SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/1886 18. Wahlperiode 2014-05-26 Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Patrick Breyer (PIRATEN) und Antwort der Landesregierung - Innenminister Umsetzung der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. März 2014 zu dem Überwachungsprogramm der Nationalen Sicherheitsagentur der Vereinigten Staaten, die Überwachungsbehörden in mehreren Mitgliedstaaten und die entsprechenden Auswirkungen auf die Grundrechte der EU-Bürger und die transatlantische Zusammenarbeit im Bereich Justiz und Inneres (2013/2188(INI)) 1. Kann die Landesregierung wie vom Europäischen Parlament gefordert gewährleisten , "keine widerrechtlich gesammelten Daten von Drittstaaten anzunehmen "? Antwort: Die Entschließung des Europäischen Parlaments hat den Charakter einer Empfehlung , sie ist weder umzusetzendes noch gar unmittelbar geltendes europäisches Recht. Die Empfehlung hat politischen Charakter. Es gibt in den Rechtsbereichen Strafverfolgung und Gefahrenabwehr keine Möglichkeit , von dritter Seite rechtswidrig beschaffte oder unter anderen Gesichtspunkten kontaminierte Erkenntnisse prinzipiell und per se einem Verwertungsverbot zu unterwerfen oder sie gar zu ignorieren. Verantwortliche Gefahrenabwehr, vor allem für hohe und höchste Rechtsgüter und staatliche Gewährleistung der Grundrechte, schließt es auf der Hand liegend aus, konkrete Gefahrenhinweise ohne Abwägung von vornherein unbeachtet zu lassen und nichts für den Rechtsgüterschutz zu unternehmen . Angesprochen ist in diesem Zusammenhang der in der Literatur und auch in der Rechtsprechung differenziert behandelte Problemkreis des Umgangs mit den Drucksache 18/1886 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 „Früchten des verbotenen Baumes“ im Rechtsstaat. An der Rechtslage hat sich insoweit auch durch die Entschließung des EP nichts geändert. Die Entgegennahme und Steuerung von Informationen ausländischer Nachrichtendienste in den nationalen Verfassungsschutzverbund erfolgt grundsätzlich durch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV). Die hiesige Landesbehörde für Verfassungsschutz erhält ihre Informationen somit primär durch das BfV. Die übermittelten Informationen enthalten zu großen Teilen keinen Hinweis auf die Art und Weise ihrer Erhebung. Ausnahmen in der internationalen Zusammenarbeit stellen in analoger Anwendung von § 20 Abs. 2 Landesverfassungsschutzgesetz die Verbindungen mit regionalem Bezug zu befreundeten Diensten des unmittelbar angrenzenden Nachbarstaates dar. Hier beschränken sich die Kontakte der Landesbehörde für Verfassungsschutz auf solche mit dem dänischen Dienst PET (Politiets Efterretningstjeneste). Es liegen keinerlei konkrete Erkenntnisse vor, dass das BfV widerrechtlich gesammelte Daten von Drittstaaten an die Landesbehörde für Verfassungsschutz Schleswig -Holstein weitergeleitet hätte bzw. solche unmittelbar vom PET zugeleitet worden wären. 2. Beabsichtigt die Landesregierung im Bereich der IT-Vergabe, "die Ausschreibungen auf zertifizierte Unternehmen und gegebenenfalls auf EU-Unternehmen zu beschränken, falls Sicherheitsinteressen oder andere wichtige Interessen berührt sind"? In welchem Bereich konkret sieht die Landesregierung gegebenenfalls Sicherheitsinteressen oder andere wichtige Interessen berührt? Antwort: Unabhängig von den wettbewerbsrechtlichen Problemen ist eine Beschränkung auf „EU-Unternehmen“ ein unrealistischer Lösungsansatz. Unternehmen, die frei von außereuropäischem Einfluss sind, sind am IT-Markt nur in sehr eingeschränktem Maße vorhanden. Die Realisierung wirtschaftlicher Effekte im Rahmen von Ausschreibungen entfällt damit. Technische Systeme, die frei von außereuropäischen Anteilen sind, sind am Markt quasi nicht verfügbar. Die von Dienstleistern eingesetzten Beschäftigten werden sicherheitsüberprüft. Die Sicherheitsüberprüfung von Unternehmen ist derzeit nicht möglich. 3. Beabsichtigt die Landesregierung bei der IT-Vergabe die Verwendung "quelloffener Software als Kaufbedingung" zu verlangen? Antwort: Die Landesregierung beschafft IT-Lösungen bedarfsgerecht und im Rahmen tatsächlich vorhandener Möglichkeiten nach wirtschaftlichen Grundsätzen. Dabei kann quelloffene Software ein Ergebnis sein. 4. Beabsichtigt die Landesregierung bei der Vergabe von Aufträgen "für ein hohes Maß an Sicherheit bei Telekommunikationsnetzen und -diensten zu sorgen, u.a. indem eine hochmoderne und durchgängige Verschlüsselung der Kommunikation gefordert wird"? Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/1886 3 Antwort: Für das Landesnetz V+ sind als von den Behörden beauftragte Verstärkungsmaßnahme verschlüsselte Landesnetzzugänge bereits verfügbar. Diese werden bereits in erheblichem Umfang genutzt. 5. Wie steht die Landesregierung zu der Forderung einer "durchgängige[n] authentifizierte [n] Verschlüsselung für alle IT- und Kommunikationsdienste, wie CloudComputing , E-Mail, Sofortnachrichten und Telefonie"? Antwort: Hierzu wird auf Drucksache 18/1322 – Antwort der Landesregierung zur Kleinen Anfrage des Abgeordneten Dr. Patrick Breyer (Piraten): Sicherheit der elektronischen Behördenkommunikation durch Ende-zu-Ende-Verschlüsselung verwiesen. 6. Erfolgen im Bereich der Landesnetze "strenge und unabhängige Sicherheitsüberprüfungen und Penetrationstests"? Antwort: Das Landesnetz wurde durch das ULD SH geprüft und im Rahmen eines Behördenaudits bereits zweimal zertifiziert. Aktuell läuft die Vorbereitung für eine erneute Rezertifizierung . 7. Sieht die Landesregierung Möglichkeiten, Forschung und Entwicklung von Kapazitäten in Bezug auf "IT-Instrumente, -Unternehmen und -Anbieter (Hardware, Software, Dienstleistungen und Netze), einschließlich zu Zwecken der Cybersicherheit , sowie Verschlüsselungskapazitäten und kryptografischer Möglichkeiten", zu finanzieren , etwa aus Mitteln der EU-Strukturfonds? Antwort: Im Rahmen der betrieblichen Innovationsförderung aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) bestehen Möglichkeiten, schleswigholsteinische Unternehmen bei Forschungs- und Entwicklungsvorhaben zu fördern. Die entsprechende Richtlinie zur Förderung betrieblicher Forschung, Entwicklung und Innovation wird derzeit für die Förderperiode 2014-2020 angepasst. Sofern die Fördervoraussetzungen im Einzelnen erfüllt sind, kann eine Förderung grundsätzlich auch in diesen Technologiebereichen erfolgen.