SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/2589 18. Wahlperiode 15-01-12 Kleine Anfrage des Abgeordneten Jens-Christian Magnussen (CDU) und Antwort der Landesregierung – Ministeirum für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes (BVerwG) zur A20 1. Ist es richtig, dass das Urteil den Planfeststellungsbeschluss nicht für nichtig sondern nur für fehlerhaft erklärt? Antwort: Der Planfeststellungsbeschluss für den Neubau der Bundesautobahn A 20, Nord-West-Umfahrung Hamburg, Teilstrecke B 206 westlich Wittenborn bis B 206 westlich Weede vom 30. April 2012 wurde durch sieben Klagen angefochten . Es ergingen vier Urteile. Die übrigen Klagen erledigten sich durch Einigung bzw. Klagrücknahme. Mit den zwei klagstattgebenden Urteilen (Kläger Gemeinde Klein Gladebrügge bzw. NABU/BUND) wurde von Seiten des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 6. November 2013 zum Aktenzeichen BVerwG – Az. 9 A 14.12 – bzw. BVerwG – Az. 9 A 9.12 – der vorgenannte Planfeststellungsbeschluss für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärt. Das bedeutet, das Gericht hält den Planfeststellungsbeschluss für heilbar und erkennt keine Mängel, die eine Aufhebung des Beschlusses erfordern (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. November 2013 – Az. 9 A 14.12 – Randnummer (Rn.) 22, 153). 2. Erlaubt dies unter Berücksichtigung der Ausführungen im Urteil Korrekturen bzw. Ergänzungen für ein gegebenenfalls verkürztes und damit beschleunigtes Verfahren? Drucksache 18/2589 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 Antwort: Ja. 3. Ist es richtig, dass das Gericht lediglich die Methode der Bestandserfassung und des Prüfmaßstabes der geschützten Fledermausarten nach der FFHRichtlinie und die fehlende ausführliche Prüfung einer weitergehenden Umfahrung Segebergs gerügt hat? Antwort: Bei den in der Frage aufgezählten Punkten handelt es sich um die beiden Hauptkritikpunkte des Urteils. Daneben wurden zwei weitere Punkte kritisiert: die Prüfung des Artenschutzes in Bezug auf die Haselmaus (Stichwort: zu enger Untersuchungskorridor) sowie die Plausibilisierung des Vorgehens bei den Amphibien. 4. Aufgrund welchen Beschlusses ist das Urteil ergangen? Antwort: Es handelt sich um den Planfeststellungsbeschluss für den Neubau der Bundesautobahn A 20, Nord-West-Umfahrung Hamburg, Teilstrecke B 206 westlich Wittenborn bis B 206 westlich Weede vom 30. April 2012. 5. Welche Klagen wurden zurückgewiesen? (Gemeinden) Antwort: Die Klage der Gemeinde Wittenborn und eines privaten Klägers wurde zurückgewiesen . 6. Wurde der Planfeststellungsbeschluss aufgehoben? Antwort: Nein, siehe Antwort zu Frage 1. 7. Welche Rügen der Kläger wurden als unbegründet bezeichnet? Antwort: Als unbegründet bezeichnet wurden in den Urteilsbegründungen u.a. folgende Punkte: 3 - an der Planrechtfertigung des Vorhabens und der Annahme eines eigenständigen Verkehrswert des Abschnittes, - am Linienbestimmungsverfahren, - an den vorgenommenen Bewertungen zum Vogelschutzgebiet „Barker und Wittenborner Heide“, - an der vorgenommenen Gebietsabgrenzung des FFH-Gebiets „Sege- berger Kalkberghöhle“, - an der Annahme überwiegender, zwingender Gründe des öffentlichen Interesses und der vorgesehene Kohärenzsicherungsmaßnahme im Rahmen der FFH-Ausnahmeprüfung für das FFH-Gebiet „Travetal“, - am Ausschluss der Stadtvariante und der Schwissel-Linie mit Versatz im Rahmen der Variantenprüfung, - an der artenschutzrechtlichen Bestandsaufnahme /artenschutzrechtlichen Prüfung für verschiedene Tierarten, z.B. Zauneidechse und Schlingnatter, verschiedene Vogelarten, - an der Abschnittsbildung, - an der planerischen Entscheidung für die Errichtung und nähere Aus- gestaltung des Bauwerkes ‚Gieselteich‘, - an der Lage der Anschlussstelle Bad Segeberg A 20/ K 7 sowie, - an der nicht vorgesehenen Mitbenutzung des Fledermaustunnels durch die Feuerwehr im Segeberger Forst, da dies nach Überzeugung des Bundesverwaltungsgerichts keinen Mehrwert – im Sinne eines zeitlichen Gewinns - für Einsätze der Feuerwehr hat. (Quellen: BVerwG, Urteil vom 6. November 2013, Az.: 9 A 9.12 Gemeinde K.G / LBV SH, Az.: 9 A 11.12 Privat /LBV SH, Az.: 9 A 13.12 Gemeinde W. / LBV SH und Az.: 9 A 14.12 NABU/BUND / LBV SH. Diese Urteile sind abrufbar unter www.bverwg.de) 8. Welches sind die entscheidenden Kritikpunkte im Urteil? Antwort: Das Bundesverwaltungsgericht hat zwei wesentliche Kritikpunkte aufgezeigt: - Zum einen folgte das Bundesverwaltungsgericht nicht der Einschätzung der Planfeststellungsbehörde und des Vorhabenträgers, dass die gewählte und mit der Fachbehörde abgestimmte Methode der Bestandserfassung der Fledermäuse im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung „Segeberger Kalkberghöhlen“ den besten wissenschaftlichen Anforderungen genügt und forderte eine andere Methode der Bestandserfassung . - Zum anderen forderte das Bundesverwaltungsgericht eine vertiefte Prüfung der südlich der gewählten Linie liegenden Varianten. 