SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache18/1446 18. Wahlperiode 2014-01-09 Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Kai Dolgner (SPD) und Antwort der Landesregierung - Innenminister „Enkeltrick“-Fälle in Schleswig-Holstein Vorbemerkung des Fragestellers: In der Presse wird (Presseartikel OHA v. 16.12.2013) über eine steigende Zahl von Betrugsfällen in Schleswig-Holstein berichtet, in dem ältere Menschen von organisierten Banden zur Herausgabe größerer Geldbeträge überredet werden, um einem angeblich in Not geratenen nahen Angehörigen zu helfen, dem sogenannten „Enkeltrick “ berichtet und u. a. weitereichende Ermittlungsbefugnisse zur Steigerung der Aufklärung gefordert. Vorbemerkung der Landesregierung: Die bundeseinheitliche Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) sowie deliktsspezifische Auswerte- und Analyseinstrumente der Polizeien des Bundes und der Länder unterliegen einem ständigen Fortentwicklungs- und Optimierungsprozess. Das bedeutet aber auch, dass diese Instrumente im Laufe ihrer stufenweisen Optimierung nicht bei allen Kriminalitätsphänomenen gleichermaßen differenzierte wie hochwertige Analysen und Schlussfolgerungen zulassen. Dies gilt auch für die Betrugsvariante des sog. „Enkeltricks“. Insofern wären die meisten der nachfolgenden Fragen nur mit einem erheblichen manuellen Aufwand bei den Ermittlungsdienststellen der Landespolizei zu beantworten. Gleichwohl ist es geboten, insbesondere die Bedeutung der Auswertung von Telefondaten für eine erfolgreiche Ermittlungsarbeit in diesem Deliktsfeld grundsätzlich darzustellen. Drucksache 18/1446 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 Nach Erkenntnissen des Landeskriminalamtes werden „Enkeltrick“-Betrügereien bundesweit vermehrt von strukturierten Täterbanden begangen. Einer Tätergruppierung konnte nachgewiesen werden, dass in ihrer Struktur etwa zwanzig Anrufer ein „Heer“ von mehreren hundert Abholern dirigierten. Das kriminaltaktische Ermittlungsziel ist es daher, diese Banden, deren Köpfe das kriminell erworbene Vermögen weitestgehend für sich zusammenführen, komplett zu zerschlagen. Mit der Verfolgung des handelnden Einzeltäters allein wird einer wirksamen Eindämmung dieses Phänomens kein hinreichender Erfolg eingeräumt. Die Anbahnung der Tatausführung erfolgt bei den meist betagten Opfern nahezu ausschließlich über Telefon. Der polizeiliche Ermittlungserfolg ist daher maßgeblich davon abhängig, dass die sofortige vollständige Erhebung und Auswertung der einschlägigen Telekommunikationsdaten erfolgt. Das gilt für die Anschlüsse der Opfer wie insbesondere für die Mobiltelefone, die bei festgenommenen Einzeltätern sichergestellt werden können. Im Falle der letzteren Variante führt die Auswertung der Mobilfunkdaten zur Aufklärung weiterer Taten mitunter bundesweit begangener Serien sowie der dazugehörigen Banden- und Täterstrukturen. Kriminaltaktisch sind insbesondere die sofortige Erhebung der Telefonverbindung des Opferanschlusses beim Festnetzanbieter sowie bei den 4 Mobilfunkanbietern und die sofortige Erhebung und Auswertung der Funkzellendaten im Tatortbereich erfolgsentscheidend. Dies nach den einschlägigen Rechtsgrundlagen und Eingriffsermächtigungen umzusetzen , hat das Landeskriminalamt den Ermittlungsdienststellen der Landespolizei als Richtlinie aufgetragen. Da aufgrund der Opferpersönlichkeit nicht in jedem Fall eine sofortige Strafanzeige erstattet wird und die Tat oftmals erst nach Tagen oder Wochen vom Opfer bzw. dessen Angehörigen erkannt wird, muss aus ermittlungspraktischer Sicht auch der retrograde Zugriff auf die entsprechenden Kommunikationsdaten sichergestellt sein, der folglich eine Speicherung dieser Daten bei den Telekommunikationsanbietern voraussetzt. 