SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/2422 18. Wahlperiode 14-11-14 Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Patrick Breyer (PIRATEN) und Antwort der Landesregierung – Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie Weitergabe von Seewasserstraßenflächen an Dritte (Zweite Nachfrage) Vorbemerkung des Fragestellers: Laut Bundesgerichtshof (BGHZ 107, 342) wird das Land nach § 1 Abs. 3 WaStrG Eigentümer von Seewasserstraßenflächen nur, wenn es selbst Hafenanlagen errichtet oder Dritte dies aufgrund einer vor der Errichtung erteilten Nutzungserlaubnis des Landes tun. Vorbemerkung der Landesregierung zur Vorbemerkung des Fragestellers: Das angesprochene Urteil, das sich mit Anlandungen nach 1921 befasst, wird hier verkürzt und nicht im Zusammenhang mit der weiteren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und des Bundesverwaltungsgerichtes zitiert. In dem vom Fragesteller zitierten Urteil scheiterte der Eigentumserwerb des Landes daran, dass der BGH zum einen Anlandungen nach 1921 zivilrechtlich dem Deutschen Reich (und damit dem Bund als Rechtsnachfolger) zuordnete, indem es die Weitergeltung der alten Aneignungsrechte jedenfalls für die Zeit nach dem Staatsvertrag von 1921 ablehnte, und zum anderen auch im Hinblick auf § 1 Abs. 3 WaStrG daran, dass keinerlei Übertragungsakt erfolgte. Damit hatte der BGH die Rechtmäßigkeit der durch den Bund erfolgten Veräußerung an einen Dritten bestätigt. 1. Sind die in Schleswig-Holstein veräußerten Häfen, Wasserwanderplätze und Buchten (Anlage zur Drucksache 18/1181) zu einem Zeitpunkt von Dritten errichtet worden, zu dem das Land ihnen noch keine Nutzungsrechte übertragen hatte? Antwort: Die in Schleswig-Holstein veräußerten Häfen, Wasserwanderplätze und Buchten sind stets in Kenntnis und mit Einverständnis der Beteiligten Bund, Land, Kommune und späterer Erwerber errichtet worden. Im Übrigen sind weder die Inanspruchnahme unentgeltlicher Nutzungsbefugnisse nach § 1 Absatz 3 WaStrG durch das Land noch die Weiterübertragung der Nutzungsbefugnisse auf Dritte an eine bestimmte Form gebunden. 2. Zu welchen Zeitpunkten und wodurch genau soll das Land jeweils Eigentum an den in der Anlage zur Drucksache 18/1181 aufgeführten Flächen erworben haben? Antwort: Das Eigentum entsteht gemäß § 1 Absatz 3 WaStrG kraft Gesetzes beim Land, sobald die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 Absatz 3 WaStrG vorliegen. Dazu muss die Wasserfläche aus der Bundeswasserstraße ausgegrenzt sein, das Land die Ausübung der Nutzungsrechte erklärt haben, die Erfüllung der Verwaltungsaufgaben des Bundes darf nicht beeinträchtigt werden und die übrigen materiellen Voraussetzungen des § 1 Absatz 3 WaStrG müssen vorliegen. Ein genauer Zeitpunkt für den gesetzlichen Eigentumsübergang ist nicht immer ermittelbar, weil z.B. nicht immer feststeht, ab wann eine Fläche hinreichend ausgegrenzt ist. Der Bund bestätigt in Schreiben an das Land, dass das Land Eigentümer geworden ist, und erteilt jeweils Abschreibungsbewilligungen. Dies dient dem sachenrechtlichen Publizitätsgrundsatz. 