SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/1741 18. Wahlperiode 14-04-10 Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Patrick Breyer (PIRATEN) und Antwort der Landesregierung - Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie Stillgelegte Bahnstrecken und Haltepunkte in Schleswig-Holstein 1. Welche Bahnstrecken und Haltepunkte für den Personenverkehr in Schleswig- Holstein sind in der Vergangenheit stillgelegt oder sonst außer Betrieb genommen worden? Antwort: In der Vergangenheit sind in Schleswig-Holstein zahlreiche Bahnhöfe und Haltepunkte stillgelegt worden. Die vorliegenden Vorgänge aus den letzten Jahrzehnten zeigen, dass in Schleswig-Holstein seit 1950 bis zur Regionalisierung des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) mindestens rd. 600 km Bahnstrecken und mehr als 200 Bahnhöfe und Haltepunkte stillgelegt wurden. Tabelle von für den SPNV stillgelegten Strecken: Strecke Km Eigentümer oder ehem. Eigentümer Anzahl Halte (ca.) Stilllegung für Personenverkehr in NeumünsterAscheberg 26 DB 4 1985 Eutin-Neustadt 16 DB 4 1982 Tornesch-Uetersen 4 Uetersener Kreis- bahn 3 1965 St. MichaelisdonnMarne -Friedrichskoog 21 Holsteinische Marschbahn-Ges. 10 1954-1961 SchleswigSüderbrarup -Kappeln 37 Verkehrsbetriebe Kreis Schl.-Flensb 15 1972 Strecke Km Eigentümer oder ehem. Eigentümer Anzahl Halte (ca.) Stilllegung für Personenverkehr in Flensburg-Glücksburg 10 Flensburger Kreisbahn 6 1952 Pönitz-Ahrensbök 8 DB 3 1954 Schwarzenbek-TrittauBad Oldesloe 36 DB 12 1976 Wrist-KellinghusenHohenlockstedt -Itzehoe 21 DB 4 1975 Flensburg-Weiche - Lindholm (-Niebüll) 36 DB 8 1981 Malente-Gremsmühlen – Lütjenburg 17 DB 11 1976 Wilster-Brunsbüttel 16 DB 3 1988 Bad Oldesloe– Ratzeburg-Zarrentin 51 DB 18 1959 Kiel-SchönbergSchönberger Strand 24 Seehafen Kiel/AKN/VKP/VVM 6 1981 Verbindungskurve Heiligenhafen 4 DB 1 1976 Hörnum-WesterlandKampen 21 Sylter Verkehrs GmbH 17 1969/70 Lübeck – LübeckSchlutup 15 DB 4 1916 Fehmarnsund – Burg – Orth (Inselbahn Fehmarn ) 20 DB 11 1956/63 SchleswigFriedrichstadt 42 Verkehrsbetriebe Kreis Schl.-Flensb 10 1934 Rendsburg-FockbekErfde -Husum 49 DB 11 1974 HH-BergedorfGeesthacht 13 AKN 7 1952 Ulzburg Süd-Bad Oldesloe 28 EBOE/AKN 8 1973 Travemünde-Niendorf 5 DB 3 1974 Lübeck-Bad Segeberg 29 Lübeck- Segeberger Eisenbahn 11 1964 Husum-Viöl-Flensburg 45 DB 11 1959 Neben den stillgelegten Strecken gibt es an den heute noch betriebenen Bahnstrecken eine große Zahl von Bahnhöfen und Haltepunkten, die nicht mehr bedient werden, da das Fahrgastpotenzial nicht ausreichend ist und/oder der Fahrplan eine entsprechende Bedienung nicht zulässt. So wurden im Zuge der ab 1985 erfolgten Vorstufe des Integralen Taktfahrplans (ITF) und der damit verbundenen Einführung von Regionalschnellbahnen (RSB) viele Bahnhöfe und Haltepunkt stillgelegt (Rahmenvereinbarung zwischen Land, Bundesbahn und Autokraft). Tabelle der stillgelegten Haltepunkte Strecke Anzahl Namen Hamburg-Kiel 3 Siebenecksknöll, Arpsdorf, Meimersdorf Neumünster-Flensburg 10 Aspe, Bokelholm, Osterrönfeld, Büdels- dorf, Alt Duvenstedt, Lottorf, Schuby, Eggebek , Barderup, Holzkrug Elmshorn-Westerland 13 Siethwende, Heiligenstedten, Bekdorf, Vaale, Windbergen, Hemmingstedt, Weddingstedt, Wittenwurth, Husum Nord, Hattstedt, Stedesand, Lindholm, Emmelsbüll Hamburg-Lübeck 2 Lübeck-Niendorf, Lübeck-Genin Lübeck-Puttgarden 9 Ratekau, Hasselburg, Groß Schlamin, Beschendorf, Grüner Hirsch, Göhl, Heringsdorf , Neukirchen, Lütjenbrode, Lübeck-Lübeck-Travemünde 2 Schwartau-Waldhalle, LübeckPöppendorf Lübeck-Lüneburg 6 Lübeck-Blankensee, Pogeez, Güster, Roseburg, Witzeeze, Dalldorf, Lübeck-Kiel 