SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/2578 18. Wahlperiode 14-12-22 Kleine Anfrage des Abgeordneten Johannes Callsen (CDU) und Antwort der Landesregierung – Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie Auswirkungen des EuGH-Urteils (Rechtssache C-549/13) auf das Tariftreueund Vergabegesetz des Landes Schleswig-Holstein (TTG) 1. Wie verfährt nach Kenntnis der Landesregierung Nordrhein-Westfalen mit dem Urteil des EuGH? Antwort: Das Land Nordrhein-Westfalen (NW) hat einen Hinweis zur Anwendung von § 4 Absatz 3 Satz 1 Tariftreue- und Vergabegesetz NW veröffentlicht: https://www.vergabe.nrw.de/faq/tariftreue-und-vergabegesetz-nrw. 2. Welche Folgen ergeben sich für das TTG in Schleswig-Holstein? Antwort: Unmittelbar gibt es keine Auswirkungen auf das TTG Schleswig-Holstein, da dieses Gesetz nicht Gegenstand des Vorabentscheidungsersuchens vor dem EuGH war. Es entspricht herrschender Auffassung, dass eine strikt formale Bindung für nationale Gerichte nur gegenüber dem Gericht besteht, das im Vorabentscheidungsverfahren eine Auslegungsfrage vorgelegt hat (hier: Vergabekammer bei der Bezirksregierung Arnsberg). 3. Wie kommt die Landesregierung zu der Auffassung, dass eine veränderte Auslegung des TTG ausreiche und wie begründet sich dies? Drucksache 18/2578 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 Antwort: Eine Gesetzesänderung des TTG ist derzeit nicht erforderlich (s.o.), bei der Evaluierung des Gesetzes im Jahr 2016 wird aber eine Klarstellung erfolgen. Zwischenzeitlich sind alle öffentlichen Auftraggeber verpflichtet, europarechtskonform zu handeln; insoweit ist jeweils eine europarechtskonforme Auslegung des schleswig-holsteinischen TTG erforderlich. Entsprechend sollen die Unternehmen, die ausschließlich selbst oder durch ihre Nachunternehmen im Ausland tätig werden, von der Verpflichtung zur Angabe einer Tariftreueerklärung ausgenommen werden. 4. Wann und in welcher Form wurden / werden die zuständigen Stellen informiert ? Antwort: Das Informationsschreiben vom 27.10.2014 wurde mit Email vom 28.10.2014 an alle Ressorts versandt mit der Bitte, die nachgeordneten Bereiche ebenfalls zu informieren. Mit gleichem Schreiben und Mail wurden alle drei kommunalen Landesverbände sowie die Auftragsberatungsstelle der IHK informiert . Zeitgleich wurden die im Netz unter http://www.schleswigholstein .de/MWAVT/DE/Service/TariftreueVergaberecht/tariftreue_node.html verfügbaren Anwendungshinweise zum TTG geändert und das Formblatt 2 entsprechend angepasst. 5. Wie ist der Wortlaut der Auslegungshinweise für die zuständigen Stellen durch die Landesregierung genau? Antwort: Siehe Anlage Dienstgebäude Düsternbrooker Weg 94, 24105 Kiel | Telefon 0431 988-4760 | Telefax 0431 988-9174700 | Wimi.empfang@wimi.landsh.de | www.wirtschaftsministerium.schleswig-holstein.de | Buslinie 41/42 Kein Zugang für elektronisch verschlüsselte Dokumente. Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie Postfach 71 28 | 24171 Kiel Vergabestellen des Landes Kommunen lt.Verteiler Ihr Zeichen: / Ihre Nachricht vom: / Mein Zeichen: / Meine Nachricht vom: / Gabriele Tahal Gabriele.Tahal@wimi.landsh.de Telefon: 0431 988-4566 Telefax: 0431 988-4702 27. Oktober 2014 Anwendung des Tariftreue- und Vergabegesetz Schleswig-Holstein (TTG) Hinweis zur Anwendung von § 4 Absatz 3 Satz 1 des Tariftreue- und Vergabegesetz Schleswig-Holstein (TTG) bei Leistungserbringung durch Personen im EU-Ausland Sehr geehrte Damen und Herren, der Europäische Gerichtshof hat mit seinem Urteil in der Rechtssache C 549/13 vom 18.09.2014 zum Tariftreue- und Vergabegesetz Nordrhein-Westfalen entschieden, dass der vergaberechtliche Mindestlohn nicht auf Arbeitnehmer eines Nachunternehmers mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat erstreckt werden darf, wenn diese Arbeitnehmer den betreffenden Auftrag ausschließlich in diesem Staat ausführen. Die Entscheidung ist als Anlage beigefügt. Dieses Urteil entfaltet zwar keine unmittelbaren Wirkungen auf das TTG und ändert auch nichts an der grundsätzlichen Verpflichtung der öffentlichen Auftraggeber zur Anwendung des TTG, dennoch werden die entsprechenden Vorschriften europarechtskonform auszulegen sein. Diese Pflicht obliegt der jeweiligen Vergabestelle. Die Anzahl der Fälle, in denen Arbeitnehmer (seien es Arbeitnehmer des Bieters mit ausländischem Firmensitz oder Arbeitnehmer eines Nachunternehmers im Ausland) die zu vergebenden Leistungen ausschließlich im Ausland ausführen werden, dürfte allerdings beschränkt sein. Auch sind keine Anwendungsfälle denkbar aus dem Bereich des ÖPNV oder SPNV. Insoweit wird empfohlen, den vergaberechtlichen Mindestlohn dann nicht als ergänzende Auftragsausführungsbedingung im Vergabeverfahren aufzuerlegen, soweit ein Bieter oder dessen Nachunternehmer diese Leistung ausschließlich durch Arbeitnehmer im EUAusland erbringen will. Dies gilt bei Auftragsvergaben unabhängig davon, ob deren Auftragswerte oberhalb oder unterhalb der EU-Schwellenwerte liegen. In allen anderen Fällen ist der vergabespezifische Mindeststundenlohn gemäß § 4 Absatz 3 Satz 1 TTG weiterhin zu fordern und zu erklären. - 2 - Konkret ist Folgendes zu empfehlen: Je nach Auftragsgegenstand sollten die Auftraggeber die entsprechende Beschränkung der Anwendung des TTG in den Vergabeunterlagen bzw. in der Bekanntmachung kenntlich machen. Für laufende Vergabeverfahren wird empfohlen, allen Bietern folgenden Hinweis zu erteilen : „Es wird darauf hingewiesen, dass sich die Verpflichtungserklärung gemäß § 4 Absatz 3 Satz 1 des Tariftreue- und Vergabegesetzes Schleswig-Holstein (TTG) hinsichtlich der Zahlung des vergaberechtlichen Mindestlohns von 9,18 Euro/Std. nicht auf Beschäftigte bezieht, die bei einem Bieter oder Nachunternehmer im EU-Ausland tätig sind und die Leistung ausschließlich im EU-Ausland erbringen.“ Von der Erteilung dieses Hinweises kann die Vergabestelle absehen, wenn beim konkreten Auftragsgegenstand die Dienstleistungserbringung im EU-Ausland auszuschließen ist. Es wird empfohlen, in künftigen Vergabeverfahren den entsprechenden Hinweis in das Formblatt 2 aufzunehmen. Die unter http://www.schleswigholstein .de/MWAVT/DE/Service/TariftreueVergaberecht/tariftreue_node.html zu findenden Anwendungshinweise sowie das Formblatt 2 sind entsprechend angepasst worden und werden heute ins Netz gestellt. Mit freundlichen Grüßen gez. Gabriele Tahal Anlage: EuGH Urteil C 549/13