SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/1769 18. Wahlperiode 2014-04-11 Kleine Anfrage der Abgeordneten Angelika Beer (PIRATEN) und Antwort der Landesregierung - Innenminister Aufnahme syrischer Flüchtlinge in Schleswig-Holstein Vorbemerkung: Im Bericht der Landesregierung zur Wohnraumversorgung für Flüchtlinge , 18/1543, führt die Landesregierung aus, dass Schleswig-Holstein von insgesamt 10.000 syrischen Flüchtlingen, die auf der Grundlage der Anordnungen des Bundesministeriums des Inneren vom 30.05. und 23.12.2013 gemäß dem Königsteiner Schlüssel 336 Personen aufzunehmen hat. Der Innenminister des Landes Schleswig-Holstein wurde damit zitiert, dass die Anzahl der eingegangenen Anträge weit über diesem Schlüssel liegt und er vom Bund erwartet, dass weitere syrische Flüchtlinge nach Deutschland kommen können. Selbst nach zurückhaltenden Schätzungen forderte der syrische Bürgerkrieg bislang bereits über 130.000 Opfer. Gleichzeitig berichten die Vereinten Nationen, dass mit über 9 Millionen mittlerweile nahezu die Hälfte der syrischen Bevölkerung inner- und außerhalb des Landes auf der Flucht sei – die Hälfte davon offenbar Kinder. Vorbemerkung der Landesregierung: Das Bundesministerium des Innern (BMI) hat bisher zwei Aufnahmeregelungen für insgesamt 10.000 syrische Schutzbedürftige aus Syrien und den Anrainerstaaten Syriens sowie Ägypten erlassen. Über die erste Bundesaufnahmeregelung vom 30.05.2013 für 5.000 Personen erhält Schleswig-Holstein nach Anwendung des Königsteiner Schlüssels ein Aufnahmekontingent von 168 Personen. Am 23.12.2013 erlässt das BMI eine zweite Bundesaufnahmeregelung für weitere 5.000 Personen, die vor dem Bürgerkrieg in Syrien auf der Flucht sind. Anders als bei der ersten Aufnahmeregelung müssen Aufnahmevorschläge vom UNHCR, von den Bundesländern oder in besonderen Fällen vom Auswärtigen Amt oder vom BMI Drucksache 18/1769 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode gemacht werden. Die Verteilung auf die Länder erfolgt nach dem Königsteiner Schlüssel auf der Basis von 3.500 Personen. Schleswig-Holstein erhält danach ein Landeskontingent von 118 Personen. Insgesamt nimmt Schleswig-Holstein über die beiden Bundesaufnahmeregelungen 286 syrische Schutzbedürftige auf. 1. Wie viel Anträge wurden insgesamt in Schleswig-Holstein auf der Grundlage der Anordnung vom 30.06.2013 gestellt? a) Wie viele der Anträge wurden positiv beschieden, wie viele negativ? Antwort: Soweit hier die in der Vorbemerkung erwähnte Anordnung des BMI vom 30.05.2013 gemeint ist, lässt sich wie folgt antworten: Die erste Bundesaufnahmeregelung vom 30.05.2013 sieht eine Antragstellung von betroffenen syrischen Flüchtlingen in Schleswig-Holstein nicht vor. Aufnahmeinteressierte Personen mussten sich im Libanon beim UNHCR oder bei Caritas Libanon registrieren lassen und um einen Platz in dem Aufnahmeprogramm bewerben. UNHCR traf dann eine Vorauswahl und unterbreitete dem BMI entsprechende Vorschläge, über die das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zu entscheiden hatte. Danach folgte die Zuweisung ausgewählter Personen nach SchleswigHolstein . b) Wurde der Erlass des Innenministers Schleswig-Holsteins, wonach die Angehörigen auch eine Garantie für die Übernahme der Krankenkosten der Angehörigen, geändert? Wenn ja, wann und mit welchem Wortlaut? Antwort: Der Erlass des Innenministers Schleswig-Holstein vom 28.08.2013 zur Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 23 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz für syrische Flüchtlinge, die eine Aufnahme durch ihre in SchleswigHolstein lebenden Verwandten beantragen, war zunächst befristet bis zum 28. Februar 2014. Mit Erlass vom 25. Februar 2014 wurde diese Regelung bis zum 30. September 2014 verlängert. c) Welchen aufenthaltsrechtlichen Status haben jene aus Syrien stammenden Flüchtlinge, die negativ beschieden wurden? Antwort: Soweit hier aus Syrien stammende Asyl- oder Schutzsuchende angesprochen sind, erhalten die Betroffenen nach einer bestands- bzw. rechtskräftigen negativen Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) eine Duldung nach § 60a Aufenthaltsgesetz. Für vollziehbar ausreisepflichtige syrische Staatsangehörige gilt derzeit ein Abschiebungsstopp gemäß § 60a Abs. 1 Aufenthaltsgesetz. d) Sieht der Innenminister des Landes Schleswig-Holstein eine Verlängerung des derzeitigen Abschiebstopps nach Syrien bzw. angrenzenden Ländern zu Syrien vor? Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/1769 Antwort: Die Abschiebungsstoppregelung ist mit Erlass des schleswigholsteinischen Innenministeriums vom 31. März 2014 bis zum 30. September 2014 verlängert worden. 2. Wie viele Anträge auf Familienzusammenführung wurden in Schleswig- Holstein auf der Grundlage des Erlasses vom 23.12.2013 gestellt? a) Wie viele bereits hier lebende aus Syrien stammende Menschen haben Anträge auf Zusammenführung gestellt? Antwort: Diese Daten sind statistisch nicht erfasst worden. b) Für wie viele Personen aus Syrien bzw. angrenzenden Ländern wurden demnach insgesamt gestellt? Antwort: Bis zur festgesetzten Vorlagefrist am 31.01.2014 wurden bei den schleswig -holsteinischen Ausländerbehörden für insgesamt 3.511 schutzbedürftige Personen aus Syrien und den Anrainerstaaten Syriens sowie Ägypten Aufnahmeanträge eingereicht. c) Wie viele der Anträge wurden bearbeitet, wie viele wurden für wie viele Personen positiv entschieden? Antwort: Nach entsprechender Vorlage beim Innenministerium Schleswig-Holstein wurden alle Aufnahmeanträge gelistet und registriert sowie für das von Schleswig-Holstein vorgesehene Auswahlverfahren vorbereitet. Die abschließende Auswahl musste auf das für Schleswig-Holstein nach dem Königsteiner Schlüssel festgelegte Kontingent von 118 Personen beschränkt werden. d) Wie viele Anträge wurden positiv bewertet und als solches an das Bundesministerium weitergeleitet? Antwort: Schleswig-Holstein hat entsprechend des Aufnahmekontingents insgesamt 57 Aufnahmevorschläge für 118 Personen an das BAMF geleitet. e) Nach welchen Kriterien wurden die Anträge auf Familienzusammenführung in SH entschieden? Hat die Einkommenssituation der bereits hier Lebenden eine Rolle Gespielt? Antwort: Schleswig-Holstein hat sich für ein individuelles Auswahlverfahren entschieden . Für die Auswahl wurden die in der Aufnahmeanordnung des BMI vom 23.12.2013 vorgegebenen Auswahlkriterien zu Grunde gelegt, wobei humanitäre Aspekte schwerpunktmäßig gewichtet wurden. Drucksache 18/1769 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Die Bereitschaft der hier lebenden Bezugspersonen zur Übernahme eines gewissen Kostenbeitrags für die Unterbringung und zur Lebensunterhaltssicherung ihrer syrischen Verwandten gehörte zu den besonderen Erteilungskriterien der Bundesaufnahmeanordnung und wurde entsprechend berücksichtigt. Die Höhe bzw. Form der Kostenbeteiligung war bei der Auswahl aber unerheblich. f) Wie viele der an das BMI weitergeleitete Empfehlungen wurden dort 1. positiv 2. negativ entschieden? Antwort: Die Auswahlvorschläge