SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/2022 18. Wahlperiode 2014-06-26 Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Patrick Breyer (PIRATEN) und Antwort der Landesregierung - Innenminister Sponsoring von Kommunen durch Unternehmen und andere 1. Welche rechtlichen Vorgaben haben die Kommunen zu beachten, wenn sie Leistungen von Sponsoren annehmen oder sich zusagen lassen? Vorbemerkung: Das Einwerben von Spenden und Sponsoringleistungen ist rechtlich prinzipiell zulässig. Die im Jahre 2012 eingefügte Bestimmung des § 76 Abs. 4 Satz 1 der Gemeindeordnung (GO), wonach die Gemeinde zur Erfüllung ihrer Aufgaben Spenden, Schenkungen und ähnlich Zuwendungen einwerben oder annehmen oder an Dritte vermitteln darf (Gesetz zur Änderung kommunalverfassungs - und wahlrechtlicher Vorschriften vom 22. März 2012, GVOBl. Schl.-H. S. 371, ergänzt durch Gesetz vom 28. November 2012, GVOBl. Schl.-H. S. 739), hat insoweit nur deklaratorische Bedeutung. Die Bestimmung regelt formale Anforderungen, die bei der Einwerbung und Annahme von Spenden und sonstigen Zuwendungen zur Vermeidung von Interessenkonflikten und zur Gewährleistung eines transparenten Verfahrens zu beachten sind. Über § 57 der Kreisordnung (KrO) gilt § 76 Abs. 4 GO auch für die Kreise. Zu den gestellten Einzelfragen ist grundsätzlich anzumerken, dass sich die Frage, welche Anforderungen sich im Kontext von Spenden und Sponsoringleistungen darüber hinaus ergeben, nicht generell, sondern nur im Lichte der Umstände des konkreten Einzelfalles beantworten lässt. Drucksache 18/2022 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode a) Besteht eine Pflicht zur schriftlichen und vollständigen Dokumentation entsprechender Vereinbarungen? Antwort: Soweit die Gemeindevertretung bzw. der Kreistag im Rahmen des § 76 Abs. 4 GO über die Annahme der Zuwendung zu entscheiden haben, sind ihr bzw. ihm die hierfür maßgeblichen Informationen zur Verfügung zu stellen . Bei Sponsoringverträgen kann sich ein Schriftformerfordernis aus § 51 Abs. 2 GO bzw. § 50 Abs. 2 KrO ergeben. Eine Verpflichtung zur umfänglichen schriftlichen Dokumentation jeglicher Sponsoringleistung lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. b) Besteht eine Pflicht zur Offenlegung der Vereinbarung gegenüber der Öffentlichkeit ? Antwort: Über die Annahme der in § 76 Abs. 4 GO genannten Zuwendungen durch die Vertretung ist in öffentlicher Sitzung zu beraten und zu entscheiden; hieraus ergibt sich jedoch keine Verpflichtung zur Offenlegung der Sponsoringvereinbarung gegenüber der Öffentlichkeit. c) Besteht eine Pflicht zur Übermittlung der Vereinbarung an eine Antikorruptionsstelle ? Antwort: Nein. d) Besteht eine Pflicht zur Ausschreibung und zur neutralen Auswahl unter mehreren Interessenten? Antwort: Vergaberecht ist nur einschlägig, wenn der Vorgang bei wirtschaftlicher Betrachtung mit einem entgeltlichen Auftrag an den Sponsor über eine Bau-, Liefer- oder Dienstleistung verbunden ist. Im Übrigen hat die Gemeinde bzw. der Kreis bei der Auswahl konkurrierender Sponsoren einen weiten Ermessenspielraum, der nur durch das Willkürverbot beschränkt ist. e) Ist es zulässig, wenn die Kommune über die Nennung des Sponsors hinaus weitere Zusagen macht? Antwort: Unter Sponsoring versteht man im Allgemeinen die Zuwendung von Finanzmitteln , Sach- und/oder Dienstleistungen durch Private, mit der auch eigene (unternehmensbezogene) Ziele der Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit verfolgt werden. Weiter gehende Inhalte einer konkreten Vereinbarung erscheinen gleichwohl nicht von vornherein ausgeschlossen. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2022 f) Ist es zulässig, Begünstigungen einzelner Beschäftigter oder einer Gruppe von Beschäftigten anzunehmen (z. B. von Feiern, Betriebsausflügen)? Antwort: Zuwendungen an einzelne Beschäftigte oder Gruppen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern stellen mangels Bezug zur gemeindlichen Aufgabenerfüllung begrifflich kein Verwaltungssponsoring im Sinne des § 76 Abs. 4 GO dar. Es gilt insoweit das grundsätzliche Verbot der Annahme von Belohnungen , Geschenken und sonstigen Vorteilen (§ 42 Abs. 1 BeamtStG, § 3 Abs. 3 TV-L, § 3 Abs. 3 Abs. 2 TVöD). Ausnahmen bedürfen der Zustimmung . g) Ist es zulässig, Leistungen von Auftragnehmern, Bietern oder potenziell zukünftigen Auftragnehmern der Kommune anzunehmen? Antwort: Sponsoring ist nach den Maßstäben des Rechtsstaates ausgeschlossen, wenn der Anschein entstehen könnte, Verwaltungshandeln würde durch die Sponsoringleistung beeinflusst werden. Wann ein solcher „böser Schein“ vorliegt, ist eine Frage des Einzelfalles. Eine bestehende oder potenzielle Rechtsbeziehung zu einem Sponsor schließt die Annahme einer Zuwendung nicht per se aus. h) Sind Vereinbarungen ausgeschlossen, bei denen ein unbeteiligter Betrachter die Zusammenarbeit aus sonstigen Gründen negativ werten kann, etwa wegen des "bösen Scheins", dass sich der Sponsoring-Nehmer oder seine Beschäftigten bei der Erledigung ihrer Aufgaben oder bei der Vergabe öffentlicher Aufträge von den Interessen des Sponsors leiten lassen und dass eine objektive Amtsführung gefährdet sein könnte? Antwort: Siehe Antwort zu Frage 1g). i) Ist die Entscheidung über Sponsoring der Gemeindevertretung bzw. dem Kreistag vorbehalten? Antwort: Über die Annahme oder Vermittlung von Zuwendungen, die über bloße Sachspenden im Wert von 50 € hinaus gehen, entscheidet nach § 76 Abs. 4 GO grundsätzlich die Gemeindevertretung oder der Kreistag; die Gemeindevertretung oder der Kreistag kann die Entscheidung über die Annahme oder Vermittlung bis zu von ihr oder ihm jeweils zu bestimmenden Wertgrenzen auf die Bürgermeisterin oder den Bürgermeister bzw. die Landrätin oder den Landrat und den Hauptausschuss übertragen. 2. Sind der Landesregierung andere Länder bekannt, in denen weiter reichende Vorgaben bestehen als in Schleswig-Holstein? Wenn ja, welchen Inhalt haben Drucksache 18/2022 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode diese Vorgaben? Antwort: § 76 Abs. 4 GO vergleichbare Regelungen existieren nach hiesigen Erkenntnissen in Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Sachsen. In Rheinland-Pfalz (§ 94 Abs. 3 Satz 2 der dortigen Gemeindeordnung) ist geregelt, dass die Einwerbung und die Entgegennahme des Angebots einer Zuwendung nicht zulässig ist in der Eingriffsverwaltung oder wenn ein böser Anschein für eine Beeinflussung bei der Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben zu erwarten ist. Da sich insoweit die Unzulässigkeit derartiger Zuwendungen schon aus dem Rechtsstaatsprinzip ableiten lässt (vgl. Antwort zu Frage 1g), hat diese Regelung nur deklaratorische Bedeutung. 3. Hält die Landesregierung vor dem Hintergrund des zunehmenden Sponso- rings (SHZ vom 19.05.2014) eine Schärfung der rechtlichen Vorgaben, insbesondere der unter Ziff. 1 genannten Fragen, für erforderlich? Wenn ja, welche Pläne hat sie insoweit? Antwort: Nein.