3. Nach § 892 BGB kommt ein gutgläubiger Erwerb auch vom Nichteigentümer in Betracht. Zu welchen Zeitpunkten ist das Land jeweils als Eigentümer der in der Anlage zur Drucksache 18/1181 aufgeführten Flächen in das Grundbuch eingetragen worden? Antwort: Nach § 3 Absatz 2 der Grundbuchordnung sind Grundstücke u.a. des Bundes, der Länder, der Gemeinden buchungsfreie Grundstücke, d.h. es gibt Grundstücke, die grundbuchlich nicht gebucht sind. Eine Eintragung des Landes oder des Bundes in das Grundbuch ist deshalb nicht zwingend erforderlich. Mit der Entstehung des Eigentums an Hafenwasserflächen beim Land wird ggf. ein vorhandenes Grundbuch, das den Bund als Eigentümer nennt, unrichtig. Nach § 311b BGB bedürfen Verträge über Grundstücke grundsätzlich der notariellen Beurkundung. Ein Widerspruch der grundbuchlichen Eigentumsverhältnisse wird ggf. bei der Vertragsverhandlung und -gestaltung geklärt. Die Notare verlangen hierfür vom Land den Nachweis, dass das Land Eigentümer geworden ist. Dies geschieht im Vorgriff auf die von den Notaren bei den Grundbuchämtern zu beantragende Umschreibung. Der Nachweis des Eigentums wird durch die Bestätigung des Bundes und eine Abschreibungsbewilligung, die der Bund dem Land gegenüber erteilt, erbracht. Weil das Grundbuch bei gesetzlichem Eigentumserwerb nicht zwingend lückenlos alle jeweiligen Eigentümer einer Fläche enthalten muss, kann eine direkte Umschreibung auf den Erwerber erfolgen, ohne dass das Land im Zwischenschritt als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen wird. Auf die Eintragung des Landes als Eigentümer im Grundbuch wurde in den meisten Fällen verzichtet. 4. In welchen der 13 Fälle der Anlage zu Drucksache 18/1181 hat die Finanzministerin oder der Finanzminister in die Eigentumsübertragung eingewilligt oder auf die Mitwirkung verzichtet (§ 64 Abs. 1 LHO)? Antwort: Das Finanzministerium hat den jeweiligen Eigentumsübertragungen mit der Information des Finanzausschusses zugestimmt. Dies ist auch den jeweiligen Landtags-Umdrucken zu entnehmen. Die Veräußerung von Sportboothafenflächen, Nrn. 6 bis 12 der Anlage zu Drucksache 18/1181 hat das Finanzministerium selbst durchgeführt. 5. Vor der entgeltlichen Veräußerung der Seewasserstraßenflächen ist jeweils der Finanzausschuss unterrichtet worden unter Berufung auf eine Bestimmung des Haushaltsgesetzes. Diese erlaubt Ausnahmen von der Landeshaushaltsordnung "zur ganz oder teilweise unentgeltlichen Übertragung des Eigentums ... an Dritte zur Nutzung im öffentlichen Interesse, soweit das Land gemäß § 1 Abs. 3 WaStrG Eigentümer oder Nutzungsberechtigter an gewonnenen Land- und Hafenflächen und errichteten Bauwerken geworden ist". Teilt die Landesregierung die Einschätzung, dass die Veräußerungen 6-12 der Anlage zu Drucksache 18/1181 zum gutachterlich ermittelten Wert nicht "ganz oder teilweise unentgeltlich" erfolgt sind und die Landeshaushaltsordnung deshalb ohne Ausnahmen einzuhalten war? Antwort: Die in der Anlage zur Drucksache 18/1181 mit den Nr. 6-12 aufgeführten Veräußerungen erfolgten auf der Grundlage der in Rede stehenden Regelung des jeweiligen Haushaltsgesetzes. Obwohl in schwierigen Verhandlungen mit den Nutzern/Kaufinteressenten mindestens der volle Wert als Kaufpreis vereinbart werden konnte, war der Finanzausschuss wegen der Flächengröße von mehr als 5.000 m² zu unterrichten. 