SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/2478 18. Wahlperiode 2015-01-13 Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der Fraktion der SPD Ernährungswirtschaft in Schleswig-Holstein Drucksache 18/2136 Federführend ist das Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 Ernährungswirtschaft ist ein bedeutender Wirtschaftszweig in Schleswig-Holstein. Insbesondere seit 2000 entwickelt sie sich positiv. Mit ihrer Großen Anfrage will die SPD-Landtagsfraktion eine Grundlage für eine neue strategische Ausrichtung der Ernährungswirtschaft in Schleswig-Holstein schaffen. Darüber hinaus soll die Bedeutung dieses Wirtschaftszweigs für Schleswig-Holstein in wirtschaftlicher, sozialer, kultureller und wissenschaftlicher Hinsicht beleuchtet werden. Weiterhin wollen die Antragsteller einen Überblick über die Verantwortlichkeiten innerhalb der Landesregierung erhalten, dies betrifft auch Zuwendungen, Fördermittel etc. Vorbemerkung der Landesregierung: Die Art wie und zu welchen Bedingungen Lebensmittel produziert und konsumiert werden, ist eine der zentralen ökologischen und sozialen Fragen unserer Zeit. Sie berührt alle Menschen und fundamentale ethische Kriterien des gesellschaftlichen Umgangs mit Lebewesen, sie umschreibt ein Spannungsfeld, in dem Bauern und Betriebe wirtschaften wollen und die Wertschöpfung des Landes steigern. Daher hat sich die Landesregierung eine regionale, ressourcen- und umweltschonende Land- und Ernährungswirtschaft zum Ziel gesetzt, die qualitativ hochwertige Lebensmittel bereitstellt und die Wertschöpfung in Schleswig-Holstein erhöht. Die Ernährungswirtschaft zählt neben dem Maschinenbau und der Energiewende- Wirtschaft zu den bedeutendsten Wirtschaftszweigen im verarbeitenden Gewerbe. Die Tradition der Ernährungswirtschaft basiert auf der ausgeprägten Agrarstruktur, in einem von Klima und Boden begünstigtem Küstenland. Insbesondere in der Wirtschaftskrise der Jahre 2008/2009 erwies sich die Ernäh- rungswirtschaft als ein Rückhalt der Wirtschaft. Im Gegensatz zum stärker exportie- renden Maschinenbau gab es kaum nennenswerte Umsatzeinbrüche. Im Zeitraum von 2005 bis 2013 stiegen die Umsatzzahlen der Ernährungswirtschaft deutlich stär- ker als im Vergleich zum verarbeitenden Gewerbe insgesamt. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 3 I. Grundsätzliches 1. Was versteht die Landesregierung unter dem Begriff „Ernährungswirt- schaft“, welche Wirtschaftszweige sind damit verknüpft? Entlang der Wertschöpfungskette zählt die Landesregierung gemäß der Food-Value-Chain alle Wirtschaftsbereiche, die sich mit der Produktion, der Verarbeitung und dem Handel von Lebensmitteln bzw. Nahrungsmit- teln befassen zur Ernährungswirtschaft („von der Forke bis zum Teller“). Die Food-Value-Chain (s. Abbildung 1) umfasst die Landwirtschaft (ein- schließlich vorgelagerter Bereiche), die Unternehmen des Großhandels mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, die Unternehmen der Erstverarbei- tung landwirtschaftlicher Rohstoffe, das Ernährungshandwerk, die weiter- verarbeitende Industrie (Lebensmittelindustrie bzw. Lebensmittelgewerbe im eigentlichen Sinne), den Lebensmittel-Groß- und Einzelhandel, Groß- verbraucher, die Zuliefer-Unternehmen, die Dienstleistungsunternehmen sowie öffentlich-rechtliche Einrichtungen. Abbildung 1: Schematische Darstellung der Food-Value-Chain Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 4 Im Rahmen der für statistische Zwecke geltenden Klassifikation der Wirt- schaftszweige (WZ 2008) können aus dem Abschnitt A „Landwirtschaft“ und vom Abschnitt C „Verarbeitendes Gewerbe“ die Abteilungen 10 „Her- stellung von Nahrungs- und Futtermitteln“, 11 „Getränkeherstellung“ und 12 „Tabakverarbeitung“ für eine Darstellung der „Ernährungswirtschaft“ herangezogen werden. Für diese Bereiche liegen Daten aus der Volks- wirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR) bzw. einzelne Fachstatistiken vor. Die Summe der Abteilungen 10-12 wird in der VGR als ein Aggregat mit der Bezeichnung CA „Herstellung von Nahrungs- und Genussmitteln, Getränken und Tabakerzeugnissen“ geführt. Auch wenn die Begriffe „Er- nährungswirtschaft“ oder „Ernährungsgewerbe“ in der WZ-Klassifikation bzw. in der VGR nicht als Bezeichnung vorgesehen sind, lässt sich die Gesamtheit aus Abschnitt A und Aggregat CA als „Ernährungswirtschaft“ bezeichnen. 2. Image von Produkten der Ernährungswirtschaft in Schleswig-Holstein a) Hat die Landesregierung Erkenntnisse über das Image von Produkten aus Schleswig-Holstein, wenn ja, welche? Die Voraussetzungen für die landwirtschaftliche Produktion sind in Schleswig-Holstein ideal: mildes Klima, guter Boden und viel Wasser. Un- ser Land wird geprägt von der Landwirtschaft: Sie gestaltet den ländlichen Raum und ist ein wesentliches Element für dessen Zukunftsfähigkeit. In erster Linie ist die Landwirtschaft Nahrungsmittelproduzent. Sie leistet zu- dem immer mehr im Tourismus, in der Energiewirtschaft, der Landschafts- pflege und bei der Direktvermarktung. Schleswig-Holstein hat aufgrund seiner günstigen klimatischen Lage, gu- ten Böden und gut ausgebildeten Landwirten auch im weltweiten Vergleich ein sehr hohes Ertragspotenzial bei guten Qualitäten. Schleswig-Holsteins landwirtschaftliche Produkte sind weltweit gefragt und werden zu einem großen Teil als Rohware (Getreide, Raps) oder nur wenig weiterverarbei- tet exportiert (z.B. Milchpulver (vgl. Antwort zu Frage 11). Auch für die Er- nährungswirtschaft im verarbeitenden Gewerbe stellt bei einem derzeiti- gen Exportanteil von fast 21 Prozent der Export bezogen auf Deutschland einen wesentlichen Absatzmarkt dar. Für die derzeitige Wirtschaftsstruktur der schleswig-holsteinische Land- und Ernährungswirtschaft ist daher die Ausweitung des überregionalen Exports ein wichtiger Bestandteil zukünfti- ger Entwicklungsstrategien. Auf der anderen Seite nutzen viele Betriebe der Land- und Ernährungs- wirtschaft den verstärkten Trend hin zu mehr Regionalität (vgl. Antwort zu Frage 2 b). Diese Entwicklung ist eine Gegenbewegung zur Entfremdung zwischen Verbrauchern und Produzenten und stellt darüber hinaus das Heimatbewusstsein als Mehrwert in den Mittelpunkt. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 5 National haben Lebensmittel aus Schleswig-Holstein einen guten Ruf. Zum Thema Verbraucherkommunikation führte das Branchennetzwerk „foodRegio“ im Jahr 2011 eine repräsentative Verbraucherbefragung zum Image-Check der schleswig-holsteinischen Land- und Ernährungswirt- schaft durch. Dabei wurde das Image schleswig-holsteinischer Lebensmit- tel auf einer Skala von 1 (sehr negativ) bis 10 (sehr positiv) im Schnitt aller Befragten mit 6,92 Punkten bewertet. Bei den in Schleswig-Holstein selbst lebenden Personen steigerte sich dieser Wert auf sehr gute 8,2 Punkte. Auf die Frage „Welche Lebensmittelprodukte fallen Ihnen spontan ein, wenn Sie Schleswig-Holstein hören?“ wurden folgende Produktgruppen in abfallender Häufigkeit genannt:  Fisch / Meeresfrüchte,  Wurst / Würstchen,  Milchprodukte,  Bier,  Fleisch und  Käse. In diesem Kontext wurden folgende Produkteigenschaften identifiziert:  Qualität / Frische,  naturbelassen / nah,  bio- / ökologisch,  schmackhaft,  gesund und  gute Preise. Für die Land- und Ernährungswirtschaft gilt es, das vorhandene positive Image von schleswig-holsteinischen Produkten zu nutzen. b) Gab es in den letzten Jahren einen Imagewandel? Regionalität liegt im Trend: 92 % aller Befragten in Deutschland bevorzu- gen Lebensmittel – egal ob aus konventionellem oder ökologischem An- bau –, die aus der Region stammen. Schon heute bevorzugen drei von vier Verbrauchern Produkte aus der Region. Akzeptiert werden von ihnen Preisaufschläge bis zu 15 Prozent ("Ökobarometer 2013" im Auftrag der Bundesregierung). Die Ernährungswirtschaft reagiert schon jetzt auf die- sen beginnenden Verbrauchertrend, indem sie zunehmend regionale Pro- dukte anbietet. Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 6 Mit der Einführung des Gütezeichens Schleswig-Holstein vor fast genau 50 Jahren war man seinerzeit bundesweit Vorreiter, auch wenn hier primär die Qualität der Produkte und erst nachrangig die regionale Herkunft im Fokus steht. Heimische Erzeugnisse wie auch die regionale Gastronomie wurden früher vornehmlich mit rustikaler fettreicher Kost assoziiert. Das hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Heute stehen regionale Produkte aus Schleswig-Holstein vorwiegend für die Attribute „gesund“, „frisch“ und „vertrauenswürdig“. Dieser Image-Wandel findet statt, obwohl Schleswig-Holstein zunehmend für den Weltmarkt Lebensmittel produziert, dies gilt insbesondere für Milch und Schweine. Image und Realität passen nicht immer zusammen. Den- noch spielt heutzutage eine qualitativ hochwertige wie auch umweltver- trägliche und nachhaltige Produktion bei den regionalen Produkten eine immer größere Rolle. Die Landesregierung unterstützt diesen Trend so- wohl in der Bildung von Netzwerken wie z.B. „FEINHEIMISCH“, aber auch in Zusammenschlüssen von Direktvermarktern, wie z.B. den Nordbauern. Qualität wie auch Glaubwürdigkeit des Erzeugers oder Anbieters stehen für die Verbraucherinnen und Verbraucher in Punkto Regionaler Produkte an vorderster Stelle. Qualitäts- und Gütesiegel können dabei eine zusätz- liche Orientierung bieten. Vor diesem Hintergrund haben die in Schleswig- Holstein tätigen Handelsketten ihre Sortimente mit regionalen Erzeugnis- sen stetig erweitert, zum Teil auch mit Hilfe von Eigenmarken. Die hiesige Ernährungswirtschaft folgt diesem Trend mit entsprechenden Sortimenten. Aber auch kleine und mittlere Erzeuger und Unternehmen entdecken die wachsenden Marktchancen, die sich für regionale und ökologische Pro- dukte ergeben. Insbesondere die Nähe von Produktion und Vermarktung, wie sie z.B. in den Markttreffs zum Ausdruck kommen, sind hier gefragt. Neben der Frage der regionalen Herkunft spielt zunehmend auch die Fra- ge der Art der Produktion eine kaufentscheidende Rolle. So ist die Ökolo- gische Lebensmittelbranche eine besonders wachstumsstarke Branche. Vor 25 Jahren stellte sich der Bio-Markt als Nischenmarkt dar: Der Anteil der Bio-Betriebe lag unter 0,5 Prozent und die Erzeugnisse wurden ent- weder direkt ab Hof, auf Wochenmärkten oder von wenigen kleinen Natur- kostläden vermarktet. Im Jahr 2013 bewirtschafteten in Deutschland 23.271 Betriebe (8,2 Prozent aller Agrarbetriebe) zusammen eine land- wirtschaftlich genutzte Fläche von insgesamt 1.060.669 Hektar (ha) Das entspricht 6,4 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche. In Schleswig-Holstein lag der Anteil der ökologisch bewirtschafteten Fläche mit 4,1 deutlich niedriger, obwohl die Nachfrage nach Produkten der Öko- logischen Landwirtschaft auch in Schleswig-Holstein steigend ist. Die Landesregierung hat auf diesen Nachholbedarf reagiert (vgl. Antwort zu Frage 81). Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 7 Auch die Produktion von Fleisch aus besonders tiergerechter Haltung hat ein Marktpotenzial. In Deutschland stehen inzwischen über 50 Prozent der Schweine in Beständen mit mehr als 1.000 Tieren und über 50 Prozent der Masthühner und Legehennen in Beständen mit mehr als 50.000 Tie- ren. Diese intensiven Produktionssysteme, die sich im Zuge des Struktur- wandels herausgebildet haben, werden von einem Großteil der deutschen Bevölkerung kritisch gesehen. Nach einer Umfrage des NDR vom Oktober 2014 wären 85 % der Menschen in Schleswig-Holstein bereit, höhere Preise zu akzeptieren, wenn hierdurch ein Mehr an Tierschutz in der Nutz- tierhaltung erreicht würde. Allerdings sind Erzeugnisse aus alternativen Haltungssystemen zwar punktuell am Markt verfügbar (z. B. Produkte aus ökologischer Tierhaltung), doch haben es diese höherpreisigen Segmente bisher nicht geschafft, flächendeckend größere Marktanteile zu erringen. Die Landesregierung wird daher im Rahmen des Agrarinvestitionsförde- rungsprogramms (AFP) innovative bauliche Investitionen, die besondere tiergerechte Haltungssysteme realisieren, fördern. c) Welches Image von schleswig-holsteinischen Produkten strebt die Lan- desregierung an? Die Landesregierung arbeitet nicht primär an einem Imagewandel, son- dern an der faktischen Veränderung der landwirtschaftlichen Produktion. Sie setzt sich politisch für mehr Tierschutz, eine umwelt- und gewässer- schonende Produktion, einen höheren Anteil des Ökolandbaus und stärke- re regionale Wertschöpfung ein (vgl. auch Antwort zu Frage 5). Durch eine Veränderung der landwirtschaftlichen Produktion ergibt sich praktisch auch eine Veränderung des Images der Produkte. Dabei werden folgende Aussagen zu schleswig-holsteinischen Produkten angestrebt:  Nachhaltig und ökologisch  sicher und gesund,  qualitativ hochwertig,  glaubwürdig und authentisch/regional,  innovativ. 3. Wie viele Beschäftigte in der Landesverwaltung sind jeweils voll oder an- teilig mit Ernährungswirtschaft befasst? Unter Zugrundelegung des unter Frage 1 aufgezeigten Begriffs der Ernäh- rungswirtschaft ist folgende Anzahl von Beschäftigten innerhalb der Lan- desregierung ausschließlich mit Fragen der „Ernährungswirtschaft“ befasst (Tabelle 1, Tabelle 2 und Tabelle 3): Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 8 Tabelle 1: Beschäftigte der Landesregierung im Bereich des MELUR Behörde Abteilung Anzahl Personen Ministerium Abteilung 2 „Landwirtschaft, gesundheitlicher Verbraucher- schutz, Veterinärwesen und Fi- scherei“ 77 Abteilung 5 „Naturschutz, Forst- wirtschaft und ländliche Räume“ 10 LLUR Abteilung 2 „Landwirtschaft“ 125 Abteilung 3 „Fischerei“ 36 Landeslabor SH Geschäftsbereich 2 bis 5 154 Berufsbildende Schulen, Ausbildungsgänge zum Landwirt sowie Berufen der Ernährungswirtschaft inc. Ernährungshandwerk 28 Tabelle 2: Beschäftigte der Landesregierung im Bereich des MWAVT Behörde Abteilung Anzahl Personen Ministerium Abteilung Wirtschaft, Referat „Mittelstand, Handwerk“ 1 Tabelle 3: Anzahl der Beschäftigten im Bereich des MSB Behörde Abteilung Anzahl Personen Universität Kiel Agrar- und Ernährungswissen- schaftliche Fakultät 4761) Fachhochschulen Fachhochschule Kiel, Fachbereich Agrarwirtschaft 17 Fachhochschule Flensburg 9 Fachhochschule Lübeck 3 Fachaufsicht Ernährung und Hauswirtschaft 1 Landesseminar Berufliche Bildung des IQSH Studienleiter FR Ernährung und Hauswirtschaft 1 1) alle Beamten und Angestellten inkl. Drittmittel finanzierte Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 9 Darüber hinaus sind anteilig in der Landesverwaltung verschiedene Per- sonen bzw. Bereiche mehr oder weniger intensiv auch mit Angelegenhei- ten der Land- und Ernährungswirtschaft befasst. Eine differenzierte Erfas- sung und Darstellung der anteilig Beschäftigten ist im Rahmen dieser An- frage nicht möglich. 4. Wie bekannt sind Produkte der schleswig-holsteinischen Ernährungswirt- schaft außerhalb des Landes? Gibt es dabei „Highlights“? Vergleichende, über einen längeren Zeitraum angelegte Studien über die Bekanntheit von Produkten der schleswig-holsteinischen Ernährungswirt- schaft liegen nicht vor. Einen Hinweis auf die überregionale Kundenakzeptanz schleswig- holsteinischer Produkte und damit auch deren Bekanntheit liefern die je- weiligen jährlichen Rankings der bundesweit wichtigsten Fachpresse „Le- bensmittelzeitung“ („Produkt des Jahres“). In den jeweiligen Warengrup- pen lagen Produkte von Firmen der schleswig-holsteinischen Ernäh- rungswirtschaft in den letzten Jahren regelmäßig im Vorderfeld oder zähl- ten sogar zu den Gewinnern. Zu nennen sind hier z.B. die Firmen Schwartauer Werke, Continental Foods Germany (Erasco), Zurmühlen- Gruppe (Böklunder und Redlefsen), Peter Kölln, Hela Gewürzwerk Her- mann Laue, Hawesta, Niederegger, Flensburger Brauerei oder im Bereich der Bio-Produkte die Firma Zwergenwiese. Diese Firmen sind durch ihre Akzeptanz bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern somit wichtige Imageträger für Produkte aus Schleswig-Holstein. 5. Welche Ziele und Visionen hat die Landesregierung für eine „Ernährungs- wirtschaft 2030“? Hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung der schleswig-holsteinischen Er- nährungswirtschaft werden zwei große Trends erwartet. Einerseits ist die zunehmende Globalisierung auch in der Ernährungswirtschaft spürbar. Die Tendenz besteht unverkennbar darin, dass die Märkte offener werden und der Importdruck steigt. Umgekehrt eröffnen sich neue Exportmöglich- keiten. Die Ernährungswirtschaft besitzt hier ein ökonomisches Wachs- tumspotenzial, das eine weitere Intensivierung nach sich ziehen wird. Ggf. wird die politische Rahmensetzung die ökologischen Folgekosten wie Schutz von Grundwasser, Erhalt der Biodiversität oder Klimaschutz deutli- cher als bisher als limitierenden Faktor setzen. Andererseits entwickelt sich ein starker Trend hin zu ökologischen und re- gionalen Produkten (vgl. Antwort zu Frage 2). Dieser wachsende Markt bietet für schleswig-holsteinische Betriebe, insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen Zukunftschancen abseits des globalen Marktes mit den entsprechenden Wettbewerbsbedingungen (z.B. Welt- marktpreise). Um auf die zukünftigen Herausforderungen vorbereitet zu sein, setzt sich die Landesregierung folgende Arbeitsschwerpunkte: Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 10 Erhalt der bäuerlichen Landwirtschaft: Auch in 2030 soll die landwirt- schaftliche Produktion in der unternehmerischen Verantwortung der Landwirte liegen. Neben den klassischen bäuerlichen Familienbetrieben sind auch Genossenschaften, Betriebs- und Hofgemeinschaften oder neue Erzeuger Verbrauchergemeinschaften mögliche Organisationsfor- men einer solchen bäuerlichen Landwirtschaft. Seit 1965 hat sich die Zahl der Betriebe in Schleswig-Holstein insgesamt um etwa 73 Prozent verrin- gert (ohne Berücksichtigung der veränderten statistischen Erfassungs- grenzen). Dieser Verlust an landwirtschaftlichen Betrieben ist ein wichtiger Grund dafür, dass im ländlichen Raum dramatische Strukturveränderun- gen nicht nur in der Landwirtschaft zu verzeichnen sind. Landwirte und Landwirtschaft sind das Rückgrat des ländlichen Raumes. Der Beruf des Landwirts ist attraktiv und modern. Auch Neueinsteiger sol- len in der Landwirtschaft eine Chance sehen, außerfamiliären Beschäftig- ten soll ein gut bezahlter Arbeitsplatz geboten werden. Trotz steigender Anforderungen an zukünftige Landwirte hinsichtlich weiter zunehmender gesellschaftlicher Ansprüche und zunehmendem globalen Wettbewerb, bleibt der Beruf des Landwirts einer der vielfältigen und abwechslungs- reichsten Berufe. Ausbildung und Forschung in Schleswig-Holstein sichern den hohen Ausbildungsgrad der in Land- und Ernährungswirtschaft Be- schäftigten. Durch die Inanspruchnahme der Flächen durch Infrastrukturprojekte (Straßenneu- und -ausbau, Stromtrassen, Windkraftanlagen, Gewerbege- biete), durch Anreize des EEG für Maisanbau aus den vergangenen Jah- ren wie aber auch durch steigende Erzeugerpreise, sind die Preise für Pacht- oder Kaufflächen teilweise dramatisch gestiegen. Für viele wirt- schaftende Betriebe, gerade wenn sie extensiver arbeiten, sind solche Preise kaum noch zu bezahlen. Die Landesregierung beobachtet den Markt und ist mit den landwirtschaftlichen Verbänden im steten Austausch darüber. Sie hat die Prämien für den Ökolandbau oder Agrar- Umweltmaßnahmen bereits entsprechend erhöht. Schutz der Lebensgrundlagen/Landschaftsbild: Aufgrund der guten klimatischen Verhältnisse und Bodenbeschaffenheit zählt Schleswig- Holstein zu den landwirtschaftlichen Regionen mit besonders günstigen Produktionsbedingungen in Deutschland und Europa. Im Laufe der Jahr- hunderte hat die landwirtschaftliche Tätigkeit zur Schaffung und zum Er- halt einzigartiger Landschaften geführt. Naturräume wurden zu Kulturräu- men mit besonderer ökologischer Bedeutung. Allerdings hat in den letzten Jahrzehnten die Attraktivität des Standortes SH zu erheblichen Verände- rungen (z.B. Verlust Grünland, Monotonisierung durch zunehmender Kon- zentration auf wenige Fruchtarten) und zu unerwünschten Belastungen von Boden, Wasser, Luft, für das Klima (Lachgas- und Methanemissionen) und zu einem Verlust an biologische Vielfalt geführt. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 11 Durch die stärkere Einbeziehung von Umweltbelangen in die Agrarpolitik muss die Entwicklung landwirtschaftlicher Bewirtschaftungsmethoden ge- fördert werden, die die Umwelt schützen und die traditionellen Landschaf- ten erhalten. Vordringlicher Handlungsbedarf besteht in folgenden Berei- chen, die bis 2030 umgesetzt werden sollen: - Die Erfüllung von Mindestanforderungen des Umwelt- und Na- turschutzes auch in einem intensiv genutzten Hochertrags- standort wie Schleswig-Holstein, - die Erhaltung einer extensiven landwirtschaftlichen Produktion mit entsprechend angepassten landwirtschaftlichen Praktiken auf naturschutzfachlich bedeutsamen Flächen mit ihren positi- ven Effekten für die Artenvielfalt und die abiotischen Ressour- cen. Der ökologische Landbau leistet aus Sicht der Landesregierung einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Produktion von Lebensmitteln. Er trägt zum Klima- und Artenschutz und zur Erhaltung der Boden- und Gewäs- serqualität bei. Im Jahr 2030 wird der Anteil des ökologischen Landbaus einen erheblichen höheren Anteil an der Anbaufläche in Schleswig- Holstein haben. Tierwohl: Der Strukturwandel in der Landwirtschaft hat in der Tierhaltung neue Haltungssysteme und Bestandsgrößen nach sich gezogen. Dies und die ebenfalls damit einhergehende Konzentration der Tierhaltung wird von der Gesellschaft zunehmend kritisch hinterfragt. Dieser Entwicklung wird sich die Landwirtschaft bis zum Jahr 2030 gestellt und durch entspre- chende Aktivitäten im Bereich Tierschutz und Tierwohl Antworten gefun- den haben. Die Bewertung der Tierhaltung erfolgt u.a. anhand von Tier- wohlindikatoren, d.h. das Tierwohl wird direkt am Tier z.B. über das Vor- handensein von sozialem Verhalten erfasst. Gleichzeitig werden sich ver- mutlich die Ernährungsgewohnheiten der Verbraucherinnen und Verbrau- cher in Richtung „Weniger Fleisch ist mehr“ entwickeln. Die Landesregie- rung setzt sich auf Bundesebene für strengere Tierschutzvorschriften ein und hat auf Landesebene einen runden Tisch Tierschutz einberufen, der erste Ergebnisse (Verzicht auf Schlachtung trächtiger Kühe, Leitfaden Schafe/ Ziegen, Schwänzekupieren bei Schweinen) auf den Weg gebracht hat. Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 12 Nach den Zahlen des Statistischen Amtes der Europäischen Union gehö- ren die Bundesbürger nach wie vor zu den Europäern, die am günstigsten einkaufen. Der Grund liegt in den Einkommenssteigerungen in der Bevöl- kerung und den weit dahinter zurückliegenden Anstiegen für Nahrungsmit- telpreise. Gleichzeitig hat sich der Anteil des Erzeugerpreises am Ver- braucherpreis in den letzten Jahrzehnten drastisch verringert. Die Land- wirtschaft steht unter enormen Preisdruck durch Verarbeiter und den Le- bensmitteleinzelhandel. Es braucht gerechte Preise für hochwertige Le- bensmittel, welche die Existenz der bäuerlichen Landwirtschaft sichern und gleichzeitig die gesellschaftlichen Ansprüchen an die Landwirtschaft bezahlbar machen. Regionale Wertschöpfung/Regionalität: Die schleswig-holsteinische Landwirtschaft behält ihre Spitzenposition im europäischen und globalen Wettbewerb. Daneben sind regionale Qualitätsprodukte zu einem wichti- gen Standbein der schleswig-holsteinischen Ernährungswirtschaft gewor- den. Regionale Erzeugung bzw. neue Vermarktungsstrategien sind dafür auszubauen bzw. zu entwickeln. Die Wertschöpfungskette muss so wei- terentwickelt werden, dass Einkommen und Arbeitsplätze in Schleswig- Holstein gehalten bzw. neu geschaffen werden. Bioökonomie: Ein zukunftsfähiges Wirtschaften wird zunehmend auf ei- nen Rohstoffmix aus nachhaltig erzeugten und nachwachsenden Res- sourcen setzen. Rohstoffe wie Erdöl und Erdgas gehen zur Neige. Ihre Förderung ist oftmals nur noch unter großen technischen Schwierigkeiten und mit Risiken für die Umwelt möglich. Zukünftig wird ein Rohstoffmix aus nachhaltig erzeugten nachwachsenden Rohstoffen die bisherigen fossilen Quellen in großen Teil substituieren. Durch die Kaskaden- und Koppelnut- zung von Biomasse können Rohstoffe im Rahmen der Kreislaufwirtschaft vollständig und hochwertig verwertet werden. Bioraffinerien versprechen gegenüber derzeitigen Verfahren der stofflichen und energetischen Nut- zung eine effizientere Ausnutzung des Biomassepotenzials. Dabei werden auch Abfallprodukte aus der Ernährungswirtschaft eine wichtige Rolle spielen. Lebensmitteltransparenz: Größtmögliche Lebensmittelsicherheit, gesun- de Ernährung, transparente Kennzeichnung, nachhaltige Erzeugung, sowie die Wertschätzung unserer Lebensmittel sind Kernelemente einer zukünftigen Ernährungswirtschaft. Kein Lebensmittelunternehmen wird mehr um das Thema Lebensmitteltransparenz herumkommen. Vielmehr punkten Produkte, bei denen der Verbraucher das Gefühl hat, sie zu ken- nen. Der Verbraucher will nicht mehr mit werblichen Versprechungen überzeugt werden, sondern mit stichhaltigen Beweisen dazu, wie gut ein Produkt ist. Schleswig-holsteinische Unternehmen werden Transparenz in der Wertschöpfungskette schaffen und sich damit auch offen gegenüber dem Verbraucher zeigen und diesen mitnehmen können. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 13 Eine neue gemeinsame europäische Agrarpolitik: Die EU-Agrarpolitik hat jetzt den Rahmen für die Zeit bis 2020 festgelegt. Sie setzt den größ- ten Teil der Finanzmittel für entkoppelte, flächengebundene Direktzahlun- gen ein, die allen Landwirten zugutekommen und bisher kaum Steue- rungswirkungen entfalten. Aus Sicht der Landesregierung sind die jetzt für einen Teil der Direktzahlungen vorgesehenen Umweltauflagen („Gree- ning“) noch kein ausreichend effizientes Instrument zur Erreichung der ge- sellschaftlichen Ziele für den Agrarbereich (Tierschutz, Umwelt- und Na- turschutz, soziale Gerechtigkeit usw.). Die 2. Säule der EU-Agrarpolitik ist besser geeignet, um gesellschaftliche Ziele zu erreichen. Eine neue Re- form der Agrarpolitik nach 2020 muss sich ernsthaft mit einem schrittwei- sen Abbau der 1. Säule und finanzieller Aufstockung der 2. Säule der Ag- rarpolitik auseinandersetzen. Dabei ist die 2. Säule sowohl inhaltlich, als auch institutionell so aufzustellen, dass damit konkrete gesellschaftliche Ziele erreicht werden können. Innovationen in der Ernährungswirtschaft: Im Dezember 2013 hat das Kabinett die Regionale Innovationsstrategie Schleswig-Holstein (RIS3 SH) beschlossen, in der die Ernährungswirtschaft als eines von fünf relevanten Spezialisierungsfeldern für Schleswig-Holstein identifiziert wurde. Vor die- sem Hintergrund ist es Ziel der Landesregierung, die Ernährungswirtschaft bis 2030, insbesondere durch Innovationen national und international wettbewerbsfähiger zu machen. Dabei sind ökologische und ökonomische Folgekosten und die Herausforderungen knapper werdender Ressourcen und des Klimawandels zu berücksichtigen. Für die notwendigen Innovationen sollen die überwiegend klein- und mit- telständischen Unternehmen noch stärker als bisher vernetzt werden, um unternehmens- und branchenübergreifendende Forschungs- und Entwick- lungsprojekte zu realisieren, die bisher nur von Großunternehmen und Konzernen finanziell und personell zu bewältigen waren. Bis zum Jahr 2030 soll die Ernährungswirtschaft Schleswig-Holsteins in den Bereichen Innovation und Forschung, Energie- und Materialeffizienz sowie Qualifikation eine führende Rolle unter dem Dach eines hochqualifi- zierten Branchennetzwerkes in Nordeuropa einnehmen. Das Netzwerk führt kooperativ Kompetenzen, Ressourcen, Erfahrung und Wissen aus Wirtschaft und Wissenschaft zusammen und steigert damit nachhaltig die Innovationskraft und damit die Wettbewerbsfähigkeit der norddeutschen Unternehmen der Ernährungswirtschaft und der mit ihr verzahnten Bran- chen wie insbesondere den Maschinenbau und die Dienstleistungswirt- schaft. Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 14 II. Gute Ernährungswirtschaft 6. Wie entwickelt sich die Ernährungswirtschaft in Schleswig-Holstein in Hinsicht auf ihren Anteil am Bruttoinlandsprodukt seit dem Jahr 2000? Die nachfolgenden Daten machen deutlich, dass die ökonomische Bedeu- tung der Ernährungswirtschaft für die Wirtschaftskraft des Landes hinter der Bedeutung für das Image des Landes zurück bleibt. Mit 4 Prozent Bruttowertschöpfungsanteil sind Produktion und Verarbeitung ein stabiler Faktor für den Wirtschaftsstandort Schleswig-Holstein (vgl. Antwort zu Frage 31). Dabei weisen die einzelnen Bereiche wie z.B. Landwirtschaft, größere Verarbeitungsbetriebe und das Handwerk eine relativ große Sta- bilität auf. Landwirtschaftliche Betriebe in Schleswig-Holstein boten 2010 insgesamt 45 384 Personen einen Arbeitsplatz. Die größte Gruppe stellten weiterhin die Familienarbeitskräfte (54 Prozent der Arbeitskräfte insgesamt). Den- noch ist seit 1999 ein kontinuierlicher Rückgang der Familienarbeitskräfte zu verzeichnen. Weiterhin gab es 9 450 ständige, familienfremde Arbeits- kräfte, deren Anteil im Gegensatz zu den Familienarbeitskräften seit 1999 zunahm. Darüber hinaus waren 2010 insgesamt 11 484 Saisonarbeitskräf- te in der schleswig-holsteinischen Landwirtschaft tätig. Mit Schwankungen blieb ihre Anzahl in den letzten Jahren insgesamt aber relativ konstant. Die Bedeutung des Primärsektors als Beschäftigungsgeber ist in Schles- wig-Holstein wesentlich größer als in ganz Deutschland. Während in Schleswig-Holstein im Jahr 2012 2,9 % aller Erwerbstätigen in der Land- und Forstwirtschaft und in der Fischerei beschäftigt waren, waren es in ganz Deutschland lediglich 1,6 % (s. Abbildung 2). Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 15 Unter den westdeutschen Ländern leistet der Primärsektor in Schleswig- Holstein gemeinsam mit Niedersachsen und Rheinland-Pfalz damit den größten Wertschöpfungsbeitrag. Dieser liegt für die Land- und Forstwirt- schaft sowie der Fischerei mit 1,8% (Stand: 2012) annähernd doppelt so hoch wie in ganz Deutschland (1%) (s. Tabelle 4). Tabelle 4: Anteil der Land- und Forstwirtschaft, Fischerei und Fischzucht an der Bruttowertschöpfung (Berechnungsstand 2012) Jahr Schleswig-Holstein in jeweiligen Preisen Deutschland in jeweiligen Preisen 2000 2,1 1,1 2001 2,2 1,2 2002 1,8 1 2003 1,7 0,9 2004 1,8 1,1 2005 1,3 0,8 2006 1,5 0,8 2007 1,5 0,9 2008 1,8 1 2009 1,4 0,8 2010 1,5 0,8 2011 1,7 0,9 2012 1,8 1 Abbildung 2: Anteil der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft an der Gesamtzahl der Erwerbstätigen im Jahr 2012 (Daten Agrarbericht MELUR) Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 16 Die Beschäftigungszahlen des Sekundärsektors in Schleswig-Holstein sind zwar im Vergleich nicht so stark ausgeprägt, dennoch ist das verar- beitende Gewerbe in der Ernährungswirtschaft mit mehr als 22.000 Be- schäftigten (Statistikamt Nord, Stand 2013) neben dem Maschinenbau und der Energiewende-Wirtschaft der personalintensivste Wirtschafts- zweig. Gleichzeitig konnte in den letzten Jahren hier die Beschäftigung sogar gesteigert werden. Für die Wirtschaftsbereiche der Ernährungswirtschaft gibt es keine Erhe- bung nach dem Bruttoinlandsprodukt (BIP), sondern nur nach der Brutto- wertschöpfung (BWS). Zur Ermittlung der BWS werden die Daten aus der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR) herangezogen. Hierbei ist lediglich eine Unterteilung in Land- und Forstwirtschaft, einschließlich Fi- scherei sowie die Herstellung von Nahrungs- und Futtermitteln, Geträn- keherstellung und Tabakverarbeitung als Ernährungswirtschaft im engeren Sinne vorgesehen. Ausweislich der untenstehenden Tabelle 5 weisen die Anteile zwischen gut 3% und gut 4% an der gesamten BWS (als Anhalts- punkt für den BIP - Anteil) im Zeitraum 2000 bis 2013 eine gewisse Kon- stanz auf. Tabelle 5: Bruttowertschöpfung der Ernährungswirtschaft in Schleswig-Holstein Bruttowertschöpfung (BWS) in jeweiligen Preisen, in Mio. Euro 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 BWS Land-, Forstwirtschaft und Fischerei (Abschnitt A) 1 162 1 300 1 018 985 1 094 784 923 BWS Herstellung von Nahrungs- und Futtermitteln ; Getränkeherstellung ; Tabakverarbeitung (Abschnitt CA, WZ 10-12) 1 205 1 170 1 189 1 231 1 277 1 170 1 369 A und CA zusammen 2 367 2 470 2 208 2 216 2 371 1 954 2 292 Anteil A und CA an BWS 4,2% 4,2% 3,8% 3,8% 4,0% 3,3% 3,7% BWS insgesamt 56 680 58 398 57 841 58 496 59 886 60 041 62 085 Bruttowertschöpfung (BWS) in jeweiligen Preisen, in Mio. Euro 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 BWS Land-, Forstwirtschaft und Fischerei (Abschnitt A) 955 1 179 801 936 832 980 963 BWS Herstellung von Nahrungs- und Futtermitteln ; Getränkeherstellung ; Tabakverarbeitung (Abschnitt CA, WZ 10-12) 1 285 1 308 1 305 1 335 1 337 1 661 1 765 A und CA zusammen 2 241 2 487 2 106 2 271 2 169 2 641 2 727 Anteil A und CA an BWS 3,5% 3,8% 3,3% 3,5% 3,2% 3,8% 3,9% BWS insgesamt 63 271 65 361 63 111 64 811 66 974 68 719 70 549 Quelle: Arbeitskreis Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder, Statistische Landesämter, Berechnungsstand August 2013/Februar 2014 WZ = Systematik der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2008, A = Land-, Forstwirtschaft und Fischerei, CA, WZ 10 – 12 = Herstellung von Nahrungs- und Futtermitteln; Getränkeherstellung ; Tabakverarbeitung Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 17 7. Welche Wirtschaftszweige sind Zulieferer zur Ernährungswirtschaft in Schleswig-Holstein? Innerhalb der Ernährungswirtschaft gibt es eine Vielzahl von Lieferver- flechtungen. Sie profitiert wie alle Branchen z.B. von einer sicheren Ener- gieversorgung und einer guten Ausbildung von Fachkräften. Während im engeren Sinne die Landwirtschaft über Zulieferungen von z.B. Landma- schinen, Stalleinrichtungen, Saatgut, Dünge- und Pflanzenschutzmitteln etc. mit dem vorgelagerten Bereich verbunden ist, ist die verarbeitende Ernährungswirtschaft naturgemäß von den Zulieferungen aus der Urpro- duktion, sowie von zahlreichen industriellen Zulieferungen (z.B. Verpa- ckung für Lebensmittel, Dienstleistungen, Nahrungsergänzungsmittel, Nahrungszusatzstoffe, Betriebsmittel, Produktionsanlagen, -maschinen usw.) oder aus der chemischen Industrie (Geschmacksstoffe, Reini- gungsmittel etc.) an das Ernährungsgewerbe abhängig, wobei viele Roh- stoffe auch importiert werden. Eine differenzierte amtliche Erhebung über diese Verflechtungen gibt es nicht. 8. Impulse der Ernährungswirtschaft für andere Wirtschaftszweige a) Welche Impulse setzt die Ernährungswirtschaft in Schleswig-Holstein für andere Wirtschaftszweige, z.B. Maschinenbau? Die landwirtschaftlichen Betriebe haben sich in den letzten Jahrzehnten unter dem Einfluss des technischen Fortschritts immer stärker spezialisiert und die übrige Wirtschaft integriert. Das reicht von einer zunehmenden Nachfrage nach Dienstleistungen (z.B. Beratung, Buchführung etc.) über den immer stärkeren Einkauf von Vorleistungen (z.B. aus der Saatgutwirt- schaft, der Landmaschinen- und Chemieindustrie, der Mischfutterwirt- schaft) bis hin zur Auslagerung von Verarbeitung und Vermarktung aus dem Bereich der landwirtschaftlichen Urproduktion. Die Ernährungswirtschaft ist gekennzeichnet durch einen hohen Diversifi- zierungsgrad aus rund einem Dutzend Teilbranchen entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Sie ist Nachfrager nach Gütern und Dienstleistun- gen und selber Anbieter. Von daher existieren enge Verflechtungen mit anderen Teilbranchen des Verarbeitenden Gewerbes (z.B. Maschinenbau) und mit dem Dienstleistungssektor. Besonders wichtige Impulse setzt die Ernährungswirtschaft für den Sondermaschinenbau (z.B. im Bereich Ver- packungsmittel, vgl. Frage 23). Auch die Branchen Gesundheitswirtschaft, Tourismus, Naturschutz und Ernährungswirtschaft arbeiten stärker zusammen. Daraus können sich auch wichtige Impulse für innovative präventive Rezepturen und Empfeh- lungen für die produzierende Ernährungswirtschaft ergeben. Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 18 b) Wie können diese Impulse gestärkt werden, wie können die Akteure enger verzahnt werden? Sektorenübergreifende Synergien bedürfen politischer Initiativen bzw. entstehen durch Impulse aus dem jeweiligen Sektor heraus. Zur strukturellen Förderung der Ernährungswirtschaft führt das Land u.a. eine Initiative zur Verbesserung der Netzwerkarbeit in der Ernährungswirt- schaft durch. Mit dem Kompetenznetzwerk Ernährungswirtschaft Schles- wig-Holstein und mit dem foodRegio – Branchennetzwerk der norddeut- schen Ernährungswirtschaft wurden bereits wichtige Impulse gesetzt. Darüber hinaus wird mit den geeigneten Förderinstrumenten auf Grundla- ge der Regionalen Innovationstrategie Schleswig-Holstein (RIS3 SH) (s. http://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl18/umdrucke/3300/umdruck-18- 3322.pdf) der Ansatz zur Weiterentwicklung der technologischen Stärken durch eine gezielte Projekt- und Clusterförderung umgesetzt. Hierbei geht es gezielt um die Hebung der „Cross-Innovations-Potenziale“ (Strategie der EU-Kommission zur intelligenten Spezialisierung, s. http://ec.europa.eu/regional_policy/sources/docgener/informat/2014/smart _specialisation_de.pdf), die insbesondere in der Ernährungswirtschaft ge- sehen werden. Der Cross-Innovations-Ansatz beschreibt die Innovationsentwicklung durch die interdisziplinäre Verknüpfung von Produkten, Services und Trends. Dafür gibt es zwei Umsetzungen:  Den Transfer von Know-how und innovativen Lösungsansätzen durch Branchenanalogien, also durch Übertragung von Branche zu Branche.  Die Innovationsentwicklung in branchenübergreifenden Kooperatio- nen. Möglichkeiten für interdisziplinäre Verknüpfung bestehen u.a. mit dem IT- Bereich hinsichtlich der Entwicklung von Telemetriesystemen oder neuer Softwarelösungen, mit der Energiewirtschaft hinsichtlich der effizienten Nutzung von Reststoffen (Bioökonomie), mit der Lebenswissen- schaft/Biotechnologie hinsichtlich der Nutzung spezieller Inhaltsstoffe, für die Lebensmittelproduktion, mit dem Maschinebau z.B. für Verpackungen usw. 9. Wie viele Unternehmensgründungen gab es seit 2000 im Bereich der Er- nährungswirtschaft in Schleswig-Holstein? Unternehmensgründungen sind ein guter Indikator für einen vitalen Sektor . Als Besonderheit ist darauf zu verweisen, dass es in der Landwirtschaft und im Ernährungshandwerk nur selten zu echten Neugründungen kommt. Meist werden die Betriebe im Generationswechsel weitergeben. Im Zeitraum von 2000 bis 2013 wurden in SH insgesamt 428.145 Gewerbeanmeldungen ausgewertet. Darunter waren lediglich 1.530 aus dem Ernährungsgewerbe (s. Tabelle 6), wobei es sich hierbei um 945 Neuerrichtungen handelte, von denen wiederrum 521 Betriebsgründungen waren. Den in den Jahren 2000-2013 gegründeten 521 Betrieben stehen aller- Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 19 dings auch 590 Betriebe gegenüber, die im selben Zeitraum aufgegeben wurden. Über einen Zeitraum von 14 Jahren beträgt damit der Anteil der Gewerbeanmeldungen im Bereich der Ernährungswirtschaft lediglich 0,36% an den Gewerbeanmeldungen insgesamt. Tabelle 6: Gewerbeanmeldungen und -abmeldungen im Ernährungsgewerbe in SchleswigHolstein Wirtschaftsgliederung Jahr Anmeldung Abmeldung Anzahl Anzahl Ernährungsgewerbe 2000 170 195 2001 149 173 2002 92 166 2003 124 112 2004 118 127 2005 113 96 2006 92 78 2007 85 72 Herstellung von Nahrungsund Futtermitteln 2008 69 121 2009 95 107 2010 77 123 2011 103 118 2012 86 88 2013 126 118 Getränkeherstellung 2008 10 7 2009 4 3 2010 1 4 2011 2 3 2012 3 6 2013 11 4 Kumuliert 2000 bis 2013 insgesamt 1.530 1.721 Jahresergebnisse von 2000 bis 2003 nach WZ 95, von 2004 bis 2007 nach WZ 2003 und ab 2008 nach WZ 2008 WZ = Systematik der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2008 Quelle: Statistikamt Nord, Gewerbeanzeigenstatistik; ohne Automatenaufsteller und Reisegewerbe 10. Verlagerung von Produktionsstätten a) Wie viele Unternehmen der Ernährungswirtschaft ab 50 Beschäftigten haben seit 2000 ihren Sitz aus Schleswig-Holstein in andere Bundes- länder verlagert? b) Ist der Landesregierung bekannt, mit welchen Begründungen die Ent- scheidungen für einen Standort in einem anderen Bundesland erfolg- ten? Der Landesregierung liegen hierzu keine Informationen vor, da zur Verla- gerung von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen keine Erhebun- gen durchgeführt werden. Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 20 11. Wie werden in Schleswig-Holstein entstandene Produkte in Schleswig- Holstein genutzt? Hat die Landesregierung Erkenntnisse über das Ver- hältnis von Urproduktion und Weiterverarbeitung in Schleswig-Holstein? Die in Schleswig-Holstein erzeugte Urproduktion in der Landwirtschaft wird in unterschiedlich starkem Maße in Schleswig-Holstein verarbeitet. (vgl. auch Frage 7) Entsprechend unterschiedlich ist die mit der Urproduktion verbundene Wertschöpfung. Gemeinsames Kennzeichen aller Produkte aus der Urproduktion ist jedoch, dass sie zu einem großen Teil exportiert werden. (vgl. Frage 25 ff). Gerade im Bereich der Meiereiwirtschaft hat es hinsichtlich der Verede- lungstiefe in den vergangenen Jahren Fortschritte gegeben. Beispielswei- se hat die Verwertung der Rohmilch zu Käse in Schleswig-Holstein mitt- lerweile einen mehr als doppelt so hohen Anteil als noch vor 10 Jahren. Bei den großen Investitionsvorhaben spielte neben der Erweiterung der Verarbeitungskapazitäten vor allem auch die Erhöhung der Verarbeitungs- tiefe eine wesentliche Rolle. In der Fleischverarbeitung ist dagegen ein zunehmender Trend zur Schlachtung außerhalb Schleswig-Holsteins zu verzeichnen. Wegen der starken Kostendegression (d.h. geringere durchschnittliche Schlachtkos- ten in großen Schlachthöfen) hat die europäische Schlachtbranche einen großen Strukturwandel erlebt. Große Schlachtkonzerne beherrschen das Bild. Durch die relativ geringen Transportkosten für Schlachtvieh gibt es einen starken überregionalen Wettbewerb um Schlachtvieh, der durch die bestehenden überregionalen Überkapazitäten verschärft wird. Aufgrund seiner geographischen Lage gibt es in Schleswig-Holstein nur noch wenige große Schlachtstätten (Bad Bramstedt, Kellinghusen, Itzehoe, Husum, Niebüll) und die meisten Tiere werden nach außerhalb (Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern etc.) transportiert und dort ge- schlachtet. Die amtliche Statistik erfasst diese Bewegungen nicht. Dadurch fehlt nicht nur ein Gutteil der möglichen Wertschöpfung aus der Fleisch- und Wurstherstellung, sondern die Lebendviehtransporte sind auch unter Tierwohl- und Nachhaltigkeitsaspekten kritisch zu beurteilen. Die Landesregierung ist bestrebt Schlachtkapazitäten im Land zu halten bzw. neu zu schaffen. Vor diesem Hintergrund wird die Landesregierung ihre Förderung der Verarbeitung und Vermarktung von Tieren auf kleine und regional orientierte Unternehmen konzentrieren. Auch Getreide wird zum größten Teil als Rohware von der aufnehmenden Hand exportiert und dient nur zu einem geringeren Teil als Input in eine regionale Wertschöpfungskette (z.B. Backwaren etc.). Als Extremfall ist die Zuckerproduktion zu nennen, die sich nach der Schließung der letzten Zuckerfabrik in Schleswig (1995) auf dem Rückzug befindet. Die in Schleswig-Holstein verbleibende Zuckerrübenproduktion wird in Nieder- sachsen verarbeitet. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 21 12. Auf welche Weise werden gezielte Innovationsprozesse in der Ernäh- rungswirtschaft durch das Land Schleswig-Holstein gefördert? Die Grundlage für die Förderung von Innovationsprozessen der nächsten Jahre bilden u.a. die strategischen Aussagen der Regionalen Innovations- strategie Schleswig-Holstein (RIS3 SH), die im Dezember 2013 vom Kabi- nett als inhaltliche Grundlage für die Förderung von Innovationen aus dem Operationellen Programm EFRE Schleswig-Holstein (OP EFRE) 2014- 2020 beschlossen wurde. In der RIS3 SH wurde die Ernährungswirtschaft als eines von fünf relevan- ten Spezialisierungsfeldern für Schleswig-Holstein identifiziert. Die Lan- desregierung ist derzeit dabei, insbesondere auf Basis der RIS3 SH, ihre Clusterpolitik und Förderung neu auszurichten. Im Rahmen der noch zu erarbeitenden Richtlinien wird der Förderung von Innovationen im Bereich der Ernährungswirtschaft eine besondere Bedeutung zukommen. Innovation und Forschung sind wichtige Triebkräfte für die regionale Ent- wicklung und das Wachstum. Um das volle Wachstumspotenzial in Schleswig-Holstein zu nutzen, ist es daher entscheidend, die Innovations- fähigkeit der Unternehmen zu steigern. Dies kann u. a. durch die Stärkung der (auch grenzüberschreitenden) Cluster- und Netzwerkaktivitäten sowie durch die Erhöhung der Interaktion zwischen Unternehmen und For- schungseinrichtungen in den Stärkefeldern Schleswig-Holsteins gesche- hen. Aufgrund des hohen Preisdrucks und kleiner Margen sind die Handlungs- räume für eigene FuE-Budgets und FuE-Personal in der Ernährungswirt- schaft vielfach beschränkt, indes bei gleichzeitig hohem Innovationsdruck seitens der Nachfrage und Konsumenten, sowohl bei Produkt als auch bei Prozessinnovationen. Kooperationen mit Forschungseinrichtungen und Hochschulen sind daher für die Zukunftsfähigkeit des Clusters essentiell. Das Cluster Ernährungswirtschaft in Schleswig-Holstein kann dabei auf zahlreiche Institutionen mit unterschiedlichen Schwerpunkten zurückgrei- fen, darunter u.a. auf die Agrar- und Ernährungswissenschaftliche Fakultät der CAU zu Kiel, die Bundesforschungsanstalt Max-Rubner Institut mit zwei Abteilungen (Institut für Sicherheit und Qualität bei Milch und Fisch, Institut für Mikrobiologie und Biotechnologie), die Fachhochschule Lübeck (u.a. spezialisierter Studiengang „Food Processing Technology“) oder auch der Fachbereich Agrarwirtschaft der Fachhochschule Kiel in Oster- rönfeld. Stark anwendungsorientierte Forschungs- und Entwicklungskapa- zitäten bestehen zudem mit Hahn & Co Lübeck (Forschung für das Ernäh- rungsgewerbe), der Fraunhofer Einrichtung für marine Biotechnologie (Lübeck) oder dem in Neumünster ansässigen KIN Lebensmittelinstitut (Aus- und Weiterbildung sowie die Haltbarmachung, Hygiene und Sicher- heit von Lebensmittel) (vgl. auch Antwort zu Frage 8). Im Übrigen wird in Zukunft auch der Europäische Landwirtschaftsfonds (ELER) Mittel für die Förderung von Innovationen in der Land- und Ernäh- rungswirtschaft bereitstellen. Aktuell sind hierfür im Rahmen der „Europäi- Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 22 schen Innovationspartnerschaft im Agrarbereich“ in Schleswig-Holstein ca. 10 Mio. Euro Fördermittel vorgesehen (vgl. auch Antwort zu Frage 91). 13. Welche Betriebsstrukturen haben die Unternehmen der Ernährungswirt- schaft in Schleswig-Holstein? Wie hat sich die Betriebsstruktur seit 2000 entwickelt? In Deutschland bewirtschaften knapp 300.000 Betriebe durchschnittlich etwa 56 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche In Schleswig-Holstein sind die gut 14.000 Betriebe im Schnitt 70 ha groß (s. Tabelle 7). Seit den 60er-Jahren ging die Zahl der Betriebe in Deutschland von 1,6 Millionen um 80 Prozent auf rund 285.000 im Jahr 2013 zurück. In Schleswig-Holstein gab es 1966 noch knapp 50.000 landwirtschaftliche Betriebe, 2010 nur noch etwas über 14.000. Zugleich wurden die verblei- benden Betriebe immer größer und produktiver. Anders ausgedrückt: 1950 ernährte ein Landwirt mit seiner Ernte rein rechnerisch lediglich zehn Menschen, mittlerweile sind es bereits 142 (Stand: 2011). Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 23 Tabelle 7: Vergleich Landwirtschaft Schleswig-Holstein / Deutschland 1) Testbetriebsnetz 2009/2010 2) Gemeinschaftsveröffentlichung VGR Reihe 1 Band 1, Stand Aug. 2010 3) Landwirtschaftszählung 2010 4) Flächenerhebung nach Art der tatsächlichen Nutzung 2009 (für D), 2010 (für SH) 5) Besondere Ernte- und Qualitätsermittlung 2010 6) Gemüseanbauerhebung 2010 7) Baumobstanbauerhebung 2007 8) Berechnungen auf der Grundlage von Zahlen der BLE *) Bruttowertschöpfung **) landwirtschaftlich genutzte Fläche Einheit Deutschland Schleswig-Holstein Gewinn/Unternehmen Euro 35.200 41.000 Gewinn und Personalaufwand Euro/AK 22.800 26.400 Gewinn/ha LF **) Euro 560 510 Direktzahlungen und Zuschüsse Euro/Betrieb 29.600 33.220 Anteil an der BWS *) (in jew. Preisen) % 0,9 1,6 Anteil der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft % 2,1 3,2 Betriebe Anzahl 299.134 14.123 Ø Betriebsgröße ha/Betrieb 56 70 Anteil der Betriebe unter 10 ha LF **) % 25 19 Anteil der Betriebe ab 100 ha LF **) % 11 23 Anteil der Pachtfläche an der LF **) % 60 49 Erzeugerbetriebe Anzahl 16.500 442 Anteil an allen landwirtschaftl. Betrieben % 5,5 3,1 ökologisch bewirtschaftete Fläche ha 980.900 33.000 Anteil an der gesamten LF **) % 5,9 3,3 Gesamtfläche 4) ha 35.712.500 1.579.900 LF **) ha 1.670.400 995.600 LF **) in % der Gesamtfläche % 47 63 Dauergrünland ha 4.654.700 313.900 Ackerland ha 11.846.700 674.300 Getreide insgesamt ha 6.595.400 292.200 Weizen ha 3.276.600 207.900 Winterraps ha 1.457.300 111.900 Zuckerrüben ha 364.100 7.500 Kartoffeln ha 254.400 5.500 Silomais ha 1.828.900 175.700 Getreide insgesamt dt/ha 65,1 83,7 Weizen dt/ha 72,1 88,6 Zuckerrüben dt/ha 616,3 617,9 Winterraps dt/ha 39 43,4 Gemüseanbaufläche im Freiland (ohne Erdbeeren) ha 110.600 6.200 Kohlanbau ha 9.400 3.200 Spargelanbau ha 18.800 330 Obstanbaufläche (ohne Erdbeeren) 3) ha 65.300 1.020 Apfelanbaufläche 7) ha 31.800 550 Erdbeeranbau im Freiland ha 13.400 840 Rinder insgesamt in 1.000 12.535 1.137 Ø Bestandsgröße Tiere/Betrieb 87 143 Milchkühe insgesamt in 1.000 4.165 364 Ø Bestandsgröße Tiere/Betrieb 46 72 Ø Milchleistung je Kuh und Jahr 8) kg 7.080 7.124 Schweine insgesamt in 1.000 27.571 1.620 Ø Bestandsgröße Tiere/Betrieb 459 930 Viehbestände 3) Ertragslage der Landwirtschaft 1) Die Landwirtschaft als Teil der Gesamtwirtschaft 2) Agrarstruktur 3) Ökologischer Landbau 3) Flächennutzung 3) Ernteergebnisse 5) Gemüse / Obst 6) Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 24 Die Entwicklung unterscheidet sich dabei kaum von bundesweiten Trends (s. http://www.bmelv-statistik.de/de/agrarbericht-daten-undfakten /ausgewaehlte-daten-und-fakten-der-agrarwirtschaft). Insgesamt zeigt sich ein leicht abwärts gerichteter Trend bei der Zahl der Betriebe, sowie ein gewisser Konzentrationsprozess hin zu eher größeren bzw. umsatzstärkeren Betrieben (s. Tabelle 8, Tabelle 9 und Tabelle 10). Tabelle 8: Betriebe in ausgewählten Wirtschaftszweigen im Verarbeitenden Gewerbe in Schleswig-Holstein 2012 und 2013 WZ 2008 Bezeichnung Betriebe 1) Jahr 2013 2012 Anzahl (Stand 30.09.) C Verarbeitendes Gewerbe 1 194 1 196 10 H. v. Nahrungs- und Futtermitteln 248 248 10.1 Schlachten und Fleischverarbeitung 48 47 10.11 Schlachten (ohne Schlachten v. Geflügel) 13 13 10.13 Fleischverarbeitung 34 33 10.2 Fischverarbeitung 9 9 10.3 Obst- und Gemüseverarbeitung 12 12 10.5 Milchverarbeitung 9 9 10.51 Milchverarbeitung (ohne H. v. Speiseeis) 9 9 10.7 H. v. Back- und Teigwaren 119 119 10.8 H. v. sonstigen Nahrungsmitteln 31 31 10.82 H. v. Süßwaren (ohne Dauerbackwaren) 15 15 10.89 H. v. sonst. Nahrungsmitteln a. n. g. 12 12 10.9 H. v. Futtermitteln 15 16 10.91 H. v. Futtermitteln für Nutztiere 13 14 11 Getränkeherstellung 13 13 11.07 H. v. Erfrischungsgetränken; Gewinnung natürlicher Mineralwässer 9 9 12 Tabakverarbeitung 1 1 1 Betriebe mit im Allgemeinen 20 und mehr Beschäftigten Quelle: Statistikamt Nord, Verarbeitendes Gewerbe Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 25 Tabelle 9: Betriebe 1 der Ernährungswirtschaft in Schleswig-Holstein nach Umsatzgrößen- klassen Jahr Umsatzgrößenklasse unter 2 Mill. Euro bis unter 5 Mill. Euro 5 bis unter 10 Mill. Euro 10 bis unter 20 Mill. Eu- ro 20 bis unter 50 Mill.Euro 50 und mehr Mill. Euro Insgesamt Anzahl Betriebe 2000 . . . . . . 312 2001 . . . . . . 302 2002 127 47 35 25 28 27 289 2003 125 42 30 24 25 30 276 2004 114 48 31 27 20 33 273 2005 101 54 24 23 28 29 259 2006 102 54 30 23 26 33 268 2007 93 46 31 23 22 35 250 2008 89 50 36 21 21 38 255 2009 79 55 34 21 25 33 247 2010 86 51 34 27 19 39 256 2011 78 59 41 22 21 40 261 2012 78 56 41 21 26 40 262 2013 79 57 38 24 24 40 262 1 Betriebe mit im Allgemeinen 20 und mehr Beschäftigten der Klassifikation der Wirt- schaftszweige (WZ), WZ 15/Ernährungsgewerbe und WZ 16/Tabakverarbeitung (bis 2007) bzw. WZ 10/Herstellung von Nahrungs- und Futtermitteln, WZ 11/Getränkeherstellung und WZ 12/Tabakverarbeitung (ab 2008) Quelle: Statistikamt Nord, Verarbeitendes Gewerbe Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 26 Tabelle 10: Betriebe 1 der Ernährungswirtschaft in Schleswig-Holstein nach Beschäftigten- größenklassen Jahr Beschäftigtengrößenklasse unter 50 tätige Personen 50-99 tätige Personen 100-249 tätige Personen 250-499 tätige Personen 500-999 tätige Personen 1000 u. mehr tätige Per- sonen Insgesamt Anzahl Betriebe 2000 . . . . . . 312 2001 . . . . . . 302 2002 201 42 31 11 3 1 289 2003 186 38 36 11 4 1 276 2004 182 38 37 11 4 1 273 2005 165 44 34 11 4 1 259 2006 170 46 36 11 4 1 268 2007 149 52 32 12 5 - 250 2008 157 48 33 12 5 - 255 2009 146 49 35 10 7 - 247 2010 156 45 37 12 6 - 256 2011 159 47 37 11 7 - 261 2012 156 52 35 12 7 - 262 2013 158 49 37 13 5 - 262 1 Betriebe mit im Allgemeinen 20 und mehr Beschäftigten der Klassifikation der Wirt- schaftszweige (WZ), WZ 15/Ernährungsgewerbe und WZ 16/Tabakverarbeitung (bis 2007) bzw. WZ 10/Herstellung von Nahrungs- und Futtermitteln, WZ 11/Getränkeherstellung und WZ 12/Tabakverarbeitung (ab 2008) WZ = Systematik der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2008 Quelle: Statistikamt Nord, Verarbeitendes Gewerbe Im Jahr 2013 ist das Nahrungs- und Genussmittelgewerbe in Schleswig- Holstein mit über 7,0 Mrd. Euro Umsatz, einer Exportquote von 20,9 % und mit über 22.000 Beschäftigten ein bedeutender Wirtschaftszweig in- nerhalb des gesamten Verarbeitenden Gewerbes. Mit einem Umsatzanteil von 19,1 % liegt die Ernährungswirtschaft in Schleswig-Holstein im Ver- gleich deutlich über dem Durchschnitt des Bundesgebietes von 10,7 %. Der Anteil der Ernährungsindustrie an den Beschäftigten des Verarbeiten- den Gewerbes im Lande belief sich im Jahr 2013 auf 18,1 %. Da ein gro- ßer Teil der Betriebe dieser Branche seinen Geschäftssitz im ländlichen Raum hat, ist die Bedeutung für die nachhaltige Lebensfähigkeit der schwach strukturierten Regionen nicht hoch genug einzuschätzen. Die Umsätze des Ernährungsgewerbes haben sich in den letzten Jahren ständig steigend nach oben entwickelt. In 2013 ergab sich gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung des Umsatzes um 5,0 %. Zuwächse verzeichne- ten vor allem die Bereiche Michverarbeitung, Mahl- und Schälmühlen so- wie die Süßwarenherstellung. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 27 Bei den Beschäftigten des Ernährungsgewerbes setzte sich 2013 die stei- gende Tendenz des Vorjahres fort. Gegenüber 2012 war eine Zunahme von mehr als 100 Personen zu verzeichnen. 14. Welche Bedeutung hat die Ernährungswirtschaft jeweils für die Entwick- lung von Arbeitsplätzen in den Arbeitsamtsbezirken? Die Landesregierung zählt zu den direkt mit der Ernährungswirtschaft zu- sammenhängenden sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätzen die Ar- beitsplätze der Landwirtschaft sowie die Arbeitsplätze im verarbeitenden Gewerbe zur Herstellung von Nahrungs- und Futtermitteln, der Geträn- keherstellung und der Tabakverarbeitung. Für den Bereich Landwirtschaft ergibt sich gemäß den Daten der Bunde- sagentur für Arbeit – Regionaldirektion Nord – für die unterschiedlichen Arbeitsamtsbezirke folgendes Bild (s. Tabelle 11): Tabelle 11: Anzahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten (SvB) in der Landwirtschaft in den Arbeitsamtsbezirken in Schleswig-Holstein (Bundesagentur für Arbeit, Stichtag 31.03.2014) SvB Landw. Anteil an insgesamt AA Bad Oldesloe 1.395 1,2 AA Elmshorn 3222 2 AA Flensburg 2636 1,9 AA Heide 2101 2,9 AA Kiel 755 0,5 AA Lübeck 968 0,7 AA Neumünster 2023 1,9 Gesamt 13.100 1,5 Der Anteil der Betriebe, die dem verarbeitenden Gewerbe in der Ernäh- rungswirtschaft zuzuordnen sind, beträgt in Bezug auf die Gesamtanzahl der Betriebe in Schleswig-Holstein 0,9 %; der Anteil der sozialversiche- rungspflichtigen Beschäftigten in der Ernährungswirtschaft in Bezug auf die Gesamtanzahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigen in Schleswig-Holstein liegt bei 2,6 %. Hierbei ist in den Arbeitsamtsbezirken Lübeck, Elmshorn und Heide ge- genüber den Arbeitsamtsbezirken Flensburg, Kiel, Neumünster und Bad Oldesloe ein höherer Anteil der sozialversicherungspflichtigen Beschäftig- ten zu verzeichnen (3,1 % - 4,1 % zu 1,1 % - 2,3 %). Der Arbeitsamtsbezirk Heide weist gegenüber den restlichen Arbeitsamts- bezirken zudem einen höheren Anteil von ernährungswirtschaftlichen Be- trieben aus (1,4 % zu 0,8 % - 1,0 %) Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 28 Der Anteil der neuen Beschäftigungsverhältnisse im verarbeitenden Ge- werbe in der Ernährungswirtschaft an der Gesamtanzahl der neuen Be- schäftigungsverhältnisse betrug im Monat Juli 2014 mit 99 Neubeschäfti- gungen 1,7 %. 15. Start-Ups in der Ernährungswirtschaft a) Sind der Landesregierung Start-Ups im Bereich der Ernährungswirt- schaft bekannt? Im Zeitraum von 2012 bis zum 1. Halbjahr 2014 wurden von den Förder- instituten des Landes (dies sind die Bürgschaftsbank Schleswig-Holstein GmbH, die Investitionsbank Schleswig-Holstein und die MBG Mittelstän- dische Beteiligungsgesellschaft Schleswig-Holstein mbH) insgesamt 36 Existenzgründungen (bis drei Jahre ab Gründung) begleitet. Es handelt sich um Kleinst- bzw. kleine Unternehmen (bis 10 bzw. bis 50 Mitarbeite- rinnen und Mitarbeiter). Von den 36 mitfinanzierten Existenzgründungen entfallen 12 auf den Be- reich Herstellung von Nahrungs- und Futtermitteln/Getränkeherstellung sowie 24 auf den Lebensmitteleinzel- und Großhandel. b) Auf welche Schwerpunkte konzentrieren sie sich? Der Landesregierung sind diverse Start-Ups im Bereich der Ernährungs- wirtschaft mit folgenden Schwerpunkten bekannt: • Herstellung (u.a. Salz, Schokolade, Frozen Yogurt, natürliche Kältemit- tel, Nahrungsergänzungsmittel, diätetische Lebensmittel, alkoholische Getränke), • Handel, • Gastronomie und • Beratung. Generell benötigen Unternehmensgründungen im Bereich der Ernäh- rungswirtschaft u.a. aufgrund der Anforderungen im Bereich der Verarbei- tungs- und Lebensmittelsicherheit sowie des wettbewerbsintensiven Marktumfeldes ein vergleichsweise hohes Investitionsvolumen in Techno- logie, Marketing und Kompetenzen der Unternehmensgründerinnen und Gründer. Dies macht die Branche gegenüber Dienstleistungsbereichen (IT/Medien/Internet, haushaltnahe Dienstleistungen u.a.) für Unterneh- mensgründungen weniger attraktiv. c) Gibt es hierfür gezielte Förderstrukturen? Grundsätzlich stehen die branchenunabhängigen Finanzierungsprodukte der Förderinstitute bis auf einige Ausnahmen auch den Existenzgründern im Bereich der Ernährungswirtschaft offen (siehe auch Frage 78). Dar- über hinaus gibt es spezielle Finanzierungsangebote nur für Existenz- gründungen. Diese werden im Folgenden kurz dargestellt. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 29 IB.SH-Starthilfedarlehen Mit diesem Programm bietet die Investitionsbank Schleswig-Holstein (IB.SH) mit Unterstützung des Landes Gründerinnen und Gründern mit einem geringeren Finanzierungsbedarf (max. 100 Tausend Euro für in- vestive Maßnahmen, max. 50 Tausend Euro Betriebsmittelbedarf) eine besondere Hilfestellung an. Für Erfolg versprechende Existenzgrün- dungs- und Festigungsvorhaben - binnen drei Jahren ab Eröffnung bzw. Übernahmestichtag - kann die IB.SH die Hausbankfunktion befristet übernehmen, die Förderkredite bei der KfW beantragen und so den Zu- gang zum Kapital deutlich erleichtern. IB.SH Mikrokredit Bei Kleingründungen mit Finanzierungsbedarfen von oft nur wenigen tau- send Euro ist in der Regel trotz vorhandenen unternehmerischen Enga- gements der Gründerinnen und Gründer eine Darlehensvergabe im Ban- kenverfahren oft sehr schwierig. Diese Lücke schließt der IB.SH Mikrokredit als eine besonders nied- rigschwellige und kleinteilige Programmvariante des IB.SH- Starthilfedarlehens. Für die Erfolg versprechende Gründung oder Über- nahme eines Einzelunternehmens können dabei für Investitionen und/oder Betriebsmittel Direktdarlehen von insgesamt bis zu 15.000 Euro gewährt werden. Das Mindestkreditvolumen beträgt 3.000 Euro. Gleiches gilt auch hier für Existenzfestigungsvorhaben binnen drei Jahre nach der Gründung. Die vereinfachte Antragstellung für die Mikrokredite erfolgt über die mit der IB.SH kooperierenden regionalen Beratungs- und Wirt- schaftsfördereinrichtungen. Bürgschaften der Bürgschaftsbank Im Rahmen der Existenzgründungsprogramme (EGP) bietet die Bürg- schaftsbank für Gründungsmaßnahmen - seien es Neugründungen oder Übernahmen bestehender Betriebe - die Produktvarianten EGP Standard, EGP Sofort und EGP System an:  EGP Standard: max. 1,25 Mio. € Bürgschaftsobligo, max. 70 % Verbürgungsgrad.  EGP Sofort: max. T€ 150 Kreditsumme, max. 80 % Verbürgungs- grad, Entscheidung innerhalb von 14 Tagen, bis 100 % bezu- schusste Kurzanalyse und Bewertung der aktuellen betrieblichen Kenngrößen sowie Planabweichungsanalyse innerhalb der ersten beiden Geschäftsjahre.  EGP System: Ausfallbürgschaft bis zu 1,25 Mio. €, maximal 80 % Verbürgungsgrad auf die Kreditsumme, eine begleitende Beratung für 2 Jahre durch eine Unternehmensberatung, Einbindung von bis zu 50 % Beratungskostenzuschüssen. Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 30 Die Verknüpfung mit begleitender Beratung stabilisiert das Unternehmen und senkt die Insolvenzanfälligkeit, reduziert die Ausfallwahrscheinlichkeit und verringert damit die Kreditzinsen und führt letztlich auch zu einem greifbaren volkswirtschaftlichen Nutzen, wenn Arbeitsplätze erhalten blei- ben. EFRE-Seed- und Start-up-Fonds Schleswig-Holstein Mit dem Seed- und Start-up-Fonds aus dem Europäischen Fonds für re- gionale Entwicklung verfolgt die Landesregierung das Ziel, durch die Ge- währung von Eigenkapital die Möglichkeiten für die Ausgründungen aus Hochschulen, Forschungseinrichtungen und forschungs- und wissen- schaftsbasierten Unternehmen sowie für die Gründung junger, chancen- reicher und innovativer Unternehmen zu verbessern. Der Höchstbetrag liegt in der Seed-Phase bei 100 T€ und in der Start-up-Phase bei 250 T€. Neben der Bereitstellung von Beteiligungskapital sieht der Fonds eine be- ratende Unterstützung in der Gründungsphase sowie in der Umsetzung des Unternehmenskonzeptes vor. Die übrigen Beteiligungsprogramme der Mittelständischen Beteiligungs- gesellschaft (MBG) sind zwar nicht speziell auf Gründungen ausgerichtet, können aber von Gründerinnen und Gründern in Anspruch genommen werden. 