SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/2643 18. Wahlperiode 29. Januar 2015 Kleine Anfrage der Abgeordneten Patrick Breyer und Uli König (PIRATEN) und Antwort der Landesregierung – Ministerin für Justiz, Kultur und Europa Ergebnisse der ersten Prüfung der juristischen Ausbildung 1. Wie viele Studierende sind in der ersten Prüfung insgesamt, der staatlichen Pflichtfachprüfung und der universitären Schwerpunktbereichsprüfung im Jahr 2014 in den einzelnen Prüfungsdurchgängen und insgesamt jeweils mit welcher Note bewertet worden? Soweit vorhanden wird zusätzlich um eine Darstellung unter Unterscheidung zwischen erstmaligen Teilnehmern und wiederholten Teilnehmern gebeten. Antwort: In 2014 sind 180 Gesamtzeugnisse ausgestellt worden. Bei drei Zeugnissen wur- de die staatliche Pflichtfachprüfung bereits 2013 abgelegt und die universitäre Prü- fung in 2014. Gesamtnoten: Note Anzahl sehr gut 0 gut 10 vollbefriedigend 39 befriedigend 89 ausreichend 42 gesamt 180 Drucksache 18/2643 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 Noten in der Universitären Schwerpunktbereichsprüfung in 2014: Die Ergebnisse der universitären Schwerpunktbereichsprüfung des Jahres 2014 veröffentlicht die rechtswissenschaftliche Fakultät CAU unter http://www.jura.uni-kiel.de/de/StuPrue/schwpr/Statistik%20Fruehjahr%202014.pdf. Die dort geführte Statistik mit Stand 16. Juli 2014 erfasst bislang nur die Schwer- punktbereichsprüfungen im Frühjahr 2014. Weitergehende Daten liegen für den nachgefragten Zeitraum noch nicht vor. Noten in der staatlichen Pflichtfachprüfung in 2014: Note Klausuren: 1/14 mündlich: 5-6/14 Klausuren: 7/14 mündlich: 11-12/14 gesamt nicht bestanden 45 Prüflinge, davon: 6 Wiederholer 2 „Wiederholer“ nach Freiversuch* 2 Wiederholer zur Notenverbesserung 40 Prüflinge, davon: 8 Wiederholer 6 „Wiederholer“ nach Freiversuch* 1 Wiederholer zur Notenverbesserung 85 Prüflinge, davon: 14 Wiederholer 8 „Wiederholer“ nach Freiversuch* 3 Wiederholer zur Notenverbesserung ausreichend 43 Prüflinge, davon: 7 Wiederholer 10 „Wiederholer“ nach Freiversuch* 36 Prüflinge, davon: 5 Wiederholer 3 „Wiederholer“ nach Freiversuch* 2 Wiederholer zur Notenverbesserung 79 Prüflinge, davon: 12 Wiederholer 13 „Wiederholer“ nach Freiversuch* 2 Wiederholer zur Notenverbesserung befriedigend 52 Prüflinge, davon: 5 Wiederholer 1 „Wiederholer“ nach Freiversuch* 7 Wiederholer zur Notenverbesserung 30 Prüflinge, davon: 4 „Wiederholer“ nach Freiversuch* 6 Wiederholer zur Notenverbesserung 82 Prüflinge, davon: 5 Wiederholer 5 „Wiederholer“ nach Freiversuch* 13 Wiederholer zur Notenverbesserung vollbefriedigend 15 Prüflinge, davon: 3 Wiederholer zur Notenverbesserung 4 Prüflinge, davon: 1 Wiederholer zur Notenverbesserung 19 Prüflinge, davon: 4 Wiederholer zur Notenverbesserung gut 6 Prüflinge 0 Prüflinge 6 Prüflinge sehr gut 0 Prüflinge 0 Prüflinge 0 Prüflinge Gesamt: 161 Prüflinge 110 Prüflinge 271 Prüflinge * rechtlich keine Wiederholer Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2643 3 2. Wie sind die Ergebnisse der ersten Prüfung insgesamt, der staatlichen Pflichtfachprüfung und der universitären Schwerpunktbereichsprüfung im bundesweiten Vergleich einzustufen? Soweit hierzu konkrete Vergleichszahlen vorliegen, wird um deren Angabe gebeten. Antwort: Die nachgefragten Ergebnisse erweisen sich im bundesweiten Vergleich als in jeder Hinsicht durchschnittlich. Besondere landesspezifische Auffälligkeiten