SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/1838 18. Wahlperiode 2014-05-14 Kleine Anfrage des Abgeordneten Tobias Koch (CDU) und Antwort der Landesregierung - Innenminister Genehmigung kommunaler Haushalte Vorbemerkung des Innenministeriums: Den Kommunen in Schleswig-Holstein wurde ab dem Jahr 2007 durch die Änderung des § 75 Abs. 4 der Gemeindeordnung (GO) ermöglicht, ihre Haushaltswirtschaft nicht nur nach den Grundsätzen der kameralen Buchführung sondern auch nach den Grundsätzen der doppelten Buchführung zu führen (Doppik-Einführungsgesetz vom 14. Dezember 2006 – GVOBl. Schl.-H. S. 285). Das Wahlrecht wurde seinerzeit zeitlich nicht begrenzt. Allerdings wird in der Begründung zum Doppik-Einführungsgesetz die Erwartung ausgesprochen, dass es keiner Regelung hinsichtlich eines verpflichtenden Umstellungsstichtages bedarf, weil der Prozess der Umstellung der kommunalen Haushalte auf die Doppik eine Eigendynamik entfalten wird, so dass schon in wenigen Jahren nahezu alle Kommunen ihre Haushalte auf die Doppik umstellen dürften. Diese Erwartung wurde auch dadurch gestützt, dass das Angebot der Softwareanbieter für die Kameralistik eine Einschränkung erfahren dürfte, da insbesondere die größeren Kommunen als Nachfrager bereits kurzfristig ausfallen werden. Die bisherige Entwicklung des Umstellungsprozesses bestätigt diese Erwartung grundsätzlich. Im Jahr 2013 wendeten bereits 649 Kommunen oder rd. 54 % der 1.206 Gemeinden, Kreise und Ämter die Doppik an. Im Jahr 2012 waren es noch 544 und 2011 lediglich 389 Kommunen. Auf die 544 Kommunen, die 2012 die Doppik angewendet haben, entfielen dabei rd. 80 % der Personalkosten und rd. 75 % der laufenden Sachausgaben. Drucksache 18/1838 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 Durch das Wahlrecht hat der Gesetzgeber für den Zeitraum des Umstellungsprozesses bewusst Unterschiede in der Haushaltswirtschaft der Kommunen mit entsprechenden Konsequenzen hingenommen. Grundlage für die Änderung der GO im Jahr 2007 war insbesondere der Beschluss der Innenministerkonferenz vom 21. November 2003. Dieser verfolgt das Ziel, die kommunale Haushaltswirtschaft von der bislang zahlungsorientierten Darstellungsform auf eine ressourcenorientierte Darstellung umzustellen. Gleichzeitig soll die Steuerung der Kommunalverwaltungen statt durch die herkömmliche Bereitstellung von Ausgabeermächtigungen (Inputsteuerung) durch die Vorgabe von Zielen für die kommunalen Dienstleistungen (Outputsteuerung) ermöglicht werden. Der Beschluss enthält Leitlinien sowohl für eine Fortentwicklung der Haushaltswirtschaft nach den Grundsätzen der kameralen Buchführung als auch für eine Umstellung auf eine Haushaltswirtschaft nach den Grundsätzen der doppelten Buchführung. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass die Vorschriften der Haushaltswirtschaft nach den Grundsätzen der kameralen Buchführung in SchleswigHolstein bereits seit 1994 durch mehrfache Änderungen im Sinne dieser Vorschläge fortentwickelt wurden. So wurde beispielsweise eine Sonderrücklage für Pensionsverpflichtungen eingeführt. Auf weitere Anpassungsbedarfe ist in der Begründung zum Doppik-Einführungsgesetz hingewiesen worden. Zuletzt ist im Rahmen der Neubekanntmachung der Gemeindehaushaltsverordnung-Kameral im Jahr 2012 - als ein weiterer Schritt zur Darstellung des Ressourcenverbrauchs der Gemeinde - die Verpflichtung aufgenommen worden, ab dem Jahre 2016 Abschreibungen für das Immobilien- und Infrastrukturvermögen zu veranschlagen. Um Doppelaufwendungen für Gemeinden, die ihre Haushaltswirtschaft auf eine Buchführung nach den Grundsätzen der doppelten Buchführung umstellen wollen, zu vermeiden und somit den Umstellungsprozess in Gänze nicht zu behindern, wurde bisher auf weitergehende Änderungen verzichtet. Für eine künftige Weiterentwicklung des