1.) Wieviele Enkeltrick-Fälle sind den Ermittlungsbehörden Schleswig-Holsteins bekannt geworden? Wieviele Fälle wurden aufgeklärt? Bitte aufschlüsseln nach Jahreszahlen 2008, 2009, 2010, 2011 und 2012. Antwort: Unter Hinweis auf die Vorbemerkungen werden Fälle des sog. „Enkeltrick“ in der PKS als Betrugsdelikte ohne recherchierbare Phänomen-Spezifika erfasst. Im Zuge einer vom Landeskriminalamt Niedersachsen veranlassten bundesweiten Sondererhebung hatte unser LKA folgende „Enkeltrick“-Fallzahlen (einschließlich versuchter Taten) für Schleswig-Holstein erhoben: Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/1446 3 Jahr Fallzahlen 2009 60 2010 107 2011 (1. Halbjahr) 80 Angaben zu aufgeklärten Fällen waren seinerzeit nicht Gegenstand der Erhebung. 2.) In wievielen Fällen wurden Telefondaten, vor allem die Nummer des Anrufers und sowie der Name des Anschlussinhabers, bei den Telekommunikationsgesellschaften abgefragt? Bitte aufschlüsseln nach Jahreszahlen 2008, 2009, 2010, 2011 und 2012. Antwort: Die Frage lässt sich unter Hinweis auf die Vorbemerkung nicht konkret beantworten. 3.) In wievielen Fällen nach 2.) konnte die Telekommunikationsgesellschaften keine Auskunft geben, weil die entsprechenden Daten bereits gelöscht waren? Bitte aufschlüsseln nach Jahreszahlen 2008, 2009, 2010, 2011 und 2012. Antwort: Siehe Antwort zu Frage 2. 4.) In wievielen Fällen nach 2.) gelang trotz der bei den Telekommunikationsgesellschaften vorhandenen und den Ermittlungsbehörden zur Verfügung gestellten Daten nicht die sichere Identifizierung der oder des Tatverdächtigen. Bitte aufschlüsseln nach Jahreszahlen 2008, 2009, 2010, 2011 und 2012. Welche Gründe gab es (exemplarisch), dass trotz vorhandener Telekommunikationsdaten die Tat nicht aufgeklärt werden konnte? Antwort: Siehe Antwort zu Frage 2. 5.) In wievielen Fällen nach 4.) kamen im Ausland erworbene anonyme PrepaidKarten zum Einsatz? Antwort: Siehe Antwort zu Frage 2. 6.) Falls zu den Punkten 2. bis 5. keine Statistik geführt wird, warum wird diese nicht geführt? Antwort: Auf die Vorbemerkungen wird hingewiesen. Eine differenzierte deliktsspezifische Erfassung des „Enkeltrick“-Phänomens in der PKS ist für 2015/2016 vorgesehen. Drucksache 18/1446 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 4 7.) Welche Erkenntnisse aus dem im o.g. Pressebericht genannten Strafverfahren gegen zwei derzeit in Karlsruhe vor Gericht stehende Tatverdächtige begründen die Annahme, dass die Taten in Schleswig-Holstein ebenfalls von den dort genannten Tätergruppen oder vergleichbaren Strukturen begangen wurden? Welche Erkenntnisse aus in Schleswig-Holstein geführten Ermittlungsverfahren liegen hierzu vor? Antwort: Durch den länderübergreifenden Informationsaustausch zwischen polizeilichen Ermittlungsdienststellen Baden-Württembergs und Schleswig-Holsteins ergaben sich Übereinstimmungen im Hinblick auf die in beiden Ländern auffällig gewordenen Tätergruppen , sowie deren Tatbegehungsweisen.