7 Gleschendorf, Ottendorf, Bockholt, Timmdorf, Wahlstorf, Kühren, Kiel-Kroog Kiel-Flensburg 7 Kronshagen (Wiedereröffnung 2014), Neuwittenbek, Altenhof, Lindaunis, Mohrkirch , Winderatt, Maasbüll Kiel-Rendsburg 9 Kiel-Russee (Wiederinbetriebnahme=W 2014), iel-Mettenhof, Melsdorf (W 2014), Flemhude, Achterwehr (W 2014), Bredenbek (W 2014), Kronsburg, Ostenfeld, Schülldorf (W 2014) Jübek-Husum 6 Sollbrück, Ahrenviöl, Ohrstedt, WesterOhrstedt , Schwesing, Rosendahl Bad Oldesloe-Neumünster 3 Poggensee, Rickling-Ölweiche, Kleinkummerfeld Neumünster-Heide-Büsum 4 Weddinghusen, Dellweg, Haferwisch, Osterhof Husum – Bad St. PeterOrding 3 Platenhörn, Büttel, Heisternest HH-Eidelstedt – Kaltenkirchen – Neumünster 2 Elsensee, Gut Gayen Elmshorn – Henstedt-Ulzburg 1 Hoffnung Seit der Regionalisierung des SPNV 1995 wurden lediglich im Jahr 2000 die Stationen Osterhof und Haferwisch in Dithmarschen geschlossen. Diese mussten geschlossen werden, da ansonsten kein Stundentakt zwischen Heide und Büsum durchführbar gewesen wäre. 2. Wie viele Streckenkilometer und welche der genannten Bahnstrecken sind noch als solche gewidmet? Antwort: Die Mehrzahl der genannten Strecken wurde in den Jahren bis 1990 vor der Bahnreform stillgelegt. Stilllegungen und Entwidmungen waren damals weit weniger formalisiert, z.T. wurden aber auch keine Entwidmungsverfahren durchgeführt . Daher ist es nicht auszuschließen, dass auch Strecken, die seit Jahrzehnten stillgelegt sind, noch gewidmet sind. Mit dem Infrastruktursicherungsvertrag, der im Jahr 2000 zum ersten Mal mit der DB AG geschlossen wurde, hat das Land versucht, Entwidmungen bestimmter Strecken zu vermeiden. Davon betroffen waren Strecken, deren Reaktivierung für den SPNV langfristig in Erwägung gezogen wurde:  Itzehoe-Edendorf und Hohenlockstedt-Kellinghusen-Wrist,  Ratzeburg-Hollenbek (-Zarrentin),  Neumünster-Ascheberg,  Flensburg Weiche-Flensburg Alter Bf,  Flensburg Weiche-Lindholm (-Niebüll) und  Burg West-Burg Bahnhof. Im Infrastruktursicherungsvertrag waren auch die Strecken Wilster-Brunsbüttel und St.Michelisdonn-Brunsbüttel Condea enthalten, die lediglich im Güterverkehr noch betrieben wurden. 2007 wurde der Vertrag fortgeschrieben. Dabei entfielen die Strecken ItzehoeEdendorf , Hohenlockstedt-Kellinghusen, da hier kein verkehrlicher Bedarf gesehen wurde. Die Strecke Neumünster-Ascheberg wurde auf Betreiben der DB Netz AG aus dem Vertrag genommen (derzeit wird aber darüber verhandelt, sie in den erneut fortzuschreibenden Infrastruktursicherungsvertrag wieder aufzunehmen ). 2010 wurde die Bahnstrecke Burg West-Burg Bahnhof wieder in Betrieb genommen. Der Anschluss-Infrastruktursicherungsvertrag wird derzeit mit der DB AG verhandelt. 3. Welche der in der Antwort auf Frage 1. genannten Bahnstrecken und Haltepunk- te scheiden für eine Reaktivierung aus wegen a) geringen Verkehrspotenzials, b) abseits von Siedlungsschwerpunkten belegener Haltestellen, c) von der Streckenführung abweichender Verkehrsströme, d) nicht ersetzbaren Busverkehrs, e) zu hoher Investitionskosten oder f) Nichtherstellbarkeit der Einbindung in das SPNV-Netz? Antwort: Neben den im Infrastruktursicherungsvertrag enthaltenen Strecken sind derzeit nur noch die Strecken Kiel-Schönberger Strand, Rendsburg-Fockbek, TorneschUetersen und Bergedorf-Geesthacht für eine Reaktivierung grundsätzlich geeignet . 4. Welche stillgelegten oder derzeit nicht genutzten Strecken eignen sich dazu, Gü- ter- und Personenverkehr aus hochbelasteten Verbindungen aufzunehmen und damit die Stabilität der Fahrplantakte zu verbessern? Antwort: Es gibt in Schleswig-Holstein keine stillgelegten Strecken, die sinnvollerweise eine Entlastungsfunktion für hochbelastete Strecken übernehmen könnten. 