16. Welche Standortfaktoren bietet Schleswig-Holstein für die Ansiedlung und Weiterentwicklung der Ernährungswirtschaft? Unternehmen, die ihren Sitz in Schleswig-Holstein haben, profitieren von der besonderen Lage des Landes als Drehscheibe zwischen den Märkten in Skandinavien und weiteren Ostseeanrainerstaaten. Auch der Zugang zu den wichtigen Wasserverkehrswegen ist gegeben. Durch einen schnellen Zugriff auf einen internationalen Flughafen (Hamburg-Fuhlsbüttel) können auch auf dem Luftweg Waren zügig und zuverlässig zu Kunden überall auf der Welt transportiert werden. Einen weiteren Vorteil bietet Schleswig-Holstein bei der Ansiedlung von neuen Unternehmen der Ernährungswirtschaft. Die Wirtschaftsförderung und Technologietransfer Schleswig-Holstein GmbH (WTSH) unterstützt Unternehmen bei der Suche nach geeigneten Gewerbeflächen und bringt die entscheidenden Akteure zusammen. Sie dient als „One-Stop-Agentur“ für alle Unternehmen, die in Schleswig-Holstein investieren wollen. In den zahlreichen Technologie- und Gewerbezentren (TGZ) ist es jungen Gründern möglich, ihre Firmenideen umzusetzen. Das kommt auch der Ernährungswirtschaft bei der Gestaltung neuer Erwerbszweige zugute. Ferner organisiert die WTSH Gemeinschaftsstände für Messen in den Be- reichen Ernährungswirtschaft / Lebensmitteltechnik /Nahrungsmittel. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 31 Den Unternehmen der Ernährungswirtschaft sowie benachbarter Bran- chen wie v. a. Maschinenbau, Informationstechnologie und Gesundheits- wirtschaft stehen zwei professionell organisierte Netzwerke offen – der foodRegio e.V. in Lübeck und das Kompetenznetzwerk Ernährungswirt- schaft Schleswig-Holstein e. V. in Kiel. Mit Hilfe dieser Netzwerke werden neu angesiedelte Unternehmen kurzfristig mit allen für sie relevanten In- formationen und Kontakten versorgt. Mittel- bis langfristig führt die Mitar- beit in den Ernährungsnetzwerken über Effizienzsteigerungen in der Pro- duktion, Wissenstransfer zwischen den Unternehmen und der Wissen- schaft, gezielte Maßnahmen zur Kompetenzsteigerung der Beschäftigten und zur Anwerbung von Fachkräften zu höherer Wettbewerbsfähigkeit und Standortsicherung der Ernährungswirtschaft. Darüber hinaus halten die landesnahen Förderinstitute eine breite Palette von Finanzierungsinstrumenten vor, die insbesondere auf die Bedürfnisse kleiner und mittlerer Unternehmen sowie auf Existenzgründungen zuge- schnitten ist (siehe auch Frage 78). Diese Finanzierungsinstrumente ste- hen grundsätzlich auch der Ernährungswirtschaft offen. III. Ausrichtung der Ernährungswirtschaft 17. Wie findet die Ernährungswirtschaft Eingang in die Landesentwicklungs- strategie des Landes? Die Ernährungswirtschaft soll in der Landesentwicklungsstrategie SH 2030 als eines der relevanten Spezialisierungsfelder im Bereich Wirtschaft auf- gegriffen werden. Bei den strategischen Ansätzen spielt die Profilierung der Ernährungswirtschaft durch stärkere Vernetzung, Spezialisierung, Cross-Innovation und innovative Wertschöpfungsketten im Sinne eines nachhaltigen und ressourcensparenden Wirtschaftens eine zentrale Rolle, um die zu Frage 5 dargestellten Ziele und Visionen umzusetzen. Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 32 18. Welche Rolle kommt der Landschaftsplanung für die schleswig- holsteinische Ernährungswirtschaft zu? Gemäß § 9 BNatSchG hat die Landschaftsplanung die Aufgabe, die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege für den jeweiligen Pla- nungsraum zu konkretisieren und die Erfordernisse und Maßnahmen zur Verwirklichung dieser Ziele auch für die Planungen und Verwaltungsver- fahren aufzuzeigen, deren Entscheidungen sich auf Natur und Landschaft im Planungsraum auswirken können. Gemäß § 5 Abs. 1 LNatSchG erfol- gen Darstellung und Begründung der konkretisierten Ziele des Natur- schutzes und der Landschaftspflege und der ihrer Verwirklichung dienen- den Erfordernisse und Maßnahmen ausschließlich im Landschaftspro- gramm, sowie in den Landschaftsplänen. Die Zuständigkeit für die Aufstellung des Landschaftsprogramms hat die oberste Naturschutzbehörde (das MELUR), wobei das Landschaftspro- gramm landesweit Aussagen trifft. Die Zuständigkeit für die Aufstellung der Landschaftspläne liegt bei den Kommunen und umfasst das jeweilige Gemeindegebiet. Aufgrund des hierarchischen Aufbaus der Landschafts- planung leiten sich die Landschaftspläne aus dem Landschaftsprogramm ab (s. Abbildung 3). Die Inhalte der Landschaftsplanung haben keine unmittelbar verbindliche Rechtswirkung gegenüber Privatpersonen. Sie sind jedoch bei Planungen und Verwaltungsverfahren zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 5 BNatSchG). Das Landschaftsprogramm wird im Amtsblatt veröffentlicht. Die Inhalte des Landschaftsprogrammes erhalten eine darüber hinausgehende Verbind- lichkeit durch ihre Übernahme in den LEP bzw. die Regionalpläne. Die Landschaftspläne werden von den Gemeinden beschlossen und sind ebenfalls öffentlich bekannt zu machen. Eine darüber hinausgehende Verbindlichkeit erhalten die Inhalte der Landschaftspläne als Darstellung oder Festsetzung in den von den Gemeinden ebenfalls aufzustellenden Bauleitplänen. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 33 Aussagen zu wirtschaftlichen Fragen der Ernährungswirtschaft können und werden mit der Landschaftsplanung nicht verknüpft. In der Konkreti- sierung der Erfordernisse und Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege enthält die Landschaftsplanung räumliche Ansprüche für vorrangig für den Naturschutz und die Landschaftspflege vorzusehen- de Flächen. Indirekt können jedoch Aussagen erfolgen, die sich auf den Flächenver- brauch (Inanspruchnahme von landwirtschaftlichen Flächen z.B. für Sied- lung und Verkehr) beziehen. Grundsätzliches Anliegen der Landschafts- planung ist es hierbei, diesen Flächenverbrauch soweit wie möglich zu re- duzieren. Abbildung 3: Organisation der Landschaftsplanung Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 34 Die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung mit dem Erfordernis zur Kom- pensation (Ausgleich oder Ersatz) ist eine Reaktion auf die im öffentlichen wie im privaten Interesse vorgenommenen Bauvorhaben mit dem Ziel, dem anhaltenden Verlust an Natur und Landschaft entgegenzuwirken. Mit Blick auf die Verknappung von unbebauter Landschaft, aber insbesondere auch der land- und forstwirtschaftlichen Flächen, sieht das Naturschutz- recht für Kompensationsmaßnahmen vor, vorrangig zu prüfen, ob der Ausgleich oder der Ersatz durch Maßnahmen der Entsiegelung, durch Maßnahmen zur Wiedervernetzung von Lebensräumen oder durch Be- wirtschaftungs- oder Pflegemaßnahmen, die der dauerhaften Aufwertung des Naturhaushaltes und des Landschaftsbildes dienen, erbracht werden kann (vgl. § 15 Abs. 3 Satz 2 BNatSchG). Die Landschaftsplanung kann hier unterstützend wirken. Indirekt können mit der Landschaftsplanung auch über Aussagen zum Er- halt der Kulturlandschaft, die auf einer nachhaltigen landwirtschaftlichen Nutzung beruht, der Wert und die Bedeutung landwirtschaftlicher Flächen unterstützt werden. Indirekt können in diesem Zusammenhang auch weiterhin Aussagen zur Erholungseignung von Landschaftsräumen formuliert werden, die auf- grund der besonderen Lage Schleswig-Holsteins als ein Land zwischen zwei Meeren hierbei gleichzeitig von einem Landschaftsbild, einem Land- schaftserleben bestimmt wird, das ganz wesentlich auch durch die land- wirtschaftliche Nutzung geprägt ist. Gleichzeitig kann die Landschaftsplanung auch Empfehlungen an die landwirtschaftliche Nutzung beispielsweise zum Schutz von Gewässern einschließlich Grundwasser sowie zum Schutz der Biodiversität enthalten. Enge Grenzen findet die Landschaftsplanung jedoch dort, wo landwirt- schaftliche Flächen nicht mehr zur Erzeugung hochwertiger Nahrungsmit- tel genutzt werden, sondern zur Energieerzeugung. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 35 19. Wie kann die unterschiedliche Struktur der ländlichen Räume in den Regi- onen Schleswig-Holsteins für die Ernährungswirtschaft positiv genutzt werden? Fast 80 Prozent der Gesamtfläche Schleswig-Holsteins sind ländliche Räume (LEP 2010). Für fast die Hälfte aller Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner sind die ländlichen Räume Wohn- und Lebens- raum. Aufgrund ihrer landschaftlichen und kulturellen Besonderheiten, ih- rer wirtschaftlichen Ausgangssituation und ihrer Entfernung zu den großen Zentren sind die ländlichen Räume allerdings sehr unterschiedlich. Somit gibt es „den“ ländlichen Raum als einheitliche Raumkategorie nicht mehr. Damit wird die Notwendigkeit einer differenzierteren Betrachtung der länd- lichen Räume deutlich, um der Vielfalt räumlicher Funktionen und Entwick- lungen sowie wachsenden Disparitäten Rechnung zu tragen. Dies wird entsprechend bei der Landesentwicklung berücksichtigt. Schleswig-Holstein hat viele attraktive und leistungsstarke ländliche Räu- me mit unterschiedlichen Identitäten (Natur- und Kulturlandschaften) die für die Ernährungswirtschaft genutzt werden können. Die Herkunft des Produktes (z.B. aus einer bestimmten Region) und die Art seiner Erzeu- gung (z.B. aus ökologischem Landbau) sind Merkmale, die die Kaufent- scheidung eines Verbrauchers beeinflussen können. Folglich können Er- zeuger und Vermarkter bestimmte Qualitätskriterien nutzen, um ihr jeweili- ges Produkt von anderen abzuheben und abzugrenzen. Dabei kann regional für ein Produkt aus einer Region stehen, welches überregional oder sogar international vermarktet wird (z.B. Lübecker Mar- zipan, Dithmarscher Kohl, Holsteiner Tilsiter) oder für ein Produkt, welches für die räumliche Nähe zwischen Produzent und Verbraucher steht. Regi- onale Produzenten und Produkte, sowie die Region, stehen hier im Vor- dergrund. Die Landesregierung sieht gerade für regionale Produkte, welche die Be- sonderheiten Schleswig-Holsteins oder einer Region besonders hervorhe- ben, gute Chancen. Die Landesregierung fördert über die „Aktivregionen“ entsprechende Pro- zesse und Projekte. Ein gutes Beispiel hierfür ist die „LAG AktivRegion Schwentine-Holsteinische Schweiz e.V.“ Diese ist der Zusammenschluss von Kommunen, Verbänden, Vereinen und Bürgerinnen und Bürgern, die sich gemeinsam für die Weiterentwicklung der Region engagieren. Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 36 Grundlage der Aktivitäten ist eine integrierte Entwicklungsstrategie, die in 2010 aktualisiert wurde und ein entsprechendes Projektmanagement. Es wurden verschiedene Projekte in den Bereichen Wirtschaft, Tourismus, Kultur und Soziales geplant und umgesetzt. Bei diesen Projekten wurden schwerpunktmäßig gerade Aspekte der Landwirtschaft, der Ernährungs- wirtschaft, des Ernährungshandwerks und der Gastronomie mit dem länd- lichen Tourismus kombiniert. Zur Weiterentwicklung dieses wesentlichen Arbeitsbereiches wurde zudem Ende 2012 der Verein „GenussRegion Holsteinische Schweiz e.V.“ gegründet, der speziell die Interessen von landwirtschaftlichen Direktvermarktern, Gastronomie und Tourismus in der Region bündeln soll. Nicht zuletzt die regelmäßigen erfolgreichen Auftritte auf der „Internationalen Grünen Woche“ im Rahmen der „Schleswig- Holstein-Halle“ in den letzten Jahren dokumentieren diesen Netzwerkge- danken und können als Beispiel auch für andere ländliche Räume bzw. Aktiv-Regionen dienen. 20. Welche Cluster und Netzwerke im Bereich der Ernährungswirtschaft in Schleswig-Holstein sind der Landesregierung bekannt? Wie sind sie orga- nisiert? Der Landesregierung sind die beiden schleswig-holsteinischen Ernäh- rungsnetzwerke foodRegio – Branchennetzwerk der norddeutschen Er- nährungswirtschaft (foodRegio) – und das Kompetenznetzwerk Ernäh- rungswirtschaft Schleswig-Holstein (KNE SH) bekannt. Beide Netzwerke werden mit Fördermitteln aus dem OP EFRE bzw. der GRW für die Clusterstrukturen und für Vermarktungsaktivitäten aus dem OP ELER unterstützt. foodRegio ist seit 2007 als Verein foodRegio e. V. mit Sitz in Lübeck orga- nisiert und hat mit Stand November 2014 48 Mitglieder, vorwiegend aus dem Bereich von Unternehmen der Ernährungswirtschaft sowie Institutio- nen im südlichen Landesteil. KNE SH ist seit 2012 als Verein KNE SH e. V. mit Sitz in Kiel organisiert und hat mit Stand November 2014 60 Mitglieder, vorwiegend aus dem Be- reich von Unternehmen der Ernährungswirtschaft sowie Institutionen im nördlichen Landesteil. Seit 2010 regelt eine Kooperationsvereinbarung den Aktionsradius beider Ernährungsnetzwerke in Schleswig-Holstein sowie die inhaltliche Koope- ration untereinander. Wichtigste Ziele beider Netzwerke sind die wertschöpfende Vernetzung der Unternehmen der Ernährungswirtschaft untereinander und somit die Steigerung der Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit der norddeutschen Ernährungswirtschaft. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 37 Dazu unterhalten die Netzwerke mehrere fachspezifische Arbeitskreise, in denen Schwerpunktthemen bearbeitet werden, die in Handlungsleitfäden oder Projekte für die beteiligten Unternehmen münden. foodRegio bietet außerdem Schulungen und ebenso wie KNE SH mindestens eine Ganzta- gesveranstaltung pro Jahr an. foodRegio ist darüber hinaus als einziges schleswig-holsteinisches Netz- werk in die go-cluster-Initiative des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie aufgenommen worden. Im Rahmen dieser Initiative ist foodRegio Gründungsmitglied von German Food Cluster, einem Zusammenschluss von vier deutschen Ernährungsnetzwerken. Durch frühzeitige und konse- quente Internationalisierungsaktivitäten ist foodRegio in zahlreichen EU- Initiativen und EU- Projekten, schwerpunktmäßig im Ostseeraum, vertre- ten. 21. Welche Zukunftsausrichtung plant die Landesregierung für die Clusterbil- dung in der Ernährungswirtschaft in Schleswig-Holstein? Im Rahmen der Erarbeitung des OP EFRE ist eine Strategie zur intelligenten Spezialisierung zur Erfüllung der Ex-Ante-Konditionalität erstellt worden . Diese Regionale Innovationsstrategie Schleswig-Holstein (RIS3 SH) ist im Dezember 2013 von der Landesregierung verabschiedet worden. In dieser Strategie wurde die Ernährungswirtschaft als eines von fünf relevanten Spezialisierungsfeldern identifiziert. Die Landesregierung wird daher die Clusterbildung in der Ernährungswirtschaft, insbesondere in Hinblick auf Innovationen und dadurch gesteigerte Wettbewerbsfähigkeit weiter unterstützen (vgl. Frage 5). Für die Clusterpolitik und deren Förderung wird derzeit eine neue Strategie erarbeitet (vgl. auch Antwort zu Frage 12). Um die nationale und internationale Sichtbarkeit der schleswigholsteinischen Ernährungswirtschaft zu steigern, die Weiterentwicklung neuer Innovations- und Wachstumspotenziale zu identifizieren, den professionellen Wissenstransfer zwischen Wirtschaft (insbes. KMU), Forschung und Technologie zu fördern und um auf die Expansion bestehender und die Gründung neuer Unternehmen der Ernährungswirtschaft hinzuwirken , plant die Landesregierung die beiden bestehenden Branchennetzwerke foodRegio und KNE SH durch eine entsprechende Förderung zu einem schlagkräftigeren landesweit agierenden Ernährungscluster weiterzuentwickeln . 22. Wie bewertet die Landesregierung die Bedeutung von Clustern und Netz- werken in der Ernährungswirtschaft? Die Ernährungswirtschaft in Schleswig-Holstein ist mittelständisch geprägt. Es ist erklärtes Ziel der Landesregierung, diesen in der Regel familienge- führten kleinen und mittleren Unternehmen Hilfestellungen zu geben, um im Wettbewerb mit großen konzernabhängigen Unternehmen bestehen zu können. Die seit 2004 vom Land geförderten Cluster der Ernährungswirtschaft ha- ben in mehrfacher Hinsicht eine große Bedeutung. Sie Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 38  ermöglichen den Unternehmen in überbetrieblicher Kooperation Projekte zu identifizieren und umzusetzen, die die Innovation und Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Unternehmen und damit der Branche insgesamt steigern. Dies führt zur Überwindung kleinteili- ger Unternehmensstrukturen und damit zu einer höheren Wert- schöpfung für die gesamte norddeutsche Ernährungswirtschaft.  stärken die nationale und internationale Wahrnehmung in einer wichtigen und weitgehend konjunkturresistenten Zukunftsbranche und tragen damit mittel- bis langfristig zur Profilierung des Landes bei. Dies unterstützt Erweiterungs- und Ansiedlungsvorhaben von Investoren aus dem Bereich Ernährungswirtschaft in Schleswig- Holstein.  ermöglichen und/oder verstärken die Zusammenarbeit zwischen (Hoch-) schulen und Unternehmen. Dies sichert die Anwendungs- orientierung der Bildungs- sowie Forschungs- und Entwicklungsin- vestitionen des Landes und unterstützt die Wettbewerbsfähigkeit der Branche.  eröffnen der Landesregierung die Möglichkeit der verstärkten Inter- aktion mit der für Schleswig-Holstein nach Umsatz und Beschäftig- ten wichtigsten Branche des Verarbeitenden Gewerbes. 23. Welche Rahmenbedingungen wären erforderlich, um Akteure aus unter- schiedlichen Wirtschaftsbereichen für die Förderung der Ernährungswirt- schaft zu vernetzen? (Beispiel „Schleswig-Holstein is(s)t lecker“ mit Land- wirtschaftskammer, Dehoga, TASH) Grundsätzlich wären zunächst die Wirtschaftsbereiche zu identifizieren, die eine große Interaktion mit der Ernährungswirtschaft aufweisen bzw. aufweisen können und zu einer Erhöhung der Wertschöpfung beitragen. Unter Berücksichtigung der Wertschöpfungskette sind folgende für Schleswig-Holstein bedeutsame Bereiche eng mit der Ernährungswirt- schaft verbunden:  Sondermaschinenbau, hier v.a. für die Ernährungswirtschaft sowie im Bereich Verpackungsmittel,  Logistikwirtschaft,  Papier- und Verpackungswirtschaft.  Tourismus Im Rahmen von Innovationsplattformen könnten Projekte (z.B. „Intelligente Verpackung“, „Ressourcenschonende Logistik“) identifiziert und umgesetzt werden, die zu einer höheren Wettbewerbsfähigkeit der Ernährungswirt- schaft beitragen. Die Vernetzung der Akteure aus den unterschiedlichen Wirtschaftsberei- chen war schon immer ein vorrangiges Ziel der Clusterförderung. Dieser Ansatz bleibt auch bei der Neuausrichtung der Clusterstrategie des Lan- des ein zentrales Element. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 39 Für den Tourismus gewinnt das Thema regionales und ökologisches Es- sen & Trinken in Schleswig-Holstein zunehmend an Bedeutung. Die TASH bietet den Besuchern über das Portal „Genusswelten Schleswig-Holstein“ mit einem Restaurantführer und einem ProduzentenGUIDE für regionale Produkte entsprechendes Informationsmaterial an. Die Wort-Bild-Marke „Schleswig-Holstein is(s)t lecker!“ soll durch die Teil- nahme von vielen gastronomischen Betrieben mit Leben gefüllt werden. Ihr Ziel ist die:  Förderung des Absatzes von Produkten der schleswig-holsteinischen Land- und Ernährungswirtschaft,  Profilierung des Wirtschaftsstandortes Schleswig-Holstein im Bereich der Lebensmittel,  Ausbau der Wertschöpfungskette Landwirtschaft – Ernährungswirt- schaft – Tourismuswirtschaft,  Erweiterung des Image Schleswig-Holsteins zu einer der führenden „kulinarischen Adressen“ in Deutschland. Partner dieser Kampagne sind Organisationen und Betriebe aus den Be- reichen Landwirtschaft, Ernährungswirtschaft, Ernährungshandwerk, Gast- ronomie und Tourismus. Im Zuge gemeinsamer Maßnahmen ist es gelun- gen, die wirtschaftlichen Verknüpfungen zwischen den beteiligten Wirt- schaftszweigen weiter zu entwickeln und für die Weiterentwicklung des Angebotes regionaler Produkte wichtige Impulse zu geben. Darüber hin- aus konnte dazu beigetragen werden, den Blick und das Bewusstsein der Verbraucherinnen und Verbraucher für regionale Produkte aus Schleswig- Holstein zu schärfen. Interessante und von heimischen Produkten bestimmte Speisenangebote sollen Schleswig-Holstein als gastronomisch-kulinarische Adresse noch bekannter machen. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde zusammen mit dem Hotel- und Gaststättenverband Schleswig-Holstein Teilnahme- Voraussetzungen für die Initiative "Schleswig-Holstein is(s)t lecker!" erar- beitet. Dadurch soll die Initiative einen besonderen Wert erhalten und bei den Gästen Interesse an einem speziellen Genusserlebnis wecken. 24. Inwiefern bestehen europäische Vernetzungen oder Cluster im Bereich der Ernährungswirtschaft und wie sind Unternehmen aus Schleswig- Holstein daran beteiligt? Mit dem Verein „FEINHEIMISCH – Genuss aus Schleswig-Holstein e.V.“ ist ein Netzwerk von agrarischen Erzeugern und Manufakturen, Küchen- chefs und Gastronomen, privaten Mitgliedern und gewerblichen Förderern in Schleswig-Holstein entstanden, welches Regionalität, Qualität und die Vielfalt der Lebensmittel in den Mittelpunkt der Aktivitäten stellt. Auf europäischer Ebene bestehen unterschiedliche Vernetzungen. Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 40 Im Rahmen der deutsch-dänischen Zusammenarbeit besteht das deutsch- dänische Netzwerk der Ernährungswirtschaft, kurz beltfood (www.beltfood.de). Auf schleswig-holsteinischer Seite ist das Netzwerk foodRegio Mitglied von beltfood. Das Kompetenznetzwerk Ernährung Schleswig-Holstein kooperiert mit dem dänischen Staalcentrum (www.staalcentrum.dk). Hier werden u.a. gemeinsame Veranstaltungen zu ernährungswirtschaftlichen Themen an- geboten. Im Rahmen der Zusammenarbeit im Ostseeraum besteht das Netzwerk von Ernährungsclustern im gesamten Ostseeraum, kurz baltfood (www.baltfood.de). Auf schleswig-holsteinischer Seite ist das Netzwerk foodRegio Mitglied von baltfood und übt auch die Geschäftsstellentätigkeit aus. Weiter besteht die von der DG Research unterstützte Food Cluster Initiati- ve (http://www.foodclusterinitiative.eu/). Auf schleswig-holsteinischer Seite ist das Netzwerk foodRegio Mitglied der Initiative. Über die foodRegio-Mitgliedschaft sind diese Unternehmen der Ernäh- rungswirtschaft in diese und weitere Initiativen und Netzwerke eingebun- den. IV. Wertschöpfungsketten 25. In welchem Umfang sind die Wertschöpfungsketten in Schleswig-Holstein verankert? a) Welche Rolle nehmen unverarbeitete Erzeugnisse und Veredelung ein? b) Wie viele landwirtschaftliche Erzeugnisse werden aus Schleswig- Holstein ausgeführt, wie viele eingeführt? c) Wie viele veredelte Lebensmittel werden aus Schleswig-Holstein aus- geführt, wie viele eingeführt? Aufgrund der nationalen und internationalen Verflechtung sind Zu- und Ab- flüsse von landwirtschaftlichen Rohstoffen natürlich bzw. unvermeidbar. Beispielsweise werden für die Marzipanherstellung Importe von Mandeln gebraucht, während zum Beispiel hochwertige Milchtrockenpulver aus Schleswig-Holstein ein weltweit begehrtes Vorprodukt z.B. in der Schoko- ladenherstellung sind (vgl. auch Antwort zu Frage 11). Die innerdeutschen Warenströme aus und nach Schleswig-Holstein wer- den nicht detailliert erfasst und sind daher auch nicht entsprechend aus amtlichen Statistiken ablesbar. Anhaltspunkte zum Warenverkehr mit dem Ausland ergeben sich aus der Außenhandelsstatistik, untergliedert nach Waren - und Untergruppen der Ernährungswirtschaft und der Gewerbli- chen Wirtschaft (EGW). Allerdings lassen sich die Warengruppen der Ernährungswirtschaft in der verwendeten EGW-Warensystematik nicht eindeutig nach dem Verarbei- tungsgrad der Produkte zusammenfassen. Beispielsweise umfasst die Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 41 Warengruppe 201 „Milch und Milcherzeugnisse, ausgenommen Butter und Käse“ (Export in 2013: 284 Mio. €). Diese Gruppe umfasst also sowohl das unverarbeitete Erzeugnis „Milch“ als auch z.B. Joghurt, Trockenpulver etc. Demgegenüber ist die Warengruppe 203 „Käse“ eindeutiger (Export in 2013: 218 Mio. €). Man kann aus den vorliegenden Angaben aber nicht eindeutig den Ausfuhrumfang von „veredelten Lebensmitteln“ berechnen. Die nachfolgende Tabelle 12 enthält die Angaben zur Ein- und Ausfuhr des Landes Schleswig-Holstein nach EGW-Warennummern. „Export“ be- deutet in diesem Zusammenhang die Ausfuhr aus Schleswig-Holstein in andere Staaten, d.h. der Warenversand in andere Bundesländer, z. B. nach Nordrhein-Westfalen geht daraus nicht hervor. Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 42 Tabelle 12: Ernährungswirtschaftlicher Ex- und Import Schleswig-Holstein 2013 in Euro Warenuntergruppe Import Export Pferde 226.752 8.647.433 Rinder 720.346 1.653.040 Schweine 103.905.702 14.499.233 Schafe 1.053.926 - Hausgeflügel 19.641 60.916 Lebende Tiere, a.n.g 120.523 228.090 Milch, Milcherzeugnisse 57.118.720 284.023.585 Butter, Fettstoffe 4.939.162 14.951.149 Käse 17.664.201 217.893.680 Fleisch, Fleischwaren 466.028.333 365.272.505 Fische, Krebstiere 214.165.929 134.082.356 Tierische Öle u. Fette 6.478.887 17.468.609 Eier, Eiweiß, Eigelb 11.107.942 1.744.575 Fisch-, Fleischmehl 973.096 385.706 Nahrungsmittel tierischen Ursprungs 60.898.482 29.223.112 Weizen 11.196.125 82.204.558 Roggen 11.351.332 21.451.298 Gerste 6.381.742 7.408.539 Hafer 25.257.455 724.554 Mais 28.143.175 2.887.005 Sorghum, Hirse, Getreide 2.439.987 344.209 Reis und Reiserzeugnisse 4.381.243 34.561 Getreideerzeugnisse 12.574.117 27.355.233 Backwaren u.a. 55.492.842 133.265.894 Malz 755.629 25.288 Saat- u. Pflanzgut 8.225.875 2.687.174 Hülsenfrüchte 3.591.177 1.613.307 Grün- und Raufutter 1.034.269 329.428 Kartoffeln und - erzeugnisse 11.716.871 10.497.073 Gemüse u. sonstige Küchengewächse, frisch 48.855.205 48.244.372 Frischobst, ausgenommen Südfrüchte 13.006.759 26.274.775 Südfrüchte 12.177.869 - Schalen- und Trockenfrüchte 221.336.660 9.324.212 Gemüsezubereitungen 28.617.308 3.759.558 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 43 Warenuntergruppe Import Export Pferde 226.752 8.647.433 Obstzubereitungen und Obstkonserven 55.261.733 23.337.174 Obst- und Gemüsesäfte 9.348.249 1.110.115 Kakao und Kakaoerzeugnisse 98.713.981 84.808.600 Gewürze 19.048.404 1.294.841 Zuckerrüben, Zucker und Zuckererzeugnisse 59.499.936 58.677.591 Ölfrüchte 100.207.325 54.969.388 Pflanzliche Öle und Fette 26.795.283 33.314.687 Ölkuchen 47.110.333 13.650.811 Kleie, Abfallerzeugnisse zur Viehfütterung und sonstige Futtermittel 40.780.565 88.656.005 Nahrungsmittel pflanzlichen Ursprungs, a.n.g. 183.201.186 268.968.971 Lebende Pflanzen und Erzeugnisse der Ziergärtnerei 47.143.287 21.534.517 Kaffee 11.669.592 23.934.416 Tee und Mate 14.644.927 2.028.336 Rohtabak und Tabakerzeugnisse . 46.840.792 39.505.860 Bier 214.740.524 11.775.408 Branntwein 63.632.773 13.026.010 Wein 213.957.939 315.688 a.n.g. = anderweitig nicht genannt Quelle: Statistikamt Nord 26. In welchem Umfang werden Erzeugnisse der Ernährungswirtschaft mit Hamburg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern gehandelt? Der Landesregierung liegen hierüber keine Informationen vor, da Han- delsströme statistisch nicht erfasst werden. Sofern Daten vorliegen, wer- den diese durch den Einfluss des Warenverkehrs über den Hamburger Hafen dominiert. 27. Die Niederlande und Dänemark sind die wichtigsten Exportabnehmer Schleswig-Holsteins. Welcher Anteil hiervon entfällt auf die Ernährungs- wirtschaft? Die Tabelle 13 zeigt die prozentualen Exportanteile der aufgeführten Produkte in die Niederlande und nach Dänemark auf. Daraus folgt, dass beim Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 44 Export aus Schleswig-Holstein nach Dänemark 2013 knapp ein Viertel (24,6%) auf Waren der Ernährungswirtschaft entfielen, bei den Exporten in die Niederlande waren es rund ein Fünftel (20,2%). Die Ernährungsgüter machen am gesamten Export Schleswig-Holsteins lediglich 11,6% aus. Der Export von Ernährungsgütern in die Niederlande und nach Dänemark hat eine besondere Bedeutung. Dies zeigt sich u.a. darin, dass der summierte Anteil Dänemarks und der Niederlande am Gesamtexport Schleswig -Holsteins mit 15,8% nur gut halb so groß ist wie deren summierter Anteil beim Export von Ernährungsgütern (30,4%). Tabelle 13: Ernährungswirtschaftlicher Ex- und Import Schleswig-Holstein 2013 in Euro Anteil der Ausfuhren von Ernährungsgütern nach Dänemark und in die Niederlande am gesamten Export Schleswig-Holsteins von Ernährungsgütern im Jahr 2013 WG – Bezeichnung Export insgesamt in Mio. Euro Darunter: Export nach Dänemark in Mio. Euro darunter: Export in die Niederlande in Mio. Euro Wert Anteil in % Wert Anteil in % 1 Lebende Tiere 25,5 0,2 0,8 0,3 1,2 darunter Pferde 8,6 0,0 0,0 0,0 0,0 Rindvieh 1,7 0,0 0,0 0,0 0,0 lebende Tiere, anderweitig nicht genannt 0,2 0,0 0,0 0,0 0,0 2 Nahrungsmittel tierischen Ursprungs 1065,0 187,5 17,61 204,6 19,2 darunter Milch 284,0 33,3 11,7 84,7 29,8 Butter 15,0 4,9 32,7 0,0 0,0 Käse 217,9 9,0 4,1 47,0 21,6 Fleisch u. Fleischwaren 365,3 102,0 27,9 16,1 4,4 Fische 134,1 36,4 27,1 43,5 32,4 3 Nahrungsmittel pflanzlichen Ursprungs 1028,8 168,7 16,4 85,9 8,3 darunter Weizen 82,2 2,0 2,4 0,7 0,9 Gerste 7,4 4,2 56,8 0,9 12,2 Getreideerzeugnisse 27,4 3,4 12,4 1,0 3,6 Nahrungsmittel pflanzlichen Urspr., anderweitig nicht genannt 269,0 28,5 10,6 44,7 16,6 Gemüse-/Obst-/Fruchtsaftzubereitung u. Konserven 28,2 0,5 1,8 7,3 25,9 Kakao und -erzeugnisse 84,8 7,5 8,8 9,0 10,6 Zucker 58,7 3,5 6,0 1,3 2,2 Ölfrüchte 55,0 2,0 3,6 0,6 1,1 lebende Pflanzen, ziergärtnerische Erzeugnisse 21,5 3,1 14,4 2,5 11,6 4 Genussmittel 90,6 3,6 4,0 20,6 22,7 Kaffee 23,9 0,2 0,8 11,0 46,0 Rohtabak und -erzeugnisse 39,5 1,1 2,8 0,2 0,5 Branntwein 13,0 0,6 4,6 5,3 40,8 EW-Export insgesamt 2209,5 360,0 16,3 311,3 14,1 Anteil des EW-Exports von DK und NL (kumuliert) 30,4% Anteil EW-Export am Gesamt Export 24,6 20,2 Gesamt Export 19.078 1461,7 7,7 1538,5 8,1 Anteil DK und NL am Gesamtexport (kumuliert) 15,8% Quelle: Statistikamt Nord, Außenhandel Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 45 28. Welcher Anteil von in Schleswig-Holstein produzierten Erzeugnissen der Ernährungswirtschaft verbleibt im Land? Der Landesregierung liegen hierüber keine Informationen vor. 29. Wie hoch ist der Re-Import der hier produzierten Produkte? Der Landesregierung liegen hierzu keine Informationen vor. 30. Findet die Veredelung von in Schleswig-Holstein erzeugten Produkten in anderen Ländern und Staaten statt? Der Landesregierung liegen hierzu keine Informationen vor. Es ist aber davon auszugehen, dass die aus Schleswig-Holstein ausge- führten Rohwaren bzw. gering vorbearbeiteten Produkte (z.B. Milchpulver) in den Zielregionen in den meisten Fällen vor dem Verzehr noch weiter- verarbeitet werden (z.B. Milchpulver zu Schokolade). Aus der Handelssta- tistik lassen sich hierzu keine Rückschlüsse ableiten. 