SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/249 18. Wahlperiode 2012-11-01 Kleine Anfrage der Abgeordneten Angelika Beer (PIRATEN) und Antwort der Landesregierung – Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Windenergie-Anlagen im Naturpark Aukrug Vorbemerkung Auf dem Gebiet des Naturparks Aukrug will die PROKON Unternehmensgruppe auf Flächen der Gemeinden Meezen (Kreis Rendsburg-Eckernförde) und Poyenberg (Kreis Steinburg) ab 2014 zwölf Windenergieanlagen (WEA) mit insgesamt 36 Megawatt (MW) Leistung in Betrieb nehmen. In beiden Gemeinden versuchen Bürgerinitiativen, per Bürgerentscheid (BE, gemäß §16c GemO) die jeweiligen Entscheidungen ihrer Gemeindevertretungen (GV) zu stoppen. Vorbemerkung der Landesregierung Für die geplanten Windenergieanlagen (WEA) im Naturpark Aukrug liegen der Landesregierung keine Anträge oder weiteren Detailinformationen vor. Die geplanten Windeignungsflächen in den Gemeinden Poyenberg und Meezen stellen nicht genügend Fläche für zwölf Windkraftanlagen bereit. Die Landesregierung geht von einer maximalen Anzahl von drei bis vier Anlagen aus. 1. Ist es zutreffend, dass die zu errichtenden WEA (zumindest teilweise) besonders leistungsstarke Testanlagen mit einer Gondelhöhe von 143 Meter sein sollen? Der Landesregierung ist bekannt, dass es sich um einen neuen Anlagentyp handelt, der für windschwächere Standorte ausgelegt ist. Diese WEA haben in der Regel 1 Drucksache 18/249 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 größere Rotoren und Masthöhen als vergleichbare WEA für Starkwind-Standorte. 1.1 Auf welcher Rechtsgrundlage beruht dieser Bau von Testanlagen? Testanlagen werden auf der gleichen Rechtsgrundlage wie alle anderen WEA genehmigt. Maßgeblich sind das Bundes-Immissionsschutzgesetz, das Baugesetzbuch sowie weitere Fachgesetze wie z.B. das Bundesnaturschutzgesetz oder das Denkmalschutzgesetz. 1.2 In welcher Form ist der besondere gesetzliche Charakter des Naturparks bei der Entscheidungsfindung bezüglich des Anlagenbaus berücksichtigt worden? In Ziffer 3.5.2 Absatz 9 des Landesentwicklungsplanes 2010 sind Naturparke als so genannte „Ausschlussgebiete mit der Möglichkeit der Feinsteuerung auf der Regionalplanebene“ aufgeführt. Das bedeutet, dass dort die Festlegung von Windenergieeignungsgebieten zulässig sein kann, wenn die Errichtung von WEA im Einzelfall mit dem Schutz- beziehungsweise Nutzungszweck des Gebietes zu vereinbaren ist. Auf dieser Basis hat die Landesregierung geprüft, ob in den Gemeinden Poyenberg und Meezen die Ausweisung von Eignungsgebieten möglich sein kann. 1.3 Ist die Trägergesellschaft des Naturparks Aukrug bei der Entscheidungs- findung gehört worden? Wenn ja, in welcher Form und mit welchen Rechten? Ja. Im Zuge der zweiten Anhörung ist das Tourismusbüro Naturpark Aukrug als Trägerin des Naturparkes mit angeschrieben worden. Es erfolgte somit die nach § 10 Absatz 1 Raumordnungsgesetz vorgeschriebene Beteiligung der Öffentlichkeit sowie der in ihren Belangen berührten öffentlichen Stellen. Das Tourismusbüro Naturpark Aukrug hat jedoch auf die Beteiligung hin keine Stellungnahme abgegeben. 2. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass die Errichtung der geplanten WEA weitreichende ökologische Folgen für den Naturpark Aukrug haben würde? Nein. Weitreichende ökologische Folgen für den Naturpark Aukrug werden durch die Errichtung von WEA in den Gemeinden Poyenberg und Meezen nicht erwartet. 