SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/ 2292 18. Wahlperiode 14-10-01 Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Patrick Breyer (Piratenfraktion) und Antwort der Landesregierung – Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie Transatlantisches Freihandelsabkommen CETA vor dem Abschluss Vorbemerkung des Fragestellers: Anträge der Piratenfraktion (Drucksache 18/1973) und der Koalitionsfraktionen (Drucksache 18/2038) haben sich kritisch mit dem geplanten europäischkanadischen Freihandelsabkommen CETA auseinandergesetzt. Eine Anfrage zu den Auswirkungen des Abkommens hat die Landesregierung in verschiedenen Punkten noch nicht beantwortet (Drucksache 18/2041). Inzwischen ist der Vertragstext öffentlich, welcher Ende September finalisiert werden soll. 1. Gefährdet der CETA-Vertragsentwurf nach Einschätzung der Landesregierung die bestehenden Strukturen der öffentlichen Daseinsvorsorge? Insbesondere: a) Kann die Landesregierung ausschließen, dass die Beschränkung des Erwerbs von Sparkassen auf andere öffentlich-rechtliche Institutionen von einem internationalen Schiedsgericht als unzulässige Beschränkung ausländischer Kapitalbeteiligungen angesehen wird? Wird diese Einschätzung vom Sparkassenverband geteilt? b) Kann die Landesregierung ausschließen, dass ein internationales Schiedsgericht kommunale Ausgleichszahlungen an Träger der freien Wohlfahrtspflege, Krankenhäuser oder gemeinnützige Wohnungsgesellschaften, die im Wettbewerb mit privatrechtlichen Unternehmen stehen, als Verstoß gegen CETA einstuft? Wird diese Einschätzung von den kommunalen Landesverbänden geteilt? Antwort: Nein. Im CETA-Vertragsentwurf ist zur Daseinsvorsorge der gleiche Vorbehalt aufgenommen wie er im WTO-Dienstleistungsabkommen (GATS) seit 1995 enthalten ist. Zu a) Schiedsverfahren zum Investitionsschutz greifen nicht für Fragen des Marktzugangs. Zu b) Der CETA-Vertragsentwurf enthält, wie alle bisherigen Abkommen der EU, eine horizontale Ausnahmeregelung für Subventionen. Zudem werden in CETA für den Bereich der Wohlfahrtspflege keine Verpflichtungen übernommen. Inwieweit die Antworten zu a) und b) vom Sparkassenverband bzw. von den kommunalen Landesverbänden geteilt werden, entzieht sich der Kenntnis der Landesregierung und war in der Kürze der Zeit nicht zu erfragen. 2. Der CETA-Vertragsentwurf erlaubt die Einforderung bestimmter Umweltstandards bei der Ausschreibung öffentlicher Aufträge, die Einforderung von Sozialstandards ist aber nicht vorgesehen. Kann die Landesregierung ausschließen, dass die nach dem Tariftreue- und Vergabegesetz geforderten Sozialstandards von einem internationalen Schiedsgericht als Verstoß gegen CETA angesehen werden? Antwort: Der CETA-Vertragsentwurf enthält keinerlei Vorgaben zur Frage, welche Bedingungen bei einer Ausschreibung gestellt werden können. Schiedsverfahren zum Investitionsschutz greifen zudem nicht für Fragen des Marktzugangs. 3. Greift CETA in bestimmte Gesetzgebungszuständigkeiten des Landtags ein, so dass dieser im Fall der Ratifikation nicht mehr alle Rechtsnormen und Standards souverän festlegen kann? Antwort: Eingriffe in Gesetzgebungszuständigkeiten der Länder werden auf der Grundlage von CETA nach Kenntnis der Landesregierung nicht möglich. Die Haltung der Landesregierung zu CETA bildet sich in den Beschlüssen des Bundesrates vom 23. Mai 2014 (BR-Drs. 111/14) und 11. Juli 2014 (BR-Drs. 295/14) ab. 4. Sieht der CETA-Vertragsentwurf vor, dass vergangene oder zukünftige Marktöffnungs- und Privatisierungsschritte nicht mehr rückgängig gemacht werden dürfen (z.B. durch Rekommunalisierung)? Antwort: Nein. Für den Bereich der Daseinsvorsorge enthält der CETA-Vertragsentwurf einen Vorbehalt gegen Verpflichtungen bei Ergreifen künftiger Maßnahmen, also beispielsweise im Falle einer Rekommunalisierung. 