31. Wo steht die Ernährungswirtschaft in Schleswig-Holstein im Benchmark der norddeutschen Flächenländer? In der Land- und Forstwirtschaft sowie der Fischerei ergibt sich anhand der Vergleiche der jeweiligen Bruttowertschöpfung, dass der Anteil der Landwirtschaft an der Gesamt-Bruttowertschöpfung 2013 in Mecklenburg- Vorpommern mit 3,9 % mehr als doppelt so groß ist wie in Schleswig- Holstein oder Niedersachsen (jeweils 1,8 %) (s. Tabelle 14). Tabelle 14: Anteil der Land- und Forstwirtschaft sowie der Fischerei an der Bruttowertschöpfung des jeweiligen Bundeslandes in jeweiligen Preisen (Angaben in Prozent) 1) Jahr 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 MecklenburgVorpommern 3,9 3,6 4,1 2,7 2,8 3,1 3,7 2,8 3,1 3,4 3,9 Niedersachsen 1,9 1,7 2,1 1,6 1,6 1,7 1,9 1,4 1,5 1,8 1,8 SchleswigHolstein 1,8 1,7 1,8 1,3 1,5 1,5 1,8 1,4 1,5 1,7 1,8 Deutschland 1 0,9 1,1 0,8 0,8 0,9 1 0,8 0,8 0,9 1 1) Berechnungsstand August 2012/Februar 2013 Quelle: Statistikamt Nord, Statistisches Bundesamt Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 46 Für den Bereich des verarbeitenden Gewerbes in der Ernährungswirt- schaft stammen die letzten vergleichbaren Daten für die Bruttowertschöp- fung aus dem Jahre 2011 (s. Tabelle 15). Während in Schleswig-Holstein der Anteil der Ernährungswirtschaft (ohne Landwirtschaft) an der Brutto- wertschöpfung insgesamt 3,2 % beträgt (vgl. Frage 6), beträgt der Anteil in Niedersachsen 4,1 % und in Mecklenburg-Vorpommern 5,5 %. Quelle: Hamburgisches Weltwirtschaftsinstitut (2014): Die Konjunktur in Norddeutschland 2013/2014 Tabelle 15: Die fünf Sektoren mit den höchsten ausgewiesenen Produktionswerten in den fünf norddeutschen Ländern Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 47 32. Welche Rolle spielen schleswig-holsteinische Erzeugnisse der Ernäh- rungswirtschaft bei der Versorgung der Metropole Hamburg? Der Landesregierung liegen hierzu keine detaillierten Informationen vor. Es ist aber davon auszugehen, dass Hamburg als wichtigster „Absatz- markt vor der Haustür“ für viele Unternehmen der Ernährungswirtschaft von großer Bedeutung ist, dies gilt vor allem für die Metropolregion Ham- burg. Umgekehrt empfängt Hamburg Waren aus aller Welt und stellt auf diese Weise seine Versorgung problemlos sicher. In letzter Zeit ist aller- dings das Bewusstsein für regionale Versorgungskreisläufe gestiegen, so dass die Herkunft aus Schleswig-Holstein zunehmend ein Marketingargu- ment sein kann. V. Vermarktung/Vertrieb 33. Welche Rolle nehmen Erzeuger-Verbrauchergenossenschaften, Vereine und Kooperationen in Schleswig-Holstein bei der Vermarktung ein? Wie hat sich ihre Zahl seit 2000 entwickelt und wie bewertet die Landesregie- rung die zukünftige Bedeutung dieser Vermarktungsform? Eine statistische Erfassung oder wissenschaftliche Untersuchung über Er- zeuger-Verbraucher-Gemeinschaften, Vereine oder Kooperationen in Schleswig-Holstein liegt der Landesregierung nicht vor. Insofern können sich die nachfolgenden Aussagen nur auf grundsätzliche Erwägungen der Landesregierung und bekannten Einzelbeispielen beziehen. In den letzten beiden Jahrzehnten haben sich an einigen Orten Kooperati- onen zwischen Erzeugern und Verbrauchern entwickelt, meist in Form als genossenschaftliches Modell oder als Verein. Ziel dieser Kooperationen ist in der Regel eine solidarische, kooperative Direktvermarktung (häufig von Produkten aus der Ökologischen Landwirtschaft) mit kurzen Transportwe- gen und Unterstützung der regionalen Landwirtschaft. Erzeuger erhoffen sich aus diesen Kooperationen ein sicheres Abnahmekontingent bei fairen Erzeugerpreisen, die Verbraucher gute Qualität bei angemessen Preisen. Weiterer Mehrwert ist der direkte Kontakt zwischen Erzeugern und Ver- brauchern. Die Transparenz der Herkunft der Produkte ist in der Regel sehr hoch. Die Ziele der Kooperation werden gemeinsam bestimmt und nicht die Erzielung eines möglichst hohen Gewinns steht im Vordergrund, sondern die Förderung der Interessen der Mitglieder Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 48 Die bekannteste und gleichzeitig wohl auch erfolgreichste Erzeuger- Verbraucher-Gemeinschaft in Schleswig-Holstein ist vermutlich die „Land- wege eG“. Die Anfänge dieser EVG gehen auf das Jahr 1987 zurück. 1999 haben sich dann etwa 30 ökologisch wirtschaftende Betriebe und rund 320 Verbraucherinnen und Verbraucher im Raum Lübeck zu einer Genossenschaft zusammengeschlossen. Die Produkte werden über fünf eigene Bio-Märkte in Lübeck vertrieben, die letzten beiden Märkte wurden im Jahr 2013 eröffnet. Ein weiteres Konzept von Zusammenschlüssen von landwirtschaftlichen Betrieben oder Gärtnereien mit einer Gruppe privater Haushalte ist unter der Bezeichnung „Solidarische Landwirtschaft“ („Solawi“) bekannt. Hier werden die Lebensmittel nicht mehr über den Markt vertrieben, sondern fließen in einen eigenen Wirtschaftskreislauf, der von den Teilnehmern mit organisiert und finanziert wird. Auf Grundlage der geschätzten Jahreskos- ten der landwirtschaftlichen Erzeugung verpflichtet sich diese Gruppe, jährlich im Voraus einen festgesetzten, meist monatlichen Betrag an den Hof zu zahlen. In Schleswig-Holstein gibt es bisher drei „Solawis“ in Schönwalde bei Eutin, Kattendorf im Kreis Segeberg und Bunsoh bei Al- bersdorf. Vier weitere befinden sich im Aufbau: Bosau, Blunk, Angeln und Kropp / Stapelholm. Die Erfolgsfaktoren einer EVG hängen dabei in besonderer Weise von fol- genden Rahmenbedingungen ab: Das Produktsortiment der beteiligten Betriebe muss interessant genug sein bzw. sollte, in Abhängigkeit von den saisonal verfügbaren Erzeugnissen, möglichst breit aufgestellt sein. Die Verbraucherinnen und Verbraucher müssen ein hohes Maß an Verständ- nis für die Arbeitsweise der Betriebe und das saisonale Produktangebot entwickeln und zudem bereit sein, ggf. einen höheren Preis für die Er- zeugnisse zu zahlen. Weitere Voraussetzungen sind zuverlässiges Perso- nal in der Erzeugung, Aufbereitung und im Vertrieb sowie vor allem eine qualifizierte Geschäftsführung, die in der Lage ist, die Interessen der Be- teiligten zu berücksichtigen und mit den Partnern vertrauensvoll zusam- men zu arbeiten. Wichtig ist zudem eine günstige Lage möglichst in der Nähe oder innerhalb einer größeren Stadt. Bei den „Solawis“ muss das Engagement aller Beteiligten eher noch ausgeprägter sein, da die Kundin- nen und Kunden angehalten sind, ihre direkten Arbeitsleistungen auf dem Hof einbringen. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 49 Der Grundansatz, Verbraucherinnen und Verbraucher mit landwirtschaftli- chen Betrieben zu vernetzen, ist grundsätzlich positiv zu beurteilen. Auf diese Weise kann Verständnis für landwirtschaftliche Zusammenhänge und für die Erzeugung von heimischen Erzeugnissen entwickelt werden. Der oftmals festzustellenden Entfremdung nicht nur der städtischen Be- völkerung von der Landwirtschaft könnte damit zumindest tendenziell ent- gegengewirkt werden. In der Summe stellen diese Modelle allerdings eher Nischenlösungen dar. Zahlreiche Erzeuger-Verbraucher-Gemeinschaften sind in den neunziger Jahren entstanden und zwischenzeitlich bereits wieder aufgelöst, weil einer oder mehrere der oben beschriebenen Er- folgsfaktoren eben nicht gegeben waren. Darüber hinaus gibt es ein aktuelles Beispiel für Vernetzungen zwischen ernährungswirtschaftlichen Betrieben und Verbrauchern auf genossen- schaftlicher Grundlage. So streben die bisherigen Gesellschafter der Mei- erei Horst („De Melkburen“) eine Mitgliedschaft von Kunden bzw. Verbrau- cherinnen und Verbrauchern über die Streuung von Genossenschaftsan- teilen an. Im Bereich der Vereine und Kooperationen gibt es vorwiegend Zusam- menschlüsse und Initiativen auf Erzeugerebene, wie zum Beispiel der Verein „Nordbauern Schleswig-Holstein e.V.“ (siehe Frage 35), der Verein „Käsestraße Schleswig-Holstein e.V.“, der „Verein schleswig- holsteinischer Schinkenhersteller e.V.“ oder der „Förderverein Angler Sat- telschwein e.V.“ Der „Verein schleswig-holsteinischer Schinkenhersteller e.V.“ ist die Schutzgemeinschaft für das nach dem EU-Geoschutz mit dem Label „geschützte geografische Angabe“ (g.g.A.) ausgezeichnete regiona- le Erzeugnis „Holsteiner Katenschinken“. Diese vier Vereine werden der- zeit unter dem Dach der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein im Fachbereich Gütezeichen gebündelt und organisatorisch betreut. 34. Welche weiteren Möglichkeiten der Beteiligung von Bürgerinnen und Bür- gern / Partizipation im Bereich der Ernährungswirtschaft sieht die Landes- regierung? Eine grundsätzliche Einflussnahme haben die Verbraucherinnen und Ver- braucher über ihr Konsumverhalten bzw. über ihre Einkaufsentscheidung („Abstimmung mit dem Einkaufswagen“). Die Verkaufszahlen für Bio-, fair gehandelte, tiergerechte und regionale Lebensmittel oder auch vegetari- sche/vegane Produkte – jede dieser Kategorien mit ihrem eigenen politi- schen Hintergrund – nehmen deutlich zu. Von der Sorge um die Umwelt bis zur Unterstützung für bedürftige Erzeuger können die Verbraucherin- nen und Verbraucher über den bewussten Kauf solcher Lebensmittel letzt- lich auch Einfluss auf das Angebot nehmen. Für diese Wahlfreiheit ist aber eine transparente und glaubwürdige Kennzeichnung der Lebensmittel ent- scheidend. Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 50 35. Welche Rolle spielt die Direktvermarktung von Produkten der Ernäh- rungswirtschaft in Schleswig-Holstein? (Anteil / Bedeutung z.B. auch für Tourismus, Image) Die Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein, die diesen Bereich im Rahmen ihres Beratungsangebotes für Einkommensalternativen betreut, schätzt die Zahl der Direktvermarkter zwischen 800 und 1.000. Diese Zahl impliziert allerdings alle Formen von Direktvermarktung in den verschiede- nen Ausprägungen und Intensitäten. Die Spanne reicht vom Kleinregal vor der Hofeinfahrt mit Geldsammelbox für den ehrlichen Kunden über diverse Lieferdienste bis hin zum professionellen Hofladen mit breitem Produktan- gebot. Die Zahl der professionellen Direktvermarkter, die sich mehr oder weniger vollständig auf diesen Vermarktungsweg spezialisiert haben, dürfte in Schleswig-Holstein bei 50 Betrieben liegen. Die Direktvermarktung land- wirtschaftlicher Produkte spielt in Schleswig-Holstein insbesondere im Be- reich der Sonderkulturen wie bei Spargel und Erdbeeren eine Rolle. Vielen Familienbetrieben ist es gelungen, sich mit der Direktvermarktung ein zu- sätzliches wirtschaftliches Standbein zu schaffen, und viele Betriebe sind dabei, den Bereich der Direktvermarktung sukzessive weiter zu entwi- ckeln. Die Landesregierung will die direktvermarktenden Betriebe in Schleswig- Holstein dadurch unterstützen, dass es zukünftig Erleichterungen bei der Aufstellung von Werbeanlagen (Beschilderungen) geben wird, die einen vernünftigen Kompromiss zwischen den Anforderungen des Straßenrechts und der Verkehrssicherheit einerseits und den wirtschaftlichen Interessen der Direktvermarkter anderseits ermöglichen wird. Den Lebensmittelhändlern ist in vielen Fällen das lokale bzw. regionale Angebot jedoch nicht bekannt. Für die Produzenten erscheinen die Anfor- derungen des Handels bezüglich Qualitätssicherung, Etikettierung, Verpa- ckung und Logistik oft zu hoch. Darüber hinaus fehlte in der Vergangen- heit eine Vernetzung der Akteure als Grundlage für eine mögliche Bünde- lung der bestehenden Angebote. Auf Initiative der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein und mit fi- nanzieller Unterstützung der Landesregierung wurden 2012 mehr als 150 direktvermarktende Betriebe durch eine zentrale Veranstaltung informiert und miteinander in Kontakt gebracht. Im Rahmen dieser Fachveranstal- tung wurden die Themen Nachfrage des Handels, Qualitätsanforderungen und Logistik mit Beteiligten aus der Land- und Ernährungswirtschaft und des Handels diskutiert. Die Zielgruppe setzte sich dabei zusammen aus den Akteuren der Landwirtschaft, des Ernährungshandwerks, der Ernäh- rungswirtschaft, des Lebensmittelhandels und der Gastronomie. Diese Veranstaltung war der Ausgangspunkt zur Gründung des Vereins „Nord- bauern Schleswig-Holstein e.V.“ Anfang August 2013 wurde dieser Verein Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 51 im Rahmen einer Fachveranstaltung in Rendsburg der Öffentlichkeit offizi- ell vorgestellt. Regionalen Lieferanten sollen künftig das Gütezeichen „Geprüfte Qualität Schleswig-Holstein“ einsetzen können. Auch die gemeinsame Ansprache des Handels erfolgt in Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Gütezeichen der Landwirtschaftskammer. In einem Testmarkt in Märkten einer ausge- wählten Region soll die Platzierung eines breiten Sortiments lokaler Her- steller dem Verbraucher vorgestellt werden. Die Fragestellung einer mög- lichst effektiven Logistik soll in einem gesonderten Projekt bearbeitet wer- den. Es erfolgt eine enge Abstimmung mit dem Branchencluster Kompe- tenznetzwerk Ernährungswirtschaft Schleswig-Holstein (KNE). Das KNE steht interessierten Produzenten auch für Fragen der einzelbetrieblichen Förderung zur Verfügung. Die Vorteile einer engen Kooperation der Direktvermarkter Schleswig- Holsteins unter dem Dach des Fachbereichs Gütezeichen der Landwirt- schaftskammer Schleswig-Holstein liegen auf der Hand:  Regionale Produkte halten die Wertschöpfung im Land.  Regionale Produkte sind auch für den Tourismus und das Lan- desimage ein wichtiger Faktor.  Regionale Produkte sind durch kurze Transportwege weitgehend kli- maschonend.  Direktvermarktung sichert zusätzliches Einkommen für die Landwirte.  Regionale Produkte stärken auch das regionale Lebensmittelhand- werk.  In der Direktvermarktung sind Preise erzielbar, welche die arbeitsauf- wändigeren Produktionsformen z.B. im ökologischen Landbau wirt- schaftlich rechtfertigen.  Direktvermarktung allgemein und speziell der Zusammenschluss über die „Nordbauern“ gewährt ein höheres Maß an selbständiger Hand- lungskompetenz für die Landwirte.  Die „Nordbauern“ sind offen für konventionell als auch für ökologisch wirtschaftende Betriebe.  Durch die Zusammenarbeit mit dem Gütezeichen werden Doppelstruk- turen vermieden und gleichzeitig das Qualitätsmanagement gesichert.  Die „Nordbauern“ profitieren von den langjährigen Handelskontakten des Gütezeichens. Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 52 Für den Tourismus spielt die Direktvermarktung von Produkten der Ernäh- rungswirtschaft eine nicht unerhebliche Rolle. Im Rahmen einer landes- weiten Gästebefragung im Jahr 2013 durch das Institut für Tourismus- und Bäderforschung in Nordeuropa (NIT) (s. http://www.nit- kiel.de/fileadmin/user_upload/pdf/NIT_GBSH_Land_2013_Exec-Sum.pdf) befinden sich unter den TOP 10 (Mehrfachantworten) der Ausflugsanlässe der Übernachtungsgäste in Schleswig-Holstein die Wochenmärk- te/Hofläden mit 22% der Nennungen auf Platz 8 (s. Tabelle 16). Für Ta- ges- und Urlaubsgäste kann Direktvermarktung von regionalen Lebensmit- teln und Spezialitäten als regionaltypische Ergänzung aus Schleswig- Holstein bei entsprechendem Angebot und Werbung zunehmend interes- sant werden. Tabelle 16: Rangfolge der Ausfluganlässe der Übernachtungsgäste in Schleswig-Holstein (Gästebefragung 2013) Nennung in % Rang Ausfluganlass 2013 2011 2009 1. Innenstädte/Shopping-Center 40 49 48 2. Promenaden/Seebrücken 39 41 n.g. 3. Strände/Badestellen 37 43 n.g. 4. Landschaftliche Attraktionen 33 28 38 5. Maritime Attraktionen 31 33 n.g. 6. (Ausflugs-) Schifffahrt 28 29 36 7. Kirchen 27 27 n.g. 8. Wochenmärkte/Hofläden 22 25 n.g. 9. Naturpark-/Nationalparkzentren 20 21 23 10. Museen 16 14 18 Quelle: Landesweite Gästebefragung Schleswig-Holstein 2013 36. Unterstützung bei der Vermarktung von Erzeugnissen der Ernährungswirt- schaft a) Wie und in welchem Umfang bietet das Land Schleswig-Holstein Un- terstützung bei der Vermarktung von Erzeugnissen der Ernährungs- wirtschaft in Schleswig-Holstein an? Eine effektive Möglichkeit zur Verbesserung der Produktions- und Ver- marktungsbedingungen für landwirtschaftliche Betriebe besteht in dem Zusammenschluss zu Erzeugergemeinschaften oder Erzeugerzusam- menschlüssen, der auf Grundlage des Marktstrukturgesetzes und der Grundsätze der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruk- tur und des Küstenschutzes“ staatlich gefördert wird. Ziel ist es dabei, die Wettbewerbsstellung der deutschen Landwirtschaft durch Zusam- menfassung des Angebots zu großhandelsfähigen Partien einheitlicher Qualität zu verbessern. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 53 In Schleswig-Holstein waren Ende 2011 insgesamt 58 Erzeugerge- meinschaften (nach dem Marktstrukturgesetz) tätig. Davon waren 10 dem tierischen Bereich und 48 dem pflanzlichen Bereich (einschließlich Blumen und Zierpflanzen) zuzurechnen. Weitere vier Erzeugergemein- schaften (nach EU-Recht) waren im Bereich fischwirtschaftlicher Er- zeugnisse aktiv. Im bundesdeutschen Vergleich weist Schleswig- Holstein eine – gemessen an der landwirtschaftlich genutzten Fläche - etwas höhere Dichte an Erzeugergemeinschaften auf. Im Bereich der Fördermaßnahme „Verarbeitung und Vermarktung“ (V&V) sind Aufwen- dungen, die dem Absatz auf der Erzeuger- und Einzelhandelsstufe die- nen, von einer Förderung grundsätzlich ausgeschlossen. Auch das Ag- rarinvestitionsförderprogramm (AFP) schließt derartige Förderungen aus. Absatzförderungsmaßnahmen im Rahmen der Absatzförderungs- programme für Agrarerzeugnisse der EU sind nur in Drittländern unter bestimmten Umständen förderfähig. Projektförderungen im Bereich der Absatzförderung durch die Landesregierung sind grundsätzlich nicht einzelbetrieblich möglich, sondern müssen einer Gruppe oder einer größeren Zahl von Betrieben zu Gute kommen. Eine einzelbetriebliche Förderung von Messebeteiligungen ist über die Wirtschaftsförderung und Technologietransfer Schleswig-Holstein GmbH nur bezogen auf bestimmte Zielmärkte möglich (nicht innerhalb Deutschlands und inner- halb der EU, also ausschließlich in Drittländern). Hinsichtlich der Förderung des verarbeitenden Gewerbes wird auf die Antwort zur Frage 78 verwiesen. b) Wie wird diese Unterstützung von den Unternehmen in Anspruch ge- nommen? Im Juni 2011 hatte die vorherige Landesregierung aus haushälterischen Gründen einen Antragstopp bei AFP verfügt. Davor standen jährlich rund 3,5 Mio. € Fördermittel zur Verfügung, die überwiegend für Projek- te im Meiereisektor verwandt wurden. Der Antragstopp wurde im Mai 2013 aufgehoben. Seitdem sind zwei Projekte bewilligt worden (Mei- ereisektor), die die Mittel ausgeschöpft haben. Darüber hinaus gibt es grundsätzlich weitere Interessenten, die für die nächste Zeit Anträge angekündigt haben. 37. An welchen Messen und Ausstellungen (lokal, regional, überregional) be- teiligt sich das Land Schleswig-Holstein, um die Ernährungswirtschaft des Landes zu fördern? Messen und Ausstellungen sind wichtige Kommunikationsinstrumente für schleswig-holsteinische Unternehmen in der Ernährungswirtschaft. Neben dem Verkauf von Produkten und Dienstleistungen (Stichwort Vertragsabschlüsse ) verfolgen die Unternehmen im Rahmen der Kommunikationspolitik mit der Teilnahme an Messen insbesondere folgende Teilziele:  Neukundengewinnung  Pflege von Stammkunden Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 54  Steigerung des Bekanntheitsgrades  Vorstellen neuer Produkte  Imageverbesserungen von Unternehmen und Produkten  Erschließung neuer Märkte, Marktforschung und Geschäftsabschlüsse Das Land präsentiert sich im Rahmen von Gemeinschaftspräsentationen derzeit an folgenden vier Messen: „Internationale Grüne Woche“ (Berlin, jährlich), „BIOFACH“ (Nürnberg, jährlich), „NORLA“ (Rendsburg, jährlich) und „ANUGA“ (Köln, alle zwei Jahre). Die Landesregierung hat die Internationale Grüne Woche (IGW) in den vergangenen Jahren mit rund 200.000 Euro unterstützt. Die IGW ist für das Land vor allem eine Präsentation Schleswig-Holsteins als Ernäh- rungswirtschafts- und Tourismusstandort. Der künftige Landesauftritt auf der Internationalen Grünen Woche wird an die neue Landesdachmarke angepasst. Er wird zukünftig nicht mehr von der TASH, sondern von der Landwirtschaftskammer organisiert und verantwortet. Die Besucherzahlen belaufen sich auf über 410.000 Personen (2014), da- von waren rund 80.000 Fachbesucher. Die Bedeutung der Grünen Woche für die Agrarpolitik wird durch den Besuch von 200 ausländischen Minis- tern und Staatssekretären sowie inländischen Ministerpräsidenten, Minis- tern und Staatssekretären deutlich. Die „NORLA“ wurde in den vergangenen Jahren mit ca. 40.000 Euro un- terstützt. Der Gemeinschaftsstand des Ministeriums für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume mit der Landesinnung Bä- ckerhandwerk, dem Fleischer-Verband, DEHOGA, der Stiftung Natur- schutz sowie der AktivRegion Eider- und Kanalregion Rendsburg präsen- tierte im Jahr 2014 Schauküche, Gläserne Backstube, Gläserne Fleische- rei und Informationen rund um die Ernährung und Lebensmittel aus der Region. Zusätzlich konnten sich die nachgeordneten Behörden des Minis- teriums für Energiewirtschaft, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räu- me dort präsentieren. Die „ANUGA“, die weltweit führende Ernährungsmesse für Handel und Gastronomie und die „BIOFACH“ sind jeweils Weltleitmessen für ihren Be- reich. Die Landesregierung unterstützt beide Messen mit 20.000 bzw. 25.000 Euro durch die Bereitstellung von Organisations- und Koordinati- onsleistungen für den Auftritt schleswig-holsteinischer Unternehmen und bündelt diese auf einem Gemeinschaftsstand. Damit bekommen insbe- sondere kleinere Unternehmen die Chance auf diesen Fachmessen prä- sent zu sein. Die Wirtschaftsförderung und Technologietransfer Schleswig-Holstein GmbH (WTSH) organisiert im Auftrag der Landesregierung Gemein- schaftsstände für die Unternehmen der Ernährungswirtschaft auf folgen- Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 55 den nationalen und internationalen Messen (s. Tabelle 17 und http://wtsh.de/wtsh/de/international/messen/messekalender/index.php): Tabelle 17: Beteiligung der WTSH an Gemeinschaftsständen der Ernährungswirtschaft Jahr Messe Aussteller 2011 Food Ingredients, Paris (29.11.-01.12.2011) 16 2013 Gulfood + Ingredients Middle East, Dubai (25.-28.02.2013) 14 2013 Food ingredients, Frankfurt (19.-21.11.2013) 19 2104 Gulfood Manufacturing, Dubai (09.-11.11.2014) 14 38. An welchen Messen und Ausstellungen beteiligen sich darüber hinaus nach Kenntnis der Landesregierung schleswig-holsteinische Unternehmen der Ernährungswirtschaft? In 2009 wurden Firmen der Ernährungswirtschaft in Schleswig-Holstein von der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein über Messebeteili- gungen und Exportaktivitäten befragt. Nachfolgende Messen sind für die Unternehmen der Ernährungswirtschaft in besonderer Weise relevant: „Alimentaria“ (Barcelona), „Bio-Nord“ (Hannover), „European Seafood Ex- position“ (Brüssel), „Fancy Food & Confectionary Show“ (u.a. New York), „FOODEX“ (Tokio), „Food Ingredients Europe“ (u.a. Frankfurt), „HOFEX“ (Hongkong), „IFE“ (London), „Internationale Süßwarenmesse“ (Köln), „In- ternorga“ (Hamburg), „PLMA“ (Amsterdam), „Prodexpo“ (Moskau) und „SIAL“ (Paris). Nicht enthalten in dieser Aufzählung sind die zahlreichen regionalen Messen und Handelsbörsen des deutschen Lebensmittelhan- dels (Groß- und Einzelhandel). 39. Welche Gütesiegel für ernährungswirtschaftliche Erzeugnisse werden von der Landesregierung oder gemeinsam mit der Landesregierung betreut? Das Gütezeichen „Geprüfte Qualität Schleswig-Holstein“ der Landwirt- schaftskammer Schleswig-Holstein ist derzeit das einzige Gütesiegel für Produkte der heimischen Land- und Ernährungswirtschaft. Es wird seitens der Landesregierung in Form einer gesonderten Zielvereinbarung mit jähr- lich rund 210.000 Euro finanziell gefördert. Mit der Förderung des Güte- zeichens werden überwiegend kleine und mittlere Unternehmen aus der Land- und Ernährungswirtschaft und dem Ernährungshandwerk unter- stützt, für die ansonsten eine entsprechende kostenintensive Qualitätssi- cherung und ein Gemeinschaftsmarketing nicht möglich wären. Zudem leistet der Fachbereich Gütezeichen durch die Bündelung verschiedener Vereine (vgl. Antwort zu Frage 33) aus dem Bereich der Land- und Ernäh- rungswirtschaft, sowie dem Ernährungshandwerk einen wichtigen Beitrag zur Aufrechterhaltung von landwirtschaftlicher und handwerklicher Vielfalt im Lande. Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 56 Das Gütezeichen soll zu seinem 50igsten Geburtstag 2015 hinsichtlich seiner Qualitäts- und Prüfkriterien grundlegend überarbeitet und aktuali- siert werden. Insbesondere soll die Regionalitätsaussage weiter geschärft werden, da die Nachfrage nach regionalen Produkten eine zunehmende Bedeutung bei der Kaufentscheidung der Verbraucherinnen und Verbrau- cher bekommen hat. 40. Welche weiteren Gütesiegel für ernährungswirtschaftliche Erzeugnisse sind der Landesregierung bekannt? Welche Rolle spielen sie jeweils für die Vermarktung der Produkte? Zu unterscheiden sind dabei europäische, nationale, regionale sowie pro- duktspezifische Gütesiegel. Europaweit relevant sind unter anderem die EU-Kennzeichnungen für ökologische Produkte und der Geoschutz und traditionellen Spezialitäten mit den drei EU-Gütezeichen:  "g.U." (geschützte Ursprungsbezeichnung),  "g.g.A." (geschützte geografische Angabe) und  "g.t.S." (garantiert traditionelle Spezialität) Eine geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.), besagt, dass die komplette Erzeugung bzw. Herstellung eines Produktes in einem bestimmten geo- graphischen Gebiet nach einem anerkannten und festgelegten Verfahren erfolgt. Bekannte Beispiele sind „Allgäuer Emmentaler", „Champagner", „Gorgonzola und „Parma-Schinken“. Schleswig-holsteinische Produkte mit der g.U.-Kennzeichnung gibt es nicht. Das Gütezeichen "g.g.A." soll eine Verbindung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse und Lebensmittel mit dem Herkunftsgebiet dokumentieren, wobei nur eine der Produktionsstufen – also Erzeugung, Verarbeitung o- der Herstellung – im Herkunftsgebiet durchlaufen worden sein muss. Bei- spiele aus Schleswig-Holstein sind: Holsteiner Katenschinken, Holsteiner Tilsiter, Holsteiner Karpfen, Dithmarscher Kohl. Deutsche Produkte mit der Auszeichnung garantiert traditionelle Speziali- tät gibt es noch keine. Klassisches Beispiel für eine Kennzeichnung mit „g.t.S.“ wäre z.B. Mozzarella. Produkte mit „geographischen Angaben“ haben einen wirtschaftlichen Mehrwert und können positive soziale und umweltschonende Effekte in den Regionen erzeugen. Produkte mit geschützter Herkunftsbezeichnung tragen erheblich zur kulturellen Identität einer Region bei. Verbraucherin- nen und Verbraucher greifen in einer globalisierten Welt zunehmend zu traditionellen Produkten mit einer starken territorialen Verankerung, bzw. Bezug zur Region als Alternative zur anonymen Massenware. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 57 Im Gegensatz zu vielen anderen Zeichen, die auf Lebensmittelverpackun- gen zu finden sind, ist die Bio-Kennzeichnung rechtsverbindlich und euro- paweit einheitlich geregelt. Alle Lebensmittel, die als „Bio“ oder „Öko“ be- zeichnet werden, müssen die Mindestvorgaben der EG-Öko-Verordnung einhalten. Die Biokennzeichnung genießt bei Verbraucherinnen und Ver- brauchern großes Vertrauen und ist für die Vermarktung ökologisch her- gestellter Lebensmittel essentiell. Weitere bundesweit relevante Siegel sind das DLG-Zeichen und das QS- Zeichen. Beim DLG-Zeichen handelt es sich hauptsächlich um eine sen- sorische Prüfung, also eine Beurteilung nach Aussehen, Geruch, Ge- schmack und Konsistenz. Das QS-Prüfzeichen kennzeichnet frische Le- bensmittel wie Fleisch, Wurst, Obst, Gemüse und Kartoffeln. Vorausset- zung ist die stufenübergreifende Einhaltung der gesetzlichen Anforderun- gen, sowie in Teilen auch darüber hinausgehende Kriterien. Das QS- Zeichen bestätigt im Wesentlichen die Einhaltung der geltenden Gesetze. Hier geht es mehr um die Sicherung der Qualität. Eine besondere Heraus- stellung der Produkte bieten beide Siegel nicht. Regional relevante Siegel gibt es außer in Schleswig-Holstein („Geprüfte Qualität Schleswig-Holstein“) in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Thüringen. 41. Wie werden Label wie „feinheimisch“ von der Landesregierung begleitet? Die Landesregierung unterstützt seit einigen Jahren Projekte und Initiati- ven, welche die Zusammenarbeit zwischen Betrieben der Landwirtschaft, dem Ernährungshandwerk und der Gastronomie fördern helfen. Ziel ist es, mehr regionale Produkte in der hiesigen Gastronomie einzusetzen und auf diese Weise sowohl die Attraktivität des gastronomischen Angebots als auch die Wirtschaftlichkeit der Betriebe zu steigern. Die Gründung des pri- vatwirtschaftlichen Vereins „FEINHEIMISCH – Genuss aus der Region e.V.“ ist letztlich ein Ergebnis dieser gemeinschaftlichen Bemühungen (vgl. auch Antwort zu Frage 23). Das im Zuge der Aktivitäten des Vereins entstandene Produktlabel „FEINHEIMISCH“ ist ebenfalls privatwirtschaft- lich organisiert und wird von den Verbrauchern als besonders aufrichtig wahrgenommen und besitzt mit 7,7 Prozent den vierthöchsten Marktanteil im Land. Die Landesregierung begrüßt diese Anstrengungen der Wirt- schaft ausdrücklich und hat den Verein FEINHEIMISCH mit dem Zertifikat für Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) für sein nachhaltiges Enga- gement bei der Bildungsarbeit von Produzenten und Gastronomen ausge- zeichnet. 42. Sieht die Landesregierung in der Bündelung von Gütesiegeln oder Kenn- zeichnungen einen Weg zu mehr Transparenz für Verbraucherinnen und Verbraucher? Wenn ja, wie soll die Bündelung erreicht werden? Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 58 Gütesiegel und Kennzeichnungen können Verbraucherinnen und Ver- braucher eine wichtige Orientierung bieten. Voraussetzung ist, dass sie glaubwürdig und hinsichtlich der dahinter stehenden Kriterien nachvoll- ziehbar sind. Vor dem Hintergrund einer großen Zahl von Siegeln und Kennzeichnungen wäre es aus Sicht der Landesregierung aus Gründen einer besseren Orientierung und Übersicht für die Verbraucher wün- schenswert, wenn zumindest auf schleswig-holsteinischer Ebene eine Zu- sammenarbeit der relevanten Akteure erfolgen würde. Dabei geht es nicht um ein alleiniges Einheitssiegel. Eine Vielfalt verlässlicher und transparen- ter Siegel bietet vielmehr die Möglichkeit einer Marktdiversifizierung. Eine mögliche Hilfe bietet die Internetseite http://label-online.de der Ver- braucher-Initiative e.V., welche Orientierung bietet. Sie bewertet alle Sie- gel nach Anspruch, Unabhängigkeit, Überprüfbarkeit und Transparenz der Siegel. Nur wenn die Vergabekriterien über das gesetzlich vorgeschriebe- ne Maß hinausgehen, ihre Einhaltung unabhängig kontrolliert wird und auch mit Verstößen offen umgegangen wird, gibt es das Prädikat „empfeh- lenswert“. 43. Sind die verschiedenen Gütesiegel für Erzeugnisse der Ernährungswirt- schaft vernetzt und wenn ja, wie? Eine Vernetzung der vorhandenen Gütesiegel gibt es derzeit nicht. Die verschiedenen Gütesiegel, welche bestimmte Kriterien ausloben (z.B. Re- gionalität, ökologischer Landbau, Tierwohl, fair gehandelt) stehen weitest- gehend für sich alleine. Aus Sicht der Verbraucherinnen und Verbraucher kann Interesse daran bestehen Produkte zu erwerben, welche mehrere Kriterien erfüllen. Aus Sicht der Produzenten bedeuten Gütesiegel als Marketinginstrument aber auch zeitlichen und finanziellen Aufwand bei der Frage der Anerkennung und Kontrolle. Die Einbindung weiterer Gütesie- gel/Zusatzkriterien ist daher mit Kosten verbunden, welche in die Wirt- schaftlichkeitsbetrachtung einbezogen werden müssen. Weiter besteht gegebenenfalls die Notwendigkeit, dass hierfür zuerst einheitliche Rege- lungen und/oder gesetzliche Vorgaben erarbeitet werden. Zusatzkriterien werden daher von den Produzenten nur als fakultatives Angebot ange- nommen werden und nur dann, wenn diese der weiteren Differenzierung der Produkte dienen. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 59 44. Nutzung der Dachmarke für die Ernährungswirtschaft a) Wie kann die Dachmarke des Landes für die Ernährungswirtschaft ge- nutzt werden? Das Land hat mit „Schleswig-Holstein. Der echte Norden“ eine einheitli- che, übergreifende Landesdachmarke bekommen. Die Dachmarke defi- niert das Bild Schleswig-Holsteins für die Zukunft themen- und zielgrup- penübergreifend positiv und attraktiv. Die vom Land mitfinanzierten Kom- munikationsmaßnahmen verstärken sich in Zukunft gegenseitig und stär- ken so die Wettbewerbsposition Schleswig-Holsteins genauso wie auch jeden einzelnen Akteur, der von den übergeordneten Maßnahmen profi- tiert. Innerhalb des strategischen Konzeptes der Landesdachmarke ist als so genanntes „Submarkenrad“ beispielhaft eine Kulinarikmarke mit dem Markenkern „Echter Geschmack aus dem Norden“ vorgesehen. Es wird derzeit von der Landesregierung geprüft, inwieweit die Initiative „Schles- wig-Holstein is(s)t lecker!“ mit der Dachmarke verknüpft werden kann. Die Wort-Bild-Marke „Schleswig-Holstein is(s)t lecker!