2.1 Störung und Kollisionsgefahr von Vögeln und Fledermäusen werden weniger durch die Anlagengröße als durch die Wahl des Standortes beeinflusst. Laut Dr. Hötker vom Michael-Otto-Institut gehören WEA nicht an Gewässer oder in Wälder, weil es hier zu den meisten Unfällen mit Vögeln oder Fledermäusen kommt. Wie bewertet die Landesregierung vor diesem Hintergrund den derzeitig geplanten Standort des Windparks? Der geplante Standort und die geplante Art der WEA sind der Landesregierung nicht näher bekannt. Im Zuge des erforderlichen Planungs- und Genehmigungsverfahrens werden auch die Belange des Naturschutzes (u. a. FFHVerträglichkeitsprüfung , Artenschutz, Eingriffsregelung) standort- und anlagenbezogen bewertet. 2.2 Pro Jahr sterben in Deutschland circa 100.000 Vögel an Windkraftanlagen. Laut einer Studie des Michael-Otto-Instituts werden insbesondere Rotmilane häufig Opfer von WEA. Wie schätzt die Landesregierung den Einfluss des geplanten Windparks auf die Entwicklung der Rotmilan Population im Naturpark Aukrug ein? Erwartet sie einen Rückgang der Population oder kann sie wissenschaftlich gesicherte Kenntnisse vorlegen, aus denen hervorgeht, dass der geplante Windpark keinen negativen Einfluss auf die Rotmilan Population haben wird? Es wird auf die Antwort zu Frage 2.1 verwiesen. Dies gilt auch für die diesbezüglichen Einzelheiten zum Rotmilan. 2.3 Das Bundesumweltministerium hat das Michael-Otto-Institut des NABU beauftragt, gemeinsam mit BioConsult SH Husum und dem Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin eine Studie zur Senkung der Kollisionsraten von Greifvögeln an WEA zu erstellen. Wird die Landes- regierung dafür Sorge tragen, dass der Bau des Windparks Aukrug erst beginnt, wenn die Ergebnisse dieser Studie vorliegen und könnten die Ergebnisse der Studie dazu führen, dass die Standortwahl des Windparks erneut geprüft wird? Nein. Maßgebend sind die gesetzlichen Regelungen zum Artenschutz gemäß §§ 44ff BNatSchG. Im Rahmen des Planungs- und Genehmigungsverfahren ist die Vereinbarkeit mit den artenschutzrechtlichen Anforderungen zu prüfen. Dabei ist auch die Kollisionsgefährdung von Greifvögeln an WEA zu betrachten. 3. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass die gesetzlich vorgesehenen Mindestabstände der WEA zu Wohngebäuden und -siedlungen jeweils ausreichend sind? Für WEA existieren keine gesetzlich vorgesehenen Mindestabstände. Mindestabstände von Windeignungsgebieten zur Bebauung sind im gemeinsamen Runderlass „Grundsätze zur Planung von Windkraftanlagen“ (Stand 22.03.2011) verbindlich festgelegt. Die Abstände, die gegenüber schutzbedürftigen Gebäuden tatsächlich einzuhalten sind, richten sich nach den Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie den Nachbarn schützenden, öffentlich-rechtlichen Vorschriften des Bauplanungsrechts. Im Genehmigungsverfahren wird geprüft, ob die im Runderlass festgelegten Mindestabstände im konkreten Einzelfall ausreichen. 