SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/1674 18. Wahlperiode 2014-03-18 Kleine Anfrage der Abgeordneten Anita Klahn (FDP) und Antwort der Landesregierung - Ministerin für Bildung und Wissenschaft Errichtung einer neuen Oberstufe an der Gemeinschaftsschule in Tönning Vorbemerkung der Fragestellerin: Das Bildungsministerium hat der Einrichtung einer weiteren Oberstufe an der Ge- meinschaftsschule in Tönning zugestimmt. In der Fragestunde vom 24. April 2013 hat Bildungsministerin Waltraud Wende erklärt, dass das Bildungsministerium vor der Genehmigung neuer Oberstufen selbstverständlich die jeweiligen Schulentwick- lungspläne der Region hinzuzieht. 1. Der Schulentwicklungsplan des Kreises Nordfriesland sieht die Errichtung neuer Oberstufen an Gemeinschaftsschulen nicht vor. Hat das Bildungsministerium vor der Genehmigung der Oberstufe in Tönning den Schulentwicklungsplan des Kreises Nordfriesland in die Entscheidung miteinbezogen? Antwort: Der Kreis Nordfriesland hat eine Stellungnahme zum Antrag der Stadt Tönning auf Genehmigung einer Oberstufe abgegeben, die bei der Entscheidungsfindung be- rücksichtigt worden ist. Drucksache 18/1674 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 2. Warum hat das Bildungsministerium gegen die regionale Schulentwicklungs- planung entschieden? Antwort: Die Stellungnahme des Kreises Nordfriesland ist im Einzelnen geprüft und bewertet worden. Dabei zeigte sich, dass die vom Kreis vorgebrachten Argumente einer Ge- nehmigung nicht entgegenstehen können. So kann bei realistischer und vorsichtiger Schätzung und unter Berücksichtigung des vom Kreistag angeführte Rückgangs der Schülerzahlen um 28% angenommen werden, dass an der Gemeinschaftsschule Tönning regelmäßig ein nennenswertes Potential von Schülerinnen und Schülern besteht, das in eine Oberstufe wechseln kann. Denn die vom Kreis genannte Prog- nose des Schülerrückgangs bezieht sich auf das gesamte Kreisgebiet und muss nicht automatisch auch für Tönning in dieser Größenordnung gelten. Diese Erwar- tung wird durch die Stellungnahme der Stadt Tönning vom 08.07.2013 noch gestützt, in der darauf hingewiesen wird, dass die Eider-Treene-Schule ihre Schülerzahl trotz des demografischen Wandels bisher habe konstant halten können und dass durch eine eigens eingerichtete Schülerbeförderung die Schule zudem inzwischen auch für Schülerinnen und Schüler aus Norderdithmarschen attraktiv sei. Die tatsächlichen Schülerzahlen bestätigen diese Darstellung der Stadt Tönning, denn allein 18 Schü- lerinnen und Schüler der Gemeinschaftsschule Tönning kommen aus den Dithmar- scher Bereichen Lunden oder Lehe. Die Einrichtung einer Oberstufe wird zudem die Attraktivität der Schule steigern und so eine etwaige Verringerung der Schülerzahl infolge des demografischen Wandels ausgleichen können. Der Kreis Nordfriesland begründete seine ablehnende Stellungnahme zur Genehmi- gung einer Oberstufe in Tönning darüber hinaus damit, dass dadurch der Bestand des Nordsee-Gymnasiums in St.-Peter-Ording akut gefährdet sei. Diese Befürchtung hält aber einer genauen Prüfung nicht stand. Zwar weist das Nordsee-Gymnasium in St. Peter-Ording ein Alleinstellungsmerkmal im Sinne des § 43 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 SchulG auf, denn es ist die einzige Schule mit einer Oberstufe auf der Halbinsel Ei- derstedt. Insgesamt wurde das Nordsee-Gymnasium nach den zum Zeitpunkt der Genehmigung vorliegenden Zahlen des Schuljahres 2012/13 von 717 Schülerinnen und Schülern besucht, in der Sekundarstufe I waren es 557 Schülerinnen und Schü- ler. Bei einem Schülerrückgang von 28% wie ihn der Kreis für sein gesamtes Kreis- Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/1674 3 gebiet annimmt, würde die Schülerzahl auf 516 bzw. 401 junge Menschen sinken. 110 der Schülerinnen und Schüler wohnen im Internat und würden in keinem Fall die Schule wechseln. Nach den dem Bildungsministerium vorliegenden Unterlagen be- suchten im Jahr 2012 verteilt über alle Jahrgangsstufen 111 Schülerinnen und Schü- ler aus Tönning die Nordsee-Schule; dies sind knapp 16% der aktuellen Gesamt- schülerzahl. Es ist zu erwarten, dass etwa die Hälfte dieser Schülerinnen und Schü- ler an der Nordsee-Schule verbleiben wird, weil sie sich für die Schulart Gymnasium entschieden hat und diese Entscheidung nicht in Frage stellt. Dies wird auch In Zu- kunft unverändert so bleiben, weil das Gymnasium eine eigene Schulart mit entspre- chendem Profil darstellt und gerade im Hinblick darauf gewählt wird. Dafür spricht auch, dass es sich hier um ein Gymnasium mit neunjährigem Bildungsgang handelt. Wenn die andere Hälfte der Schülerinnen und Schüler, die in Tönning wohnt und bisher