SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/1829 18. Wahlperiode 2014-05-06 Kleine Anfrage des Abgeordneten Jens-Christian Magnussen (CDU) und Antwort der Landesregierung – Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Radioaktiver Abfall am Standort des Kernkraftwerks in Brunsbüttel (KKB) 1. Welche Arten von radioaktiven Abfällen lagern in den Kavernen im KKB und stammen diese ausschließlich aus der Anlage bzw. ihrem Betrieb? In den Kavernen des KKB lagern schwach- und mittelradioaktive Abfälle. Es sind Fässer mit sogenannten Verdampferkonzentraten und Filterkonzentraten aus dem KKB. Außerdem befinden sich darin bereits in früheren Jahren aus- gebaute aktivierte Komponenten aus der Reaktoranlage. Hinzu kommen Fäs- ser mit einbetonierten Aschen aus der Anlage Mol (Belgien). 2. Um welche Mengen handelt es sich bei den Abfällen in den Kavernen? In den Kavernen lagern zurzeit 631 Fässer und die o.g. Komponenten aus der Reaktoranlage. 3. Angesichts der Meldungen über korrodierte Fässer in den Kavernen, in denen radioaktive Abfälle gelagert werden: Geht von diesen Abfällen an ihrem der- zeitigen Lagerort eine Gefahr für die Umgebung des KKB oder das Personal im Kraftwerk aus? Nein, von diesen Abfällen in den Kavernen geht keine Gefahr für die Umge- bung und das Personal aus. Drucksache 18/1829 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 4. Wie wird sichergestellt, dass keine Radioaktivität aus den Kavernen in die Umgebung der Anlage entweichen kann? Neben der Abdichtung (Versiegelung) der mit Abdeckriegeln verschlossenen Kavernen wird jederzeit über den Gebäudeabschluss, die gerichtete Luftströ- mung und die Unterdruckhaltung im Feststofflager, in dem sich die Kavernen befinden, sichergestellt, dass genügend Barrieren zur Zurückhaltung der Ra- dioaktivität gegenüber der Umgebung vorgehalten werden. Unmittelbar an den Kavernen wird die Raumluft mit mobilen Aerosolmonitoren permanent über- wacht. 5. Sollte aus Sicht der Landesregierung die zu Jahresbeginn 2014 gestartete In- spektion aller Kavernen am KKB nach der Untersuchung der ersten Kaverne und den festgestellten Ergebnissen erst einmal weiter fortgesetzt oder sollten zunächst korrodierte Behältnisse aus der ersten untersuchten Kaverne ent- fernt und neu verpackt werden? (Auffassung bitte begründen.) Die Inspektion aller Kavernen am KKB wird weiter fortgesetzt. Die Neuverpa- ckung der in den Kavernen gelagerten Filterkonzentrate und die Umverpa- ckung der Verdampferkonzentrate soll in sog. konradgängige Abfallcontainer erfolgen. Das Umfüllen der Filterkonzentrate aus den Fässern und das Einstel- len der Verdampferkonzentratfässer in die Abfallcontainer wird im Rahmen sog. Abfallkampagnen abgewickelt. Die Endlagerungsbedingungen des Bun- desendlagers Schacht Konrad müssen eingehalten werden. Um für alle im KKB vorhandenen Abfallfässer eine optimale Umkonditionierung zu gewähr- leisten, sind alle Fässer in diese Planung einzubeziehen. Die Anzahl von 70 Fässern aus der bislang untersuchten Kaverne IV ist nicht ausreichend. Inso- weit sind die Inspektionen an den Kavernen I bis III abzuschließen und aus- zuwerten, um für die erforderlichen Abfallkampagnen eine optimale Zusam- menstellung (Masse, Aktivität, Nuklidspektrum usw.) an Fässern zu erhalten. 6. Wie soll mit den radioaktiven Abfällen aus den Kavernen allgemein im Rah- men des Abbaus des KKB weiter verfahren werden? Die in den Kavernen lagernden radioaktiven Abfälle und aktivierten Kompo- nenten werden endlagerfähig konditioniert. Bis zur Inbetriebnahme eines Bun- desendlagers werden die endlagerfähigen Gebinde am Standort KKB zwi- schengelagert. 