kameralen Rechts steht bei der nächsten Evaluierung der kommunalhaushaltsrechtlichen Vorschriften im Jahr 2017 insbesondere noch • die Einführung eines verbindlichen Produktrahmens, • die stärkere Abstellung der Regelungen zur Deckungsfähigkeit auf die Produk- torientierung und • die Umwandlung von Kann- und Soll-Rücklagen in Pflichtrücklagen/-stellungen aus. Auch die Einführung einer Bilanz in das kamerale Recht ist noch zurückgestellt worden. Alternativ wird in enger Abstimmung mit den Kommunalen Landesverbänden zu prüfen sein, ob dem Gesetzgeber vorgeschlagen werden soll, in die GO einen verpflichtenden Umstellungstermin auf die Doppik aufzunehmen. Drucksache 18/1838 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 3 1. In welcher Art und Weise werden bei der Genehmigung kommunaler Haushalte bestehende Unterschiede im Rechnungswesen zwischen Gemeinden mit kameralistischer und Gemeinden mit doppischer Haushaltswirtschaft berücksichtigt? Antwort: Grundsätzlich bedürfen die in der Haushaltssatzung festgesetzten Gesamtbeträge der Kredite für Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen nach §§ 95 g Abs. 2 bzw. 85 Abs. 2 GO sowie der Verpflichtungsermächtigungen nach §§ 95 f Abs. 4 bzw. 84 Abs. 4 GO der Genehmigung der zuständigen Kommunalaufsichtsbehörde . Nach §§ 95 g Abs. 2 und 85 Abs. 2 GO soll die Gesamtgenehmigung der Kredite nach den Grundsätzen einer geordneten Haushaltswirtschaft erteilt oder versagt werden; sie kann unter Bedingungen und Auflagen erteilt werden. Sie ist in der Regel zu versagen, wenn die Kreditverpflichtungen mit der dauernden Leistungsfähigkeit der Gemeinde nicht im Einklang stehen. Der Erlass über die Kreditwirtschaft (Krediterlass) vom 29. August 2013 enthält unter Ziff. 2.3 folgende erläuternde Hinweise: „Eine geordnete Haushaltswirtschaft sichert die dauernde Leistungsfähigkeit der Gemeinde. Sie beachtet u. a. die allgemeinen Haushaltsgrundsätze (§ 75 GO), die Grundsätze der Einnahmebeschaffung (§ 76 GO) und die ordnungsgemäße Vorbereitung von Investitionen nach § 9 GemHVO-Kameral und § 12 GemHVODoppik . Die dauernde Leistungsfähigkeit kann als gesichert gelten, wenn die Gemeinde voraussichtlich in der Lage ist, ihren bestehenden Verpflichtungen nachzukommen , ihr Vermögen pfleglich und wirtschaftlich zu verwalten und die Finanzierungskosten und Folgekosten bevorstehender notwendiger Investitionen zu tragen . Aufschlüsse hierüber ergeben sich bei Gemeinden, die ihre Haushaltswirtschaft nach den Grundsätzen der kameralen Buchführung führen, aus dem Finanzplan, der alle in den Planungsjahren für die Erfüllung der Aufgaben der Gemeinde voraussichtlich eingehenden Einnahmen und zu leistenden Ausgaben enthalten muss. Als Nachweis der dauernden Leistungsfähigkeit dient das Muster der Anlage 9 der Ausführungsanweisung zur GemHVO-Kameral. Bei mittelfristig positivem Finanzspielraum ist in der Regel davon auszugehen, dass die Kreditverpflichtungen mit der dauernden Leistungsfähigkeit der Gemeinde im Einklang stehen. Aufschlüsse über die dauernde Leistungsfähigkeit bei Gemeinden, die ihre Haushaltswirtschaft nach den Grundsätzen der doppelten Buchführung führen, ergeben sich aus der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung und der Ergebnisrücklage . Die mittelfristige Ergebnisplanung soll in jedem Jahr in Erträgen und Aufwendungen ausgeglichen sein, d. h. sie soll möglichst einen Jahresüberschuss ausweisen, dabei sind das Haushaltsjahr, die drei nachfolgenden Jahre sowie die beiden vorangegangenen Haushaltsjahre - hier die Ergebnisrechnung , soweit sie vorliegt - zu betrachten. Bei mittelfristig negativem Finanzspielraum oder mittelfristig negativem Jahresergebnis hat die Kommunalaufsichtsbehörde die Gesamtgenehmigung auf einen Teil des Gesamtbetrages zu beschränken oder ganz zu versagen.