“ ist noch bis 2016 ge- schützt. Von Seiten der Nutzer der Wort-Bild-Marke besteht ein Interesse daran diese Marke über 2016 hinaus weiter zu nutzen. Die Landesdachmarke kann im Rahmen von Markenpartnerschaften ge- nutzt werden. So hat sich das Gütezeichen Schleswig-Holstein mit der Landesdachmarke bereits mehrfach in Berlin, zuletzt im Oktober 2014 beim Tag der offenen Tür in der Landesvertretung als auch beim dreitägi- gen Festival „StadtLandFood“ präsentiert. Sowohl rund um die Markthalle Neun in Kreuzberg stellten schleswig-holsteinische Erzeuger hochwertige Lebensmittel aus dem echten Norden vor. Ergänzend waren rund um die Veranstaltungsorte gut 20 Großflächenplakate mit Gütezeichen-Motiven platziert. Weit mehr als 50.000 Verbraucher wurden so in der Hauptstadt über Qualitätsprodukte aus Schleswig- Holstein informiert. b) Die Landesregierung rechnet damit, dass Markenpartnerschaften zu- nehmend angefragt werden. Ist ggf. eine Zusammenfassung von La- beln und Gütesiegeln unter der Dachmarke aus Sicht des Landes sinnvoll? Eine Landesdachmarke kann Aktivitäten bündeln und ggf. das Image des Landes insgesamt und der damit werbenden Branchen verbessern hel- fen. Sie kann aber keinesfalls Label oder Gütezeichen ersetzen. Das wä- re rechtlich auch gar nicht möglich. Es gibt jedoch Ansätze, werbliche Maßnahmen für Gütezeichen mit der Landesdachmarke zu kombinieren (siehe oben). Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 60 VI. Tourismus 45. Welche Rolle nimmt die Ernährungswirtschaft beim touristischen Image des Landes Schleswig-Holstein ein? Laut einer im Jahr 2013 durch das Institut für Tourismus- und Bäderfor- schung in Nordeuropa (NIT) durchgeführten Befragung zu den beliebtes- ten Aktivitäten von Urlaubsgästen in Schleswig-Holstein stehen Gastro- nomiebesuche an erster Stelle (s. Tabelle 18). Aber auch das Einkaufen und Shopping gehören mit zu den beliebtesten Urlaubsaktivitäten. Tabelle 18: Aktivitäten im Reiseziel der Urlaubsgäste in Schleswig-Holstein (GBSH 2013) 2013 2011 2009 Gastronomiebesuche 60% 64% 65% Strandaufenthalt 52% 58% 55% Faulenzen 48% 51% 51% Einkaufen/Shopping 40% 48% 50% Wandern 37% 30% 30% Radfahren 33% 39% 32% Schwimme/Baden am Meer 24% 28% 31% Museen/Ausstellungen/Kirchen besichtigen 22% 22% 24% Tourist-Information 21% 15% nicht gefragt Naturinfozentrenn/Naturerlebnisangebote 16% 17% 16% Mit den Kindern spielen 15% 17% 22% Schiffe gucken 15% nicht gefragt nicht gefragt Veranstaltungen besuchen 14% 19% 23% Schwimmen/Baden im Schwimmbad 14% 20% 19% Wattwanderungen 10% nicht gefragt nicht gefragt Bezüglich der Einkaufmöglichkeiten besteht aber noch ein weiter auszu- schöpfendes Potenzial. Die Zufriedenheit hinsichtlich der Einkaufmöglich- keiten und des regionalen kulinarischen Angebots liegt mit einer Note von jeweils 2,2 unterhalb der Durchschnittsnote der Bewertung aller Aktivitä- ten. Die Attraktivität könnte durch ein größeres regionales Angebot in Hof- läden, anderen Einkaufsmöglichkeiten oder in der Gastronomie gesteigert werden. Die Produzenten in Schleswig-Holstein haben in den letzten Jah- ren ein reichhaltiges und hochwertiges Angebot an regionalen Produkten und Speisen und Getränken geschaffen, die bei auch touristisch beworbe- nen Events ausprobiert werden können (z.B. Natur-Genuss-Festival der Stiftung Naturschutz, Dithmarscher Kohltage, Schleswig-Holstein Gourmet Festival, Steckrübentage, Nordfriesische Lammtage etc.). In den Bädern an der Nord- und Ostsee wird in jeder Jahreszeit Fisch als frische Delikatesse angeboten. Mit dem von der Ostseeküste initiierten Weltfischbrötchentag ist es gelungen, den Fisch noch stärker als bisher auch für das touristische Marketing zu nutzen. Darüber hinaus gibt es an vielen Anlandungsstellen die Möglichkeit fangfrischen Fisch zu kaufen. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 61 46. Wie spiegelt sich die Bedeutung der Ernährungswirtschaft im Tourismus- Marketing des Landes? Im Tourismus-Marketing des Landes findet sich die Urlaubsaktivität „typi- sche Speisen und Getränke genießen“ in den beiden Zielgruppen „Natur- urlaubern“ und „Städtereisenden“ wieder (vgl. „Tourismusstrategie Schleswig-Holstein 2025“). Qualität ist ein elementarer Erfolgsfaktor für den Tourismus in Schleswig- Holstein. Von daher sind die zunehmenden Angebote qualitativ hochwerti- ger regionaler Produkte für die zu erreichenden Zielgruppen wichtiger Baustein einer nachhaltig wachsenden Tourismusbranche in Schleswig- Holstein (vergl. auch Antwort zu Frage 23 und 45). 47. Welche konkreten touristischen Attraktionen, die mit der Ernährungswirt- schaft in Schleswig-Holstein zusammenhängen, sind der Landesregierung bekannt? (z.B. Käsestraße …) Der Landesregierung sind folgende konkrete touristische Attraktionen im Zusammenhang mit der Ernährungswirtschaft in Schleswig-Holstein be- kannt:  Schleswig-Holstein Gourmet Festival – www.gourmetfestival.de  Natur-Genuss-Festival – www.natur-genuss-festival.de  FEINHEIMISCH – www.feinheimisch.de  Käsestraße – www.kaesestrasse-sh.de  Nordfriesische Lammtage – www.lammtage.de  Dithmarscher Kohltage – www.dithmarscher-kohltage.de  viele regional geprägte Veranstaltungen, wie z. B. Ostseegericht, Bad Segeberger-Kreisteller, Gerichte mit Geschichte, Holsteiner Teller, Kappelner Heringstage, Büsumer Fischtag, Glückstädter Matjestage, Kieler Craft Beer Day, Weltfischbrötchentag etc.  zahlreiche Aktionen einzelner Restaurants, Hotels und Betriebe (z. B. Marzipan-Salon der Fa. Niederegger in Lübeck) 48. Welche Chancen sieht die Landesregierung für die Einbeziehung der Er- nährungswirtschaft in Schleswig-Holstein in die touristische Entwicklung des Landes? Die Urlaubsaktivität „typische Speisen und Getränke genießen“ ist vor al- lem für „Natururlauber“ und „Städtereisende“ interessant (vgl. „Touris- musstrategie Schleswig-Holstein 2025“). Derzeit gibt es bereits viele Akti- vitäten zwischen Ernährungs- und Tourismuswirtschaft, die auch weiter bestehen und marktgerecht entwickelt werden sollen (vgl. Antworten zu Fragen 46 und 47). Gerade auch für Betriebe abseits der touristischen Zentren bietet ein gutes Angebot hochwertiger regionaler Produkte oder Gerichte gute Chancen und den Urlaubern werden damit die Vielseitigkeit und die Besonderheiten Schleswig-Holsteins gezeigt. Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 62 49. Welche Akteure sind zurzeit an der Vernetzung von Tourismusmarketing und Ernährungswirtschaft beteiligt, welche könnten noch hinzukommen? In den letzten Jahren wurde ein starkes Netzwerk in diesem Bereich auf- gebaut. Die Landesregierung hat mit den folgenden Partnern Projekte durchgeführt:  Deutscher Hotel- und Gaststättenverband Schleswig-Holstein,  Tourismus-Agentur Schleswig-Holstein GmbH,  FEINHEIMISCH – Genuss aus Schleswig-Holstein e. V.,  Schleswig-Holstein Gourmet Festival,  Stiftung Naturschutz,  Nordbauern,  Carl Friedrich von Rumohr Hotelfachschule Lübeck,  Individuelle Hotel- und Gastronomiepartner,  Bauernverband Schleswig-Holstein e.V.,  Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein,  Gütezeichen Schleswig-Holstein,  Käsestraße Schleswig-Holstein e.V.,  Fleischer-Verband Schleswig-Holstein,  Bäcker- und Konditoren-Vereinigung NORD,  Bioland e.V.,  Bäuerliche Gesellschaft Nordwestdeutschland e.V. (Demeter),  Naturland Nordwest,  Biopark e.V.,  Spargelstraße Schleswig-Holstein,  Schutzgemeinschaft Schleswig-Holsteiner Schinkenhersteller e.V. Insbesondere auf der örtlichen und betrieblichen Ebene sind die Erweiterung und der Ausbau derartiger Kooperationen sinnvoll. VII. Infrastruktur 50. Welche Rolle nehmen welche Teile der Ernährungswirtschaft beim Ver- brauch von Flächen und Straßen ein? Die Umnutzung von Flächen zu Siedlungs- und Verkehrsflächen wird als Flächenverbrauch bezeichnet. Sowohl in Schleswig-Holstein als auch in ganz Deutschland hat der Umfang der Siedlungs- und Verkehrsflächen in den letzten Jahren weiter zugenommen (s. Tabelle 19). Die Flächenum- nutzung erfolgt überwiegend zu Lasten der Landwirtschaftsflächen. Von 2004 bis 2013 wurde die Landwirtschaftsfläche in Schleswig-Holstein um rund 155 km² reduziert. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 63 Tabelle 19: Flächeninanspruchnahme durch Siedlungs- und Verkehrsflächen in SchleswigHolstein Jahr Siedlungsund Verkehrs- fläche (km2) Anteil an gesamter Bodenfläche Zunahme in ha/Tag 2004 1.884 12% 8,4 2005 1.900 12% 4,5 2006 1.924 12% 6,5 2007 1.951 12% 7,4 2008 1.962 12% 3,1 2009 1.975 13% 3,3 2010 1.986 13% 3 2011 2.003 13% 4,8 2012 2.011 13% 2,3 2013 2.021 13% 2,7 Quelle: Statistisches Bundesamt: Fachserie 3 , Reihe 5 .1 . Bodenfläche nach Art der tatsächlichen Nutzung, 2012 - Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein: Bodenflä- chen in Schleswig-Holstein am 31.12.2013 nach Art der tatsächlichen Nutzung -Eigene Berechnungen Veredelungsbetriebe tragen als Teil der Ernährungswirtschaft zum Flä- chenverbrauch bei. Sie werden z. B. unter den Flächennutzungen „Ge- werbe und Industrie“ oder „Betriebsflächen“ erfasst, differenzierte Zahlen liegen aber weder bundesweit noch für Schleswig-Holstein vor. Um die negativen Folgen des Flächenverbrauchs und der zunehmenden Flächennutzungskonkurrenz zu verringern, strebt die Landesregierung an, in den nächsten Jahren den Flächenverbrauch weiter zu reduzieren und das Nachhaltigkeitsziel von 1,3 Hektar pro Tag bis 2020 (SH-Beitrag zum 30 Hektar-Ziel der Bundesregierung) zu erreichen. Bezüglich des Anteils der Ernährungswirtschaft an der Straßennutzung wird auf die Antwort zu Frage 53 verwiesen 51. Welche Rolle nimmt der Ausbau mit Breitbandanschlüssen / Glasfaser für die Entwicklung der Ernährungswirtschaft in Schleswig-Holstein ein? Die Landesregierung hat mit ihrer Breitbandstrategie vom März 2013 die besondere Bedeutung des Breitbandausbaus für die wirtschaftliche, struk- turelle und gesellschaftliche Entwicklung des Landes betont. Ziel der Breitbandstrategie ist es, bis 2030 eine flächendeckende Versorgung mit Glasfaser als zukunftssicherster Breitbandtechnologie sicherzustellen. Dort, wo eine Versorgung mit Glasfaser kurzfristig nicht erfolgen kann, sol- len leistungsfähige Zwischenlösungen mit anderen geeigneten Technolo- gien erfolgen. Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 64 Auch die Betriebe der Ernährungswirtschaft benötigen – wie in anderen Branchen auch – zunehmend hochleistungsfähige Breitbandverbindungen zur Kommunikation innerhalb des Unternehmens zwischen verschiedenen Standorten sowie zu ihren Kunden und Lieferanten. Von daher wird die Ernährungswirtschaft ebenfalls von der Umsetzung der Breitbandstrategie der Landesregierung profitieren. 52. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, den Ausbau von Breit- bandnetzen zu forcieren und / oder dezentral zu erleichtern? Der Breitbandausbau liegt primär in der Verantwortung der Breitbandan- bieter. Dort, wo aber der Ausbau nicht marktgetrieben erfolgt, setzt die Landesregierung verschiedene Instrumente zur Flankierung des Marktes ein, vor allem:  Beratung und Koordinierung durch das von den Kommunalen Lan- desverbänden getragene und vom Land geförderte Breitband- Kompetenzzentrum,  Zinsgünstige Darlehen sowie finanztechnische Beratung durch die Investitionsbank Schleswig-Holstein,  Einsatz von Fördermitteln zur Schließung von Wirtschaftlichkeitslü- cken beim Breitbandausbau, zum Bau passiver Infrastrukturen so- wie zur Finanzierung von Planungs- und Beratungsleistungen; zu- sätzlich ist ein Zinssubventionierungsprogramm im Aufbau,  Bereitstellung von Landesbürgschaften,  Nutzung von Synergieeffekten zur Senkung der Tiefbaukosten durch Mitnutzung vorhandener Infrastrukturen sowie durch Mitver- legung bei Baumaßnahmen Dritter,  Unterstützung kommunaler Projektträger bei der Umsetzung von Breitbandprojekten (Beratung des Landes in beihilfe-,vergabe- oder gemeinderechtlichen Fragen),  Einsetzung eines Lenkungsausschusses auf Staatssekretärsebene zur Koordinierung der Umsetzung der Breitbandstrategie,  Etablierung eines Runden Tisches Breitband, der der Kommunikation zwischen den wichtigsten Akteuren des Landes dient (Unternehmen , Institutionen, Land, Kommunen). Durch die marktgetriebenen Ausbaumaßnahmen der Breitbandanbieter, flankiert durch die Breitbandpolitik des Landes, sind mittlerweile 68,3 % der Haushalte des Landes mit mindestens 50 Mbit/s versorgt (Bundes- durchschnitt: 64,1 %). Darüber hinaus gibt es – vor allem bedingt durch die Aktivitäten verschiedener regionaler Anbieter (Stadtwerke, Energiever- sorger, Breitbandnetzgesellschaften, kommunale Breitbandzweckverbän- de) – eine zunehmende Zahl von Haushalten, die mit Glasfaserlösungen bis in die Haushalte (Fiber to the Home/ FTTH) versorgt werden können. Nach Schätzungen der Landesregierung sind mit Stand Mitte 2014 bereits Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 65 rund 250 Gemeinden (15 % der Bevölkerung) mit FTTH versorgt oder werden in Kürze angeschlossen; weitere Projekte sind in Planung. 53. In welchem Umfang werden Straßenschäden durch landwirtschaftlichen Verkehr verursacht? Das jährliche Transportaufkommen der Landwirtschaft in Deutschland be- trägt mehr als 400 Mio. t (Zahlen für Schleswig-Holstein liegen der Landes- regierung nicht vor). Die transportierten Güter sind sehr vielfältig, vom Saatgut über den Mineraldünger bis hin zum Erntegut, und werden durch- schnittlich 3,91 km weit transportiert. In den vergangenen 30 Jahren sind die Anforderungen des landwirtschaft- lichen Verkehrs an den Qualitätsstandard der ländlichen Wege durch zu- nehmende Achslasten, Zugkräfte und Fahrgeschwindigkeiten erheblich gewachsen. Grundsätzlich sind Straßen für den üblichen Verkehr gebaut, der auch Schwerlastverkehr (darunter wird in der Regel der landwirtschaftliche Ver- kehr fallen) berücksichtigt. Dabei werden Tragfähigkeit als auch Straßen- querschnitt durch technische Regeln und Vorschriften festgelegt. Jede Überrollung einer Straße durch ein Fahrzeugrad bewirkt eine Durchbie- gung des gesamten gebundenen Straßenoberbaus, wodurch auch ein Druck auf die darunter liegenden ungebundenen Schichten ausgeübt wird. Der Oberbau kann einer bestimmten Anzahl von Überrollungen standhal- ten, ehe sich von der Unterseite des gebundenen Aufbaus her Risse bil- den, die sich bei anhaltender Belastung nach oben fortsetzen. Werden die Belastungen der Straße zu groß, kommt es zu Schäden an den Straßen. Dabei ist unbestritten, dass nicht das Gesamtgewicht sondern die Achslast für die Belastungen der Straßen verantwortlich ist. Die Straßen weisen in der Baulast der verschiedenen Baulastträger unter- schiedliche Ausbaustandards nicht nur hinsichtlich Breite und Trassierung sondern insbesondere auch im Aufbau (Frostsicherheit und Tragfähigkeit) auf. Viele Straßen - insbesondere Landes-, Kreis – und kommunale Stra- ßen - weisen keinen den Verkehrsbelastungen entsprechenden Aufbau auf und sind zum Teil schon gewichtsbeschränkt. Darüber hinaus sind die Straßen häufig zu schmal mit dem Ergebnis, dass bei Benutzung durch landwirtschaftliche Fahrzeuge die Bankette oder Seitenstreifen beschädigt werden. Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 66 In Schleswig-Holstein umfasst das ländliche Wegenetz etwa 27.500 km. Der Ausbaustand der land- und forstwirtschaftlichen Wege entspricht überwiegend den 1950er und 1960er Jahren und ist den heutigen Belas- tungen durch größere und schwerere Landmaschinen nicht mehr gewach- sen. Die Landesregierung hat den ländlichen Wegebau in der letzten För- derperiode mit 834.000 Euro gefördert. Ziel ist die Anpassung des ländli- chen Wegenetzes an die heutigen Anforderungen der Landwirtschaft und der ländlichen Bevölkerung sowie die Stärkung der touristischen Entwick- lung und der Naherholung. Die Wegenetze sollen auf der Grundlage von gemeindeübergreifenden Wegekonzepten und unter Beteiligung der örtli- chen und regionalen Akteure entwickelt werden. 54. Welche Rolle wird der Fehmarnbelt-Querung, der Jütland-Route und der A 20 im Hinblick auf Ernährungswirtschaft zuteil? Infrastrukturmaßnahmen führen – wie unter Frage 50 ausgeführt – gene- rell zu einer Flächenkonkurrenz, die in Schleswig-Holstein insbesondere zu Lasten von Landwirtschaftsflächen geht. Eine leistungsfähige und gut ausgebaute Verkehrsinfrastruktur (alle Verkehrsträger) ist eine wesentli- che Voraussetzung für die Sicherung von Mobilität und Transport von Per- sonen und Gütern und damit wesentliche Voraussetzung für die Wirt- schaftskraft und somit auch von existenzieller Bedeutung für die Ernäh- rungswirtschaft. Dazu gehört insbesondere auch die Verlagerung des Gü- terverkehrs von der Straße auf die Schiene. Mit einem Anteil von durchschnittlich 17% sind die Ostseeanrainer von besonderer Bedeutung für die schleswig-holsteinische Exportwirtschaft. Dabei machen die Exporte nach Dänemark mehr als die Hälfte des schleswig-holsteinischen Skandinavienhandels aus. Besonderes Gewicht hat dabei der beträchtliche Export von Fleisch und Fleischkonserven nach Dänemark. Traditionell konzentrieren sich die Kooperationen des Landes auf die Jütlandroute. Aber auch die Fehmarnroute gewinnt seit vielen Jah- ren an Bedeutung, weshalb sich die Wirtschaft durch die Realisierung ei- ner Festen Fehmarnbelt-Querung und den Planungen zum Weiterbau der A 20 eine Erhöhung der Leistungsfähigkeit des Infrastrukturnetzes ver- spricht. In diesem Zusammenhang sei auf deutsch-dänische INTERREG Aktivitäten wie „Success - Gemeinsam die Zukunft gestalten“, die STRING-Kooperation (s. www.stringnetwork.org) oder das Netzwerk „belt- food“ zur Ernährungswirtschaft verwiesen. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 67 55. Haben die erneuerbaren Energien Auswirkungen auf die Ernährungswirt- schaft? Gibt es bereits Beispiele für Synergien in der Produktion? Die Erneuerbaren Energien eröffnen den Betrieben der Ernährungswirt- schaft neue Geschäftsfelder. So profitieren Unternehmen wie beispiels- weise Ölmühlen und Biodieselraffinerien von der gesetzlichen Beimi- schungspflicht von Biokraftstoffanteilen zu den in Verkehr gebrachten Kraftstoffen. Darüber hinaus nutzen und erzeugen viele Betriebe die Er- neuerbaren Energien in ihren Produktionsstätten. So wird beispielsweise immer häufiger zur Substitution von fossilen Energieträgern im Gartenbau Biogas für die Energieversorgung der Unterglaskulturen eingesetzt. In ei- nigen Fällen kommen neben Biomasse auch Photovoltaik und Geother- mieanlagen, z.B. in Verbindung mit einem Latentwärmespeicher zum Ein- satz, so dass eine 100%ige regenerative Energieversorgung möglich ist. Zusätzlich wird das CO2 aus Biogasanlagen zur Steuerung des Wachs- tumsprozesses der Kulturen verwendet. Dadurch wird eine ansonsten speziell für diesen Vorgang notwendige technische Produktion von CO2 aus anderen Quellen vermieden. Darüber hinaus führen Gemüse- und fruchtverarbeitende Betriebe der Er- nährungswirtschaft nicht marktfähige Partien oder sonstige im Produkti- onsprozess anfallende pflanzliche Reststoffe den Biogasanlagen zur energetischen Nutzung zu. Ein weiterer Anwendungsfall für den Einsatz Erneuerbarer Energien ist die Nutzung von Strom und (Prozess-) Wärme aus Holzhackschnitzeln in Be- trieben der Futtermittelindustrie. Auch die Nutzung der Solarthermie bietet den Betrieben in denen eine Warm- und Heißwassernutzung zum Einsatz kommt, die Möglichkeit durch die Einbindung von solarthermischen Anla- gen nicht nur große Mengen fossile Energie zu substituieren, sondern auch kosteneffizienter zu produzieren. Neben den bereits erwähnten Anwendungsfeldern besteht für weitere Be- reiche der Ernährungswirtschaft ein hohes Potential für die Nutzung Er- neuerbarer Energien unter gleichzeitiger stoffstromorientierter Einbindung in den Produktionsprozess, indem die Betriebe in ihren Produktionspro- zessen Bio- oder Klärgas in KWK- oder Kraft-Kälte-Anwendungen unter Nutzung ihrer Reststoffe einsetzen können. Zu nennen wären beispiels- weise Betriebe aus der Meiereiwirtschaft und der Aquakultur. Neben positiven Synergien in der Lebensmittelverarbeitung kann der Ein- satz der Erneuerbaren Energien die Kauf- und vor allem Pachtpreise für landwirtschaftliche Flächen beeinflussen. Für 2013 hat das Statistikamt Nord einen durchschnittlichen Pachtpreis von 487 Euro/ha ermittelt. Von 1980 bis 1998 war der Pachtpreis mit Werten im Bereich von 250 Euro/ha in etwa konstant geblieben. Seit 1999 bis 2007 ist ein gemäßigter Anstieg zu beobachten. Ab 2007 ist ein deutlicher Anstieg sowohl bei den Pacht- als auch Kaufpreisen zu verzeichnen (s. Tabelle 20). Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 68 In einigen Regionen in Schleswig-Holstein (z.B. Nordfriesland und Geest- rücken) sind die Pachtpreise für landwirtschaftliche Nutzflächen in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Diese deutliche Steigerung der Pachtpreise hat verschiedene z.T. auch kumulierende Ursachen. In Regi- onen mit klassisch hohem Viehbestand (z.B. Milchvieh auf der Geest oder Schweinemast in Angeln) ergibt sich durch Intensivierung der Viehhaltung ein erhöhter Bedarf an Futterflächen sowie an Flächen für die Ausbrin- gung der Gülle. Gleichzeitig hat es in diesen Regionen in den vergange- nen Jahren einen starken Zubau an Biogasanlagen gegeben, deren Flä- chenbedarf für die Produktion von Substraten zu einer hohen Flächenkon- kurrenz und damit zu steigenden Pacht-/ Kaufpreisen geführt hat. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich für die landwirtschaftlichen Betriebe durch die Produktion von Biogas gerade in Zeiten niedriger Erzeugerprei- se einkommensstabilisierende Wirkungen ergeben haben. Außerdem sol- len schon aus Klimaschutzgründen landwirtschaftliche Reststoffe (v.a. Gülle) energetisch genutzt werden und Biogasanlagen sowie Gärrestlager bieten Synergien für die Lagerung ausgegorener Gülle. Z.T. wurden die Gewinne aus der Produktion von Erneuerbaren Energien – und zwar so- wohl aus Wind-, Sonnen- und Bioenergieanlagen - in landwirtschaftliche Flächen reinvestiert. Dadurch steigen die Preise zusätzlich. Allerdings ist in Schleswig-Holstein der Zubau neuer landwirtschaftlicher Biogasanlagen mit dem EEG 2012 eingebrochen. Zwischenzeitlich stark angestiegene Getreidepreise haben ebenfalls dazu geführt, dass Landwirte ihre Anbau- fläche durch Zupachtung vergrößern wollen. Weitere wichtige Faktoren für die Preissteigerung, die regional unter- schiedlich zum Tragen kommen können, sind Infrastrukturmaßnahmen (u.a. Leitungen, Verkehr), Siedlung sowie die aufgrund der Eingriffs- Ausgleichs-Regelung bestehende Pflicht, einen Eingriff (z.B. Baumaß- nahme) funktional auszugleichen oder gleichwertige andere Aufwertungen vorzunehmen. Dies betrifft im ländlichen Raum nicht nur Infrastrukturmaß- nahmen sondern auch den Bau von Windkraftanlagen, die in Schleswig- Holstein ein wirtschaftlich bedeutsamer Faktor sind. Zunehmend zu beobachten ist, dass landwirtschaftliche Flächen für Inves- toren interessanter werden, die angesichts niedriger Zinsen nach lohnen- den Anlagealternativen suchen. Insoweit besitzen Ackerland-Investments auch spekulative Aspekte. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 69 Tabelle 20: Kauf- und Pachtpreise fur landwirtschaftliche Grundstücke in Schleswig-Holstein von 1980 - 2013 Jahr Kauf Pacht Kaufpreis Euro/ha Pachtpreis Euro/ha 1980 14.240 261 1985 11.338 268 1990 9.634 256 1995 8.793 256 1996 9.165 268 1997 9.598 257 1998 10.608 260 1999 11.317 268 2000 11.244 2001 11.655 261 2002 11.462 2003 12.087 274 2004 11.196 2005 12.273 246 2006 11.031 2007 12.088 282 2008 13.700 2009 16.085 2010 16.923 359 2011 18.797 2012 23.063 2013 25.181 487 alle Betriebe (nicht erst ab 2 ha LF); Erfassungsgrenze: 0,1 ha Pacht: ab 1998: Pachtflächen und Pachtpreise für innerhalb der letzten zwei Jahre erstmals gepachtete Flächen und Flächen mit Pachtpreisänderungen; Erhebung alle 2 Jahre VIII. Bildung, Ausbildung und Weiterbildung 56. Welche Bildungseinrichtungen befassen sich mit Ausbildung in der Ernäh- rungswirtschaft? Die Ausbildung erfolgt in verschiedenen Berufsbildungsstätten, berufsbil- denden Schulen und Berufsbildungszentren mit teils jährlich wechselnden Angeboten. An 23 von den 33 Regionalen Berufsbildungszentren (RBZ) und Berufsbil- denden Schulen werden unterschiedliche Bildungsgänge für die Ausbil- dung in der Ernährungswirtschaft angeboten. Im Bildungsgang der Be- rufsschule findet die Beschulung von Auszubildenden sowie Umschülerin- nen und Umschülern im Rahmen der dualen Berufsausbildung gemein- sam mit den ausbildenden Betrieben statt. Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 70 Vorberufliche Bildungsgänge (Ausbildungsvorbereitendes Jahr, Berufs- grundbildungsjahr, Einstiegsqualifizierung und Berufseingangsklassen) qualifizieren Jugendliche ohne oder einem schwachen Ersten allgemein- bildenden Schulabschluss für die Ausbildung oder der Tätigkeit im Berufs- feld Ernährung. In der Berufsfachschule (Typ I) mit den Schwerpunkten Nahrung und Gastronomie oder Gesundheit und Ernährung findet eine be- rufliche Bildung statt, die zu einer vertieften und erweiterten allgemeinen Bildung und weiteren schulischen Abschlüssen führt, wobei der Unterricht durch betriebliche Praxis ergänzt wird. Eine Berufsfachschule (Typ III) mit dem Ziel einer Berufsausbildung in der Fachrichtung Ernährung gibt es in Schleswig-Holstein nicht. Die Fachoberschule mit dem Schwerpunkt Ernährung und Hauswirtschaft vermittelt Schülerinnen und Schülern mit Mittlerem Schulabschluss und abgeschlossener einschlägiger Berufsausbildung die Anforderungen für die Aufnahme eines Studiums an einer Fachhochschule. Aufbauend auf die Fachhochschulreife führt der Bildungsgang der Berufsoberschule zu einer fachgebundenen Hochschulreife bzw. bei Hinzuwahl einer weiteren Fremdsprache zu einer allgemeinen Hochschulreife. Das Berufliche Gymnasium mit dem Profilfach Ernährung schließt mit der Abiturprüfung ab. Aufbauend auf Berufsausbildung und -tätigkeit in der Ernährungswirtschaft werden durch Weiterbildung im Bildungsgang der Fachschule erweiterte berufliche Fachkenntnisse vermittelt. Der Abschluss einer Fachschule beinhaltet den Erwerb der beruflichen Hochschulzu- gangsberechtigung. Die Weiterbildung an einer Fachschule in Schleswig-Holstein ist möglich in den Fachrichtungen Gartenbau und Landwirtschaft. Die Fachschule für Lebensmitteltechnik wird durch eine staatlich anerkannte Ersatzschule angeboten. Weiter werden im schleswig-holsteinischen Justizvollzug Gefangene im Bereich der Ernährungswirtschaft qualifiziert. In der Justizvollzugsanstalt Neumünster können Gefangene eine Ausbildung zur Köchin/ zum Koch (8 Plätze) oder zur Bäckerin/ zum Bäcker (9 Plätze) absolvieren. Darüber hinaus wird in der Jugendanstalt Schleswig der Bereich „Kochen und Ser- vieren“ als Berufsvorbereitende Maßnahme angeboten (13 Plätze). In der Justizvollzugsanstalt Lübeck werden regelmäßig Qualifizierungen in der Form mehrmonatiger Zertifikatskurse (6 Plätze) im Bereich der Kantine durchgeführt. Auf dem zur Justizvollzugsanstalt Neumünster zugehörigen Landesgut Moltsfelde (Biolandbetrieb) werden durchschnittlich 22 Gefangene des Of- fenen Vollzugs beschäftigt, die dort landwirtschaftliche Techniken erlernen und praktisch anwenden. Neben der Tierhaltung (Schwerpunkt Rinder- zucht und Rindermast) wird auch Kartoffelanbau und Holzwirtschaft be- trieben. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 71 57. Welche Ausbildungsberufe gibt es in der Ernährungswirtschaft in Schles- wig-Holstein? Folgende Ausbildungsberufe gibt es derzeit in der Ernährungswirtschaft in Schleswig-Holstein: Bäcker/-in, Brauer/-in und Mälzer/-in, Fachkraft für Lebensmitteltechnik, Fachkraft für Fruchtsafttechnik, Fachkraft für Süßwarentechnik, Fleischer/- in, Konditor/-in, Fachverkäufer/-in im Lebensmittelhandwerk, Müller/-in (einschl. Verfahrenstechnolog(e)/-in in der Mühlen- und Futtermittelwirt- schaft), Kaufleute im Einzelhandel (alle Branchen, Lebensmittel nicht trennbar), Kaufleute im Groß- und Außenhandel (alle Branchen, Lebens- mittel nicht trennbar), Verkäufer/-in (alle Branchen, Lebensmittel nicht trennbar), Fachkraft im Gastgewerbe, Fachleute für Systemgastronomie, Hotelfach-/Kaufleute, Köchin/Koch, Restaurantfachleute, Weintechnolo- ge/-in (alt Weinküfer/in), Milchtechnologin/Milchtechnologe, Speiseeisher- stellerin/Speiseeishersteller (neu: Fachkraft für Speiseeis), Maschinen- und Anlagenführerin/-führer SP Lebensmitteltechnik, Fischwirtin/Fischwirt, Fachkraft für Agrarservice, Gärtnerin/Gärtner Fachrichtung Gemüsebau, Tierwirtin/Tierwirt Fachrichtung Rinderhaltung und Schäferei, Pflanzen- technologe/-in, sowie die Sonderausbildungsgänge nach § 66 BBiG: Bä- ckerwerker, Werker/Werkerin in der Landwirtschaft, Werker/Werkerin im Gartenbau. 58. Duale Ausbildung in der Ernährungswirtschaft a) Wie viele Betriebe in Schleswig-Holstein bieten duale Ausbildungen in der Ernährungswirtschaft an? Mit Stand 31.12.2013 wurden im Bereich  der Handwerkskammern von 808 Handwerksbetrieben (Doppel- zählungen möglich) und  der Industrie- und Handelskammern von 2.292 Ausbildungsbetrie- ben duale Ausbildungsstellen angeboten. Hinzukommen 3.226 Ausbildungsbetriebe im Bereich Verkäufer/-in sowie Kaufleute im Einzel-, Groß- und Außenhandel, die alle Branchen umfassen und für die eine separate Auswertung für den Bereich Lebensmit- tel/Ernährungswirtschaft nicht möglich ist. Doppelzählungen sind möglich.  