SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/2592 18. Wahlperiode 12. Januar 2015 Kleine Anfrage des Abgeordneten Wolfgang Dudda (PIRATEN) und Antwort der Landesregierung – Ministerin für Justiz, Kultur und Europa Einstellungen bei Betäubungsmittelverstößen 1. Wie viele Verfahren wegen Verstoßes gegen des Betäubungsmittelgesetz wurden bei der Landespolizei in den Jahren 2003 bis 2013 jeweils aufgenommen und wie wurden sie durch Staatsanwaltschaften oder Gerichte erledigt (Verurteilung, Einstellung nach Einstellungsgrund differenziert, Freispruch, noch laufend, usw.)? Es wird um eine Differenzierung zwischen Besitzdelikten und anderen Delikten sowie eine Darstellung der jeweiligen Zahlen zu Verstößen im Zusammenhang mit Cannabis gebeten. Antwort: Eine Angabe über die Erledigung der bei der Landespolizei im jeweiligen Geschäftsjahr eingeleiteten Ermittlungsverfahren durch Staatsanwaltschaften und Gerichte ist aufgrund der Tatsache, dass eine Verlaufsstatistik nicht geführt wird, nicht möglich. Eine Differenzierung zwischen Besitzdelikten und anderen Delikten sowie eine Darstellung der Anzahl der Ermittlungsverfahren, die wegen Verstößen gegen das BtMG in Zusammenhang mit Cannabis eingeleitet worden sind, ist mangels entsprechender statistischer Erfassung ebenfalls nicht möglich. Eine weitere Aufschlüsselung nach Besitzdelikten und in Zusammenhang mit Cannabis stehenden Betäubungsmittelverstößen wäre nur durch eine händische Auswertung der Akten zu erreichen, die im Rahmen der zur Verfügung stehenden Zeit nicht zu leisten ist. 2. Wie viele Verfahren wurden jeweils nach § 31a BtMG aufgrund des Besitzes geringer Mengen eingestellt? Antwort: Die Anzahl der Verfahren, in denen Einstellungen nach § 31 a Abs. 1 BtMG im Ermittlungsverfahren erfolgt sind, ergibt sich aus der nachfolgenden Tabelle: Drucksache 18/2592 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 Ermittlungsverfahren (JS) und Einstellungen nach §31a Abs.1. BtMG bei den Staatsanwaltschaften in Schleswig-Holstein Jahr Einstellung nach § 31a Abs. 1 BtMG erledigte Ermittlungs - verfahren (JS) 2003 * 154.456 2004 4.846 161.869 2005 4.657 157.518 2006 4.072 154.591 2007 3.624 162.838 2008 3.870 167.357 2009 4.025 161.479 2010 3.814 156.447 2011 3.475 154.776 2012 3.459 154.776 2013 4.102 150.032 2004-2013: Die Zahlen sind der bundeseinheitlichen StA-Statistik entnommen. Für 2003 liegen keine Zahlen vor. Soweit Verfahren durch die Gerichte eingestellt worden sind (§ 31 a Abs. 2 BtMG), wird dies statistisch nicht gesondert erfasst. Diese Einstellungen sind ersichtlich aus der Tabelle zu Frage 3 am Ende (Einstellung des Verfahrens). Die Abweichungen in den Werten ergeben sich aus der Tatsache, dass der Tabelle zu Frage 3 eine Kopfzählung (Anzahl der Beschuldigten) zugrunde liegt, während hier die Zahl der Verfahren ausgewiesen ist. 3. Insofern es nicht möglich ist, Angaben über die Bearbeitung durch Staatsanwaltschaften und Gerichten für die jeweils in einem Jahr bei der Polizei aufgenommenen Verfahren zu geben, wird darum gebeten für die jeweiligen Jahre die Anzahl der durch die Polizei aufgenommenen Verfahren und den Verfahren bei den Staatsanwaltschaften und Gerichten separate Angaben zu machen. Antwort: Die Darstellung eines Zeitraumes von 11 Jahren (2003 – 2013) der Polizeilichen Kriminalstatistik SH entspricht nicht gängigen Betrachtungen. Durch die PKS werden hier nicht die Verfahren, sondern die Fälle im Sinne bekannt gewordener rechtswidriger Handlungen ausgewiesen. Die Zahl der Fälle im Zusammenhang mit Cannabis lässt sich nicht vollständig verlässlich ermitteln, da in der PKS pro Fall grundsätzlich nur eine Drogenart erfasst wird. Sind bei einem Rauschgiftdelikt mehrere Drogenarten betroffen, wird grundsätzlich nur die gefährlichste erfasst. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2592 3 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 731000 Allgemeine Verstöße gemäß § 29 BtMG (soweit nicht unter 734000 pp. zu erfassen) 6.174 6.662 7.219 6.643 5.915 6.408 6.760 6.455 4.720 4.537 5.211 732000 Unerlaubter Handel mit und Schmuggel von Rauschgiften gemäß § 29 BtMG 1769 1.615 1.502 1.220 1.062 1.068 1.018 959 880 774 1.015 733000 Unerlaubte Einfuhr von Betäubungsmitteln gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG (in nicht geringer Menge) 27 37 29 45 25 41 67 76 46 24 23 734000 Sonstige Verstöße gegen das BtMG 155 226 235 222 280 261 413 414 429 472 527 734800 Unerlaubte(r) Handel, Herstellung, Abgabe und Besitz in nicht geringer Menge von Betäubungsmitteln gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG 0 29 84 88 154 119 262 229 245 254 279 Delikt bekannt gewordene Fälle 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 731800 Allgemeiner Verstoß (§ 29 BtMG) - mit Cannabis und Zubereitungen 3.991 4.388 5.198 4.537 4.102 4.403 4.619 4.622 3.377 3.315 3.863 732800 Illegaler Handel und Schmuggel (§ 