7. Was wäre aus Sicht der Landesregierung unter dem Gesichtspunkt der Mini- mierung möglicher Risiken beim Umgang mit radioaktiven Stoffen und der Strahlenbelastung die bessere Alternative als nächster Schritt: Eine gesicherte Endlagerung der Abfälle in einem Bundesendlager oder das nochmalige Neu- Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/1829 3 verpacken und ggf. Umlagern der Abfälle auf dem KKB-Gelände? Es gibt hier keine Alternative. Die in den Kavernen befindlichen radioaktiven Abfälle sind im derzeitigen Zustand noch nicht endlagergerecht konditioniert. Vor dem Einbringen in ein Bundesendlager ist die endlagergerechte Konditio- nierung durchzuführen und im Rahmen der Produktkontrolle zu bestätigen. Das Neuverpacken und Umlagern ist diese endlagergerechte Konditionie- rung. Diese Konditionierung erfordert, dass die Gebinde noch im KKB ge- handhabt werden müssen. Dies geschieht immer unter dem Aspekt des Strah- lenminimierungsgebots und unter ständiger Aufsicht und Überwachung des Strahlenschutzes. 8. Hält die Landesregierung an ihrer Absicht fest, eine Lagerung von radioakti- ven Abfällen aus der Wiederaufarbeitung im Ausland (Großbritannien) auf dem Gelände des KKB oder im Standortzwischenlager Brunsbüttel (SZB) zu ermöglichen? Wie ist der aktuelle Stand der Gespräche hierzu mit dem Bund und den anderen Bundesländern? Für die Landesregierung gilt die Beschlussfassung des Landtags vom 24.04.2013. Auf Bundesebene gab es auf Einladung von Staatssekretär Flas- barth (BMUB) zwischenzeitlich zwei Gesprächsrunden mit den zuständigen Energieministern und eine Runde der Abteilungsleiter. Dabei wurden ver- schiedene Kriterien erörtert, die Hinweise auf geeignete Zwischenlagerstand- orte geben sollten. Diese haben offenbar bislang nicht dazu geführt, dass ein weiteres Land seine Bereitschaft erklärte, Castoren aufzunehmen.. 9. Ab wann wäre frühestens mit der Einlagerung solcher radioaktiver Abfälle aus der Wiederaufarbeitung im Ausland (Großbritannien) in Brunsbüttel zu rech- nen? Belastbare Informationen zu dieser Frage liegen der Landesregierung derzeit noch nicht vor. 10. Welche rechtlichen Voraussetzungen wären durch wen in welcher Abfolge zu schaffen, um eine Einlagerung radioaktiver Abfälle aus der Wiederaufarbei- tung im Ausland (Großbritannien) in Brunsbüttel zu ermöglichen? Welche wei- teren praktischen Voraussetzungen wären außerdem durch wen und in wel- cher Abfolge umzusetzen? Notwendige rechtliche Voraussetzung wäre - auf entsprechenden Antrag der Betreiberin des Lagers - eine Genehmigung im Sinne des § 6 AtG, radioaktive Abfälle aus der Wiederaufarbeitung in das Standortzwischenlager Brunsbüttel einlagern zu dürfen. Diese Genehmigung könnte auf der bereits bestehenden Drucksache 18/1829 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 4 Genehmigung aufbauen. Zuständige Genehmigungsbehörde ist das Bundes- amt für Strahlenschutz (BfS). Beim Standortzwischenlager Brunsbüttel kommt allerdings die Besonderheit hinzu, dass das OVG Schleswig mit Urteil vom 19.06.2013 die Genehmigung zur Einlagerung von radioaktiven Abfällen in das Lager aufgehoben hat. Der- zeit entscheidet das BVerwG über die Beschwerden des BfS und der beigela- denen Betreiberin gegen die Nichtzulassung der Revision. Sofern das Urteil Rechtskraft erlangt, bedürfte es einer vollständigen neuen Genehmigung des Lagers. Darüber hinaus liegen derzeit noch keine Genehmigungen der Bun- desanstalt für Materialforschung (BAM) bzw. des BfS zur Nutzung von CAS- TOR-Behältern für den Transport und die Lagerung der radioaktiven Abfälle aus der Wiederaufarbeitung vor. Hinzu kommt, dass auch der Transport aus der Wiederaufarbeitungsanlage nach Schleswig-Holstein noch von dem Ab- fallverursacher beim BfS beantragt und dort genehmigt werden muss. Hinsichtlich der Abfolge ist festzustellen, dass ohne das Vorliegen sämtlicher Genehmigungen kein Transport möglich ist.