SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/1800 18. Wahlperiode 2014-04-24 Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Patrick Breyer und Uli König (PIRATEN) und Antwort der Landesregierung - Innenminister Datenspeicherung und Datenzugriff des Verfassungsschutzes Vorbemerkung: Der Innenminister Nordrhein-Westfalens hat auf eine kleine Anfrage öffentlich mitgeteilt , in der Amtsdatei des Verfassungsschutzes NRW seien 532.685 Personen eingetragen , in der Verbundsdatei NADIS NRW 268.778 Personen. http://www.piratenfraktion-nrw.de/wp-content/uploads/2014/03/AntwortLandesregierung -Umfang-der-Sammlungen-beim-NRW-Verfassungsschutz.pdf Vor diesem Hintergrund wird davon ausgegangen, dass der Verfassungsschutz auch hierzulande solche statistischen Angaben offen legen kann. 1. Auf welche schleswig-holsteinischen, bundesweiten, europaweiten Datenbanken , Projektdateien und sonstige Register hat der Schleswig-Holsteinische Verfassungsschutz Zugriff? Es wird jeweils um eine kurze Darstellung des Zwecks, der dort verfügbaren Daten sowie der Rechtsgrundlage gebeten. Antwort: Der Verfassungsschutz Schleswig-Holstein beteiligt sich am „Nachrichtendienstlichen Informationssystem und Wissensnetz“ (NADIS WN), einer gemeinsamen Verbunddatei der Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern und bildet dort auch die von der Behörde erhobenen Daten ab. Des Weiteren ist der Verfassungsschutz Schleswig-Holstein an der Antiterrordatei (ATD) sowie an der Rechtsextremismusdatei (RED) beteiligt, die die Erkenntnisse der Polizeien und der Nachrichtendienste des Bundes und der Länder vernetzt. Darüber hinaus verfügt der Verfassungsschutz SchleswigHolstein über die Möglichkeit, im Rahmen entsprechender fachgesetzlicher Regelungen im Einzelfall auf verschiedene Datenbanken zuzugreifen, z. B. Drucksache 18/1800 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode auf das Zentrale Fahrzeugregister (ZFZR) beim Kraftfahrtbundesamt (KBA), auf die Melderegisterauskunft der einzelnen Meldebehörden (S-H) über das Verwaltungsportal (Schleswig-Holstein-Service) und das Nationale Waffenregister (NWR) beim Bundesverwaltungsamt (BVA). Ebenfalls kann der Verfassungsschutz – wie jeder Private auch – gebührenpflichtige gewerbliche Auskunftsregister in Anspruch nehmen. Die Nutzung der genannten Dateien bzw. Datenbanken dient der Erfüllung der dem Verfassungsschutz Schleswig-Holstein durch das Landesverfassungsschutzgesetz (LVerfSchG) übertragenen Aufgaben. Soweit der Verfassungsschutz Schleswig-Holstein auf personenbezogene Daten in NADIS WN zugreift, erfolgt dies zum einen in Erfüllung der ihm nach § 5 Abs. 1 LVerfSchG SH übertragenen Aufgaben wie etwa die Beobachtung von gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Bestrebungen. Rechtsgrundlage hierfür bilden die §§ 8 Abs. 1 und 11 ff. LVerfSchG. Zum anderen erfolgen die Zugriffe in der weit überwiegenden Anzahl der Fälle in Wahrnehmung seiner Aufgaben in Mitwirkungsangelegenheiten gemäß § 5 Abs. 2 LVerfSchG. Hierbei handelt es sich um die Mitwirkung bei spezialgesetzlich vorgesehenen Sicherheitsüberprüfungen nach dem Landessicherheitsüberprüfungsgesetz (LSÜG) sowie Zuverlässigkeitsüberprüfungen nach spezialgesetzlichen Vorschriften anderer Fachgesetze wie z.B. Luftsicherheitsgesetz (LuftSiG), Atomgesetz (AtomG), Sprengstoffgesetz (SprengstoffG) oder Hafensicherheitsgesetz (HafenSiG) sowie im Rahmen von Beteiligungsverfahren nach Aufenthaltsgesetz (AufenthaltsG) oder Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG). Das NADIS WN ist das zentrale Hinweis- und Verbundsystem der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder für Personen und Objekte. Rechtsgrundlage sind §17 LVerfSchG und § 6 Bundesverfassungsschutzgesetz (BVerfSchG). Die Beteiligung an den Fachdateien wird durch die jeweiligen gesetzlichen Grundlagen vorgegeben (z. B. durch das Antiterrordateigesetz (ATDG) und das Rechtsextremismusdateigesetz (REDG). 