29 BtMG) - von Cannabis und Zubereitungen 775 799 829 635 559 586 601 580 560 513 718 733800 Unerlaubte Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG) - von Cannabis und Zubereitungen 3 14 11 19 10 15 20 21 9 5 12 734818* Unerlaubte(r) Abgabe und Besitz in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG von Cannabis und Zubereitungen 22 53 61 45 58 54 734828* Unerlaubter Handel in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG von Cannabis und Zubereitungen 29 57 61 77 65 81 734848* Unerlaubte Herstellung in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG von Cannabis und Zubereitungen 12 18 17 21 37 45 Delikt bekannt gewordene Fälle * Für die Berichtszeiträume 2003 bis 2007 können auf Grund des damaligen 4- stelligen Straftatenschlüssels - zu diesem Deliktsbereich - keine Angaben gemacht werden. Bei den Staatsanwaltschaften wurden im Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis 31. Dezember 2013 Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen die §§ 29, 29 a, 30, 30 a BtMG wie folgt bearbeitet: 2010 Gerichtliches Verfahren Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO Einstellung nach § 31 a BtMG sonstige Erledigung unerledigt 841 2376 3843 1724 20 2011 Gerichtliches Verfahren Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO Einstellung nach § 31 a BtMG sonstige Erledigung unerledigt 973 2580 3529 1382 24 2012 Gerichtliches Verfahren Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO Einstellung nach § 31 a BtMG sonstige Erledigung unerledigt 796 2146 3552 1251 36 2013 Gerichtliches Verfahren Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO Einstellung nach § 31 a BtMG sonstige Erledigung unerledigt 960 2350 4187 1522 106 Drucksache 18/2592 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 4 Der Tabelle liegt aufgrund der Art der Erfassung in MESTA keine Zählung der Verfahren, sondern eine Kopfzählung nach der Anzahl der Beschuldigten zugrunde. Für die Jahre 2003 bis 2009 sind aus MESTA keine belastbaren Zahlen zu ermitteln. Unter „gerichtliches Verfahren“ sind der Abschluss des Ermittlungsverfahrens durch Anklage, Strafbefehlsantrag, Antrag nach § 76 JGG und Antrag nach § 417 StPO zusammengefasst. Unter „sonstige Erledigung“ sind unter anderem Einstellungen nach den §§ 153 ff StPO, Einstellungen nach § 45 JGG, Absehen von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens nach § 152 Abs. 2 StPO mangels Anfangsverdachts, Tod des Beschuldigten, Verfahrensbindungen oder Verfahrensabgaben zusammengefasst. Die bei den Gerichten anhängigen Betäubungsmittelverfahren wurden im Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2013 wie folgt abgeschlossen: Jahr Verurteilte Freispruch Einstellung des Verfah- rens 2003 678 14 95 2004 764 17 114 2005 697 25 81 2006* 2007 643 17 75 2008 707 23 74 2009 597 38 74 2010 647 35 54 2011 718 45 62 2012 616 21 68 2013 568 22 96 Die Zahlen sind der bundeseinheitlichen Strafverfolgungsstatistik entnommen. Für das Jahr 2006 liegen keine validen Daten vor. 4. Wie hoch schätzt die Landesregierung die Arbeitsbelastung durch die oftmals bloß formale Bearbeitung bei Polizei und Staatsanwaltschaft und der anschließenden Einstellung im Bereich der geringen Mengen von Cannabis ein? Antwort: Die polizeiliche Arbeitsbelastung in diesem Bereich ist ohne weitere Ermittlungsansätze zu anderen Kriminalitätsphänomenen oder schwerwiegenden Delikten der Rauschgiftkriminalität trotz der hohen Fallzahlen relativ gering. In diesen Fällen ist in der Regel die Strafanzeige, ggf. Niederschrift über die Sicherstellung / Beschlagnahme und die Abverfügung an die Staatsanwaltschaft zu übersenden . Ferner ist eine statistische Erfassung zu fertigen. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2592 5 Die Sachbearbeitung durch Polizei und Staatsanwaltschaft orientiert sich an der Richtlinie zur Umsetzung des § 31 a BtMG (AV des MJAE vom 25. Juli 2006) sowie der diesbezüglichen Handreichung des Generalstaatsanwalts vom 18. Juli 2008. Nach der Richtlinie ist vorgesehen, dass die Polizei in diesen Fällen einen Vortest durchführt, eine Strafanzeige anfertigt und die Betäubungsmittel und Konsumutensilien beschlagnahmt. Auf Zeugenvernehmungen und weitere Ermittlungsmaßnahmen ist zu verzichten. Die Beurteilung der Arbeitsbelastung der Staatsanwaltschaft durch diese Verfahren entzieht sich indes einer pauschalierenden Betrachtung. Zwar sind die Vorgänge im Regelfall nicht umfangreich, dennoch gehen den Entschließungen der Staatsanwaltschaft einzelfallbezogene Prüfungen voraus, um die Sachverhalte in objektiver und subjektiver Hinsicht zu bewerten. Auch kann die Komplexität der Sachverhalte durchaus divergieren und es wird – insbesondere bei Verfahren gegen Jugendliche – zu prüfen sein, ob vorrangig Maßnahmen der Suchtberatung oder pädagogischer Hilfestellungen angezeigt sind. Insofern findet auch keine „bloß formale Bearbeitung“ statt.