die Nordsee-Schule besucht, an die Gemeinschaftsschule Tönning wechseln wird, dann reduziert sich die Schülerzahl in St. Peter-Ording auf 502. Diese Zahl liegt deutlich über der Mindestgröße von 300, die für die Sekundarstufe I von Gymnasien nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 der Mindestgrößenverordnung gefordert wird. Auch der prog- nostizierte - kreisweite - Rückgang der Schülerzahl um 28% wird absehbar nicht zu einer - bestandgefährdenden - Unterschreitung dieser Mindestgröße führen. Denn wenn sich die Schülerzahl tatsächlich um 28% reduzierte, ergäbe sich immer noch ein Bestand von rund 360 Schülerinnen und Schülern. Dabei ist ferner zu bedenken, dass die Quote der Internatsschülerinnen und -schüler vom demographischen Wan- del weitgehend unbeeinflusst sein dürfte, weil sich diese Gruppe bundesweit rekru- tiert. Es war somit festzustellen, dass die Einrichtung einer Oberstufe an der Ge- meinschaftsschule Tönning die Nordsee-Schule in St.-Peter-Ording nicht in ihrem Bestand gefährden wird. 3. War das Bildungsministerium im Dialog mit dem Kreis Nordfriesland über die Errichtung der Oberstufe in Tönning? Wenn ja, wie konnte der Kreis seine Posi- tion in das Verfahren mit einbringen? Wenn nein, warum nicht? Antwort: Ja. Die Kreisverwaltung hat sich mit Schreiben vom 08.05.2013 zum Antrag der Stadt Tönning geäußert. Per Mail vom 13.12.2013 hat der Landrat des Kreises Nord- friesland dem Bildungsministerium einen Beschluss des Kreistages zur Kenntnis ge- Drucksache 18/1674 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 4 geben, nach dem der Kreis vor einer Entscheidung angehört werden solle. Dieser Aufforderung ist das Bildungsministerium nachgekommen und hat mit Schreiben vom 18.12.2013 an den Landrat den Kreis um Stellungnahme gebeten. Diese Stellung- nahme ist mit Schreiben vom 17.01.2014 im Bildungsministerium eingegangen. 4. Welchen Sinn sieht das Bildungsministerium in den Schulentwicklungsplänen der Kreise, wenn diese in zentralen Fragen durch das Ministerium nicht berück- sichtigt werden? Antwort: Das Bildungsministerium berücksichtigt bei seinen Entscheidungen die Schulentwick- lungspläne der Kreise. 5. Wie sieht die Potenzialanalyse für den Standort Tönning aus? Antwort: Die Antwort ist der Antwort auf Frage 3 der Kleinen Anfrage der Abgeordneten Fran- zen und Jensen zu entnehmen (Drs. 18/1618). 6. Welche Schülerzahlen haben die einzelnen Jahrgänge der Gemeinschaftsschu- le in Tönning? Antwort: Die Antwort ist der Antwort auf Frage 2 der Kleinen Anfrage der Abgeordneten Fran- zen und Jensen zu entnehmen (Drs. 18/1618). 7. Mit welchen Schülerzahlen von umliegenden Schulen rechnet das Bildungsmi- nisterium für die Oberstufe in Tönning? Antwort: Die Antwort ist der Antwort auf Frage 3 der Kleinen Anfrage der Abgeordneten Fran- zen und Jensen zu entnehmen (Drs. 18/1618). Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/1674 5 8. Welche umliegenden Oberstufen sind von der Errichtung der neuen Oberstufe betroffen und wie werden sich die Schülerzahlen an den Oberstufen dieser Schulen entwickeln? Antwort: Die Genehmigung wird voraussichtlich Auswirkungen auf die nächstgelegenen Schu- len mit Oberstufe haben. Dies sind zwei Gymnasien in Husum, die Hermann-Tast- Schule und die Theodor-Storm-Schule, das berufliche Gymnasium in Husum und die Nordsee-Schule in St.-Peter-Ording. Die Annahmen des Bildungsministeriums zur Entwicklung der Schülerzahlen an diesen Schulen ist der Antwort auf Frage 8 der Kleinen Anfrage der Abgeordneten Franzen und Jensen zu entnehmen (Drs. 18/1618). 9. Welche Profile bieten die umliegenden Oberstufen derzeit an? Antwort: Die angebotenen Profile sind der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen. Schule Profile s p ra c h lic h n a tu rw is s e n s c h a ft lic h g e s e lls c h a ft s w is s e n - s c h a ft lic h ä s th e ti s c h E rn ä h ru n g s le h re E le k tr o te c h n ik B e tr ie b s w ir ts c h a ft s le h re V o lk s w ir ts c h a ft s le h re Hermann-Tast- Schule Husum x x x x Theodor-Storm- Schule Husum x x x x Nordseeschule St.-Peter-Ording x x x Berufliches Gymnasium Husum x x x x Drucksache 18/1674 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 6 10. Wie werden sich die Profile der umliegenden Oberstufen entwickeln und müs- sen die umliegenden Oberstufen mit einer Einschränkung ihrer Profilangebote rechnen? Antwort: Die Auswirkungen der Genehmigung einer Oberstufe an der Gemeinschaftsschule Tönning auf die angebotenen Profile umliegender Oberstufen sind noch nicht abzu- sehen, denn die Einrichtung von zukünftigen Profilen wird abhängig sein von den jeweiligen Schülerzahlen und dem Wahlverhalten der Schülerinnen und Schüler.