2. Auf wie viele Datensätze wie vieler Personen hat der Verfassungsschutz bei den in Frage 1 genannten Datenbanken, Projektdateien und sonstigen Registern jeweils Zugriff? Antwort: Die Verfassungsschutzbehörde Schleswig-Holstein hat im Wege der sogenannten Behördensicht auf alle Daten Zugriff, die sie selbst in NADIS WN eingestellt hat. Eigene Speicherungen nimmt der Verfassungsschutz SchleswigHolstein in der Verbunddatei NADIS WN sowie in der ATD und in der RED vor. Mit Stichtag am 6. Januar 2014 sind in NADIS WN 23.096 Personen, davon sind 2.982 Personen mit Extremismusbezug, im Rahmen der Aufgabenerfüllung nach § 5 Abs. 1 LVerfSchG gespeichert. Von diesen 2.982 Personen sind gleichzeitig 25 Personen in der ATD und 229 Personen in der RED gespeichert . ATD und RED stellen insoweit Teilmengen von NADIS WN dar. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/1800 Somit erfolgen knapp über 20.000 Speicherungen von Personen aufgrund von gesetzlich verpflichtenden Mitwirkungsaufgaben nach § 5 Abs. 2 LVerfSchG. Soweit die sehr engen gesetzlichen Voraussetzungen (z. B. Terrorismusverdacht bei der ATD bzw. Gewaltbereitschaft bei der RED) vorliegen, werden Personen, die in die Verbunddatei NADIS WN erfasst sind, zusätzlich in der ATD bzw. in der RED gespeichert, um die Informationen auch den beteiligten Polizeibehörden und den Nachrichtendiensten des Bundes zur Verfügung zu stellen. Soweit NADIS WN, ATD und RED als Verbunddateien genutzt werden, hat der Verfassungsschutz Schleswig-Holstein grundsätzlich Zugriff auf alle Daten , die zum Auffinden von Akten und zur Identifizierung von Personen nach § 6 Satz 2 BVerfSchG gespeichert sind. Auf darüber hinausgehende Daten hat die Verfassungsschutzbehörde des Landes Schleswig-Holstein nur Zugriff, sofern es sich um solche nach § 6 Satz 8 BVerfSchG handelt. Also insbesondere solche Daten mit Bezug zu rechtsextremistischen Bestrebungen oder Bestrebungen, die darauf gerichtet sind, Gewalt anzuwenden. Da es sich um Verbunddateien handelt, ist die Gesamtzahl der in NADIS WN, ATD und RED vorhandenen Datensätze der Landesregierung nicht bekannt. 3. Wie viele Datensätze über wie viele Personen hat der Verfassungsschutz in die Dateien in den Jahren 2011 bis 2013 jeweils selbst eingetragen? Antwort: Datei / Jahr 2011 2012 2013 GDS/NADIS WN 843 12.251* 2.137 ATD 1 2 0 RED --- 164 65 * Aufgrund eines Migrationsdienstes in der Verbunddatei der Bestandsdaten von der Vorgängerdatei des NADIS WN, dem Generischen Dateiensystem (GDS) auf das NADIS WN, weicht die ausgewiesene Zahl erheblich von der tatsächlichen Zahl der Erstspeicherungen ab. D.h. es handelt sich überwiegend um die Migration der Altdatenbestände. Die tatsächliche Zahl der Erstspeicherungen lässt sich für das Jahr 2012 nicht ausweisen. 4. Wie viele Datensätze wurden im vergangenen Jahr aus den Datenbanken ge- löscht? Antwort: Löschstatistiken werden nicht geführt. Aufgrund des Löschmoratoriums im Zusammenhang mit dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum NSU sind aus NADIS WN im Bereich Rechtsextremismus im vergangenen Jahr keine Löschungen durchgeführt worden. Drucksache 18/1800 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 5. Wie viele Datensätze wurden im vergangenen Jahr an andere Behörden weitergegeben ? Antwort: Datensätze werden in der Verbunddatei NADIS WN gespeichert und können bei Bedarf von anderen Verbundbehörden unter den Voraussetzungen des § 6 BVerfSchG abgerufen werden (vgl. auch Antwort zu Frage 2.). 6. Werden Datensätze an ausländische Geheimdienste im Rahmen von Daten- austauschabkommen weitergegeben? Antwort: Nein.