SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/2170(neu) 18. Wahlperiode Zweite Fassung 08.08.2014 Kleine Anfrage der Abgeordneten Anita Klahn (FDP) und Antwort der Landesregierung – Ministerium für Soziales, Gesundheit, Familie und Gleichstellung Schließung der Geburtshilfe in Oldenburg Der Schleswig-Holsteinische Landtag hat in seiner 65. Sitzung den klaren Willen bekundet , dass die Schließung der Geburtshilfestation in Oldenburg nicht zum 01. August diesen Jahres erfolgen soll. 1. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung eingeleitet, um diesen Beschluss umzusetzen? Antwort: Schon im Vorfeld des Beschlusses hatte die zuständige Ministerin der Klinikleitung sowie dem Finanzvorstand des Sana Konzerns die Inhalte des Beschlusses erläutert und um Umsetzung gebeten. Diese Bitte hat die Landesregierung anlässlich der Übermittlung des Beschlusses an die Klinikleitung noch einmal wiederholt . 2. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung vor, ob der Sana-Konzern diesem Anliegen folgt? Antwort: Der Geschäftsführer der Sana Klinik Ostholstein hat mit Schreiben vom 16. Juli 2014 dem Präsidenten des Landtages, Herrn Schlie, mitgeteilt, dass die Sana Kliniken weiterhin an der Entscheidung festhalten, die Geburtsklinik in Oldenburg zum 1. August 2014 zu schließen. Das Sozialministerium hat dieses Schreiben nachrichtlich erhalten. Drucksache 18/2170(neu) Zweite Fassung Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 3. Was sind die Gründe für die Schließung der Geburtshilfe in Oldenburg? (a) Soll die Geburtshilfe aus wirtschaftlichen Gründen oder aus Gründen, weil die „Vorhaltungsqualität“ nicht erfüllt werden kann, geschlossen werden? (b) Wenn die Vorhaltungsqualität nicht erfüllt wird, warum wird diese nicht hergestellt ? (c) Wie wird diese am Standort Eutin gesichert? Antwort: (a) Die Schließung der geburtshilflichen Abteilung in Oldenburg erfolgt, weil die „Vorhaltungsqualität“ gemäß der 2013 neu gefassten Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V. nicht eingehalten werden können. (b) Die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft erfordern z.B.: - Bereitschaftsdienst (also ständige Anwesenheit) eines/einer im Fachgebiet Frauenheilkunde und Geburtshilfe tätiger Arzt/Ärztin (abgeschlossene oder begonnene Weiterbildung im Gebiet der Frauenheilkunde und Geburtshilfe ). - Zusätzlich Ruf-Bereitschaft eines Facharztes / einer Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe (Anwesenheit im Krankenhaus innerhalb von 10 Minuten) - Bereitschaftsdienst (also ständige Anwesenheit) mindestens einer Hebamme - Ein Anästhesist / eine Anästhesistin muss innerhalb von 10 Minuten bei der Schwangeren sein können. - Bereitschaftsdienst (also ständige Anwesenheit) mindestens einer Kinderkrankenschwester (oder vgl. Qualifikation). In der Umsetzung bedeutet dieses, für jede Berufsgruppe mindestens sechs Vollkräfte ausschließlich am Standort Oldenburg einzusetzen. Nach Angaben des Krankenhauses hat sich gezeigt, dass diese Stellen mangels Interesse nicht mit entsprechendem neuem Personal besetzbar sind und auch nicht mit Personal aus der Eutiner Klinik besetzt werden können. (c) Die Geburtshilfe am Standort Eutin erfüllt die Voraussetzungen der Leitlinien als geburtshilfliches Zentrum des Levels 2 entsprechend der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesauschusses. Die Überprüfung, ob das dafür notwendige Personal vorhanden ist, erfolgt durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen. 4. Wo gibt es (a) in Schleswig-Holstein und (b) deutschlandweit eine mit dem nördlichen Ostholstein vergleichbare Situation, wonach Schwangere mehr als 80 km bzw. mehr als 30 Minuten (Autofahrt) zur nächstgelegenen Entbindungsstation zurücklegen müssen, wenn die Geburtshilfe in Oldenburg geschlossen wird? (a) In Schleswig-Holstein haben alle schwangeren Frauen der nordfriesischen Inseln (mit Ausnahme von Föhr) und Halligen einen Anfahrtsweg zur nächstgelegenen Geburtsklinik der mehrere Stunden beträgt. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2170(neu) Zweite Fassung 3 Bei einigen Gemeinden in den Regionen Kappeln, St. Peter-Ording sowie nord-westlich von Brunsbüttel beträgt die Anfahrtszeit zur nächstgelegenen Geburtshilfe bis zu 45 Minuten (berechnet mit Hilfe von Google maps). (b) Eine Übersicht für das Bundesgebiet mit Entfernungen zur nächsten Klinik mit einer geburtshilflichen Abteilung liegt der Landesregierung nicht vor. Beispielhaft sind jedoch in folgenden Bundesländern Regionen identifiziert worden, in denen die Fahrzeit zur nächsten Geburtshilfe mehr als 30 Minuten beträgt: Niedersachsen: Auf den ostfriesischen Inseln gibt es ebenfalls keine Kliniken mit geburtshilflichen Abteilungen mehr. Hier ist die Situation vergleichbar mit den nordfriesischen Inseln. Im Landkreis Diepholz wurden vor zwei Jahren alle drei Geburtshilfen des Kreises geschlossen. Dadurch gibt es auch hier Gemeinden, bei denen der Anfahrtsweg mehr als 30 Minuten in Anspruch nimmt. Im Landkreis Cuxhaven sind die Entfernungen einiger Gemeinden zum nächstgelegenen Krankenhaus mit Geburtshilfe ebenfalls so, dass die 30 Minuten überschritten werden. Mecklenburg-Vorpommern: Auf der Insel Rügen beträgt die Fahrzeit zum Krankenhaus in Bergen von einigen Orten bis zu 45 Minuten. Auf der Insel Hiddensee beträgt die Fahrzeit (Fähre und Straße) bis über eine Stunde. Die Bewohner der Insel Zingst erreichen die nächste Geburtshilfe ebenfalls erst nach bis zu einer Stunde Fahrt. Bayern: In Bayern gibt es im Landkreis Main-Spessart und im Landkreis Regen keine Geburtshilfe mehr. Dadurch liegt eine Reihe von Orten mehr als 30 Minuten Fahrzeit von der nächsten Geburtshilfe entfernt. Hessen: Im Rheingau-Taunus-Kreis wurde die letzte Geburtshilfe des Kreises bereits im Jahr 2010 geschlossen. Seit dem gibt es auch hier Orte (z.B. Hohenstein), die mehr als 30 Minuten Fahrzeit von der nächsten Geburtshilfe entfernt liegen . 5. Hält die Landesregierung die Schließung der Geburtshilfe in Oldenburg unter Versorgungsgesichtspunkten der Bevölkerung im nördlichen Ostholstein mit geburtshilflichen Leistungen für vertretbar? Wenn ja, warum? Antwort: Die Schließung der Geburtshilfe in Oldenburg führt zu weiteren Wegen für die Frauen, die sich für die Klinik Oldenburg entscheiden. In den letzten Jahren waren dieses ca. 50% der werdenden Mütter im Einzugsgebiet der Klinik Oldenburg. Mit den begleitenden Maßnahmen, zu denen insbesondere das BoardingKonzept in Eutin gehört, hält die Landesregierung die Schließung für vertretbar. Drucksache 18/2170(neu) Zweite Fassung Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 4 6. Liegt eine Unterversorgung des nördlichen Ostholsteins mit geburtshilflichen Leistungen vor? Ist eine Prüfung, ob eine Unterversorgung vorliegt, durch den MDK als unabhängige Instanz möglich? Wenn ja, wird die Landesregierung darauf hinwirken, dass der MDK eine Prüfung vornimmt? Antwort: Entsprechend der Ausführungen zu Frage 5 liegt eine Unterversorgung im nördlichen Ostholstein mit geburtshilflichen Leistungen nicht vor. Diese Prüfung ist durch das MSGFG als zuständige Krankenhausplanungsbehörde erfolgt. Eine Prüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen wäre nur möglich, wenn ein entsprechender Auftrag durch die Krankenkassen erfolgen würde, da der MDK nur im Auftrag der Krankenkassen tätig werden kann. Da eine Unterversorgung im nördlichen Ostholstein nach Ansicht der Landesregierung auch nach Schließung der Geburtshilfe in Oldenburg nicht vorliegt, erübrigt sich eine Prüfung durch den MDK. 7. Wie viele Betten entfallen durch die Schließung der Geburtshilfe am Standort Oldenburg? Antwort: Die Sana Klinik Ostholstein verfügt mit ihren Standorten Eutin, Oldenburg und Burg auf Fehmarn insgesamt über 395 Planbetten, von denen rechnerisch (rechtlich unverbindlich) 57 Planbetten der Frauenheilkunde und Geburtshilfe an den Standorten Eutin und Oldenburg zugeordnet sind. Dieser, im Rahmen der Fortschreibung des letzten Krankenhausplanes festgestellte Bedarf, bleibt grundsätzlich auch nach Wegfall der Geburtshilfe am Standort Oldenburg innerhalb der Region erhalten. Die Frage, ob sich Geburten zukünftig an Standorte außerhalb der Sana Klinik verlagern werden, wird in der Folgezeit zu überprüfen sein. Eine entsprechende Anpassung wird dann auf Basis eines Beschlusses der Beteiligtenrunde erfolgen. 8. Wie viele neue Betten werden am Standort Oldenburg für die Geriatrie geschaffen ? Antwort: Die Sana Kliniken haben mit Antrag vom 31. März 2014 die Umwandlung der am Standort Oldenburg vorgehaltenen geburtshilflichen Betten in geriatrische Planbetten sowie die Einrichtung einer Tagesklinik Geriatrie beantragt. Die Beteiligtenrunde hat diesen Antrag auf der Sitzung am 21. Mai 2014 erstmalig erörtert und eine Vertagung des Antrags in die Arbeitsgruppe Geriatrie der Beteiligtenrunde beschlossen. Ein Termin für die erste Arbeitsgruppensitzung steht noch nicht fest.