“ Drucksache 18/1838 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 4 1.1. In wie weit spielt bei Gemeinden mit kameralistischer Haushaltswirtschaft die unvollständige bzw. unzureichende Bildung von Abschreibungen und Pensionsrückstellungen eine Rolle für die Haushaltsgenehmigung? Antwort: Auf die in den Vorbemerkungen getätigten Aussagen zu den systembedingten unterschiedlichen Darstellungsebenen bei einer Haushaltsführung nach den Grundsätzen der kameralen bzw. der doppelten Buchführung, den vom Gesetzgeber bewusst akzeptierten Unterschieden in der Haushaltswirtschaft während des Umstellungsprozesses sowie zu den bereits getätigten und noch geplanten Schritten zur Fortentwicklung des kameralen Haushaltsrechts wird verwiesen. In Hinblick auf die für die Erteilung bzw. das Versagen des in der Haushaltsatzung festgesetzten Betrags der Kredite zu berücksichtigenden Kriterien von Gemeinden, die ihren Haushalt nach den Grundsätzen der kameralen Buchführung führen, wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 2. Welche Aussagekraft wird bei der Genehmigung kommunaler Haushalte der Gesamtverschuldung einer Kommune zugemessen? Antwort: Auch in den gemeindewirtschaftsrechtlichen Vorschriften ist das Kriterium der Leistungsfähigkeit wie beispielsweise in § 101 Abs. 1 Nr. 2 GO verankert. Ziel ist es, die Gemeinde vor einer Überforderung ihrer Verwaltungs- und Finanzkraft zu schützen. Die Vorschriften dienen somit nicht zuletzt auch dem Schutz des Kernhaushalts . Das Kriterium der „Leistungsfähigkeit“ gilt dabei nicht nur einmalig bei der Gründung einer wirtschaftlichen Betätigung bzw. privatrechtlichen Beteiligung der Gemeinde , es ist vielmehr dauerhaft zu überprüfen, ob auch bestehende wirtschaftliche Unternehmen und Einrichtungen sowie privatrechtliche Beteiligung der Gemeinde und deren Verschuldung zu einer Überforderung des Kernhaushalts führen können. Schon deshalb darf bei der Genehmigung des Gesamtbetrages der Kredite für Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen sowie der Verpflichtungsermächtigungen von der Kommunalaufsichtsbehörde nicht nur die Verschuldung des Kernhaushalts isoliert betrachtet werden. Vielmehr ist bei einer Betrachtung zumindest auch die Verschuldung der • Eigenbetriebe nach § 106 GO, • Sondervermögen nach § 97 GO, • Unternehmungen und Einrichtungen, die nach § 101 Abs. 4 GO ganz oder teilweise nach Eigenbetriebsverordnung geführt werden, • Kommunalunternehmen nach § 106a GO, • Gesellschaften, an denen die Gemeinde auch mittelbar mit mindestens 75 % beteiligt ist, einschließlich der Eigengesellschaften und • der anderen Anstalten, mit Ausnahme der öffentlich-rechtlichen Sparkas- sen, in den Blick zu nehmen, obwohl nur der Gesamtbetrag der im Haushalt eingeplanten Kredite sowie Verpflichtungsermächtigungen der Genehmigung bedarf. Drucksache 18/1838 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 5 Eine Ausweitung der Kreditaufnahmemöglichkeiten ergibt sich somit beispielsweise durch Ausgliederungen grundsätzlich nicht. Kredite ausgegliederter Einheiten werden bei der Genehmigung des Haushaltes regelmäßig so beurteilt, als wenn sie im Kernhaushalt aufgenommen würden. Auf Kürzungen des Gesamtbetrags der Kredite für Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen sowie der Verpflichtungsermächtigungen im Haushalt könnte die Gemeinde insofern ggf. mit einer Überprüfung der Investitionsplanung nicht nur im Haushalt, sondern auch bei den ausgegliederten Einheiten reagieren. 2.1. Ist es sachgerecht, die Fremdfinanzierung von kommunalen Gesellschaften mit der Verschuldung öffentlicher Haushalte gleichzusetzen? Antwort: Siehe Antwort zu Frage 2. 2.2. Könnte die Genehmigung kommunaler Haushalte aufgrund der Höhe der Gesamtverschuldung der Kommune mit Auflagen versehen bzw. verweigert werden? Antwort: Siehe Antworten zu den Fragen 1 und 2.