3.1 Sind diese vorgesehenen Abstände in der Planung berücksichtigt worden? Für die Windeignungsgebiete sind die im gemeinsamen Runderlass „Grundsätze 3 Drucksache 18/249 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 4 zur Planung von Windkraftanlagen“ (Stand 22.03.2011) verbindlich festgelegten Abstände landesweit einheitlich auf alle neu auszuweisenden Eignungsgebiete anzuwenden. Für die geplanten Windenergieanlagen im Naturpark Aukrug liegen bislang keine Anträge oder weiteren Detailinformationen vor. 3.2 Sind ggf. besondere Vereinbarungen in Bezug auf die besondere Größe, Geräuschentwicklung und Schlagschattenreichweite getroffen worden? Für die geplanten Windenergieanlagen im Naturpark Aukrug liegen bislang keine Anträge oder weiteren Detailinformationen vor. Vereinbarungen wurden nicht getroffen. 4. In welchem Ausmaß ist nach Auffassung der Landesregierung mit einer Wertminderung der umliegenden Gebäude und Grundstücke u.a. durch Landschaftsbild, Schlagschatten und Geräuschentwicklung zu rechnen? Liegen Erkenntnisse vor? Über eine mögliche Wertminderung der umliegenden Gebäude und Grundstücke liegen keine Erkenntnisse vor. 4.1 Wie schätzt die Landesregierung etwaige Auswirkungen auf die Lebens- qualität der in unmittelbarer Nähe der WEA lebenden Menschen ein? Eine Einschätzung ist der Landesregierung nicht möglich, da die Einschätzung der Lebensqualität nach sehr subjektiven Kriterien geschieht. 4.2 Wie schätzt die Landesregierung etwaige Auswirkungen auf die Gesundheit in unmittelbarer Nähe der WEA lebender Menschen ein? Mögliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit werden im Genehmigungsverfahren geprüft. Eine Genehmigung wird nur erteilt, wenn der Schutz der menschlichen Gesundheit sichergestellt ist. 5. Ist die Darstellung der Gemeindevertretung Meezen zutreffend, dass die geplanten WEA in jedem Fall durch das Land errichtet werden würden und die Gemeinde nur nach einem eigenen, positiven Beschluss diesbezüglich (über Bauleitplanung) noch Einfluss auf die Ausgestaltung des Baus und die Inbetriebnahme ausüben können (Siehe dazu Vorlage GV15/2012-009 der Gemeinde Meezen vom 27.08.2012)? Die Landesregierung errichtet selbst keine WEA. Die in der Fragestellung enthaltene Formulierung, „dass die geplanten WEA in jedem Fall durch das Land errichtet werden würden“, entspricht nicht dem konkreten Wortlaut 5 der zitierten Beschlussvorlage GV15/2012-009 vom 27.08.2012. Vielmehr wurde darin ausgeführt, dass „…das Land Schleswig-Holstein nach derzeitiger Sachlage auch gegen einen Bürgerentscheid die Windeignungsflächen ausweisen wird…“. Inhaltlich ging es in dieser Beschlussvorlage um die Festlegung der Standpunkte und Begründungen der Gemeindevertretung nach § 16 c Abs. 6 Gemeindeordnung im Zusammenhang mit dem angestrebten Bürgerentscheid gegen die Stellungnahme der Gemeinde vom 18.06.2012. Die Beschlussvorlage vom 27.08.2012 ist jedoch überholt, da die Gemeindevertretung am 10.10.2012 einen abgeänderten Wortlaut beschlossen hat. 5.1 Falls ja: Auf welcher Rechtsgrundlage beruht diese Befugnis des Landes, derartige Bauprojekte auch gegen die Beschlüsse der Gemeinde durchzusetzen (Anmerkung: Ein Bürgerentscheid hat den Stellenwert eines GV-Beschlusses)? Entfällt. Die der Fragestellung zugrunde liegende Annahme ist unzutreffend. Zudem siehe Vorbemerkung zu Frage 5. 5.2 Falls nein: Plant die Landesregierung, diese Darstellung der GV Meezen zeitnah und vor Durchführung des BE (11.11.2012) öffentlich richtig zu stellen? Falls ja: Wann, in welcher Form, und über welche Medien soll dies geschehen? Entfällt. Siehe Vorbemerkung zu Frage 5.