6. Haben Küsten- und Uferflächen nach Auffassung der Landesregierung "besondere Bedeutung" im Sinne des § 64 Abs. 2 LHO? Antwort: Nach den Bestimmungen der jährlichen Haushaltsgesetze finden § 64 Abs. 2 und 3 keine Anwendung in den Fällen zur ganz oder teilweise unentgeltlichen Übertragung des Eigentums oder der Nutzungsbefugnisse an Dritte zur Nutzung im öffentlichen Interesse, soweit das Land gemäß § 1 Abs. 3 des WaStrG Eigentümer oder Nutzungsberechtigter an gewonnenen Land- und Hafenflächen und errichteten Bauwerken geworden ist. Wenn die jährlichen Haushaltsgesetze davon ausgehen, dass in den Fällen, in denen das Land eine Fläche unentgeltlich erworben hat, eine Zustimmung des Landtages oder des Finanzausschusses nicht erforderlich ist, gilt dies erst recht für eine entgeltliche Übertragung der Flächen zum gutachterlich ermittelten Wert. Der Haushaltsgesetzgeber geht offensichtlich davon aus, dass die Kontrollfunktion des § 64 Absatz 2 LHO, nämlich einen Verlust von Vermögenswerten oder Grundstücken von erheblicher Bedeutung zu verhindern, in diesen Fällen nicht erforderlich ist. Wenn die Besorgnis des Verlustes von Vermögenswerten schon bei unentgeltlicher Überlassung nicht besteht, gilt dies erst recht bei entgeltlicher Überlassung zum gutachterlich ermittelten Wert. 7. In welchen der Fällen der Anlage zu Drucksache 18/1181 lag eine besondere Bedeutung im Sinne des § 64 Abs. 2 LHO vor? Antwort: Siehe Antwort zu Frage 6 8. Seit wann gilt die Bestimmung, dass ab einem 350.000 Euro übersteigenden Grundstückswert vor Abschluss (Wirksamkeit) des Vertrages die Einwilligung des Finanzausschusses einzuholen ist (Ziff. 4.9 VV zu § 64 LHO)? Antwort: Die Bestimmung gilt seit dem Haushaltsjahr 2003. 9. In welchen Fällen der Anlage zur Drucksache 18/1181 haben die Erwerber vom Land erhaltene Grundstücke weiter veräußert, wann und in welchem Umfang? Besteht aufgrund dessen ein Wiederkaufsrecht des Landes? Wenn nein, warum nicht? Antwort: Der Landesregierung ist bekannt, dass die Gemeinde Wendtorf mit Kaufvertrag vom 23.11.2011 eine unvermessene Teilfläche in Größe von ca. 106.000 m² der Marina Wendtorf weiterveräußert hat. Das Vermessungsergebnis beträgt 95.734 m². Diese Weiterveräußerung war beabsichtigt und deshalb von einem Wiederkaufsrecht ausgenommen. In den anderen Fällen sind der Landesregierung Weiterveräußerungen nicht bekannt. 10. Welche Sportboothäfen befinden sich zurzeit noch in öffentlichem Eigentum? Antwort: Es gibt etwa 250 Sportboothäfen in Schleswig-Holstein. Sie werden von Kommunen, von Vereinen oder privat geführt. Die Landesregierung führt keine Liste über die Sportboothäfen im Lande. Die Kreise und kreisfreien Städte sind die Genehmigungsbehörden für die Sportboothäfen. Der Landesregierung liegen keine Angaben darüber vor, welche Sportboothäfen sich im öffentlichen Eigentum befinden. 11. In welchen weiteren Fällen ist eine Übereignung (ehemaliger) Seewasserstraßenflächen durch das Land ggf. im Gespräch? Bitte die Flächen, ihre Größe und den aktuellen Nutzer genau bezeichnen. Antwort: In der Schlei wurde Interesse bekundet, Flächen der Bundeswasserstraße Ostsee/Schlei zu erwerben. Die genauen Flächen einschließlich deren Größen sind zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht bekannt. Sie ergeben sich erst aufgrund weiterer Planungen und Verhandlungen. Angaben über derzeitige Nutzer, die einen Nutzungsvertrag mit dem Bund haben, werden aus Datenschutzgründen in einer Kleinen Anfrage nicht genannt. Weiterhin ist die Weitergabe von nach § 1 Absatz 3 WaStrG erworbener Eigentumsflächen des Hafens Wyk a.F. durch das Land auf den Städtischen Hafenbetrieb Wyk a.F. geplant. Die genauen Flächen und ihre Größe werden in der noch zu erarbeitenden Vorlage an den Finanzausschuss beschrieben.