SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/1511 18. Wahlperiode 2014-02-05 Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Patrick Breyer (PIRATEN) und Antwort der Landesregierung – Innenminister Einsätze von Polizeieinheiten in der falschen Wohnung 1. In wie viele Wohnungen ist die Polizei seit 2008 irrtümlich eingedrungen, z.B. wegen Verwechselung der Zielwohnung? Antwort: Seit dem Jahr 2008 sind polizeiliche Einsatzkräfte in sechs Wohnungen irrtümlich eingedrungen. 2. Was waren die jeweiligen Gründe für die Verwechslung? Antwort: Gründe für die Verwechslung waren:  Die tatsächliche bauliche Situation war erst nach dem Eindringen erkennbar ,  Unübersichtlichkeit eines Wohnkomplexes,  keine Türschilder bzw. Türschilder mit falschem Namen,  Hinweise von Zeugen bzw. Geschädigten erwiesen sich als nicht oder nicht mehr zutreffend,  ungünstige Licht- und Sichtverhältnisse,  individuelle Fehler von Polizeibeamtinnen und –beamten. Drucksache 18/1511 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 3. Durch welche Maßnahmen wird versucht sicherzustellen, dass es im Einsatz nicht zu einer Verwechslung der Zielwohnung kommt? Antwort: Vor dem Betreten oder der Durchsuchung einer Wohnung gehört die intensive Objektaufklärung zu den Standardmaßnahmen der polizeilichen Einsatzvorbereitung . Je nach den Umständen des Einzelfalles erfolgt hierzu die Auswertung der Ermittlungsakte, die Informationsgewinnung aus den polizeilichen Informationssystemen und bei der örtlich zuständigen Polizeidienststelle, Anfragen im Melderegister des Einwohnermeldeamtes, die Befragung von Zeugen oder Auskunftspersonen, die Einholung von offenen Informationen aus dem Internet sowie ggf. die Anwendung verdeckter Maßnahmen (z.B. Observation oder Video-Überwachung) im Rahmen der rechtlichen Befugnisse. 4. Gibt es interne Anweisungen, Richtlinien oder Weisungen, die vorgeben wie vorzugehen ist, damit es nicht zu einer Verwechslung kommt? (Bitte im Originalwortlaut beifügen. Falls das nicht möglich ist, bitte genau benennen und zumindest auszugsweise zitieren.) Antwort: Explizite Anweisungen, Richtlinien, Erlasse allein zum Thema „Maßnahmen zur Vermeidung einer Verwechslung von Durchsuchungsobjekten“ gibt es nicht. Bei der Fachhochschule für Verwaltung und Dienstleistung (FHVD) ist das Thema „Vorbereitung und Durchführung von Durchsuchungsmaßnahmen“ an verschiedenen Stellen in den Curricula des Studiengangs „Polizeivollzugsdienst “ für die Schutz-, Wasserschutz- und Kriminalpolizei mit z. B. folgenden Formulierungen als Lehrinhalt verankert: „Die Studierenden (…) können strafprozessuale Eingriffsmaßnahmen selbständig oder unter Anleitung durchführen, insbesondere Durchsuchungen, Sicherstellungen , Festnahmen, Observationen, Telekommunikationseingriffe (…).“ „Die Studierenden beherrschen (…) die Durchführung der erforderlichen Folgemaßnahmen (z.B. Durchsuchung, Fahndungsmaßnahmen, Spurensicherung , Sachfahndung) (…).“ „Die Studierenden beherrschen (…) die Vorbereitung und Durchführung strafprozessualer Eingriffsmaßnahmen, insbesondere Durchsuchungen, Sicherstellungen , Festnahmen, Observationen, Telekommunikationseingriffe (…).“ Die Befassung erfolgt im Zusammenhang mit eng verwandten Themen sowohl in der Theorie als auch in praktischen Übungen und hat folgende Umfänge:  Im 2. Semester (Grundpraktikum) in den Fächern „Einsatzlehre“ und „Polizeipraktische Ausbildung“ mit einem Stundenansatz von 38 Lehrveranstaltungsstunden (LVS),  im Rahmen des 14-tägigen Grundpraktikums (ohne konkrete Stundenzuweisung ),  im 3. Semester in den Teilmodulen 5.1, 5.2 und 5.3 in den Fächern „Einsatzlehre “ und „Kriminalistik“ mit insgesamt 51 LVS, zuzüglich Nachbereitung im Eigenstudium im gleichen Umfang, Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/1511  im Rahmen des 6-monatigen Hauptpraktikums auf verschiedenen Polizeidienststellen der Schutz- und Kriminalpolizei (ohne konkrete Stundenzuweisung ). Die Polizeidirektion für Aus- und Fortbildung und für die Bereitschaftspolizei Schleswig-Holstein unterrichtet im Fach „Polizeidienstkunde/Verkehrsausbildung /Kriminalistik“ das Thema „Haftbefehle“ mit 14 Unterrichtseinheiten in der Grundausbildung. Ergänzend wird vermittelt, dass im Rahmen polizeilicher Voraufklärung und Informationsbeschaffung sicherzustellen ist, die richtige Adresse /Wohnung aufzusuchen und den richten Adressaten in Anspruch zu nehmen. Die Polizeibeamtinnen und –beamten werden sensibilisiert, dass bei Unklarheiten/Unstimmigkeiten vor Ort erweiterte Ermittlungen stattzufinden haben, um eine Personen-/Objektverwechslung auszuschließen. 5. Wie viele Personen wurden bei den Einsätzen nach Ziff. 1 körperlich verletzt oder psychisch geschädigt? Antwort: Drei Personen wurden verletzt. 6. Welche Verletzungen sind dabei entstanden und wodurch? Antwort: In drei Fällen erlitten Personen einen Schock, als polizeiliche Einsatzkräfte für die Bewohner überraschend in die Wohnung eindrangen. 7. In welcher Höhe ist es in diesem Zusammenhang zu Schadensersatzforderungen von Betroffenen gekommen? Antwort: Schadensersatz wurde nicht verlangt. 8. Zu welchen Sachschäden ist es im Zusammenhang mit Wohnungsverwechs- lungen der Polizei gekommen? Antwort: Beschädigt wurden Eingangstüren, Zargen und Verglasungen. 9. Welche Schäden waren dies? Antwort: Siehe Antwort zu Frage 8. Drucksache 18/1511 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 10. In welcher Höhe ist es in diesem Zusammenhang zu Schadensersatzforderungen von Betroffenen gekommen? Antwort: Die Forderungen beliefen sich auf insgesamt 5.857,60 €. 11. Wie verhält sich die Polizei, wenn es zu einer Wohnungsverwechslung gekommen ist? Geht sie auf die Betroffenen zu, wenn ja wie? Bietet sie den Betroffenen Hilfe an und wenn ja wie? Antwort: Die Einsatzkräfte vor Ort erklären die Umstände, entschuldigen sich und veranlassen ggf. die ärztliche Versorgung Betroffener. Nach dem Einsatz erfolgt weiterer Kontakt zu den von der Verwechslung betroffenen Personen, ggf. eine weitere mündliche und/oder schriftliche Entschuldigung sowie Unterbreitung eines Gesprächsangebotes unter Einbeziehung der Vorgesetzten-Ebene. Auf die Möglichkeit, Regressforderungen zu stellen, wird hingewiesen. Die Landespolizei reguliert den materiellen Schaden so schnell wie möglich.