5. Wie hat sich die Landesregierung bisher im Bundesrat und auf europäischer Ebene im Sinne des Landtagsbeschlusses „Transatlantisches Freihandelsabkommen CETA transparent machen und europäische Standards nicht absenken“ eingesetzt? Wie beabsichtigt sie sich zukünftig dafür einzusetzen? Antwort: Mit Unterstützung der Landesregierung Schleswig-Holstein hat der Bundesrat bereits am 23. Mai 2014 (BR-Drs. 111/14) konkrete Bitten bzgl. laufender oder kommender Beratungen und Gesetzesinitiativen zu Freihandelsabkommen an die Bundesregierung gerichtet, die im Sinne des o.g. Landtagsbeschlusses sind. In einer Entschließung anlässlich des Konsultationsverfahrens der Europäischen Kommission über die Modalitäten eines Investitionsschutzabkommens im Rahmen der Verhandlungen über eine Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft zwischen der EU und den USA hat der Bundesrat mit Unterstützung der Landesregierung Schleswig-Holstein am 11. Juli 2014 (BR-Drs. 295/14) nochmals Auffassungen und Positionen bekräftigt, die inhaltlich im Sinne des o.g. Landtagsbeschlusses sind. Eine Entscheidung des Bundesrates zu CETA wird erst nach Vorliegen von Verhandlungsergebnissen erfolgen können. 6. Hat die Landesregierung die vom Bund eingeräumte Gelegenheit zur Stellungnahme zum CETA-Entwurfstext bis Ende August genutzt? Falls ja, eingereichte Stellungnahme bitte der Antwort beifügen. Antwort: Die Haltung der Landesregierung zu CETA ist dem Bund über die Beschlüsse des Bundesrates vom 23. Mai 2014 (BR-Drs. 111/14) und 11. Juli 2014 (BRDrs . 295/14) bekannt. Darüber hinaus hat die Landesregierung ihre Position während der Bund-Länder Besprechung am 08. September in Berlin vorgetragen. 7. Abgeordnete der Regierungskoalition haben erklärt, die im Landtagsbeschluss „Transatlantisches Freihandelsabkommen CETA transparent machen und europäische Standards nicht absenken“ aufgezählten Ziele seien als Voraussetzung für die Zustimmung des Landes zu CETA anzusehen. a) Welche der Ziele des Landtagsbeschlusses erreicht der nun vorliegende CETA-Vertragsentwurf nicht? b) Sind auch für die Landesregierung die im Landtagsbeschluss festgehaltenen Ziele Zustimmungsvoraussetzung? Antwort: Die Haltung der Landesregierung zu CETA bildet sich in den Beschlüssen des Bundesrates vom 23. Mai 2014 (BR-Drs. 111/14) und 11. Juli 2014 (BR-Drs. 295/14) ab. 8. Trifft es zu, dass das geplante CETA-Freihandelsabkommen auf der Grundlage des inzwischen veröffentlichten Entwurfstextes auch in Teilbereichen ausschließlicher Länderzuständigkeiten wie Bildung und Kultur Anwendung findet? 9. Erfordert CETA deshalb nach dem Lindauer Abkommen die Zustimmung jedes einzelnen Bundeslands in der ständigen Vertragskommission? 10. Wird Schleswig-Holstein seine Zustimmung verweigern? Antwort auf die Fragen 8. bis 10.: Gemäß Nr. 3 der sog. Lindauer Absprache ist beim Abschluss eines völkerrechtlichen Vertrages das Einverständnis der Länder herbeizuführen, wenn er nach Auffassung der Länder deren ausschließliche Kompetenz berührt und soweit er auf Gebieten der ausschließlichen Zuständigkeit der Länder eine Verpflichtung des Bundes oder der Länder begründen soll. Dieses Einvernehmen soll vorliegen, bevor die Verpflichtung völkerrechtlich verbindlich wird. Das gilt nach Auffassung der Bundesregierung grundsätzlich nicht für sog. gemischte Abkommen, bei denen sowohl Regelungskompetenzen der EU als auch der Mitgliedsstaaten berührt sind. Das Mitwirkungsrecht der Länder in EU-Angelegenheiten ist nach Auffassung des Bundes bei diesen Abkommen grundsätzlich über das Verfahren gem. Artikel 23 GG gewährleistet. Die Bundesregierung hat in der Antwort auf eine Kleine Anfrage (BT-Drs. 18/1057, Frage 12) erklärt, dass sie nach dem damaligen Kenntnisstand CETA als gemischtes Abkommen einstuft. Unabhängig von der Frage, ob Länderzuständigkeiten wie Bildung und Kultur durch den CETA-Vertragsentwurf berührt sind, ist derzeit nicht damit zu rechnen, dass die Landesregierung im Rahmen eines Verfahrens aufgrund der Lindauer Absprache um die Abgabe einer Einverständniserklärung ersucht wird. Auf die für Deutschland bereits seit 1995 bestehenden Verpflichtungen im Rahmen des WTO-Dienstleistungsabkommens (GATS) wird verwiesen, hinter die Deutschland im Abkommen mit Kanada nicht zurückfallen kann. 11. Kann die Ablehnung von CETA durch das Land Schleswig-Holstein Gegenstand einer Volksinitiative sein? Antwort: Nein, vergleiche dazu auch die Antwort auf die Fragen 8. bis 10.