SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/2153 18. Wahlperiode 24.07.2014 Kleine Anfrage der Abgeordneten Volker Dornquast und Katja Rathje-Hoffmann(CDU) und Antwort der Landesregierung – Ministerium für Soziales, Gesundheit, Familie und Gleichstellung Neugeborene mit Suchtsymptomen 1. Wie viele Neugeborene werden in Schleswig-Holstein geboren, deren Mutter während der Schwangerschaft Drogen, Alkohol, Medikamente oder sonstiges konsumierte? Bitte nach Art des Konsums gliedern. 2. Wie viele davon haben Abhängigkeitssymptome und wovon? 3. Welche medizinischen Kontrollen werden von wem veranlasst, um einer Ab- hängigkeit möglichst früh zu begegnen? Antwort zu den Fragen 1-3: Hierzu liegen der Landesregierung keine Informationen vor. 4. Welche Maßnahmen bestehen in Schleswig-Holstein, um betroffenen Neugebo- renen und Kleinkindern zu helfen? Antwort: Im Rahmen der Frühen Hilfen werden mit der Bundesinitiative Frühe Hilfen und dem Landesprogramm Schutzengel vor Ort zahlreiche konkrete Unterstützungsmöglichkeiten angeboten. 2014 stehen den Kreisen und kreisfreien Städten in Schleswig-Holstein mit diesen beiden Programmen insgesamt fast 2 Mio. Euro zur Verfügung. Beispielsweise gibt es in allen Kreisen und kreisfreien Städten Familienhebammen und/oder Familien- Gesundheits- und Kinderkrankenpflege- Drucksache 18/2153 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 rinnen, die Schwangere und Familien mit Kindern bis zu drei Jahren in belasteten Situationen unterstützen Darüber hinaus werden in Schleswig-Holstein weitere Maßnahmen angeboten:  HiKiDra (Hilfen für Kinder drogenabhängiger Eltern) ist ein Beratungs- angebot der Fachambulanz Kiel, das sich insbesondere an Kinder und Jugendliche und deren Eltern, die einen problematischen Konsum oder eine Abhängigkeitserkrankung haben, richtet. Pädagogische Gruppenförderangebote , als auch individuelle Hilfen im häuslichen Umfeld, werden hier in Anspruch genommen.  Das Lübecker Modell, ein multidisziplinäres Konzept des neonatalen Drogenentzugs , steht auf drei Säulen: o Sozialpädagogische Betreuung o Medizinische Versorgung o Kinderkrankenpflegerische Versorgung Hier werden im Durchschnitt 10 Neugeborene pro Jahr mit neonatalem Drogenentzug behandelt.  Das Projekt „Kleine Riesen“ (Kinder in suchtbelasteten Familien) des Lan- desvereins für innere Mission, ATS, wird an den Standorten Quickborn, Tornesch und Norderstedt umgesetzt. Ziel des Projektes ist es, Hilfen in krisenhaften Alltagssituationen für Kinder zu geben und insbesondere die Aufhebung der Isolation und der Aufbau von tragfähigen, verlässlichen Beziehungen zu gewährleisten.  Angegliedert an Suchtberatungsstellen oder Gesundheitsämter bestehen weitere Beratungsangebote, die flächendeckend in SH aufgeteilt sind, so z.B. o das Gruppenangebot für Kinder ab 6 Jahren, der Suchtberatungsstelle in Pinneberg; o das Projekt „Bärenstark“ der Suchtberatungsstellen Schenefeld und Wedel; o das Projekt „TIPInetz“, der Suchtberatungsstelle Ostholstein in Eutin ; o das Projekt „… und reden hilft…“ beim Gesundheitsamt in Lübeck; o das Projekt „PRO Kids“, Suchtberatungsstelle der Stadtmission in Kiel; o das Gruppenangebot für Kinder zwischen 12 bis 17 Jahren des Be- ratungs- und Behandlungszentrums in Niebüll. 5. Wie viele Kinder in Schleswig-Holstein leben mit mindestens einem Elternteil, der als Substitutionspatient gemeldet ist, in einem Haushalt? Antwort: Hierzu liegen der Landesregierung keine Informationen vor. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2153 3 6. Sieht die Landesregierung Möglichkeiten, auf ein noch besseres und möglichst frühes Zusammenwirken von Kliniken, Fachärzten, Hebammen und Therapeuten hinzuwirken? Antwort: Aus den Nachuntersuchungen bzw. Erfahrungen zum Lübecker Modell ist bekannt , dass weit über die Hälfte der betroffenen Neugeborenen bis zum Alter von einem Jahr aus den Familien herausgenommen werden müssen. Diese Kinder haben oft einen dramatischen Leidensweg hinter sich, und es wird versucht, während des Entzuges des Neugeborenen zu einer Einschätzung zu kommen, ob es realistisch erscheint, dass die Mütter/Familien die Versorgung Ihres Kindes wirklich leisten können. In Schleswig-Holstein gibt es im Rahmen von Projektfinanzierungen Angebote für Kinder und Jugendliche, die qualitativ sehr gute Arbeit leisten. Bei der Erreichbarkeit von werdenden Müttern, die unter einer akuten Suchterkrankung leiden , gibt es noch Entwicklungspotential. So gilt es, eine fachliche Ergänzung um weitergehende engmaschige Betreuung und Unterstützung nach der Geburt bei den Patientinnen, z.B. im „Lübecker Modell“, auszubauen. Das Landeskinderschutzgesetz sieht in § 8 Lokale Netzwerke für frühe und rechtzeitige Hilfen und Leistungen vor. Sowohl im Landeskinderschutzgesetz als auch § 3 Abs. 2 KKG (Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz) sind Akteure aus Jugendhilfe und Gesundheitswesen benannt, die in ein solches Netzwerk einzubinden sind. Um dieses Anliegen zu stärken hat das Land 2013 neben vielen anderen Maßnahmen das Rahmenkonzept „Gute Beziehungen gestalten – Weiterentwicklung der Kooperationen der verschiedenen Akteure im Handlungsfeld Frühe Hilfen“ aufgelegt, das die Verbesserung der Kooperationsstrukturen zwischen Jugendhilfe und Gesundheitswesen im Fokus hat. Ziel der regionalen Fachtage ist es, Verfahrenswege zwischen den Akteuren zu klären, weiterzuentwickeln und transparenter zu gestalten.