SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/2134 18. Wahlperiode 2014-07-22 Kleine Anfrage der Abgeordneten Angelika Beer (PIRATEN) und Antwort der Landesregierung - Innenminister Flüchtlinge aus den Balkan-Flutgebieten 1. Wie viele ausreisepflichtige Personen aus Kroatien, Serbien und Bosnien- Herzegowina leben derzeit in Schleswig-Holstein (bitte nach Herkunftsland aufschlüsseln)? Antwort: Herkunftsstaat Vollziehbar ausreisepflichtige Personen Bosnien und Herzegowina 27 Serbien 281 Kroatien 01 Quelle: Ausländerzentralregister, Stand: 31. Mai 2014 Kroatien ist seit dem 1. Juli 2013 Mitgliedstaat der Europäischen Union. Kroati- sche Staatsangehörige genießen daher in den anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union Freizügigkeit. Dieser Personenkreis kann nur dann zur Ausreise aus dem Bundesgebiet verpflichtet werden, wenn festgestellt wird, dass das Freizügigkeitsrecht nicht besteht. Dies ist nach hiesigen Recherchen bei kroatischen Staatsangehörigen in Schleswig-Holstein gegenwärtig nicht der Fall. 1 Im Ausländerzentralregister waren noch fünf geduldete kroatische Staatsangehörige geführt. Nach Rücksprache mit den zuständigen Ausländerbehörden handelt es sich hierbei um alte Einträge, die nicht mehr aktuell sind. Eine entsprechende Berichtigung erfolgt. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2134 2 2. Wie viele ausreisepflichtige Personen aus Kroatien, Serbien und Bosnien- Herzegowina befinden sich in Schleswig-Holstein derzeit in Abschiebehaft (bit- te nach Herkunftsland aufschlüsseln)? Antwort: Herkunftsstaat In Abschiebungshaft befindliche Personen Bosnien und Herzegowina 0 Serbien 0 Kroatien 0 3. Wieviele ausreisepflichtige Personen, die im Rahmen einer Dublin- Rücküberstellung nach Kroatien überführt werden sollen, befinden sich zurzeit in Schleswig-Holstein? Wie viele von ihnen befinden sich in Abschiebehaft? Antwort: Zurzeit halten sich nach dem Ergebnis einer aktuellen Umfrage bei den Aus- länderbehörden in Schleswig-Holstein keine Personen auf, die im Rahmen des Verfahrens nach der EU-Asylzuständigkeitsverordnung (sog. Dublin III- VO) nach Kroatien zurückzuführen wären. Zur Frage der Abschiebungshaft wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. 4. Wann wurde der von Innenminister Breitner am 20. Juni 2014 im Rahmen der Plenardebatte erwähnte Erlass gegenüber den Ausländerbehörden, welcher eine Einzelfallprüfung für ausreisepflichtige Personen aus Serbien und Bosni- en-Herzegowina vorsieht, veröffentlicht? Wie ist der Wortlaut des Erlasses? Antwort: Der Erlass zur Regelung der Rückführung in die von Unwetterkatastrophen be- troffenen Staaten des westlichen Balkan ist am 6. Juni 2014 ergangen. Der Er- lass hat folgenden Wortlaut: „Der Medienberichterstattung der vergangenen Wochen war zu entnehmen, dass Teile Serbiens und Bosnien-Herzegowinas von den schwersten Über- schwemmungen seit mehr als einem Jahrhundert heimgesucht wurden. Die Drucksache 18/2134 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 3 Bilder dieser Katastrophe haben auch zu der Frage geführt, ob es gegenwärtig überhaupt möglich ist, ausreisepflichtige Angehörige aus den betroffenen Staaten zur Ausreise dorthin anzuhalten oder gar abzuschieben. Festzustellen ist zunächst, dass nicht die gesamten Gebiete der betroffenen Staaten überflutet sind, sondern immer nur Regionen. Da nicht generell ausgeschlossen werden kann, dass eine Rückkehr in die von den Überschwemmungen betroffenen Gebiete temporär unzumutbar ist, bleibt, entsprechender Vortrag vorausgesetzt, im Einzelfall zu prüfen, ob Ausreise- oder Abschiebungshindernisse gegeben sein können. Da es sich diesbezüg- lich in jedem Fall um zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse handelt, müsste die Prüfung durch das BAMF im Rahmen von eigenen Verfahren oder im Rahmen von Beteiligungsverfahren nach § 72 Abs. 2 AufenthG vorgenom- men werden.“ 5. Wurde der Erlass den in Schleswig-Holstein tätigen Flüchtlingsorganisationen zur Kenntnis gegeben? Wenn ja, wann, wenn nein, warum nicht? Antwort: Insbesondere Erlasse mit humanitär geprägten Regelungsinhalten werden üb- licherweise auch den in Schleswig-Holstein tätigen Flüchtlings- und Migran- tenorganisationen zur Kenntnis gegeben. Im Fall des Erlasses von 6. Juni 2014 ist dies unterblieben, da mit ihm lediglich Bearbeitungshinweise gegeben wurden. 