänzen in Schleswig-Holstein 1. Wie hoch ist die Quote der Schülerinnen und Schüler, die dem Unterricht un- entschuldigt fernbleiben an a. Regionalschulen, b. Gemeinschaftsschulen, c. Gymnasien, d. Berufsschulen und e. Förderschulen des Landes Schleswig-Holstein insgesamt und wie sehen die entsprechenden Quoten in den einzelnen Kreisen und kreisfreien Städten aus? Antwort: Die Quote wird nicht zentral vom MBW erfasst. Gleichwohl sind Schulen jeder Schul- art verpflichtet, Fehlzeiten (entschuldigte wie unentschuldigte) zu dokumentieren. Die Schulaufsicht lässt sich darüber informieren. Einen Überblick über Fehlzeiten an allen Hauptschulen und Förderzentren im Schul- halbjahr 2005 gab die Studie „Konzept gegen Schulabsentismus“, die der Landesrat für Kriminalitätsverhütung und das Bildungsministerium im Jahr 2007 veröffentlichte. Drucksache 18/142 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 Diese Studie wurde 2011 evaluiert und die Einschätzungen von den Schulleitungen aller allgemein bildenden Schulen und Förderzentren zu verschiedenen Aspekten von Schulabsentismus eingeholt. Es wurden jedoch keine Zahlen zu Fehlzeiten er- hoben, so dass die Angaben zur Bewertung des Absentismusproblems sowohl durch die Häufigkeit des Auftretens als auch durch die Dauer der Abwesenheit bestimmt sein können. Auf diesem Deutungshintergrund bejahen 20% der Schulleitungen aller Schularten, dass es ein Absentismusproblem an ihrer Schule gibt. An den Regional- schulen nehmen 33% der Schulleitungen ein solches Problem wahr, an Gemein- schaftsschulen 26%, an den Gymnasien 2%. Absentismusprobleme werden von den Schulleitungen in den kreisfreien Städten häufiger angegeben als in den Kreisen, zwischen denen es wiederum erhebliche Un- terschiede in den Bewertungen des Absentismusproblems gibt. Der Landesrat für Kriminalitätsverhütung und das Bildungsministerium planen eine landesweite Gesamterhebung über alle öffentlichen allgemein bildenden Schulen für Mitte des Schuljahres 2013/14. Die oben genannten Untersuchungen des Landesrates für Kriminalitätsverhütung in Zusammenarbeit mit dem Bildungsministerium sind unter www.bildung.schleswig- holstein.de - Schule/Unterricht/ Prävention veröffentlicht. 2. Besteht ein Zusammenhang zwischen der Schulart und der Quote der unent- schuldigten Abwesenheit von Schülerinnen und Schülern? Antwort: Dazu kann keine gesicherte Aussage gemacht werden; Hinweise geben die Ein- schätzungen der Schulleitungen in der Evaluationsstudie (siehe auch Antwort zu Frage 1). 3. Wie hoch ist die Quote von Schulabsentismus in Schleswig-Holstein im Ver- gleich zu den anderen Bundesländern? Antwort: Dazu liegen keine Daten vor. Es gibt keine repräsentative Untersuchung bundesweit, auch die anderen Bundesländer werten die regional z.T. erhobenen Fehlzeiten nicht zentral aus. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/ #N!# 3 4. Wie werden die Schulen bei der Vermeidung von Schulabsentismus unter- stützt? Antwort: Ein motivierendes, angstfreies und von positiven Sozialkontakten geprägtes Lernum- feld trägt dazu bei, Schulabsentismus zu verhindern oder wenigstens zu verringern. Es ist Aufgabe von Schulleitungen und Lehrkräften, ein solches Lernumfeld zu ge- stalten. Dabei werden sie unterstützt z.B. durch das IQSH mit seinem Fortbildungs- angebot, durch Kreisfachberaterinnen und -berater für schulische Erziehungshilfe, Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter oder den schulpsychologischen Dienst. Schulabsentismus ist in der Regel der Endpunkt einer sich über lange Zeit erstre- ckenden Fehlentwicklung. Deshalb ist es für Lehrkräfte und Schulleitungen wichtig, Erscheinungsformen von Schulabsentismus früh als solche zu erkennen, um gezielt auf Klassen- oder Schulebene handeln zu können. Dazu wurden folgende Maßnahmen ergriffen:  Auf vier landesweiten Veranstaltungen wurden 2011/2012 Schulaufsicht, Kreis- fachberaterinnen und -berater für schulische Erziehungshilfe, Schulpsychologin- nen und -psychologen sowie alle mit diesem Problem befassten Personen in und um Schule (Schulleitungen, Lehrkräfte, Schulsozialpädagoginnen und - pädagogen, ASD) über Ursachen, Erscheinungsformen und Interventionsmöglich- keiten informiert.  