5. Niedersachsen ermittelt zurzeit in einem transparenten dreistufigen Verfahren unter Einbeziehung aller Beteiligten (Kommunen, Verkehrswirtschaft, Umweltverbände , Fahrgastverbände, Aufgabenträger, Landtagsfraktionen), welche stillgelegten Schienenstrecken des Personennahverkehrs reaktiviert werden sollen und mit welcher Priorität dies finanziert werden soll (Drucksache 17/807 LT Nds.). a) Kommt für die Landesregierung eine vergleichbar angelegte, systematische Prüfung für Schleswig-Holstein in Betracht? Wenn nein, warum nicht? b) Gibt es in Schleswig-Holstein festgelegte, objektive und mit den Beteiligten abgestimmte Ausschlusskriterien für eine Reaktivierung? Wenn ja, wie lauten diese? Wenn nein, warum nicht? c) Gibt es in Schleswig-Holstein festgelegte, objektive und mit den Beteiligten abgestimmte Kriterien für die Priorisierung konkurrierender Vorhaben? Wenn ja, wie lauten diese? Wenn nein, warum nicht? Antwort zu 5a): Mit Blick auf die nur begrenzt zur Verfügung stehenden Regionalisierungsmittel ist ein entsprechendes Verfahren derzeit nicht geplant. Bereits bei der Erstellung des Ersten Landesweiten Nahverkehrsplan für den SPNV 1997-2002 hat die Landesweite Verkehrsservicegesellschaft Schleswig-Holstein (LVS) in enger Abstimmung mit dem Land eine überschlägige Betrachtung und Bewertung von über 30 Bahnstrecken durchgeführt, die theoretisch für eine Reaktivierung in Frage kommen könnten. Dabei wurde der Nutzen den zu erwartenden Kosten gegenübergestellt. Für 6 Strecken wurden Sonderuntersuchungen empfohlen (Bergedorf-Geesthacht, Uetersen-Tornesch, Neumünster-Bad Segeberg, KielSchönberger Strand, Niebüll-Flensburg, Anbindung Flensburg ZOB), für weitere 7 Strecken (Itzehoe-Wrist, Neumünster-Ascheberg, Süderbrarup-Kappeln, Brunsbüttel-Wilster, Brunsbüttel-St. Michaelisdonn, Ratzeburg-Zarrentin, NiebüllTondern ) wurde eine Reaktivierung als „optional“ bewertet. Antwort zu 5b) Es gibt keine festgelegten, objektiven und abgestimmten Kriterien. Allerdings wird bei jeder Maßnahme das Verhältnis von Kosten und Nutzen ermittelt . Bei negativem Wert wird die Reaktivierung nicht weiter verfolgt. Außerdem sind die Entscheidungen auf kommunaler Ebene und die finanziellen Rahmenbedingungen ausschlaggebend. Antwort zu 5c): Bei der Priorisierung der Vorhaben versuchen Land, LVS und Aufgabenträger eine pragmatische Lösung zu finden, die finanzielle Spielräume, verkehrswirtschaftliche Aspekte und auch lokale Gegebenheiten vereinbart. Ziel ist es dabei immer, mehr Fahrgäste auf die Schiene zu bringen, die Auslastung des Gesamtnetzes zu verbessern und die Effizienz des SPNV zu steigern. 6. Welche stillgelegten Bahnstrecken genießen aufgrund Vertrags oder sonst Bestandsschutz ? Siehe Antworten zu Frage 2. 7. Nach welchen Kriterien wird entschieden, ob eine Strecke "langfristig siche- rungswürdig" ist oder nicht? Sind diese Kriterien mit Vertretern der Kommunen, der Verkehrswirtschaft, der Umwelt- und Fahrgastverbände, der Aufgabenträger des Schienenpersonennahverkehrs sowie den verkehrspolitischen Sprechern der im Landtag vertretenen Fraktionen abgesprochen worden? Antwort: Siehe Antworten zu Frage 5 . Zusätzlich ist aber zu beachten, dass die Aufnahme in einen Infrastruktursicherungsvertrag ein Mitwirken des jeweiligen Eisenbahninfrastrukturunternehmens (i.d.R. DB Netz) erfordert. Der zurzeit in der Abstimmung befindliche Trassensicherungsvertrag wird gem. § 23 Absatz 5 des Haushaltsgesetzes 2014 vor Unterzeichnung dem Finanzausschuss zur Einwilligung vorgelegt.