6. Auf welchen Zeitraum ist die Anweisung des Innenministers gegenüber dem Landesamt für Ausländerangelegenheiten beschränkt, keine Charterflüge für Rückführungsaktionen in die Länder Serbien und Bosnien-Herzegowina vor- zubereiten? Wie definiert sich in diesem Zusammenhang die Aussage des In- nenministers „bis auf Weiteres“? Antwort: Der Verzicht auf Charterflüge für Rückführungen nach Serbien und Bosnien- Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2134 4 Herzegowina ist unbefristet. Mit dem Begriff „bis auf Weiteres“ wird klarge- stellt, dass dieser Verzicht erst endet, wenn eine andere Vorgabe gemacht wird. 7. Ist der Bundesinnenminister der Bitte des Innenministers um einen aktuellen Lagebericht für die von der Flutkatastrophe betroffenen Staaten nachgekom- men? Wenn ja, wie bewertet das Bundesinnenministerium die Lage vor Ort? Antwort: Der Bundesinnenminister hat der Bitte von Innenminister Breitner um eine ak- tuelle Einschätzung der Lage in den von der Überflutung betroffenen Gebie- ten entsprochen. Wesentliche Inhalte sind: • In beiden betroffenen Staaten sind jeweils nur Regionen von den Folgen der Überschwemmungen betroffen. • Zum Zeitpunkt der Erstellung der Lageeinschätzung konnte festgestellt werden, dass der Höhepunkt der Überschwemmung überwunden war und damit auch die akute Gefährdung der Menschen durch Hochwasser in den betroffenen Gebieten zurückging. • Durch eine zunehmend sommerliche Wetterlage stieg allerdings das Risi- ko von Erkrankungen. • In Bosnien und Herzegowina bestehen in verschiedenen Regionen zusätz- lich zu den allgemeinen Folgen der Überschwemmungen Gefahren durch freigeschwemmte Minen und explosive Kampfmittelrückstände. • Deutschland hat sich bis zum 15. Juni 2014 gemeinsam mit einer Vielzahl weiterer Mitgliedstaaten der Europäischen Union an Nothilfemaßnahmen beteiligt. Offizielle Lageeinschätzungen, wie Lageberichte des Auswärtigen Amtes über Serbien und Bosnien und Herzegowina, die bereits die Folgen der Flut- katastrophe berücksichtigen, liegen noch nicht vor. Drucksache 18/2134 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 5 8. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung bisher ergriffen, um in den be- troffenen Gebieten auf dem Balkan eine Räumung und Unschädlichmachung speziell von Minen und Kriegsmunition, die durch das Hochwasser aufge- schwemmt worden sind, zu unterstützen? (a) Ist eine technische und / oder personelle Beteiligung von Behörden und / oder Institutionen des Landes Schleswig-Holstein bei diesen Maßnah- men geplant oder vorgesehen? Wenn ja, welche sollen dies sein und in welchem Umfang? (b) Gibt eine Einschätzung seitens des Bundesinnenministeriums oder des Innenministeriums, wie viel Zeit die akute Minen- und Kampfmittelräu- mung voraussichtlich in Anspruch nehmen wird? Antwort: Über Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung speziell zur Räumung be- troffener Gebiete von Minen und Kriegsmunition liegen der Landesregie- rung keine Erkenntnisse vor. zu (a) Da entsprechende Maßnahmen nicht bekannt sind, ist auch keine Planung zur Unterstützung erfolgt. zu (b) Eine entsprechende Einschätzung liegt nicht vor. 9. Welche Anstrengungen hat der Innenminister bisher unternommen, um einen nationalen Abschiebestopp in die vom Hochwasser betroffenen Balkan- Regionen zu realisieren und welche Interventionen sind ggf. diesbezüglich noch geplant? Antwort: Da nach den Erkenntnissen des Bundesinnenministeriums sowohl in Serbien als auch in Bosnien und Herzegowina nur Teile der Staatsgebiete von den Fol- gen der Flutkatastrophe betroffen sind, bestehen seitens der Landesregierung Schleswig-Holstein gegenwärtig keine konkreten Überlegungen für generelle Abschiebungsstopps in beide Staaten. Am 4. Juli 2014 hat das Land Thüringen eine Länderumfrage initiiert, um zu Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2134 6 klären, ob andere Länder Abschiebungsstoppregelungen planen. Der Landes- regierung sind zehn Antworten auf diese Fragestellung bekannt geworden. In diesen zehn Ländern wird ebenso wie in Schleswig-Holstein kein Bedarf für ei- ne Abschiebungsstoppregelung gesehen. Ebenso wie in Schleswig-Holstein werden die gegebenen Möglichkeiten zur Einzelfallprüfung für ausreichend er- achtet. 10. Sieht die Landesregierung Anlass, angesichts der erheblichen Gefahr für Leib und Leben einen Abschiebestopp gem. § 60a AufenthG für die von der Flutka- tastrophe betroffenen Gebiete zu erlassen? Wenn nein, warum nicht; wenn ja, wann und in welchem Umfang soll dies geschehen?" Antwort: Auf die Antwort zu Frage 9 wird verwiesen.