In vielen Kreisen hat die untere Schulaufsicht die Schulleitungen auf Dienstver- sammlungen oder eigens dafür vorgesehenen Veranstaltungen über Ursachen und Erscheinungsformen informiert, insbesondere auch über Vorformen, und regi- onale Absprachen getroffen.  Vielfach sind in den Kreisen bzw. kreisfreien Städten Handlungsleitlinien erarbeitet worden, die Maßnahmen auf verschiedenen Stufen des Absentismus festlegen sowie Hinweise enthalten, welche Unterstützer in dem entsprechenden Kreis an- sprechbar sind. Drucksache 18/142 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 4 5. Welche Maßnahmen stehen a. der Schule, b. dem Ordnungsamt, c. dem Schulamt und d. der Schulaufsichtsbehörde zur Verfügung, um Schülerinnen und Schüler vom Schulschwänzen abzubrin- gen und wie und in welchem Umfang werden sie angewendet? Antwort: Schulabsentismus hat vielfältige Ursachen. Diese in jedem Einzelfall zu ermitteln ist Voraussetzung für eine Erfolg versprechende Intervention. Vor diesem Hintergrund kommen folgende Maßnahmen in Betracht: zu a) In der Schule  § 25 SchulG sieht bei Erziehungskonflikten verschiedene abgestuft einzusetzende Maßnahmen vor. Dieses sind beispielsweise Gespräche mit den Eltern und der betroffenen Schülerin bzw. dem Schüler (ggf. auch Hausbesuche), die Pflicht zur Vorlage eines Attestes, die Einschaltung der Schulleitung, der Fachberater oder Fachberaterinnen für schulische Erziehungshilfe, des Jugendamtes oder des schulpsychologischen Dienstes. Den oben genannten Untersuchungen von 2007 und 2011 ist zu entnehmen, dass das pädagogische Gespräch mit der Schülerin bzw. dem Schüler und Gespräche mit den Eltern die am häufigsten durchgeführten Maßnahmen an den Schulen sind. 2011 berichten die Schulleitungen aller Schulen, dass sie bei Schulabsen- tismus als außerschulische Partner häufig den ASD, die Schulaufsicht oder den schulpsychologischen Dienst heranziehen, also pädagogische Maßnahmen als zielführend erachten. Kontakte zum Ordnungsamt, Schulträger oder zur Polizei werden als „selten“ eingestuft.  Nach § 28 SchulG kann die Schule die Zuführung durch unmittelbaren Zwang an- ordnen und die Ordnungsbehörde oder eine andere geeignete Stelle um Voll- zugsmaßnahmen ersuchen. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/ #N!# 5 zu b) Im Ordnungsamt Die Verpflichtung zum Schulbesuch ist in § 11 Abs. 2 SchulG festgeschrieben, § 26 Abs. 1 bzw. Abs. 4 SchulG regelt die Verantwortung für die Erfüllung der Schulpflicht und sieht diese bei den Eltern bzw. dem Arbeitgeber. Die Verletzung dieser Pflicht stellt eine Ordnungswidrigkeit dar (§ 144 Abs.1, Nr. 2, 3 und 4) und kann ein Buß- geldverfahren nach sich ziehen (§ 144 Abs. 2). Von den Ordnungsämtern wird der Tatbestand „Schulabsentismus“ nicht separat er- fasst. Deshalb liegen keine Daten darüber vor, in welchem Umfang landesweit Buß- gelder für Schulabsentismus verhängt werden. zu c und d) Schulamt und Schulaufsichtsbehörde haben keine unmittelbaren Befugnisse hin- sichtlich des Absentismus einzelner Schülerinnen und Schüler. Die Vermeidung von Schulabsentismus gehört jedoch mit zu ihrem Aufsichts- und Beratungsauftrag.