der Landwirtschaftskammer stehen 17 Ausbildungsbetriebe in den Berufen Milchtechnologin/Milchtechnologe und im Beruf der milch- wirtschaftlichen Laborantin/Laborant 15 Ausbildungsbetriebe zur Verfügung. b) Wie viele Ausbildungsplätze in welchen Berufen werden angeboten? Die Lehrstellenbörse der Handwerkskammern Lübeck und Flensburg um- fasste am 26.08.2014 folgende Angebote: Bäcker/-in 20 Konditoren/-in 2 Fleischer/-in 42 Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 72 Fachverkäufer/-in im Lebensmittelhandwerk, Schwerpunkt Bäckerei 20 Fachverkäufer/-in im Lebensmittelhandwerk, Schwerpunkt Konditorei 1 Fachverkäufer/-in im Lebensmittelhandwerk, Schwerpunkt Fleischerei 53 Gesamt:138 Die Lehrstellenbörse der Industrie- und Handelskammern in Schleswig- Holstein umfasste am 12.09.2014 folgende Ausbildungsplatzangebote: Fachkraft für Lebensmitteltechnik 3 Müller/-in 1 Kaufleute im Einzelhandel* 11 Kaufleute im Groß- und Außenhandel* 43 Verkäufer/-in* 1 Fachkraft im Gastgewerbe 5 Fachleute für Systemgastronomie 11 Hotelfach-/Kaufleute 11 Koch/Köchin 13 Restaurantfachleute 12 * (alle Branchen, Lebensmittel nicht trennbar) Gesamt:111 Die Landwirtschaftskammer hat mit Stichtag 31.12.2013 folgende Ausbil- dungsplätze gemeldet: Landwirt/-in 821 Fachkraft Agrarservice 92 Hauswirtschaftler/-in 33 Gärtner/-in 491 Fischwirt/-in 44 Forstwirt/-in 30 Pferdwirt/-in 132 Tierwirt/-in 13 Revierjäger/-in 3 Molkereifachmann/frau /Milchtechnologe/-in 61 Milchw. Laborant/-in 57 Landwirtschaftl. Laborant-/in / Pflanzentechnologe/-in 1 Gesamt:1777 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 73 c) Wie hat sich das Angebot an Ausbildungsplätzen in der Ernährungs- wirtschaft seit 2000 entwickelt? Für den Handwerksbereich besteht keine Meldepflicht, weshalb für diesen Bereich keine Aussagen getroffen werden können. gibt. Für den Bereich der Industrie- und Handelskammern sind die Ausbil- dungsverhältnisse aus Tabelle 21 ersichtlich. Angaben von vor 2005 lie- gen der Landesregierung nicht vor. Tabelle 21: Ausbildungsplätze für den Bereich Ernährungswirtschaft im Bereich der Industrie - und Handelskammern Beruf 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Brauer und Mälzer 5 6 7 7 9 10 9 7 4 Fachkräfte für Le- bensmitteltechnik 81 90 104 116 129 137 142 141 134 Fachkräfte für Fruchtsafttechnik 0 0 0 0 1 1 1 0 1 Fachkräfte für Süß- warentechnik 19 19 18 17 20 19 22 21 20 Fleischer 1 1 4 3 4 3 5 4 5 Müller 8 15 15 16 19 19 26 24 16 Kaufleute im Einzel- handel* 2.735 2.842 3.006 3.048 2.965 2.814 2.893 2.736 2.651 Kaufleute im Groß- und Außenhandel* 1.750 1.849 1.913 2.006 1.968 1.892 1.912 1.965 2.004 Verkäufer* 931 1153 1423 1563 1612 1.698 1.763 1.833 1.762 Fachkräfte im Gast- gewerbe 77 106 97 129 135 182 217 200 179 Fachleute für Sys- temgastronomie 184 239 273 300 327 337 272 222 211 Hotelfachleute 1.198 1.232 1.296 1.286 1.253 950 1.093 978 911 Hotelkaufleute 17 8 10 11 13 11 13 14 10 Köche 1.365 1.377 1.457 1.459 1.431 1.359 1.202 1.084 943 Restaurantfachleute 453 482 514 509 500 444 375 328 289 Gesamt 8.824 9.419 10.137 10.470 10.386 9.876 9.945 9.557 9.140 * (alle Branchen, Lebensmittel nicht trennbar) Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 74 Für den Bereich der Landwirtschaftskammer liegen die Agrarberichtsdaten ergänzt um die vorläufigen Ausbildungszahlen für das Jahr 2013 vor (s. Tabelle 22). Tabelle 22: Ausbildungsplätze im Bereich der Landwirtschaftskammer 2000-2013 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 Landwirt-/in 595 534 580 652 704 739 763 Fachkraft Agrarservice 22 38 Hauswirtschafter-/in 44 35 38 39 45 55 55 Gärtner-/in 601 578 601 621 649 632 652 Fischwirt-/in 41 42 44 52 62 48 52 Forstwirt-/in 41 41 40 41 36 35 41 Pferdewirt-/in 105 120 119 121 125 127 156 Tierwirt-/in 9 8 10 10 13 10 16 Revierjäger-/in 3 3 3 6 3 4 5 Molkereifachmann/frau / Milchtechnologe/in 42 40 35 37 39 51 54 Milchw. Laborant/in 61 59 60 53 61 62 60 Landwirtschaftl. Laborant /in / Pflanzentech- nologe/in 8 3 5 0 2 Gesamt 1.550 1.460 1.530 1.635 1.742 1.785 1.894 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Landwirt-/in 810 813 803 814 803 819 821 Fachkraft Agrarservice 59 61 75 84 87 85 92 Hauswirtschafter-/in 60 65 54 44 40 36 33 Gärtner-/in 679 689 616 591 545 524 491 Fischwirt-/in 46 58 24 45 49 36 44 Forstwirt-/in 32 42 40 43 39 33 30 Pferdewirt-/in 165 162 153 147 129 131 132 Tierwirt-/in 18 11 16 13 15 14 13 Revierjäger-/in 3 9 3 1 4 4 3 Molkereifachmann/frau / Milchtechnologe/in 55 53 53 53 55 59 61 Milchw. Laborant/in 54 55 57 55 59 56 57 Landwirtschaftl. Laborant /in / Pflanzentech- nologe/in 1 Gesamt 1.981 2.018 1.894 1.890 1.825 1.797 1777 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 75 59. Welche Weiterbildungsangebote im Bereich der Ernährungswirtschaft werden in Schleswig-Holstein angeboten? Wie in allen anderen Branchen auch umfasst der Bereich der Weiterbil- dung in der Ernährungswirtschaft große und zum Teil nur schwer ab- grenzbare Bereiche des formalen, non-formalen und informellen Lernens, die hier in Gänze nicht dargestellt werden können. Das sich ständig aktua- lisierende Weiterbildungsangebot mit Bezug zur Ernährungswirtschaft, das im Kursportal Schleswig-Holstein (http://sh.kursportal.info) z.B. unter dem Stichwort „Ernährung“ abrufbar ist, deutet diese große Bandbreite an. Da- zu kommen zahlreiche mögliche Weiterbildungen für Beschäftigte in der Ernährungswirtschaft, die auch für andere Branchen wichtig sind. Um die Themenbreite der Weiterbildungsangebote in den spezifischen Be- rufen der Ernährungswirtschaft aber exemplarisch darzulegen, werden im Folgenden die Aufstiegsfortbildungsangebote zum Meister- bzw. zu ver- gleichbaren Abschlüssen herausgegriffen. Hierbei handelt es sich um ei- nen Bereich des formalen, staatlich geregelten und in diesem Bereich über die Kammern organisierten Lernens in der Ernährungswirtschaft, wodurch dem Handwerk die Möglichkeit zur Aufstiegsfortbildung zum Bä- cker- oder zum Fleischermeister gegeben wird. In der Praxis nehmen al- lerdings laut Auskunft der Handwerkskammer Lübeck Interessenten aus Schleswig-Holstein meistens entsprechende Angebote in Hamburg wahr, weil in Schleswig-Holstein zurzeit zu wenige Interessenten für eigene Kur- se vorhanden sind. Dies wird u. a. auf den zunehmenden Trend zur Filiali- sierung in diesen Geschäftsbereichen zurückgeführt. Im Bereich der In- dustrie- und Handelskammern gibt es Aufstiegsfortbildungsmöglichkeiten zum Industriemeister/-in Lebensmittel, Industriemeister/-in Süßwaren, zur diätetisch geschulten Köchin bzw. Koch, Küchenmeister/-in, Restaurant- meister/-in, Fachhauswirtschafter/-in, Hauswirtschaftsmeister/-in, Fach- wirt/-in im Gastgewerbe sowie Fachwirt/in Systemgastronomie. Weitere Weiterbildungsangebote sind:  das KIN Lebensmittelinstitut in Neumünster (http://www.kin.de/), gegründet als Verein auf Initiative der Lebensmittelbranche zum Zwecke der Förderung von Wissenschaft und Forschung sowie der Bildung und Erziehung im Sinne der Ernährungswirtschaft;  die hyAcademy GmbH in Hohenwestedt mit e-Learning-Konzepten und online-Schulungen für Betriebe der Ernährungswirtschaft (mög- liche Weiterbildungsbereiche: Hygiene, Arbeitssicherheit in Produk- tion und Logistik, und spezielle Lernunterstützung für Auszubilden- de);  das foodRegio Branchennetzwerk der norddeutschen Ernährungs- wirtschaft hat gemeinsam mit Unternehmen der Ernährungswirt- schaft das modulare und IHK-zertifizierte Weiterbildungsprogramm Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 76 „Maschinenbedienung Lebensmitteltechnik“ konzipiert und umge- setzt;  als deutsches Mitglied im baltfood Netzwerk (siehe Antwort zu Fra- ge 24) hat foodRegio gemeinsam mit der Fachhochschule Lübeck das Online-Learning Modul „Healthy to Go – Food Innovation” kon- zipiert und umgesetzt. 60. Ist das schulische/betriebliche/universitäre Ausbildungsangebot ausrei- chend für die Fachkräftesicherung in der Ernährungswirtschaft? Es gibt zurzeit für Schleswig-Holstein keine Hinweise darauf, dass das Ausbildungsangebot in der Ernährungswirtschaft unzureichend ist. Insbe- sondere die Betriebe gestalten ihr Ausbildungsplatzangebot nach Auskunft der berufsständigen Kammern bedarfsbezogen. Es kann deshalb davon ausgegangen werden, dass die angebotenen Ausbildungsstellen grund- sätzlich ausreichend sind, den bestehenden Bedarf neuer Fachkräfte zu decken. Problem ist eher die Bewerbersituation. Viele Ausbildungsstellen bleiben unbesetzt, so dass die Bewertung, ob der zukünftige Bedarf gedeckt wer- den kann, aktuell eher eine negative Tendenz hat. Mit Einführung des Studienganges „Food Processing“ an der Fachhoch- schule Lübeck findet der wirtschaftliche Schwerpunkt des Landes seinen Niederschlag in dem anwendungsorientierten Studium. Die gute Auslas- tung dieses Studienganges zeigt, dass damit eine Lücke zwischen berufli- cher und universitärer Ausbildung geschlossen wurde. In der engen Zu- sammenarbeit zwischen den Unternehmen der Lebensmittelwirtschaft und der Fachhochschule Lübeck wurde im Rahmen des Netzwerkes "foodRe- gio" ein praxisbezogenes Studienkonzept entwickelt, das den aktuellen Anforderungen des Arbeitsmarktes in lebensmittelproduzierenden Unter- nehmen gerecht wird. Dieses Studienkonzept ist in seiner fachlichen Profi- lierung zwischen dem Wirtschaftsingenieur (Produktion) und dem Maschi- nenbauingenieur (Anlagen- und Verfahrenstechnik) angesiedelt und weist eine spezielle Ergänzung im Bereich der Lebensmittel und der Lebensmit- telchemie auf, die vertiefend durch die Integration einer fachspezifischen Berufsausbildung aus der Ernährungsbranche in diesem neuen Studien- konzept abgebildet wird. 61. Sehen die Lehrpläne an allgemeinbildenden Schulen ernährungsrelevante Inhalte vor, beispielsweise Ernährungslehre, Kochen, Verbraucherverhalten , Wirtschaftslehre u.a.? Wenn ja, in welchem Umfang und in welchen Klassenstufen? Schleswig-Holstein hat seit 2009 einen Lehrplan Verbraucherbildung, gül- tig für Regional- und Gemeinschaftsschulen bzw. mit Beginn des Schul- jahres 2014/15 für Gemeinschaftsschulen. Für das Gymnasium wurde 2008 ein eigenständiger Lehrplan Wirtschaft/Politik in Kraft gesetzt. Aktuell werden neue Lehrpläne (Fachanforderungen) für die Fächer Wirt- schaft/Politik sowie Weltkunde erarbeitet. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 77 Gemeinschaftsschulen: Das Fach Verbraucherbildung umfasst die Kernbereiche Konsum und Le- bensstil sowie Ernährung und Gesundheit und kann ab dem 5. Schuljahr, spätestens dem 7. Schuljahr unterrichtet werden. Die Kontingentstunden- tafeln gewähren den Schulen Freiräume zur organisatorischen Umsetzung des Faches mit eigenen Schwerpunktsetzungen, die im schulinternen Fachcurriculum festgelegt werden (LP Verbraucherbildung S.1). Auszüge (s. Tabelle 23): Kernbereich I : Konsum und Lebensstil Das Fach Verbraucherbildung hat die Aufgabe, im Sinne der Nachhaltig- keit den Zusammenhang von Konsum und Lebensstil unter ökonomi- schen, ökologischen und sozialpolitischen Aspekte aufzuzeigen und die Schülerinnen und Schüler zu befähigen, ihr Handeln bewusst zu gestalten und entsprechend Verantwortung zu übernehmen. Damit dies gelingt, be- nötigen Verbraucherinnen und Verbraucher Kompetenzen eines individu- ellen Ressourcenmanagements für die Bewältigung ihrer ökonomischen und sozialen Sicherung und für die Entwicklung nachhaltiger Lebens- und Haushaltsstile (Food and Consumer Literacy). Kernbereich II : Ernährung und Gesundheit In modernen Gesellschaften sind Ernährung und Gesundheit der Verant- wortung des Einzelnen überlassen. Die familiäre Tradierung kann dieses notwendige Wissen nicht oder nicht ausreichend sichern. Schülerinnen und Schüler lernen im Fach Verbraucherbildung ihr Essverhalten zu ver- stehen und zu gestalten. In der Verantwortung für ihr Handeln und dessen Folgen benötigen sie Kompetenzen (Functional Literacy), um die Zu- kunftsfähigkeit von Nahrungs- und Ernährungskompetenz (Nutrition und Health Literacy) zu sichern. Der Zugang zur Ernährungsbildung entspricht dem Verständnis der Allgemeinbildung anderer Kulturtechniken (Schrei- ben, Lesen, Rechnen) (LP Verbraucherbildung S.2). Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 78 Tabelle 23: Auszüge aus dem schulinternen Fachcurriculum Verbraucherbildung (Gemeinschaftsschulen ) Kernbereiche Lernfelder Kompetenzen (nur in Auszügen) Konsum und Le- bensstil Rolle als Verbraucherin / Verbraucher Bedürfnisse identifizieren, Wege der Bedarfsdeckung kennen so- wie die eigene Konsumbiogra- phie analysieren und reflektieren Wirtschaftliche und nachhaltige Lebensfüh- rung Lebensstile und Lebensweisen identifizieren und reflektieren, daraus Handlungsstrategien für die eigene Lebensgestaltung ableiten … Private Lebensführung als Potential … Ernährung und Gesundheit Essen und Ernährung Essbiografie und Essgeschichte reflektieren und Gestaltungsal- ternativen entwickeln Den Zusammenhang von Ess- kultur und Kommunikation ver- stehen Ernährung und Gesund- heitsförderung Zusammenhang von Ernährung und Gesundheit erkennen Verantwortung für die eigene Ernährung und Gesunderhaltung übernehmen Kultur und Technik der Nahrungszubereitung Auseinandersetzung mit den kul- turellen Voraussetzungen, der Bedeutung von Nahrung, Spei- sen und Mahlzeiten Zusammenhang gesundheitli- cher, ökologischer, ökonomi- scher und sozialer sowie ar- beitswissenschaftlicher Aspekte verstehen und reflektieren Quelle: LP Verbraucherbildung, S.3f Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 79 Neben dem Lehrplan Verbraucherbildung (2009) gilt weiterhin der Lehr- plan Wirtschaft/Politik (1997) für die allgemein bildenden Schulen mit Aus- nahme des Gymnasiums. Er unterliegt ebenfalls der Kontingentstundenta- fel. Das Fach hat einerseits Willensbildungsprozesse und Maßnahmen zur Bewahrung von Frieden, Gerechtigkeit, sozialer Sicherheit, einer natürli- chen Umwelt und wirtschaftlichem Wohlstand im Konfliktfeld unterschiedli- cher Interessen und Machtpositionen (Politik) und andererseits den durch Arbeit, Konsum, gesamt- und weltwirtschaftliche Entwicklungen geprägten Lebens- und Erfahrungsbereich „Wirtschaft“ zum Gegenstand (LP Wirt- schaft/Politik S.15). Des Weiteren gilt der Lehrplan für das Wahlpflichtfach Wirtschaftslehre (1997), der seinerzeit für die Gesamtschule entwickelt wurde. Der Unter- richt beginnt in Klassenstufe 7 bzw. 9. Es werden Kenntnisse über gesellschaftliche, politische und wirtschaftli- che Zusammenhänge vermittelt. Ziel ist es, Urteils- und Handlungsfähig- keit in wirtschaftlichen Lebenssituationen zu fördern und ein Bewusstsein für die Internationalisierung von Arbeitsmärkten und Wirtschaftsgeschehen zu entwickeln. Gegenstände des Faches sind  der durch Arbeit, Konsum, gesamt- und weltwirtschaftliche Entwicklun- gen geprägte Lebensbereich Wirtschaft  der Konflikt zwischen der Bewahrung einer natürlichen Umwelt und dem Streben nach wirtschaftlichem Wohlstand  das Konfliktfeld unterschiedlicher Interessen von Arbeitnehmerin- nen/Arbeitnehmern und Arbeitgeberinnen/Arbeitgebern. (LP Wirtschaftslehre S.16) Gymnasien: Das Fach Wirtschaft/Politik erfüllt die Aufgabe des federführenden Faches im Rahmen der Ausrichtung des Betriebspraktikums. Empfohlen wird des- halb, mit dem Unterricht in der Klassenstufe 8 zu beginnen. Konkrete er- nährungsrelevante Inhalte sind nicht vorgesehen. Die Planung der gesamten Unterrichtszeit wird in der Fachkonferenz ab- gestimmt und im schulinternen Fachcurriculum dokumentiert (s. Tabelle 24). Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 80 Tabelle 24: Auszüge aus dem schulinternen Fachcurriculum Wirtschaft/Politik (Gymnasien) Themenbereiche Inhalte (nur in Auszü- gen) Verbraucher und Markt: Wirtschaftli- ches Handeln in Haushalt und Betrieb - Einnahmen – Ausgaben - Bedürfnisse – Bedarf - Konsumenten – Produzenten Politik betrifft uns - … Jugend in modernen Gesellschaften - … Ökonomie und Arbeitswelt im Wandel - … Politische Gestaltungsmöglichkeiten in modernen Demokratien - … Veränderungen und Herausforderun- gen in modernen Gesellschaften - … Quelle: LP Wirtschaft/Politik Gymnasium (2008) S.15) IX. Gute Arbeit in der Ernährungswirtschaft 62. Wie viele Arbeitsplätze in Schleswig-Holstein hängen direkt mit der Ernäh- rungswirtschaft zusammen? Die Landesregierung zählt zu den direkt mit der Ernährungswirtschaft zu- sammenhängenden Arbeitsplätzen diejenigen in der Herstellung von Nah- rungs- und Futtermitteln, der Getränkeherstellung und der Tabakverarbei- tung sowie die Beschäftigten in der Land- und Forstwirtschaft sowie der Fischerei (s. Tabelle 25). Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 81 Tabelle 25: Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte am Arbeitsort in Schleswig-Holstein am 30. September 2013 nach Wirtschaftsabschnitten und ausgewählten Wirtschaftsabteilungen , Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten, Auszubildenden und Geschlecht Wirtschaftszweig Insgesamt Vollzeit Teilzeit Auszubildende alle m w alle m w alle m w alle m w Land- und Forstwirtschaft , Fischerei 13.233 9.683 3.550 10.832 8.707 2.125 2.400 976 1.424 1.356 1.021 335 Anteil Männer/Frauen 73% 27% 80% 20% 41% 59% 75% 25% Verarbeitendes Gewerbe (Ernährungswirtschaft ) 23.157 12.428 10.729 20.119 12.032 8.087 3.038 396 2.642 1.699 575 1.124 54% 46% 60% 40% 13% 87% 34% 66% m= männlich w=weiblich Quelle: Statistische Berichte des Statistikamt Nord – Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in SchleswigHolstein am 30. September 2013 (herausgegeben am 30. Juli 2014) Mit Stand 30. September 2013 waren mit der Herstellung von Nahrungs- und Genussmitteln, Getränken und Tabakerzeugnissen 23.157 Personen beschäftigt. In der Landwirtschaft und Fischerei gab es insgesamt 13.233 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte. Weitere darüber hinausgehende Daten zu unbesetzten und anderen, teil- weise oder vollständig mit der Ernährungswirtschaft verbundenen Arbeits- plätzen (beispielsweise in der Logistik- oder Werbebranche) können statis- tisch nicht eindeutig belegt werden. 63. Wie viele Frauen und Männer sind im Bereich der Ernährungswirtschaft tätig? Entsprechend der Tabelle 25 sind in der Land- und Forstwirtschaft und Fi- scherei sind von insgesamt 13.233 sozialversicherungspflichtig Beschäf- tigten 9.683 Männer (73 %) und 3.550 Frauen (27 %). Bei den Vollbe- schäftigten sind von insgesamt 10.832 Beschäftigten 8.707 Männer (80 %) und 2.125 Frauen (20 %). Bei den Teilzeitbeschäftigen sind von insgesamt 2.400 Beschäftigten 976 Männer (41 %) und 1.424 Frauen (59 %). Von insgesamt 1.356 Auszubildenden in der Land- und Forstwirtschaft sowie Fischerei sind 1.021 Männer (75 %) und 335 Frauen (25 %). Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 82 Im verarbeitenden Gewerbe der Ernährungswirtschaft sind von insgesamt 23.157 sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten 12.428 Männer (54 %) und 10.729 Frauen (46 %). Bei den Vollbeschäftigten sind von insge- samt 20.119 Beschäftigten 12.032 Männer (60 %) und 8.037 Frauen (40 %) Bei Teilzeitbeschäftigten im Ernährungsgewerbe sind von insgesamt 3.038 Beschäftigten 396 Männer (13 %) und 2.642 Frauen (87 %). Von insgesamt 1.699 Auszubildenden im Ernährungsgewerbe sind 575 Män- ner (34 %) und 1.124 Frauen (66 %). 64. Welche Maßnahmen hält die Landesregierung für notwendig, um qualifi- zierte Arbeitskräfte für die Entwicklung der Ernährungswirtschaft in Schleswig-Holstein auszubilden? Zentraler Baustein zur Ausbildung qualifizierter Arbeitskräfte ist das duale berufliche Ausbildungssystem. Zur Ausbildungssituation in der Ernäh- rungswirtschaft wird auf die Antwort zu Frage 60 verwiesen. Vor diesem Hintergrund sieht sich die Ernährungswirtschaft einer unterdurchschnittli- chen und teilweise negativen Wahrnehmung seitens der potenziellen Aus- zubildenden gegenüber. Erstes Ziel ist es daher, die Zukunftsorientierung, Vielseitigkeit und das hohe Anforderungsniveau der Branche zu kommuni- zieren und langfristig in der Wahrnehmung zu verankern. Gute Ansätze liegen mit den Kampagnen des Branchennetzwerkes foodRegio e. V. „Be- rufe, die schmecken“ sowie „Foodstarter“ (www.foodstarter.de) vor. Neben der Wahrnehmung muss die Ausbildung mit den erhöhten inhaltli- chen / technologischen Anforderungen der Branche korrespondieren. Dies geschieht bereits über regelmäßige Überprüfung und Aktualisierung der Curricula für die berufliche Ausbildung. Darüber hinaus werden neue kombinierte Ausbildungs-/Studienmodelle den erhöhten Anforderungen der Branche, aber auch der Auszubildenden gerecht. Beispielgebend ist hier der Studiengang „Food Processing“ der Fachhochschule Lübeck, in dem die berufliche Ausbildung und ein fach- spezifisches Studium miteinander kombiniert werden. Um die Verfügbarkeit qualifizierter Arbeitskräfte auch in der längerfristigen Zukunft sicherzustellen, hat die Landesregierung gemeinsam mit den Kammern, den Hochschulen, Gewerkschaften, den kommunalen Landes- verbänden, der Vereinigung der Unternehmensverbände, der Landesar- beitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtsverbände und dem Landesver- band der freien Berufe die Fachkräfteinitiative „Zukunft im Norden“ ins Le- ben gerufen. Damit will die Landesregierung die Wirtschaft in Schleswig-Holstein insge- samt stärken und bei der Beseitigung des Fachkräftemangels unterstüt- zen. Die Initiative ist so angelegt, dass sie Entwicklungen in den Regionen und die Bedürfnisse der Branchen mit besonderen Bedarfen berücksich- tigt. Darum ist sie kein starres System mit einem festgelegten Set an Maßnahmen, sondern entwickelt sich ständig weiter. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 83 Diesen Prozess will die Landesregierung auch mit strukturellen Unterstüt- zungsmaßnahmen hinterlegen, die allen Unternehmen zugutekommen. Mit Hilfe der Strukturfonds der Europäischen Union wird eine dreistufige Förderarchitektur im Themenfeld Fachkräftesicherung geschaffen werden. Die Teile dieser Förderarchitektur bilden das Kompetenznetzwerk Fach- kräftesicherung und Weiterbildung, das Beratungsnetzwerk Fachkräftesi- cherung und das Bundesprogramm „unternehmensWert Mensch“. Das Kompetenznetzwerk stellt übergreifende, regionale und branchen- spezifische Analysen zum Fachkräftebedarf, wissenschaftliche Expertise zu möglichen Lösungsansätzen und bestehenden Angeboten zur Förde- rung für Unternehmen in diesem Themenfeld, wie auch für die Unterstüt- zung der Weiterbildungsstrukturen bereit. Das Beraternetzwerk Fachkräftesicherung wird aus zehn Personalstellen bestehen und bietet insbesondere den kleinen Unternehmen in Schleswig- Holstein eine direkte Unterstützungsstruktur. Dazu sollen die Unterneh- men durch eine aufsuchende Beratung zunächst für die Notwendigkeit von Anpassungsmaßnahmen in Hinblick auf den demografischen und struktu- rellen Wandel sensibilisiert werden. Die Beratungsinhalte können dabei breit gefächert sein und richten sich nach den Voraussetzungen und Be- darfen der jeweiligen Unternehmen. Darüber hinaus führt die Landesregierung mit besonders betroffenen Branchen Gespräche über deren spezifische Fachkräftebedarfe. Für die Ernährungswirtschaft ist ein solcher Dialog ab dem 2. Quartal 2015 ge- plant. 65. Wie hoch sind die Bruttoentgelte in der Ernährungswirtschaft? Nach Angaben der Regionaldirektion Nord der Bundesagentur für Arbeit beträgt der Median der monatlichen Bruttoarbeitsentgelte der sozialversi- cherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten (ohne Auszubildende) im verarbei- tenden Gewerbe der Ernährungswirtschaft in Schleswig-Holstein 2.487 Euro (zum Stichtag 31.12.2013). Angaben zu Bruttoentgelten der in der Landwirtschaft Beschäftigten für Schleswig-Holstein liegen der Landesre- gierung nicht vor. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit beträgt der Median der monatlichen Bruttoarbeitsentgelte der sozialversicherungs- pflichtig Vollzeitbeschäftigten (ohne Auszubildende) in Westdeutschland für Land-, Tier- und Forstwirtschaftsberufe bei 2146 Euro. 66. Wie bewertet die Landesregierung die Arbeitsbedingungen in der Ernäh- rungswirtschaft in Schleswig-Holstein? a) Existieren diesbezüglich regionale Unterschiede bzw. Berufsspezifika? b) Wie ist die Situation von Saison-Arbeitskräften? c) Wie viele Beschäftigte in der Ernährungswirtschaft in Schleswig- Holstein profitieren voraussichtlich von dem neuen bundesweiten Mindestlohn? Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 84 d) Wie hoch ist der Anteil hoch qualifizierter Arbeitsplätze in der Ernäh- rungswirtschaft? Für eine umfassende Beantwortung der Fragen bezüglich der Arbeitsbe- dingungen in der Ernährungswirtschaft liegen der Landesregierung keine entsprechenden Daten vor. zu 66 a): Insbesondere verfügt die Landesregierung auch vor dem Hintergrund des umfangreichen Spektrums der Wirtschaftsbereiche in der Ernährungswirt- schaft nicht über entsprechende detaillierte Kenntnisse bezüglich regiona- ler Unterschiede bzw. Berufsspezifika. Unter dem Begriff „Ernährungswirtschaft“ werden zahlreiche Berufe und Tätigkeiten, die mit unterschiedlichsten Belastungen für die Beschäftigten verbunden sind, gefasst. Die Arbeitsbedingungen in der Ernährungswirt- schaft stellen sich dementsprechend in Abhängigkeit von den ausgeführ- ten Tätigkeiten dar. Eine pauschale Bewertung der Arbeitsbedingungen ist aus Sicht der Arbeitsmedizin und des Arbeitsschutzes daher nicht möglich. Nach Erkenntnissen der Staatlichen Arbeitsschutzbehörde bei der Unfall- kasse Nord bestehen bezüglich der Arbeitsbedingungen beim Vergleich einzelner Tätigkeiten keine regionalen Unterschiede. Laut § 3 des Arbeitsschutzgesetzes ist die Arbeitgeberin und der Arbeit- geber verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes un- ter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Ge- sundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Er hat die Maß- nahmen auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen und erforderlichenfalls sich ändernden Gegebenheiten anzupassen. Dabei hat er eine Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten anzustreben. Die Staatliche Arbeitsschutzbehörde bei der Unfallkasse Nord überprüft im Rahmen von Betriebsrevisionen das betriebliche Arbeitsschutzsystem (betriebliche Systemkontrolle) und kontrolliert, ob der Arbeitgeber seiner Verantwortung für den Arbeitsschutz gerecht wird. Erfahrungsgemäß werden insbesondere Betriebe, die größeren Konzer- nen angehören, zusätzlich nach „International Featured Standards“ IFS (früher: IFS = International Food Standard) zertifiziert. Dies trägt zu einem relativ hohen Arbeitsschutzstandard in diesen Betrieben bei. zu 66 b): Zur Situation von Saison-Arbeitskräften werden bei der Regionaldirektion Nord der Bundesagentur für Arbeit keine Daten erhoben. Aufgrund von Beschwerden sind 2013 in zwei landwirtschaftlichen Betrie- ben die Beschäftigungs- und Unterbringungsbedingungen von Saisonar- beitskräften überprüft worden. Die vorgefundenen Verhältnisse führten sowohl zur Untersagung der Beschäftigung als auch zur Untersagung der Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 85 Unterbringung von Saisonarbeitskräften. Außerdem wurden Bußgeld- bzw. Strafverfahren gegen die Unternehmer eingeleitet. Gemeinsam mit der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und - SVLFG und der Staatlichen Arbeitsschutzbehörde bei der Unfallkasse Nord – StAUK wurden Checklisten für die Aufsichtskräfte und Informatio- nen für die Betriebe erarbeitet. Diese wurden über die SVLFG und die Landwirtschaftskammer an deren Mitgliedsbetriebe weitergegeben. Gleichzeitig wurde darüber informiert, dass in 2014 verstärkte Kontrollen, insbesondere bei den Unterkünften für Saisonarbeitskräfte, stattfinden werden. zu 66 c:) Die Landesregierung geht davon aus, dass auch Beschäftigte in der Er- nährungswirtschaft ab dem 01. Januar 2015 von dem bundesweiten Min- destlohn profitieren werden. Allerdings lässt sich die genaue Anzahl nicht konkret vorhersagen, da dies im Einzelfall von der Höhe der jeweiligen Stundenlöhne abhängt. Aus der Statistik der angefragten Regionaldirekti- on Nord der Bundesagentur für Arbeit lassen sich zumindest für sozial- versicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigte (ohne Auszubildende) in der Ernährungswirtschaft (Kundenaggregat aus den Wirtschaftsabteilungen der Klassifikation der Wirtschaftszweige 2008: 10 Herstellung von Nah- rungs- und Futtermitteln; 11 Getränkeherstellung; 12 Tabakverarbeitung) monatliche Bruttoarbeitsentgelte entnehmen. Danach verdienten zum Stichtag 31.12.2013 in Schleswig-Holstein 1.746 sozialversicherungs- pflichtig Vollzeitbeschäftigte bis zu 1.500 Euro. Bei einer Berechnungs- grundlage von pauschal 40 Stunden Wochenarbeitszeit und 4,5 Wo- chen/Monat errechnet sich daraus ein Stundenlohn von 8,33 Euro. Durch einen Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro verbessert sich in den genann- ten Wirtschaftszweigen der Ernährungswirtschaft in Schleswig-Holstein rein rechnerisch das Entgelt von 1.746 sozialversicherungspflichtig Be- schäftigten. zu 66 d): Aus der von der Regionaldirektion Nord der Bundesagentur für Arbeit er- stellten Statistik „Sozialversicherungspflichtig Beschäftigten (SvB) am Ar- beitsort (AO) im verarbeitenden Gewerbe der Ernährungswirtschaft ergibt sich ein großer Anteil an qualifizierten bzw. hoch qualifizierten Arbeits- plätzen. Zum Stichtag 31.12.2013 betrug danach der Anteil der Fachkräf- te 66,8 Prozent, der Anteil der Spezialisten 8,1 Prozent und der Anteil der Experten 4,6 Prozent. Der Anteil der hochqualifizierten Beschäftigten in der Ernährungswirt- schaft nimmt v.a. durch die erhöhten Anforderungen an die Produktions- prozesse sowie die Lebensmittelsicherheit zu. Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 86 67. Wie können Anreize für (junge) Menschen geschaffen werden, sich für ei- ne Tätigkeit in der Ernährungswirtschaft zu entscheiden? Welche Akteure wären daran zu beteiligen? Die Ausbildungsvergütungen für die Berufe in der Ernährungswirtschaft liegen mit wenigen Ausnahmen an der untersten Grenze der Ausbildungs- vergütungen. Teilweise sind diese nicht einmal ausreichend, um die Fahrt zur Berufsschule oder die Internatsunterbringung und Verpflegung zu fi- nanzieren. Abhängig davon, ob ein Betrieb der IHK oder HWK zugeordnet ist, weichen die Vergütungen in einem Ausbildungsberuf erheblich vonei- nander ab. In einigen Berufen bestehen keine tariflichen Vereinbarungen, so dass auch hier die Vergütungen von Standort zu Standort abweichen können. Die Höhe der Vergütung sowie die fehlende Attraktivität führen dazu, dass in der Regel Jugendliche ohne oder mit einem gering qualifi- zierten Schulabschluss die Ausbildung aufnehmen. Die zentrale Weichenstellung für die Berufswahl junger Menschen findet in aller Regel in den oberen Klassen der Schulen statt. Von elementarer Be- deutung ist daher, den Schülerinnen und Schülern die nötigen Informatio- nen über Bildungswege, berufliche Karrierechancen und individuelle Per- spektiven verfügbar zu machen. Hierzu ist eine vertiefte Berufsorientie- rung unter Einbeziehung von Unternehmen, Lehrerinnen und Lehrern so- wie der Eltern erforderlich. Gefragt sind in erster Linie die Unternehmen, die durch Gespräche mit den Schülerinnen und Schülern das Interesse an diesem Wirtschaftszweig wecken könnten. Berufsorientierung sollte einen festen Stellenwert im Schulalltag bekommen. Ein weiteres bewährtes Instrument ist das Angebot von Praktikumsplät- zen, denen häufig Ausbildungsverträge folgen. Die Wahrnehmung der Ernährungswirtschaft als attraktiver, zukunftsorien- tierter und gleichzeitig anspruchsvoller Arbeitsgeber sollte kommuniziert werden. Die unternehmensübergreifende Kampagne „Foodstarter“ (www.foodstarter.de) zeigt diesbezügliche Ansätze sowie die notwendigen Beteiligten auf (siehe hierzu auch Antwort zu Frage 64). Gefragt sind in erster Linie die Unternehmen und deren Netzwerke selbst. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 87 X. Wissenschaft 68. Studiengänge und Studienplätze a) Welche Studiengänge werden im Bereich der oder mit Relevanz für die Ernährungswirtschaft an schleswig-holsteinischen Hochschulen und Fachhochschulen angeboten? b) Wie viele Studienplätze stehen seit 2000 an welchen Hochschulen je- weils zur Verfügung? Die folgende Tabelle 26 gibt eine Übersicht über entsprechende Studien- gänge an schleswig-holsteinischen Hochschulen und die entsprechenden Studienanfängerplätze. Die Studienanfängerplätze geben wieder, wie viele Studierende das Studium im ersten Fachsemester aufnehmen können. Tabelle 26: Jahresaufnahmekapazität Studienanfänger im 1. Fachsemester Jahresaufnahmekapazität Studienanfänger im 1. Fachsemester (nach Schwundausgleich) Hochschule Studiengang 2000/01 2001/02 2002/03 2003/04 2004/05 2005/06 2006/07 2007/08 2008/09 2009/10 2010/11 2011/12 2012/13 2013/14 2014/15 CAU Ökotrophologie Diplom 90 CAU Ökotrophologie Ba 1-Fach 90 90 80 80 100 100 100 120 115 120 120 125 105 120 CAU Ökotrophologie Ma 1-Fach Bis zum Studienjahr 2007/08 wurde die Aufnahmekapazität ausschließlich für zulassungsbeschränkte Studi- engänge ermittelt. 60 65 65 75 75 85 CAU Ernährungs- u. Lebensmittelwiss. Ma 1-Fach 45 40 CAU Ernährungs- u. Verbraucherökon. Ma 1-Fach 20 20 CAU Agrarwissenschaften Diplom * 220 CAU Agrarwissenschaften Ba 1-Fach * Bis zum Studienjahr 2007/08 wurde die Aufnahmekapazität ausschließlich für zulassungsbeschränkte Studiengänge ermittelt. 255 280 280 295 290 255 306 290 CAU Agrarwissenschaften Ma 1-Fach * 99 97 140 170 160 145 115 140 CAU AgriGenomics Ma 1-Fach* 20 20 20 20 CAU Sportwissenschaft Ba 2-Fach * 35 40 40 45 60 55 55 50 CAU Biologie Ma 1-Fach * 45 50 55 60 60 60 65 CAU Chemie Ba 1-Fach * 120 65 80 80 75 65 65 65 CAU Wirtschaftschemie Ba 1-Fach * 15 15 15 20 20 20 20 20 CAU Ecohydrology, Ma 13 12 12 10 CAU Environmental Management, Ma 20 20 CAU Applied Ecology, Ma 24 12 12 12 12 12 Uni Flensb. Gesundheit und Ernährung Ba 44 39 49 44 39 67 64 68 89 94 Uni Flensb. Prävention und Gesundheitsförderung Ma Bis zum Studienjahr 2008/09 wurde die Aufnahmekapazität nicht statistisch ermittelt. 