9. Inwieweit sagt das Urteil etwas zu anderen Abschnitten der A20, insbesonde- re zum Abschnitt Wittenborn-A7? Drucksache 18/2589 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 4 Antwort: Das Urteil BVerwG – Az. 9 A 14.12 – nimmt in Randnummer (Rn.) 27 die Finanzierung des A 20-Elbtunnelabschnitts in den Blick und führt aus, dass die Ausweisung der A 20 im Bedarfsplan als vordringlicher Bedarf nicht nur die Dringlichkeit der Planung, sondern auch die Vorrangigkeit der Finanzierung unterstreiche. Die Planfeststellungsbehörde habe lediglich vorausschauend zu beurteilen, ob dem Vorhaben „unüberwindliche“ finanzielle Schranken entgegenstünden (vgl. Urteil vom 20. Mai 1999 – BVerwG – Az. 4 A 12.98 –, Beschluss vom 15. Januar 2008 – BVerwG 9 B 7.07). Unter Rn. 91 finden sich Ausführungen zum Schnittpunkt mit dem Folgeabschnitt . Dort stellt das Bundesverwaltungsgericht die Verbindung zwischen der geforderten weiteren Betrachtung weiterer südlichen Varianten und dieser Schnittstelle dar und führt aus: „Dennoch mag ein Festhalten an dem Gelenkpunkt plausibel sein, um die angestrebten Entlastungswirkungen im Zentrum sowie im Westen von Bad Segeberg bestmöglich zu erreichen.“ In Rn. 151 führt das Urteil BVerwG – Az. 9 A 14.12 – aus, dass die Kläger nicht substantiiert dargelegt hätten, dass dem Gesamtvorhaben der A 20 in den Nachbarabschnitten ein unüberwindliches naturschutzrechtliches Planungshindernis entgegen stehe. Daher sei die Abschnittsbildung nicht zu beanstanden . 10. Verpflichtet das Urteil das Land zu einer Überarbeitung der weiteren Abschnit- te? Antwort: Nein. Dennoch wurde das Urteil zum Anlass genommen, die vorgenommenen naturschutzrechtlichen Bestandsaufnahmen in anderen Straßenbauvorhaben zu prüfen, ob sie den vom Bundesverwaltungsgericht im Urteil – Az. 9 A 14.12 – weiter fortentwickelten Anforderungen genügen. 11. Muss ein neuer Planfeststellungsbeschluss gefasst werden oder kann – mit welchem Aufwand – der alte geändert/nachgebessert werden? Antwort: Zur Heilung der Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses ist ein ergänzendes Planfeststellungsverfahren erforderlich, in das die Ergebnisse der vom Gericht aufgegebenen Untersuchungen einfließt. 12. Bedeutet das Urteil, dass nur eine andere Trasse geeignet ist, den Rügen des Gerichts abzuhelfen? 5 Antwort: Nein. Das Gericht hat lediglich gefordert eine vertiefende Prüfung südlicher Varianten vorzunehmen und damit die Begründung für deren Ausschluss weiter zu vertiefen. 13. Was sagt das Urteil zu einer Stadtautobahn durch Segeberg oder sonstiger Alternativen? Antwort: In Rn. 76 des BVerwG-Urteils – Az. 9 A 14.12 – stellt das Gericht fest, dass sich die Planfeststellungsbehörde abwägungsfehlerfrei gegen die Variante einer Stadtautobahn entschieden hat. In Rn. 85 des BVerwG-Urteils – Az. 9 A 14.12 – stellt das Gericht fest, dass eine weiter südliche Umfahrung von Bad Segeberg nicht im Wege einer Grobanalyse verworfen werden durfte. In Rn. 31 des BVerwG-Urteils – Az. 9 A 9.12 – stellt das Gericht fest, dass die sog. Variante „Schwissel mit Versatz“, also die Trassenführung der A 20 von Weede Richtung Schwissel und vom Knotenpunkt mit der A 21 Richtung Norden auf der A 21 bis zu einem neuen Autobahnkreuz A 20/A 21, verworfen werden konnte. 14. Was sagt das Urteil zur Abschnittbildung bei der Planung? Antwort: In Rn. 151 des BVerwG-Urteils – Az. 9 A 14.12 – stellt das Gericht fest, dass die erfolgte Abschnittsbildung zulässig sei. 15. Was bedeutet der letzte Satz im Urteil „Vielmehr besteht die konkrete Mög- lichkeit, dass die erforderlichen zusätzlichen Ermittlungen und Bewertungen in einem ergänzenden Verfahren geholt werden“? Antwort: In Rd. 22 und 153 des BVerwG-Urteils – Az. 9 A 14.12– stellt das Gericht fest, dass Heilungsmöglichkeiten in einem ergänzenden Verfahren möglich sind und zeigt im Urteil die erforderlichen zusätzlichen Ermittlungen und Bewertungen auf.