des Landes wurden nicht an das BMI, sondern wie verfahrensmäßig vorgegeben an das BAMF geleitet. Aktuell läuft das weitere Prüf- und Bearbeitungsverfahren des BAMF für die schleswigholsteinischen Fälle; es ist jedoch noch nicht abgeschlossen. g) Wie viele der positiven Entscheidungen habe bis zum heutigen Tag zum tatsächlichen Familienzusammenzug geführt? (bitte aufschlüsseln nach Anzahl der Entscheidungen und Anzahl der betroffenen Personen) Antwort: Das Prüfverfahren des BAMF zur Aufnahme syrischer Schutzbedürftiger nach dem zweiten Bundesaufnahmekontingent ist noch nicht abgeschlossen (siehe auch Antwort zu Frage 2 f). Tatsächliche Einreisen nach Schleswig-Holstein hat es dementsprechend über das zweite Bundesaufnahmekontingent noch nicht gegeben. 3. Mit der Ankunft wie vieler syrischer Flüchtlinge rechnet die Landesregierung aktuell bis wann? Antwort: Zu dieser Frage sind belastbare Aussagen nicht möglich. Konkret festgelegte Aufnahmezahlen bestehen nur bei den beiden Bundesaufnahmeregelungen für syrische Schutzbedürftige vom 30.05.2013 und 23.12.2013. Danach wird Schleswig-Holstein insgesamt 286 Personen aufnehmen . Die Landesaufnahmeregelung für syrische Schutzbedürftige vom 28.08.2013, die eine Aufnahme durch ihre in Schleswig-Holstein lebenden Verwandten beantragen, ist zahlenmäßig nicht begrenzt. Die Frist zur Antragstellung läuft noch bis zum 30. September 2014. Unter Berücksichtigung der bisher bei den schleswig-holsteinischen Ausländerbehörden eingegangenen Anträge ist mit einer Aufnahme von deutlich über 120 Personen zu rechnen. Da sich sowohl die beiden Bundesaufnahmeregelungen als auch die Aufnahmeregelung des Landes Schleswig-Holstein für syrische Familienangehörige noch im laufenden Prozess befinden, lassen sich konkrete Einreisetermine nicht vorhersagen. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/1769 Soweit es sich um Einreisen von syrischen Personen handelt, die außerhalb geregelter Aufnahmeaktionen unmittelbar ins Asylverfahren gehen, sind Einreisezahlen nicht kalkulierbar. 4. Welchen rechtlichen und organisatorischen Spielraum sieht die Landesregierung dabei für eine Überschreitung der Kontingente Schleswig-Holsteins nach dem Königssteiner Schlüssel? Antwort: Die Landesregierung sieht keinen rechtlichen und organisatorischen Spielraum zur Überschreitung des nach dem Königsteiner Schlüssel festgelegten Aufnahmekontingents aus beiden Bundesaufnahmekontingenten. Nach Information des BAMF haben alle Länder ihr Aufnahmekontingent umfänglich ausgeschöpft. 5. In wie vielen Fällen fand bislang eine medizinische Notverbringung direkt aus dem Krisengebiet und Anrainern in schleswig-holsteinische medizinische Einrichtungen statt? Antwort: Eine medizinische Notverbringung war bislang in keinem Fall notwendig. 6. Wie werden die Flüchtlinge versorgt? Welche über die übliche sozialrechtliche Versorgung hinausgehende individuelle medizinische, psychologische und informationstechnologische Versorgung erhalten sie? Welche Einrichtungen bzw. Organisationen führen diese Versorgung aus (bitte soweit möglich nach Trägern und Versorgungsart aufschlüsseln)? Antwort: Syrische Flüchtlinge, die auf der Grundlage der Anordnungen des Bundesministeriums des Innern vom 30.05.2013 und 23.12.2013 nach Deutschland einreisen , werden in der Regel Ansprüche nach dem SGB II und XII sowie auf Krankenversicherungsschutz gegenüber den zuständigen Leistungsträgern haben. Über eine darüber hinausgehende Versorgung hat die Landesregierung keine Erkenntnisse.