40 40 38 34 36 41 Uni Flensb. Ernährung und Verbraucherbildung M.Ed. Grundschulen 15 21 23 0 0 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 89 Jahresaufnahmekapazität Studienanfänger im 1. Fachsemester (nach Schwundausgleich) Hochschule Studiengang 2000/01 2001/02 2002/03 2003/04 2004/05 2005/06 2006/07 2007/08 2008/09 2009/10 2010/11 2011/12 2012/13 2013/14 2014/15 Uni Flensb. Ernährung und Verbraucherbildung M.Ed. Regional- und Gemeinschaftsschulen 15 21 31 47 35 Uni Flensb. Ernährung und Verbraucherbildung M.Ed. Sonderschulen 11 19 9 17 35 FH Flensb. Biotechnologie und Verfahrenstechnik Diplom 78 67 88 86 FH Flensb. Biotechnologie und Verfahrenstechnik Ba 94 71 66 82 65 80 80 80 80 FH Flensb. Biotechnology and Process Engineering Ma 18 23 24 25 25 FH Kiel Landbau Diplom 61 54 68 77 79 FH Kiel Landwirtschaft Ba 62 81 85 101 103 103 103 105 105 106 FH Kiel Agrarmanagement Ma 20 20 20 20 24 30 FH Lübeck Food Processing Ba 25 30 30 30 Gesamt 151 144 236 224 247 292 534 889 938 1093 1226 1319 1278 1308 1348 * Studiengänge nur mit Beteiligung der Ernährungswirtschaft 69. Wie hoch ist der Anteil von Frauen bzw. Männern, die an schleswig- holsteinischen Hochschulen Professuren im Bereich der Ernährungswirt- schaft innehaben? Der Anteil von Professorinnen und Professoren im Bereich der Ernäh- rungswirtschaft an schleswig-holsteinischen Hochschulen stellt sich wie folgt dar (s. Tabelle 27): Tabelle 27: Anteil von Professorinnen und Professoren im Bereich Agrar- und Ernährungswirtschaft an schleswig-holsteinischen Hochschulen Hochschule Anteil Frauen in % Anteil Männer in % CAU – Agrar- und Ernährungs- wissenschaftliche Fakultät 7,7 % 92,3 % FH Flensburg 16,7 % 83,3 % FH Kiel 7,1 92,9 % FH Lübeck 0 % 100 % An der FH Lübeck befindet sich derzeit eine weitere Professur im Bereich der Ernährungswirtschaft in der Ausschreibung. Die Universität Flensburg hat gemeldet, dass sie über keine Professur in diesem Bereich verfügt. 70. Inwieweit findet aus den Hochschulen / Fachhochschulen des Landes Technologietransfer in die Ernährungswirtschaft statt? Die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) sowie die Fachhoch- schulen Flensburg, Kiel und Lübeck sind im Technologie- und Know-How- Transfer in die Ernährungswirtschaft aktiv. Im Zeitraum 2009 bis 2014 hat die CAU 36 Projekte im Bereich des Tech- nologietransfers in der Ernährungswirtschaft durchgeführt. Zudem findet über die Zusammenarbeit der CAU mit dem Kompetenznetzwerk Ernäh- rungswirtschaft (KNE SH) Technologietransfer mit Unternehmen statt. Die FH Flensburg arbeitet eng mit dem KNE SH und insbesondere mit dem Lebensmittelinstitut KIN e.V. zusammen. Derzeit wird das Projekt „Nano Food“ im Bereich Lebensmitteltechnologie durchgeführt. Am Fachbereich Agrarwirtschaft an der FH Kiel findet ein mittelbarer Transfer in die Ernährungswirtschaft statt. In Kooperation mit regionalen Partnern aus der Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft werden 13 Projekte durchgeführt. Zudem ist im Spannungsfeld zwischen ernäh- rungswissenschaftlichen Themen und dem Bereich der Energieerzeugung das Kompetenzzentrum Biomassenutzung als Koordinierungsstelle für Transferaktivitäten zu nennen. An der FH Lübeck findet ein intensiver Technologietransfer in die regiona- le Ernährungswirtschaft, auch über das Branchennetzwerk der norddeut- schen Ernährungswirtschaft foodRegio statt. Darüber hinaus sind hier das „Centrum für industrielle Biotechnologie (CIB)“ und das „Kompetenzzent- rum Logistik und Produktion (LuP)“ aktiv. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 91 71. Wird Technologietransfer aus den Hochschulen / Fachhochschulen des Landes in die Ernährungswirtschaft gefördert / beworben und wenn ja, auf welche Weise? (auch: Innovationsassistenten) Die Hochschulen nutzen unterschiedliche Maßnahmen, um den Techno- logietransfer in die Ernährungswirtschaft zu fördern und zu bewerben. Da- bei greifen die Hochschulen auf gesonderte Unternehmen (z.B. For- schungs- und Entwicklungszentrum Fachhochschule Kiel GmbH oder FH Lübeck Projekt GmbH) zurück, an denen die Hochschulen maßgeblich be- teiligt sind. Neben dem allgemeinen Marketing (allgemeine Werbemaß- nahmen, Veröffentlichung von Forschungsagenden und Berichten) infor- mieren auch die beiden schleswig-holsteinischen Ernährungsnetzwerke foodRegio – Branchennetzwerk der norddeutschen Ernährungswirtschaft und das Kompetenznetzwerk Ernährungswirtschaft Schleswig-Holstein (KNE SH) über Potenziale der Hochschulen bzw. arbeiten mit diesen in Förderprojekten zusammen. Der Technologietransfer wurde im Rahmen von Verbundprojekten zwi- schen Wissenschaft und Wirtschaft und im Rahmen des Zukunftspro- gramms Wirtschaft durch die Errichtung von themenbezogenen Kompe- tenzzentren an den Hochschulen des Landes gefördert. Eine Liste aller Förderungen mit der Ernährungswirtschaft ist in der Antwort zu Frage 81 erstellt worden. Besonders hervorzuheben im Technologietransfer sind hierbei das mit rund 1,7 Mio. Euro geförderte Kompetenzzentrum Milch und das Kompetenzzentrum Aquakultur bei der Gesellschaft für Marine Aquakultur (GMA) in Büsum. Aus den Technologiefördermitteln des MWAVT wird zudem bei der GMA das Kompetenznetzwerk Aquakultur gefördert, das durch seine Vernet- zungsfunktion im Lande eine zentrale Rolle beim Transfer in der Aquakul- tur innehat. Die Förderung von Innovationsassistenten wird als De-Minimis-Beihilfe gewährt. Die De-Minimis-VO schließt in ihrem Anwendungsgebiet (Art. 1) Beihilfen an bestimmte Bereiche aus, unter anderem an Unternehmen, die in der Primärerzeugung sowie der Verarbeitung und Vermarktung land- wirtschaftlicher Erzeugnisse tätig sind. Insofern ist das Förderprogramm Innovationsassistent aufgrund regulatorischer Beschränkungen hier nicht relevant. Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 92 72. Welche wissenschaftlichen Einrichtungen bzw. Forschungseinrichtungen gibt es in Schleswig-Holstein, die sich mit den gesundheitlichen Aspekten von Ernährung befassen? Eine statistische Erfassung der Forschungsarbeiten zu den gesundheitli- chen Aspekten von Ernährung erfolgte nicht. Soweit bekannt befasst sich keine der von Bund und den Ländern finanzierten außeruniversitären For- schungseinrichtungen mit Sitz in Schleswig-Holstein derzeit mit den ge- sundheitlichen Aspekten von Ernährung. Der Bund betreibt das Johann Heinrich von Thünen-Institut, Bundesforschungsinstitut für ländliche Räu- me, Wald und Fischerei. Davon haben die Institute für ökologischen Land- bau und Forstgenetik ihren Sitz in Schleswig-Holstein. Der Bund betreibt außerdem das Max-Rubner-Institut für Ernährung und Lebensmittel und unterhält mit den Instituten für Sicherheit und Qualität bei Milch und Fisch sowie für Mikrobiologie und Biotechnologie einen eigenen Standort in Kiel. An der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel forscht insbesondere das Institut für Humanernährung und Lebensmittelkunde zu verschiedenen gesundheitlichen Aspekten der Ernährung. So ist das Institut Teil des deutschen Kompetenznetzes Adipositas, welches durch das Bundesminis- terium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird. Weitere The- menschwerpunkte sind u.a. die Auswirkungen von Nahrungsfaktoren bei bestimmten Krankheiten, die gesundheitliche Bewertung sekundärer Pflanzenstoffe, funktionelle Lebensmittel oder Nutrigenomik (Entwicklung von Nahrungsmittel, die sich in der medizinischen Prävention und Behand- lung einsetzen lassen). An der Universität Lübeck gibt es seit diesem Jahr einen Sonderfor- schungsbereich der Deutschen Forschungsgemeinschaft zum Essverhal- ten („Essverhalten: Homöostase und Belohnungssysteme“), welcher sich belohnungsassoziierte Prozesse sowie die Ausbildung von Essgewohn- heiten als mögliche Ursachen für Übergewicht und Fettleibigkeit beschäf- tigt. 73. Bestehen im Bereich der Ernährungswirtschaft Kooperationen der Fach- hochschulen/Hochschulen in Schleswig-Holstein mit Fachhochschu- len/Hochschulen in anderen Bundesländern und Staaten? Welche? Zwischen den Fachbereichen der schleswig-holsteinischen Hochschulen und Hochschulen anderer Bundesländer und Staaten bestehen außer in Sonderforschungsbereichen oder Netzwerken keine institutionalisierten Kooperationen im Bereich der Ernährungswirtschaft. Unabhängig davon arbeiten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in wechselnden Einzelvorhaben mit anderen Hochschulen außerhalb Schleswig-Holsteins zusammen. Die Fachhochschule Flensburg arbeitet z. B. derzeit mit der Syddansk Universitet (SDU) im Projekt „Nano Food“ zusammen. Die Fachhochschule Lübeck hat im Rahmen des Projektes „baltfood“ ein Netzwerk von insgesamt 25 Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen, v.a. aus dem universitären Bereich, im Ostseeraum aufgebaut. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 93 XI. Gesundheit / Verbraucherschutz 74. Wie werden Information und Aufklärung über gesundheitliche Aspekte von Ernährung von der Landesregierung gefördert? Das Thema Gesundheitsbildung an Schulen ist eine Querschnittsaufgabe, die zunehmend an Bedeutung gewinnt. Die Empfehlung zur Gesundheits- förderung und Prävention in der Schule (Beschluss der Kultusminister- konferenz vom 15.11.2012) stellt enge Wechselbeziehungen zwischen Gesundheit, Ernährung und Bewegung heraus. Die Themen und Hand- lungsfelder von der Verbraucherbildung bis hin zur Schulverpflegung wer- den im Rahmen schulischer Gesundheitsförderung und Prävention explizit genannt und sollen in den Unterricht sowie Schulalltag integriert werden. Studien belegen einen deutlichen Zusammenhang zwischen Lebensbe- dingungen, Gesundheit und Bildungserfolg. Viele Kinder und Jugendliche haben geringes Nahrungswissen und eine geringe Kompetenz in der Es- senszubereitung. Die Folgen sind u.a. ein wachsender Anteil übergewich- tiger bis adipöser Kinder und Jugendlicher. Die Ansprechpartnerin „Gesunde Schule“, die im IQSH-Zentrum für Prä- vention angesiedelt ist, arbeitet in diesem Kontext seit vielen Jahren in verschiedenen Netzwerken aktiv mit: „Netzwerk SH – Schulen mit Ge- schmack“ und „Netzwerk SH – Gute gesunde Schule“. Intention der Netz- werkarbeit ist es, den Schulen des Landes genannte Netzwerkpartner mit ihren Bildungsangeboten zu vermitteln. So ist der AID Ernährungsführer- schein ein Angebot, das in Grundschulen z.B. mit Unterstützung der LandFrauen Schleswig-Holstein e.V. umgesetzt wird. Auch hat sich in Schleswig-Holstein mit Unterstützung der Universität Flensburg (Prof. Dr. Ines Heindl) eine erste Verbraucherschule gegründet. Die Zukunftsschu- len Schleswig-Holstein vermitteln Bildung für nachhaltige Entwicklung. Hier sind Schulen mit den Handlungsfeldern Gesundheit und Ernährung zu nennen, die auf den Zusammenhang von Nahrungsmittelproduktion, Nahrungswissen und nachhaltiger Entwicklung über vielfältige Schulpro- jekte, u.a. Schulgartenarbeit, „Vom Feld auf den Teller“ etc. hinweisen. Die Zunahme ganztägiger Schulbetreuung im Land führte zu einem Aus- bau der Schulverpflegung und der Schulmensen. Die Vernetzungsstelle Schulverpflegung Schleswig-Holstein hat es sich zur Aufgabe gemacht, nicht nur bei der Einrichtung der Schulmensen zu beraten, sondern auch auf Qualität des Schulessens in Anlehnung an die DGE Qualitätsstan- dards zur Schulverpflegung hinzuwirken. Dieses Konzept wird ergänzt durch das Bestreben, in Schulen vor Ort zu kochen, dieses transparent zu machen („Gläserne Küche z.B. Eichendorff-Grundschule) sowie mit den Schülerinnen und Schülern Essen selbst zuzubereiten. Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 94 Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat im Rahmen von „IN FORM - Deutschlands Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung" die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) beauftragt, Einrichtungen bei der Gestaltung ihrer Verpflegung zu unterstützen und Qualitätsstandards zur Optimierung der Verpflegung zu entwickeln. „JOB&FIT – als Beitrag zur betrieblichen Gesundheitsförderung “ sowie die Vernetzungsstelle Schulverpflegung (s.u.) ist Teil des Nationalen Akti- onsplans IN FORM. Im Mai 2014 wurde in Kooperation mit der DGE dazu eine Regional- Veranstaltung „JOB&FIT Betriebsverpflegung im Fokus“ im Kieler Sozial- ministerium organisiert. Es wurden grundlegende Informationen zum „DGE-Qualitätsstandard für die Betriebsverpflegung“, praktische Erfahrun- gen mit der Umsetzung sowie die Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch geboten. Eingeladen waren Entscheider und Verantwortliche in schleswig- holsteinischen Betrieben, von Geschäftsführer/innen, Teamleiter/innen, Personalräten, Betriebsärztinnen/Betriebsärzte bis hin zum Küchenleiter. Gesundheitliche Aspekte von Ernährung sind wesentliche Komponenten in Programmen zur generellen umfassenden Förderung von gesunder Le- bensweise. Ernährung wird dabei nicht isoliert, sondern mit Bewegung und Lebenskompetenz als Trias behandelt, z.B. im Gesundheitszielepro- zess beim Gesundheitsziel „gesund aufwachsen“ oder „gesund altern“. Daneben gibt es landes- und bundesweite Programme, die das Bewusst- sein zu gesünderer Ernährung fördern sollen. Dazu gehören insbesondere  die Vernetzungsstelle Schulverpflegung (www.dgevesch-sh.de)  die Koordinierungsstelle KiTa-Verpflegung (http://www.dge- sh.de/ziele-der-koordinierungsstelle-kita-verpflegung.html)  die Koordinierungsstelle „Förderung gesundheitlicher Chancen- gleichheit“ (http://www.gesundheitliche- chancengleichheit.de/schleswig-holstein/)  der Kommunale Partnerprozess „Gesund Aufwachsen“ (http://www.gesundheitliche-chancengleichheit.de/gesund- aufwachsen-fuer-alle-in-schleswig-holstein-regionalkonferenz/=) und die Good practice-Datenbank  das Projekt GUT DRAUF – Bewegen, entspannen, essen – aber wie! (https://www.gutdrauf.net/) und  das Europaprojekt “Policy, Health and Family Learning” (PoHeFa) (http://lvgfsh.de/gesundheitsfoerderung/arbeitsschwerpunkte/euro paprojekte/pohefa.php). Das Servicebüro Kindergarten der LVGF und das Projekt „Lebenslust - Leibeslust“ wurden als Projekte zur Erreichung der Nationalen Gesund- heitsziele anerkannt. Sie wurden in die Projektliste aufgenommen und dür- fen das Logo führen. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 95 Das Projekt „Lebenslust - Leibeslust“ - Ein Programm zur Ernährungsbil- dung und Primärprävention von Essstörungen richtet sich an Kindergär- ten, Kindertageseinrichtungen und Schulen in Schleswig-Holstein. Die Landesvereinigung für Gesundheitsförderung startete Ende 2002 gemein- sam mit der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, dem MSGWG, dem Netzwerk Ernährung und weiteren Partnern das Projekt „Lebenslust - Lei- beslust“ mit dem Ziel, Essstörungen bereits im Kindergarten vorzubeugen. 75. Wie ist Lebensmittelsicherheit in Schleswig-Holstein organisiert? Die Lebensmittelsicherheit ist eine der dringlichsten Aufgaben des Ver- braucherschutzes. Eine Voraussetzung dafür sind auch sichere Futtermit- tel. Die wesentliche Rechtsgrundlage der Lebensmittelüberwachung in Deutschland ist das "Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermit- telgesetzbuch" kurz "Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch" oder LFGB genannt. Zuständig für die Durchführung der Lebensmittelüberwachung sind die Ve- terinärämter der Landkreise und kreisfreien Städte. Mit Veterinären und Lebensmittelkontrolleuren als fachlich ausgebildetem Kontrollpersonal werden die Überwachungsinstrumente Betriebskontrolle und Probenahme angewendet. Die Untersuchung und Beurteilung der entnommenen Proben erfolgt im Landeslabor Schleswig-Holstein durch Lebensmittelchemikerinnen / Le- bensmittelchemiker und Veterinäre. Im Landeslabor arbeiten wissen- schaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fachrichtungen Veteri- närmedizin und Lebensmittelchemie zusammen mit Laborkräften an der Untersuchung und Begutachtung der eingesandten Proben. Je nach der Art der Probe wird auf Rückstände, Schadstoffe oder mikrobiologische Be- lastungen untersucht. Es wird überprüft, ob die Zusammensetzung des Produktes den gesetzlichen Bestimmungen entspricht und die Kennzeich- nungen zutreffend sind. Über das Ergebnis dieser Untersuchungen wird ein Gutachten geschrieben, das den Überwachungsbehörden der Kreise und kreisfreien Städte als Grundlage für ihr weiteres Vorgehen dient. Die Umsetzung der Ergebnisse obliegt den Veterinärämtern. Die Fachauf- sicht erfolgt durch das Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume. Die Kontrollinstrumente der Lebensmittelüberwachung - Betriebskontrolle und Probenahme -, werden kontinuierlich weiterentwickelt und den Erfor- dernissen entsprechend angepasst. Beide Instrumente werden risikoba- siert eingesetzt. Die Kontrollergebnisse werden mit den Kontrollvorgaben abgeglichen und liefern die Grundlage für die zukünftige Kontrollfrequenz der Betriebe und die Intensität der Kontrollen. Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 96 Darüber hinaus werden derzeit die Abläufe und Prozesse im gesundheitli- chen Verbraucherschutz und beim Tierschutz in der Nutztierhaltung über- prüft, um festzustellen, in welchen Bereichen es Veränderungsbedarf und Verbesserungsmöglichkeiten gibt. Hierzu ist die Landesregierung unter anderem auch mit den Kreisen und dem Landeslabor im Gespräch. International und national existiert ein Schnellwarnsystem. Mit diesem System erfolgt eine Schnellwarnung, wenn bekannt wird, dass von Le- bensmitteln oder Bedarfsgegenständen eine Gefahr für die menschliche Gesundheit ausgeht. In diesem Fall müssen diese Produkte zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher schnell aus dem Verkehr gezogen werden. Angesichts des z.T. internationalen Handels wird die notwendige schnelle Weitergabe von Informationen innerhalb der Europäischen Union durch zwei elektronische Schnellwarnsysteme sichergestellt: Das RASFF (Rapid Alert System Food and Feed) für Lebens- und Futtermittel und das RAPEX (Rapid Exchange of Information System) für Bedarfsgegenstände und kosmetische Mittel. Kontaktstelle für beide Systeme ist in Deutschland das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). Verbraucherinnen und Verbraucher können auf der Internetseite www.lebensmittelwarnung.de öffentliche Warnungen und Informationen im Sinne des § 40 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches einsehen. In der Regel handelt es sich um Hinweise der zuständigen Behörden auf eine Information der Öffentlichkeit oder eine Rücknahme- oder Rückrufak- tion durch den Lebensmittelunternehmer. Erfasst werden einschlägige In- formationen über Lebensmittel und mit Lebensmitteln verwechselbare Produkte, die in den angegebenen Bundesländern auf dem Markt sind oder über das Internet verkauft werden und möglicherweise bereits an Endverbraucher abgegeben wurden. 76. Wie viele Fälle von Gesundheitsgefährdungen der Verbraucherinnen und Verbraucher durch Nahrungsmittel bzw. Erzeugnisse der Ernährungswirt- schaft wurden den Aufsichtsbehörden in Schleswig-Holstein seit 2000 be- kannt? Daten vor 2004 liegen der Landesregierung nicht vor. Seit 2004 wurden bis zum Stichtag 12. August 2014 insgesamt 124.286 Proben untersucht, davon wurden 497 als gesundheitsschädlich aufgrund mikrobiologischer Ursachen, 69 als gesundheitsschädlich aufgrund anderer Ursachen (z. B. Fremdkörper, chem. Stoffe), 3 als gesundheitsgefährdend aufgrund mik- robiologischer Ursachen und 17 als gesundheitsgefährdend aufgrund an- derer Ursachen beurteilt. Damit liegt der Anteil von gesundheitlich schäd- lich oder gefährdend beurteilter Proben bei unter 0,5 %. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass eine Bewertung von Proben als „gesundheitsschädlich“ oder „gesundheitsgefährdend“ Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 97 nicht besagt, dass deren Verzehr zwingend eine Gesundheitsschädigung nach sich zieht. Vielmehr ergibt sich aufgrund des Befundes lediglich die Möglichkeit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung. Informationen über konkret eingetretene gesundheitliche Beeinträchtigungen durch die unter- suchten Lebensmittel liegen der Landesregierung nicht vor. Von den Veterinärämtern wurden 61 weitere Fälle genannt. Dabei handelt es sich um Vorgänge, die nicht auf Probeuntersuchungen des Landesla- bors Schleswig-Holstein basieren. Differenzierte Angaben liegen nicht vor. 77. Wie viele Verstöße gegen Kennzeichnungspflichten im Lebensmittelbe- reich gab es in diesem Zeitraum? Im Rahmen der amtlichen Untersuchung von Lebensmittelproben wird ei- ne Beurteilungsstatistik geführt, u. a. über Beanstandungen zu Verstößen gegen Kennzeichnungsvorschriften. Seit 2004 bis zum Stichtag 12. Au- gust 2014 wurden im Landeslabor Schleswig-Holstein 6642 (entspricht 5,3 % der untersuchten Proben) solcher Beanstandungen bei der Untersu- chung amtlicher Lebensmittelproben registriert. Davon waren 5882 Ver- stöße gegen Kennzeichnungsvorschriften allgemein und 760 Verstöße gegen Vorschriften über die Kenntlichmachung von Zusatzstoffen. Daten früherer Zeiträume liegen nicht vor. XII. Finanzen / Förderung 78. Welche Förderinstrumente des Landes kommen für Ernährungswirtschaft in Betracht und wie sind sie organisiert? (auch: Absatzförderung) Viele Förderinstrumente für die Landwirtschaft und den ländlichen Raum sind eng mit der EU- Förderung im Agrarbereich verknüpft, d.h. die flä- chendeckende Förderung der Landwirtschaft durch Direktzahlungen der sog. „I. Säule“ der Agrarpolitik (Direktzahlungen) sowie spezielle Förder- programme der sog. „II. Säule“ (Förderung ländlicher Raum, ELER- Förderung). Darüber hinaus fördert das Land ausschließlich mit Landesmitteln Projekte im Rahmen der Absatzförderung. Projektförderungen im Bereich der Ab- satzförderung des Ministeriums für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume sind grundsätzlich nicht einzelbetrieblich möglich, sondern müssen einer Gruppe oder einer größeren Zahl von Betrieben zu Gute kommen. Hauptzielgruppe sind kleine und mittlere Unternehmen (KMU) der Land- und Ernährungswirtschaft. Gefördert werden insbeson- dere Projekte zur Förderung regionaler Produkte, von Qualitätslebensmit- teln sowie Gemeinschaftsbeteiligungen auf Fachmessen und Ausstellun- gen. Absatzförderungsmaßnahmen im Rahmen der Absatzförderungspro- gramme für Agrarerzeugnisse der EU sind nur in Drittländern unter be- stimmten Umständen förderfähig. Eine einzelbetriebliche Förderung von Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 98 Messebeteiligungen ist über die Wirtschaftsförderung und Technologie- transfer Schleswig-Holstein GmbH nur bezogen auf bestimmte Zielmärkte (nicht innerhalb Deutschlands und innerhalb der EU, also ausschließlich in Drittländern) möglich (vgl. auch Antwort zu Frage 81). In diesem Zusam- menhang wird auf die Unterstützung von Gemeinschaftsständen bei Mes- sen verwiesen (vergl. Antwort zu Frage 37). Im Rahmen der ELER-Förderung im Förderzeitraum 2007- 2013 durch das schleswig-holsteinische „Zukunftsprogramm ländlicher Raum“ (ZPLR, welche kofinanziert werden muss) ist die Landwirtschaft durch verschie- dene Maßnahmen gefördert worden. Maßgeblich sind hier vor allem  Schwerpunkt 1 „Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Land- und Forstwirtschaft“ und  Schwerpunkt 2 „Verbesserung der Umwelt und der Landschaft“. Nahezu alle unter diesen beiden Schwerpunkten programmierten Förder- maßnahmen kamen unmittelbar oder mittelbar der Ernährungswirtschaft zugute. Mit dem Agrarinvestitionsförderungsprogramm (AFP) im Schwerpunkt 1 soll in der neuen Förderperiode ein Mehr an Tierschutz in der Nutztierhal- tung erreicht werden. Die Landesregierung wird daher im Rahmen von AFP innovative bauliche Investitionen, die besondere tiergerechte Hal- tungssysteme realisieren, fördern. Mit der Förderung der Verbesserung von Verarbeitung und Vermarktung soll insbesondere der Absatz regionaler Produkte sowie Qualitätslebens- mittel gefördert werden. Dies soll mit entsprechender Unterstützung von Gemeinschaftsständen auf Messen insbesondere für kleinere regionale Unternehmen und Anbieter gestützt werden. Im Hinblick auf die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit in der Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft kommt der beruflichen Qualifikation der in diesem Bereich tätigen Personen eine zunehmend wichtigere Rolle zu. Mit der Förderung von Bildungs- und Informationsmaßnahmen soll die Ver- fügbarkeit an gut qualifiziertem Personal verbessert werden. Darüber hinaus haben mittelbar wirkende Maßnahmen wie der ländliche Wegebau oder der Schutz des landwirtschaftlichen Produktionspotenzials im Rahmen des Küsten- und Hochwasserschutzes dazu beigetragen, die grundlegenden und infrastrukturellen Rahmenbedingungen für die Land- und Ernährungswirtschaft zu erhalten beziehungsweise zu verbessern. Im Schwerpunkt 2 des ZPLR sind die so genannten Agrarumweltmaß- nahmen einschließlich der Förderung des Ökolandbaus sowie die Aus- gleichszahlungen für Betriebe in benachteiligten Gebieten (Inseln) und für Verpflichtungen in Natura 2000-Gebieten hervorzuheben. Im Rahmen des neuen Landesprogramms Wirtschaft 2014 – 2020 beste- hen Fördermöglichkeiten für die Ernährungswirtschaft aus Mitteln der Ge- meinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW) und des „Europäischen Fonds für regionale Entwicklung“ (EFRE). Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 99 Auf Basis des GRW-Koordinierungsrahmens bzw. des OP EFRE können auch zukünftig kleine und mittlere Unternehmen (KMU) der Ernährungs- wirtschaft (sofern im Bereich Verarbeitung und Vermarktung tätig) für be- triebliche Investitionen eine Förderung erhalten. Weiterhin sind auch Ko- operations-, Cluster- und Vernetzungsprojekte in Abhängigkeit der noch zu erstellenden Förderrichtlinien grundsätzlich förderfähig. Darüber hinaus wird es weiterhin Förderangebote zur Erschließung von Gewerbegebieten geben, von denen auch Unternehmen der Ernährungswirtschaft profitieren können. Neben den o. g. Förderprogrammen besteht in Schleswig-Holstein eine breite Palette von Finanzierungsinstrumenten, die insbesondere auf die Bedürfnisse von KMU und Existenzgründungen zugeschnitten sind. Ziele aller Finanzierungsinstrumente sind letztlich die Erhöhung der Wertschöp- fung, wirtschaftliches Wachstum, Innovation und positive Beschäftigungs- effekte in Schleswig-Holstein. Die Finanzierungsinstrumente stehen grundsätzlich allen Wirtschaftszwei- gen der gewerblichen Wirtschaft offen. Dabei ist das stringente EU- Beihilferecht zu beachten. So sind neben allgemeinen (horizontalen) Ein- schränkungen Besonderheiten in der Landwirtschaft und der Fische- rei/Aquakultur zu beachten (jeweilige De-minimis-Verordnungen). Die Umsetzung des Finanzierungsinstrumentariums erfolgt durch die lan- desnahen Finanzierungsinstitute. Mit diesen drei Partnern verfügt das Land über mittelstandsnahe und effiziente Wirtschaftsfördereinrichtungen. Im Einzelnen sind es:  die Investitionsbank Schleswig-Holstein (IB.SH),  die Bürgschaftsbank Schleswig-Holstein GmbH (BB-SH) und  die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Schleswig-Holstein mbH (MBG). Die Finanzierungsinstrumente der Förderinstitute basieren auf drei Säu- len:  Darlehen - bei Finanzierungslücken,  Bürgschaften - bei fehlenden Sicherheiten,  Beteiligungen - bei fehlendem Eigenkapital. Auf Basis dieser marktnahen Kerninstrumente sind spezielle Finanzie- rungsprodukte entwickelt worden, um den unterschiedlichen Bedürfnissen und Entwicklungsphasen der Unternehmen Rechnung tragen zu können. Sie beruhen auf einer Risikoteilung zwischen den Förderinstituten und dem Land, teilweise auch dem Bund und der Europäischen Union. Wichti- ges Merkmal ist, dass sie i.d.R. nur zusätzlich in Ergänzung zu einer Hausbankfinanzierung eingesetzt werden. Die Besicherung erfolgt i.d.R. gleichrangig. Der Antragsweg läuft i.d.R. über die Hausbank. Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 100 Darlehen: Darlehen sind nach wie vor das wichtigste Finanzierungsmittel für den gewerblichen Mittelstand. Betriebe benötigen neben Investitionsfinanzie- rungen eine angemessene Betriebsmittelversorgung:  Investitions- und Betriebsmitteldarlehen sowie Kooperationsdarle- hen der IB.SH.  Eine Besonderheit ist das Programm IB.SH Agrargarantie für land- wirtschaftliche Vollerwerbsbetriebe in Schleswig-Holstein. Mit der Agrargarantie wird ein Hausbankdarlehen mit einer 50%igen Aus- fallgarantie besichert. Verwendungszweck sind Investitionen in Vor- räte, Tiervermögen, Forderungen und Anlagevermögen.  Zudem richten sich die Programme IB.SH Wachstumsdarlehen und IB.SH Mikrokredit bzw. IB.SH-Starthilfedarlehen speziell an kleinere Unternehmen bzw. Existenzgründer (siehe auch Frage 15). Bürgschaften: Die Bürgschaftsbank vergibt Bürgschaften bis zu max. 1,25 Mio. € zu- gunsten von Unternehmen, Angehörige freier Berufe und Existenzgründer, wenn die banküblichen Sicherheiten nicht ausreichen und die Hausbank eine Risikoteilung wünscht. Der Bürgschaft liegt ein Investitions-, Be- triebsmittel- oder Avalkredit der Hausbank zugrunde. Die Verbürgungs- quote beträgt maximal 80%. Spezielle Programme richten sich an Exis- tenzgründer (vgl. Antwort zu Frage 15). Bei besonderem landespolitischem Interesse können für volkswirtschaft- lich förderungswürdige Einzelfälle Landesbürgschaften gewährt werden. Beteiligungen: Beteiligungen stärken die Kapitalausstattung der Unternehmen. Da sie als wirtschaftliches Eigenkapital gewertet werden, können sie das Rating ver- bessern und zusätzliche Kreditspielräume eröffnen.  Im Bereich des öffentlichen Beteiligungsangebots sind zunächst die langfristigen Beteiligungen als Standardprogramm der MBG (i.d.R. bis 1,25 Mio. €) zu nennen.  Zudem werden die kleinteiligen Programme Kapital für Handwerk und Kapital für Handel und Gewerbe, die Beteiligungskapital in ei- ner für kleine Betriebe interessanten Größenordnung von 25.000 bis 100.000 Euro bieten, gut angenommen. Das Antragsverfahren ist unkompliziert gestaltet.  Im Rahmen des EFRE-Beteiligungsfonds zur Förderung von Exis- tenzgründungen und kleinen und mittleren Unternehmen soll mit der Bereitstellung von Beteiligungskapital bis zu 1,5 Mio. €. Grün- dungs- und Investitionshemmnissen entgegengewirkt werden. Ein neuer Fonds soll ab 2014 mit 44 Mio. € Volumen aufgelegt werden.  Der EFRE Seed- und Start-up-Fonds finanziert Ausgründungen aus Hochschulen, aus Forschungseinrichtungen oder aus Unternehmen mit forschungs-, entwicklungs- oder wissenschaftsbasierten Aktivi- Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 101 täten (Seed-Phase) sowie junge, innovative Unternehmen, die nicht länger als sechs Jahre existieren (Start-up-Phase). Der Höchstbe- trag liegt in der Seed-Phase bei 100 T€ und in der Start-up-Phase bei 250 T€. Bei diesen Finanzierungen wird regelmäßig Marktver- sagen unterstellt. Dieser Fonds soll ab Mitte 2015 neu aufgelegt werden.  Mittelstandsfonds SH: Bereitstellung von Beteiligungskapital bis 3 Mio. € für etablierte mittelständische Unternehmen mit einem Jah- resumsatz von 10 bis 100 Mio. €. Der MSH soll um weitere fünf Jahre verlängert und gleichzeitig um 20 Mio. auf 50 Mio. € aufge- stockt werden. Ein wichtiges Merkmal in der Förderlandschaft Schleswig-Holsteins ist die teilweise Verknüpfung von Fördermaßnahmen und Beratungsangeboten. Das trägt dazu bei, die Ausfallwahrscheinlichkeit der Unternehmen deut- lich zum Vorteil aller Beteiligten zu reduzieren, das Entwicklungspotenzial der Unternehmen zu entfalten und deren Nachhaltigkeit zu stärken. 79. Welche Bedeutung hat die Förderpolitik der Landesregierung, des Bundes und der EU für die Entwicklung der Ernährungswirtschaft in Schleswig- Holstein? Die Förderpolitik für die Landwirtschaft als Basis der Ernährungswirtschaft wird weitgehend durch die gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP) be- stimmt. Die 1. Säule der GAP enthält Marktstützungsmaßnahmen und produktionsunabhängige Direktzahlungen, die direkt den landwirtschaftli- chen Einkommen zugutekommen. Über diese 1. Säule fließt der nach wie vor größte Teil der EU-Agrargelder als EU-Direktzahlungen an die Land- wirte in Schleswig-Holstein - bis 2020 etwa 2,1 Milliarden Euro, die indirekt auch die Wirtschaftskraft im ländlichen Raum stärken. Mit der neuen Förderperiode wird die Landesregierung bei der Förderung des ländlichen Raums neue Schwerpunkte setzen. In der nun beginnen- den Förderperiode der EU (bis 2020) sollen die Mittel für den ländlichen Raum aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung der ländlichen Räume (ELER, 2. Säule) stärker als zuvor für Bildungsan- gebote in der Fläche, eine umweltgerechtere Landwirtschaft und Breit- bandausbau genutzt werden. Mit einem umfassenden Ansatz für den länd- lichen Raum, sollen Impulse gegeben werden, um den Herausforderungen wie z.B. demographischer Wandel und Daseinsvorsorge, Erhalt der Bio- diversität, Klimawandel zu begegnen. Bei den Verhandlungen zu der nationalen Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik in der neuen Förderperiode konnte die Landesregierung deut- lich mehr Mittel für die Entwicklung des ländlichen Raumes einwerben. Dem Land stehen für die insgesamt siebenjährige Förderperiode fast 420 Millionen Euro an ELER-Mitteln zur Verfügung – 117 Millionen Euro mehr als in den sieben Jahren davor. Start der Förderung selbst ist 2015; von Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 102 dann an werden über die Jahre verteilt 348 Millionen Euro ausgezahlt. 2016 kommen noch 71 Millionen Euro sogenannte Umschichtungsmittel dazu. Mit der neuen Förderperiode wird die Landesregierung gezielt eine nach- haltige Landwirtschaft unterstützen. Dazu gehören etwa die Förderung von Weidegang für Kühe und der Erhalt von Grünland, die Stärkung von besonders tiergerechter Haltung und des ökologischen Anbaus, Gewäs- serschutz und Vertragsnaturschutz. Die Förderung von Forschung und Innovation bildet ein Kernelement der Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft. Dies soll erreicht werden durch die verstärkte Zusammenarbeit zwischen Hochschulen, Versuchseinrich- tungen und landwirtschaftlichen Betrieben. Schleswig-Holstein wird die da- für neu geschaffene Europäische Innovationspartnerschaft (EIP) Produkti- vität und Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft aufgreifen und die entspre- chenden Interessengruppen zusammenbringen. Die Landesregierung wird weiter anstreben, dass die flankierende Ge- meinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küsten- schutzes“ (GAK) von Bund und Ländern sich in Zukunft zu einer Gemein- schaftsaufgabe ländlicher Raum weiterentwickelt wird, um so den ländli- chen Raum zusätzlich für die bestehenden und zukünftigen Herausforde- rungen vorzubereiten. Mit dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und mit Mitteln des Bundes (Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ - GRW) stehen weitere Fördermittel bereit, welche durch die damit einhergehenden Regularien geprägt sind. Das von der Eu- ropäischen Kommission am 11. September 2014 genehmigte OP EFRE bildet neben dem GRW-Koordinierungsrahmen die wichtigste Grundlage für die Förderprojekte der Ernährungswirtschaft im Bereich Verarbeitung und Vermarktung. Wie in der vergangenen EFRE-Periode 2007 bis 2013, unterstützt die ein- zelbetriebliche Investitionsförderung kleine, mittlere und große Unterneh- men der Ernährungswirtschaft auch in der neuen Förderperiode. Aller- dings wurde die einzelbetriebliche Investitionsförderung in dieser Legisla- turperiode einer kritischen Analyse unterzogen. Das Ergebnis war, in je- dem Einzelfall die Strukturwirkung und den Arbeitsplatzeffekt zu bewerten. Der Automatismus von Antragstellung und vorzeitigem Maßnahmenbeginn wurde gestoppt. Neben der Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen werden künftig u.a. Faktoren wie „gute Arbeit“, Energieeffizienz oder Fami- lienfreundlichkeit in die Förderkriterien mit einbezogen. Im Rahmen der für Schleswig-Holstein entwickelten Regionalen Innovationsstrategie, die u.a. Voraussetzung für die Genehmigung des OP EFRE war, wird die Ernäh- rungswirtschaft als eine von insgesamt fünf Zukunftsbranchen genannt, auf die sich auch die Förderpolitik des Landes konzentrieren sollte. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 103 Die Landesregierung ist derzeit dabei, ihre wirtschaftspolitische Clus- terstrategie neu aufzustellen. Dies betrifft auch das Cluster Ernährungs- wirtschaft, das in den vergangenen Jahren - getragen durch zwei vom Wirtschaftsministerium geförderte Ernährungsnetzwerke - wichtige Impul- se für die Ernährungsindustrie geliefert und durch die Vernetzung der Un- ternehmen untereinander und über einen gezielten Transfer mit der Wis- senschaft zur Steigerung der Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit der norddeutschen Ernährungswirtschaft beigetragen hat. 80. Wie beurteilt die Landesregierung die Steuerungsmöglichkeiten in der Er- nährungswirtschaft mit Hilfe von Fördermitteln? Vgl. Antwort zu Frage 79 81. Welche Fördermittel der EU, der Bundesregierung oder des Landes Schleswig-Holstein standen seit 2000 jeweils für die Ernährungswirtschaft in Schleswig-Holstein zur Verfügung? (auch Landwirtschaftssubventionen) Im Bereich der I. Säule (Direktzahlungen an Landwirte) sind seit 2000 fol- gende EU-Mittel nach Schleswig-Holstein geflossen (s. Tabelle 28): Tabelle 28: Direktzahlungen Landwirtschaft in den Jahren 2000-2013 Jahr Einheit EGFL* 2000 Mio. DM 444,2 2001 Mio. DM 507,7 2002 Mio. EUR 287,2 2003 Mio. EUR 304,3 2004 Mio. EUR 306,6 2005 Mio. EUR 344,1 2006 Mio. EUR 329,2 2007 Mio. EUR 359,0 2008 Mio. EUR 356,2 2009 Mio. EUR 362,2 2010 Mio. EUR 357,8 2011 Mio. EUR 347,1 2012 Mio. EUR 342,5 2013 Mio. EUR 338,3 * Europäischer Garantiefonds für die Landwirtschaft Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 104 Im Bereich der II. Säule der Agrarpolitik (ELER) kommen fast alle Maß- nahmen der Schwerpunkte 1 und 2 des Zukunftsprogramms Ländlicher Raum direkt oder indirekt der Land- bzw. Ernährungswirtschaft zugute. In den Jahren seit 2000 sind in diesen beiden Schwerpunkten rund 286 Mio. Euro EU-Mittel über die II. Säule nach Schleswig-Holstein geflossen. Die- se Mittel sind durch Bundes- und Landesmittel vor allem aus der Gemein- schaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ ergänzt worden. Insgesamt sind in den vorgenannten zwei Schwerpunkten folgende EU-, Bundes und Landesmittel in Schleswig-Holstein eingesetzt worden (s. Tabelle 29): Tabelle 29: ELER-Mittel - Verteilung der Mittel von EU, Bund und Land (Jahre 2000-2013) * Die Zahlen der Bundes- und Landesmittel enthalten ab 2007 auch sog. zusätzliche nationale Bei- hilfen zu den programmierten ELER-Maßnahmen; für den Zeitraum vor 2007 sind entsprechende Daten nicht verfügbar. Als besonderes Beispiel wird an dieser Stelle auf die Förderung der Ver- arbeitung und Vermarktung (V&V) verwiesen. Seit 2000 standen für V&V Fördermittel in folgender Größenordnung zur Verfügung: 2000 bis 2006: rd. 18 Mio. €  davon rd. 7,8 Mio. € EU-Mittel und 10,2 Mio. € nationale Mittel, davon 60 % Bundesmittel im Rahmen der GAK (6,12 Mio. €) und 40 % (4,08 Mio. €) aus dem Landeshaushalt. 2007 bis 2013: rd. 19,8 Mio. €  davon rd. 9,9 Mio. € EU-Mittel und 9,9 Mio. € nationale Mittel, davon 60 % Bundesmittel im Rahmen der GAK (5,9 Mio. €) und 40 % (3,9 Mio. €) aus dem Landeshaushalt. Jahr Einheit EU-Mittel Bund* Land* 2000 Mio. EUR 17,1 11,1 6,0 2001 Mio. EUR 15,4 10,0 5,4 2002 Mio. EUR 24,2 15,3 8,9 2003 Mio. EUR 18,5 11,8 6,7 2004 Mio. EUR 20,8 13,1 7,7 2005 Mio. EUR 22,3 14,1 8,2 2006 Mio. EUR 21,7 13,9 7,8 2007 Mio. EUR 14,9 28,5 15,5 2008 Mio. EUR 19,8 31,3 17,6 2009 Mio. EUR 18,6 35,5 19,7 2010 Mio. EUR 22,8 32,4 19,5 2011 Mio. EUR 20,8 30,7 17,5 2012 Mio. EUR 23,3 32,5 18,3 2013 Mio. EUR 26,0 37,5 21,2 Summe Mio. EUR 286,2 317,7 180,0 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 105 Eine reine Landesförderung findet nur im Bereich der Absatzförderung statt. Hier waren in den Jahren seit 2006 folgende Haushaltsmittel vorge- sehen (s. Tabelle 30): Tabelle 30: Förderung des MELUR im Einzelplan 13 (Absatzförderung) nach Titelgruppen (2006-2014) Jahr / Titel- gruppe 2006 (in €) 2007 (in €) 2008 (in €) 2009 (in €) 2010 (in €) 2011 2012 2013 2014 53361 10.000 10.000 50.000 125.000 149.600 135.600 110.600 110.600 53461 162.000 227.000 183.900 147.100 147.100 147.100 53561 126.000 126.000 126.000 100.000 100.000 81.000 64.800 64.800 64.800 68561 400.000 400.000 400.000 175.000 175.000 293.200 218.400 218.400 218.400 68261 275.000 275.000 68661 330.000 330.000 180.000 330.000 180.000 Gesamt 856.000 866.000 716.000 1.092.000 1.082.000 707.700 565.900 540.900 540.900 Die aktuellen Titelgruppen (2014) im Bereich Absatzförderung stehen für Maßnahmen zur Förderung des Absatzes regionaler Produkte (Titelgrup- pe 53361), für die Internationale Grüne Woche (Titelgruppe 53461), für Messen und Ausstellungen (Titelgruppe 53561) sowie Förderung von Qualitätslebensmitteln (Titelgruppe 68561). In 2006 standen als Mittel 856.000 € zur Verfügung. Bis 2014 sank dieser Betrag bis auf 540.900 €. Die zwischenzeitliche Aufstockung in den Jahren 2008 bis 2010 resultierte aus den Folgen des EuGH-Urteils in Sachen Absatzfonds der Centralen Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft (CMA). In 2009 fie- len nach dem „Aus“ der CMA erhebliche Kofinanzierungsmittel im Rahmen bereits laufender sogenannter zentral-regionalen Projekte (Titelgruppe 68661) weg, die nun durch Landesmittel kompensiert werden mussten. Im Zuge dieser Problematik erhielt die Landwirtschaftskammer für den Be- reich Gütezeichen in den Jahren 2009 und 2010 einen Personalkostenzu- schuss (Titelgruppe 68261). Im Rahmen des Regionalprogramms 2000 (2000-2006) sowie des Zu- kunftsprogramms Wirtschaft (2007-2013) standen bzw. stehen unter ande- rem auch Projektträgern im Bereich der Ernährungswirtschaft Fördermög- lichkeiten zur Verfügung. Seit 2000 wurden für Projekte im Bereich der Ernährungswirtschaft rd. 14,61 Mio. € EFRE-Mittel, rd. 28,55 Mio. € Bundesmittel (GRW-Mittel) so- wie rd. 0,66 Mio. € Landesmittel bewilligt. Davon entfielen rd. 11,96 Mio. € EFRE-Mittel und rd. 28,22 Mio. € Bundesmittel im Bereich der betriebli- chen Förderung und rd. 2,65 Mio. € EFRE-Mittel, rd. 0,33 Mio. € Bun- desmittel sowie rd. 0,66 Mio. € Landesmittel im Bereich der regionalen und Innovationsprojekte. Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 106 Weder im Rahmen des Regionalprogramms 2000 noch des Zukunftspro- gramms Wirtschaft (2007-2013) war eine Budgetierung der Fördermittel für einzelne Wirtschaftsbereiche wie z. B. Ernährungswirtschaft vorgese- hen. Dies betrifft auch das von den Förderinstituten des Landes angebo- tene Finanzierungsinstrumentarium. 82. Kommt den kleinen und mittleren Unternehmen der Ernährungswirtschaft in Schleswig-Holstein eine besondere Förderung zugute und wenn ja, welche? Den kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) in Schleswig-Holstein kommt insgesamt eine außerordentlich hohe Bedeutung zu; dies gilt so- wohl für die gesamte Wirtschaft als auch für die Ernährungswirtschaft. Die Förderinstrumente für die Landwirtschaft sind im Wesentlichen nicht an die Unternehmensgröße, sondern an die Fläche geknüpft (z.B. Direkt- zahlungen). Die Förderung der Ernährungswirtschaft ist auf kleinere und mittlere Un- ternehmen konzentriert (vgl. auch Fragen 81 und 85). Bei der Förderung der Verarbeitung und Vermarktung (V&V) erhalten kleine und mittlere Un- ternehmen einen höheren Zuschuss (25 %) als mittelgroße Unternehmen (20 %). Sowohl die einzelbetriebliche Förderung aus EFRE-Mitteln als auch die Finanzierungsinstrumente Darlehen, Bürgschaften und Beteiligungen sind insbesondere auf die Bedürfnisse der KMU – und somit auch auf die KMU der Ernährungswirtschaft – zugeschnitten. Im Rahmen der beihilferechtli- chen Zulässigkeit können KMU – unabhängig von der Branche – höhere Förderquoten eingeräumt werden als Großunternehmen (GU). 83. Wie viele Fördermittel standen explizit für die Erzeugung von Bio- Lebensmitteln zur Verfügung? Die Landesregierung sieht in der Entwicklung der ökologischen Landwirt- schaft einen großen Nachholbedarf in Schleswig-Holstein. Aus diesem Grunde wurde im Rahmen der ELER-Programmierung die Beibehaltungs- förderung im Jahr 2012 wieder eingeführt (180 Euro). Mit Beginn der neu- en Förderperiode sollen diese auf 234 €/ha weiter erhöht werden. Seit vergangenem Jahr ist zudem das Thema ökologischer Landbau als fester Baustein in die landwirtschaftliche Ausbildung integriert. Im Hinblick auf die Verarbeitung und Vermarktung von Bio-Lebensmitteln können sich die Unternehmen der Ernährungswirtschaft an der Förder- maßnahme „Verarbeitung und Vermarktung“ (V&V) beteiligen bzw. sich um die Fördermittel bewerben. Vor dem Hintergrund des geringen Anteils der Ökologischen Landwirtschaft ist bisher allerdings auch nur ein gerin- ger Anteil der V&V-Förderung in die Förderung von Bio-Lebensmitteln ge- flossen. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 107 Die folgende Tabelle 31 gibt eine Übersicht über die im Zeitraum 2007 – 2013 ausgezahlten Fördermittel für die Flächenförderung des Ökologi- schen Landbaus sowie die geförderte Fläche (diese ist nicht identisch mit der ökologisch bewirtschafteten Fläche!): Tabelle 31: Übersicht über die im Zeitraum 2007 – 2013 ausgezahlten Fördermittel für die Flächenförderung des Ökologischen Landbaus sowie die geförderte Fläche Jahr Verausgabte Fördermittel in T Euro Geförderte Fläche In ha, gerundet 2007 4.112,4 25.000 2008 3.828,4 25.200 2009 4.088,1 26.300 2010 4.505,4 29.400 2011 4.175,3 28.400 2012 4.106,1 28.500 2013 4.219,8 28.900 Die Förderung wurde zu 55% aus EU-Mitteln finanziert. 27 % trug der Bund und 13 % das Land Schleswig-Holstein. 84. Wie viele Fördermittel standen explizit für die Verarbeitung von Milch zur Verfügung? Die Fördermaßnahme „Verarbeitung und Vermarktung“ (V&V) differenziert ihr Angebot grundsätzlich nicht nach verschiedenen Branchen der Ernäh- rungswirtschaft. Allerdings hat die Meiereiwirtschaft aufgrund ihrer starken Stellung in der Ernährungswirtschaft und vor dem Hintergrund eines struk- turellen Nachholbedarfs in den vergangenen Jahren einen hohen Anteil der Gesamtförderung beantragt und erhalten. In den Jahren 2007- 2013 hat die Meiereiwirtschaft mit rd.15,3 Mio. € circa 75 % der öffentlichen Mittel erhalten. Aktuelle Beispiele sind die Förderung des Milchtrockenwerks in Neumünster, Modernisierungsmaßnahmen der Meierei Breitenfelde sowie die Förderung einer Hofmeierei (vgl. auch Ant- wort zu Frage 11). 85. Der ELER beinhaltet nachhaltige und regionale Förderung. Was bedeutet das konkret für die Erzeugung und Verarbeitung von Lebensmitteln in Schleswig-Holstein? Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 108 In der neuen ELER-Förderperiode wird Schleswig-Holstein gezielt eine nachhaltige Landwirtschaft unterstützen, die für die Gesellschaft wichtige Leistungen erbringt, die vom Markt nicht honoriert werden. Wesentliche Handlungsfelder sind hier vor allem der Vertragsnaturschutz, der Gewäs- serschutz, die Stärkung von besonders tiergerechter Haltung und der öko- logischen Landbewirtschaftung sowie der Erhalt von Grünland. Die För- dermöglichkeiten zur nachhaltigen Landwirtschaft werden flankiert von ei- nem entsprechend ausgerichteten Bildungs- und Beratungsangebot, das den Landwirten in den nicht marktrelevanten Bereichen kostenlos angebo- ten werden soll. Die Mittel für Verarbeitungs- und Vermarktungsstrukturen landwirtschaftli- cher Produkte sollen auf mittelständische und handwerkliche Strukturen konzentriert werden. Ziele der Maßnahme V&V („Förderung der Verbesse- rung der Verarbeitung und Vermarktung“) sind es, die Wettbewerbsfähig- keit kleiner und mittlerer Unternehmen zu stärken, zur Absatzsicherung und Schaffung von Erlösvorteilen auf Erzeugerebene beizutragen, die Er- zeugung, Verarbeitung und Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse besser an die Markterfordernisse anzupassen, Versorgungsketten effizien- ter zu gestalten sowie die regionale Zusammenarbeit zu stärken. Damit soll die Wertschöpfung in der Agrar- und Ernährungswirtschaft insgesamt erhöht werden. Hierzu unterstützt das EPLR investive Maßnahmen von Unternehmen und Erzeugerzusammenschlüssen, Kooperationen von land- und ernährungswirtschaftlichen Unternehmen sowie die Zusammen- arbeit von Akteuren entlang der Lebensmittelkette. 86. Wie viele Unternehmen der Ernährungswirtschaft haben ab 2012 öffentli- che Förderungen durch das oder über das Land Schleswig-Holstein erhal- ten, welche Betriebsgrößen hatten diese Unternehmen jeweils? Im Rahmen der I. Säule der EU-Agrarpolitik haben in 2013 insgesamt 14.985 landwirtschaftliche Unternehmen Direktzahlungen erhalten. Im Rahmen der Förderung von Investitionen in die Verarbeitung und Ver- marktung haben in Schleswig-Holstein seit 2012 sieben Unternehmen der Ernährungswirtschaft (vier kleinere, zwei mittlere und ein intermediates Un- ternehmen) Fördermittel für ihre Baumaßnahmen erhalten. Die entspre- chenden Anträge sind teilweise bereits vor 2012 gestellt und bewilligt wor- den. Die nachfolgende Tabelle 32 gibt Aufschluss über die einzelbetriebliche In- vestitionsförderung für Unternehmen der Ernährungswirtschaft seit 2012. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 109 Tabelle 32: Einzelbetriebliche Investitionsförderung für Unternehmen der Ernährungswirtschaft seit 2012 2012 4 Großunternehmen/1Kleinunternehmen 2013 2 Großunternehmen/2 Kleinunternehmen 2014 1 Kleinunternehmen Um im Bereich Unternehmensfinanzierung die geforderten Förderzahlen mit der nötigen Detailschärfe (Anzahl, Volumen, Wirtschaftszweige, Be- triebsgröße, Existenzgründer) zu erhalten, wurde eine umfangreiche Ab- frage bei den Förderinstituten IB.SH, BB-SH und MBG gestartet. Da die Kriterien nicht vollständig in den banküblichen EDV-Programmen vorhan- den sind, war keine automatische Datenabfrage möglich, von daher sind statistische Unschärfen unvermeidlich. Insgesamt gibt das dargestellte Da- tenmaterial jedoch einen zutreffenden Überblick über das Fördergesche- hen in der Ernährungswirtschaft. Aufschlüsselung nach Darlehen/Bürgschaften/Beteiligungen (Kerninstru- mente): Der Übersichtlichkeit halber wurden die Finanzierungsinstrumente der IB.SH zu „Darlehen“ zusammengefasst. Bei den Bürgschaften handelt es sich ausschließlich um Bürgschaften der BB-SH; Landesbürgschaften wur- den in der betrachteten Periode nicht vergeben. Die „Beteiligungen“ bein- halten verschiedene Beteiligungsprogramme und diverse Fonds, die bei der MBG geführt werden. Die Summe aus diesen drei Kerninstrumenten wird als Fördervolumen bezeichnet. Aufschlüsselung nach Wirtschaftszweigen: Die „Ernährungswirtschaft“ wurde auf Basis der Wirtschaftszweige des Sta- tistischen Bundesamtes in folgende Kategorien eingeteilt:  „Landwirtschaft“ (A 01), und zwar: o Anbau von Pflanzen und Tierhaltung (A 01.1, A 01.2, A 01.4, A 01.5), o Erbringung von landwirtschaftlichen Dienstleistungen (A 01.6) ohne Baumschulen und Forstwirtschaft. Zu beachten ist, dass hierunter nicht nur landwirtschaftliche Betriebe fallen. So kommt es zu sehr unterschiedlichen Fallgrößen.  Fischerei und Aquakultur (A 03) - in dieser Kategorie gab es keine Förderfälle, Jahr Fälle Investitions- Volumen € GRW (€) Aus- zubildende Männer Frauen Aus- zubildende 2012 5 24.305.253 1.376.873 97 142 62 16 2013 4 35.976.062 3.500.000 57 101 54 15 2014 1 1.215.000 0 1 4 4 2 Gesamt 10 61.496.315 4.876.873 155 247 120 332.692.647 1.300 880 243.000 7 17 1.839.947 501 574 609.700 792 289 Investitionszuschüsse Neue Dauerarbeitsplätz Gesicherte Dauerarbeitsplätze EFRE (€) Männer Frauen Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 110  Herstellung von Nahrungs- und Futtermitteln (C 10) und Geträn- keherstellung (C 11),  Lebensmitteleinzelhandel, Lebensmittelgroßhandel und Landhandel. Aufschlüsselung nach Betriebsgröße: Hier wurde auf die Anzahl der Mitarbeiter analog zur EU-Definition von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) angestellt, wobei eine Umrech- nung in Vollzeitäquivalent nicht vorgenommen wurde (weil statistisch nicht erfasst). Daraus ergeben sich folgende Größenklassen: - bis 10 MA Kleinstunternehmen, - bis 50 MA kleines Unternehmen, - bis 250 MA mittleres Unternehmen, - 250 und mehr MA Großunternehmen. Die Auswertung des umfangreichen Datenmaterials kann hier nur stark aggregiert dargestellt werden. Im Zeitraum von 2012 bis zum ersten Halb- jahr 2014 wurde für 177 Unternehmen aus der Ernährungswirtschaft ein Fördervolumen von insgesamt 128,5 Mio. € bewilligt (s. Tabelle 33). Damit leisten die Förderinstitute einen wesentlichen Beitrag bei der Finanzierung und Entwicklung der Ernährungswirtschaft in Schleswig-Holstein. Tabelle 33: Förderung von Unternehmen der Ernährungswirtschaft, Aufteilung nach Kerninstrumenten Volumen (T€) 2012 2013 1. HJ 2014 Gesamt Darlehen 60.221 28.901 24.486 113.608 Bürgschaften 4.034 6.817 1.306 12.157 Beteiligungen 100 1090 1590 2.780 Gesamt 64.355 36.809 27.381 128.545 Als größte geförderte Branche mit 56% des Finanzierungsvolumens und rd. 43% der Fälle stellt sich der Handel dar, gefolgt von der landwirtschaft- lichen Produktion und der Herstellung von Nahrungs- und Futtermitteln sowie Getränken (s. Tabelle 34 und Tabelle 35). Tabelle 34: Förderung von Unternehmen der Ernährungswirtschaft, Aufteilung nach Wirtschaftszweigen (Volumen) Volumen (T€) 2012 2013 1. HJ 2014 Gesamt Landwirtschaft 18.392 3.647 11.342 33.381 23,0 % Herstellung von Nahrungs- und Futtermitteln, Getränkeherstellung 12.941 8.997 1.352 23.290 18,1 % Lebensmittelhandel , Landhandel 33.022 24.165 14.688 71.875 55,9 % Gesamt 64.355 36.809 27.381 128.545 100 % Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 111 Tabelle 35: Förderung von Unternehmen der Ernährungswirtschaft, Aufteilung nach Wirtschaftszweigen (Anzahl) Anzahl 2012 2013 1. HJ 2014 Gesamt Landwirtschaft 27 19 7 53 29,9 % Herstellung von Nahrungs- und Futtermitteln, Getränkeherstellung 18 21 8 47 26,6 % Lebensmittelhandel , Landhandel 30 34 13 77 43,5 % Gesamt 75 74 28 177 100 % Von den geförderten Unternehmen ist über die Hälfte (56%) den Kleinstun- ternehmen zuzuordnen. Nur 5% sind als große Unternehmen zu bezeich- nen. Dies unterstreicht den Stellenwert der eher kleinteiligen Unterneh- mensstruktur in Schleswig-Holstein, verdeutlicht jedoch auch die Förder- schwerpunkte der Institute (s. Tabelle 36). Tabelle 36: Förderung von Unternehmen der Ernährungswirtschaft, Aufteilung nach Betriebsgröße Anzahl 2012 2013 1. HJ 2014 Gesamt bis 10 MA 41 46 12 99 55,9% bis 50 MA 17 17 13 47 26,6% bis 250 MA 14 7 1 22 12,4% 250 und mehr MA 3 4 2 9 5,1% Gesamt 75 74 28 177 100,0% 87. Wie viele Betriebe der Ernährungswirtschaft in Schleswig-Holstein sind von der EEG-Umlage befreit? (bitte nach Jahren aufführen) Energieintensive Betriebe können bei Vorliegen der Anspruchsvorausset- zungen im Rahmen der Besonderen Ausgleichsregelung eine weitgehen- de Ermäßigung von der Zahlung der EEG-Umlage erhalten. Eine volle Be- freiung ist nicht vorgesehen. Daten zu den privilegierten Unternehmen bzw. Abnahmestellen (Betriebs- stätten) stehen für die Jahre 2010 bis 2014 zur Verfügung. Das Antrags- verfahren auf Besondere Ausgleichsregelung im Jahr 2015 nach dem EEG 2014 läuft; Anträge mussten bis zum 30.9.2014 beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) eingereicht werden. Die Liste der in 2015 privilegierten Unternehmen bzw. Abnahmestellen wird das BAFA voraussichtlich im ersten Quartal 2015 veröffentlichen. Die Liste der an- tragstellenden Unternehmen veröffentlicht das BAFA aus grundsätzlichen Überlegungen nicht. Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 112 Eine Zusammenstellung der bei der EEG-Umlage privilegierten Abnahme- stellen aus der Ernährungswirtschaft in Schleswig-Holstein ist der Tabelle 37 zu entnehmen. Im Jahre 2014 waren 26 Abnahmestellen (entspricht Betriebsstätten) der Ernährungswirtschaft in Schleswig-Holstein bei der EEG-Umlage privilegiert. Dabei ist zu erkennen, dass sich – maßgeblich aufgrund der Erweiterung der Anspruchsvoraussetzungen – im Jahr 2013 der Anteil der privilegierten Abnahmestellen in der Ernährungswirtschaft mehr als verdreifacht hat und im Jahr 2014 weiter angestiegen ist. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 113 Tabelle 37: Privilegierung im Rahmen der EEG-Umlage 2010-2014 in Schleswig-Holstein Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 114 88. Welche Kriterien sind ausschlaggebend für die Entscheidung für eine För- derung von Unternehmen der Ernährungswirtschaft und der Ernährungs- wirtschafts-Infrastruktur? Die Förderentscheidung im Bereich Verarbeitung und Vermarktung (V&V) gemäß den EU-Vorschriften und nach Beratung im ELER- Begleitausschuss Projektauswahlkriterien festgelegt worden. Darüber hin- aus müssen eine Reihe grundlegender Fördervoraussetzungen erfüllt werden. Beispielsweise müssen die Antragsteller nachweisen, dass 40 % der in der geförderten Anlage verarbeiteten Produkte von einheimischen Landwirten erzeugt werden (z.B. Erzeugerbindung). Für die Förderentscheidung im Bereich des EFRE sind das Operationelle Programm und bei der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regiona- len Wirtschaftsstruktur“ der zugehörige Koordinierungsrahmen sowie die darauf basierenden Förderrichtlinien und Projektauswahlkriterien maßgeb- lich. Die Förderinstitute des Landes legen keine gesonderten branchenspezifi- schen Kriterien zu Grunde. Vielmehr sind nachhaltiger wirtschaftlicher Er- folg, die Rückführbarkeit der öffentlichen Förderung, die Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen sowie die Wertschöpfung in Schleswig- Holstein ausschlaggebend. 89. Werden die Aspekte Umwelt und Tierschutz bei der Förderung im Rah- men der Ernährungswirtschaft berücksichtigt? Die Direktzahlungen an die Landwirte sind seit 2003 in besonderer Weise mit den Anforderungen des Umwelt- und Tierschutzes verknüpft (soge- nanntes „Cross Compliance“). Mit der neuen Förderperiode wird diese Verknüpfung noch stärker ausgeprägt sein (sogenanntes „Greening“). Al- lerdings konnten die durch die Beschlüsse auf EU-Ebene gegebenen Möglichkeiten für eine stärkere Bindung der Direktzahlungen an ökologi- sche und soziale Kriterien national nicht ausgeschöpft worden. Die seitens der EU angekündigte Evaluierung soll genutzt werden, um hier nachzu- steuern. Bei der Förderung der Verarbeitung und Vermarktung müssen die Antrag- steller in ihren Anträgen nachweisen, inwieweit ihre Investitionen zum Umwelt- und Ressourcenschutz (z.B. Energie-und Wassereinsparung) bei- tragen. Im Rahmen der Agrarinvestitionsförderung bis 2010 wurde nicht von der in der Gemeinschaftsaufgabe vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht, höhere Zuschüsse für Bauvorhaben zu gewähren, die besonderen Anfor- derungen an die Tierhaltung gerecht werden. Für die zukünftige Förderpe- riode ist im Rahmen von AFP geplant, innovative bauliche Investitionen, die besondere tiergerechte Haltungssysteme realisieren, zu fördern. Damit will die Landesregierung besonders artgerechte Nutztierhaltung bei Stall- neubauten fördern. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2478 115 Für den EFRE gilt: Sofern Vorhaben der Ernährungswirtschaft mit Mitteln der Europäischen Struktur- und Investitionsfonds gefördert werden, sind die sog. Querschnittsziele – Gleichstellung und Nichtdiskriminierung, Nachhaltige Entwicklung – zu berücksichtigen. Das Querschnittsziel Nachhaltige Entwicklung integriert Umweltschutzaspekte. GRW-geförderte Projekte sind mit den jeweiligen Fachpolitiken abzustimmen, sodass ein integrierter Förderansatz verfolgt wird. 90. Sieht die Landesregierung die Ausgabe von Aktien und Beteiligungen als geeignete Refinanzierungsmöglichkeit für Innovation in der Ernährungs- wirtschaft? Die Art der Finanzierung ist letztlich eine unternehmerische Entscheidung im Einzelfall. Richtig ist, dass Innovationen bzw. Forschung und Entwick- lung grundsätzlich über Eigenkapital finanziert werden sollten. Ein Bör- sengang dürfte jedoch für die kleinen und mittleren Unternehmen keine Al- ternative darstellen. Er dürfte nur für den größeren, bonitätsstarken Mittel- stand in Frage kommen. Die Finanzierung über mezzanine Beteiligungen stärkt die Eigenkapitalbasis. Hierfür bestehen bereits diverse öffentliche Finanzierungsangebote, die gerade auch von kleinen und mittleren Unter- nehmen in Anspruch genommen werden. In der Antwort zu Frage 78 wer- den die Beteiligungsprodukte erläutert. 91. Wie ist die künftige Förderpolitik für die Ernährungswirtschaft in Schleswig- Holstein ausgestaltet? In welchem Umfang können die EU-Programme hierfür herangezogen werden? Im Rahmen der GAP werden die Direktanzahlungen an die Landwirte ge- mäß den Beschlüssen auf EU- und Bundesebene durchgeführt. Die zukünftige Förderung im Rahmen der II. Säule ist in den vergangenen zwei Jahren mit den Wirtschafts- und Sozialpartnern intensiv diskutiert bzw. entwickelt worden. Das entsprechende „Landesprogramm ländlicher Raum“ (LPLR) ist im Juli 2014 bei der EU-Kommission zur Genehmigung eingereicht worden. Das Programm umfasst wie in der Vergangenheit eine Vielzahl von speziellen Fördermaßnahmen, mit denen unter anderem die Land- und Ernährungswirtschaft unterstützt werden soll. Ein wesentlicher Schwerpunkt des neuen Programms wird die Förderung der nachhaltigen Landwirtschaft sein. Mehr als ein Drittel des gesamten ELER-Budgets des LPLR ist für diesen Schwerpunkt reserviert. Das Spektrum der vorgesehenen Maßnahmen reicht von der Förderung be- trieblicher Investitionsmaßnahmen (vergl. Antwort zu Frage 89) über ver- schiedene Flächenprämien für umwelt- und ressourcenschonende Formen der Landbewirtschaftung bis hin zu Maßnahmen der Beratung und des Wissenstransfers. Drucksache 18/2478 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 116 Die Maßnahme Verarbeitung und Vermarktung (V&V) wird fortgesetzt. Im Mittelpunkt werden nunmehr ausschließlich kleine und mittlere Unterneh- men (KMU) sowie die Verarbeitung und Vermarktung regionaler und/oder ökologischer Erzeugnisse stehen. Investitionen in Schlachtkapazitäten und in die Fleischverarbeitung werden nur im Falle von Klein- und Klein- stunternehmen gefördert. Im Einzelnen können folgende Bereiche gefördert werden: Erfassung, Lagerung, Kühlung, Sortierung, marktgerechte Aufbereitung, Verpackung, Etikettierung, Verarbeitung oder Vermarktung landwirtschaft- licher Erzeugnisse. Darüber hinaus werden einige Projekte für die Absatzförderung aus rei- nen Landesmitteln finanziert (vgl. Frage 81). In der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschafts- struktur“ (GRW) und mit Mitteln des „Europäischen Fonds für regionale Entwicklung“ (EFRE) bestehen im Rahmen des neuen Landesprogramms Wirtschaft 2014 – 2020 Fördermöglichkeiten für die Ernährungswirtschaft. Auf Basis des GRW-Koordinierungsrahmens bzw. des Operationellen Programms EFRE 2014-2020 (OP EFRE) können auch zukünftig KMU der Ernährungswirtschaft (sofern im Bereich Verarbeitung und Vermarktung tätig) für betriebliche Investitionen eine Förderung erhalten. Weiterhin sind auch Kooperations-, Cluster- und Vernetzungsprojekte in Abhängigkeit der noch zu erstellenden Förderrichtlinien grundsätzlich förderfähig. Für den Bereich Unternehmensfinanzierung wird keine Notwendigkeit ge- sehen, spezielle Förderprogramme für einzelne Branchen und damit für die Ernährungswirtschaft zu entwickeln. Die bestehenden, für alle Bran- chen der gewerblichen Wirtschaft offenen Förderprogramme werden lau- fend an den Bedarf und an die sich ändernden Rahmenbedingungen an- gepasst.