bezogen auf Kandidaten, einzelne Prüfungsteile oder die Notenverteilung ergeben sich nicht. Daten werden durch das Bundesamt für Justiz erfasst. Es liegen für das Jahr 2014 noch keine Zahlen vor. Unter dem Datum 31. Oktober 2014 veröffentlicht das Bundesamt die Zahlen für 2013 unter: https://www.bundesjustizamt.de/DE/Themen/Buergerdienste/Justizstatistik/Juriste n/Ausbildung.html. 3. Hat die Landesregierung Erkenntnisse über die Anzahl der Studierenden, welche a) an einem kommerziellen Repetitorium, b) den Wiederholungs- und Vertiefungskursen der CAU Kiel oder c) an keinem dieser Angebote teilnehmen? Antwort: zu a): Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse vor. zu b): Die Teilnehmerzahl an den Wiederholungs- und Vertiefungskursen an der CAU schwankt je nach Kurs zwischen 25 und 60. Zusätzlich zum Wiederholungs- und Vertiefungskurs wird für die Examenskandidaten jede Woche (auch in der vorle- sungsfreien Zeit) eine Übungsklausur angeboten. Die Teilnehmerzahl lag hier in den letzten Semestern im Schnitt bei etwa 60. zu c): Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse vor. Drucksache 18/2643 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 4 4. Wie beurteilt die Landesregierung die im Vergleich zu anderen Studiengängen starke Nutzung kommerzieller Repetitorien durch die Studierenden? Antwort: Ungeachtet der Bemühungen der Fachbereiche, die selbst entsprechende Lehrveranstaltungen anbieten, besucht die Mehrheit der Studierenden nach wie vor einen privaten Repetitor. Für die besondere Bedeutung der juristischen Repetitorien ist zum einen auf deren historische Verbindung zum Studium der Rechtswissenschaften zu verweisen. Die Inanspruchnahme eines Repetitors erfolgt bei vielen Studierenden mit Selbstverständlichkeit und ohne eine Prüfung von Alternativen. Insbesondere wird dem Besuch eines Repetitors vielfach der Vorzug vor einer universitären Examensvorbereitung gegeben, ohne deren Qualität und Nutzen geprüft zu haben. Nicht zu unterschätzen ist schließlich ein durch das relativ hohe Entgelt für ein Repetitorium entstehender „Disziplinierungseffekt“. Die Landesregierung geht davon aus, dass bei Wahrnehmung der universitären Angebote zur Examensvorbereitung das Bestehen der staatlichen Prüfungen auch ohne Absolvierung eines kommerziellen Repetitoriums ohne weiteres möglich ist. Für die staatliche Pflichtfachprüfung ist eine unterstellte Diskrepanz zwischen universitärer Ausbildung und staatlicher Prüfung tatsächlich nicht nachzuvollziehen, soweit es die Aufgabenstellungen im schriftlichen Teil der Prüfung betrifft. Tatsächlich wird ein maßgeblicher Teil der Klausuren in der staatlichen Pflichtfachprüfung von Professorinnen und Professoren erstellt. Das Wiederholungs- und Vertiefungsangebot einer Universität wird sich immer von dem Angebot privater Repetitorien strukturell unterscheiden. Letztere sind von der Erwartung eines wissenschaftlichen Anspruchs befreit und können sich einseitig und konzentriert der Vermittlung ausschließlich examensrelevanter Stoffe und Methodik widmen. 5. Wie beurteilt die Landesregierung die Erforderlichkeit von Veränderungen in der juristischen Ausbildung? Welches sind hierbei die Ansätze und Schwerpunkte der Landesregierung? Antwort: Die derzeitige Juristenausbildung ist nach den normativen Vorgaben uneingeschränkt geeignet, ihren Absolventen die erforderlichen Kenntnisse in den Kernbereichen des Rechts zu vermitteln. In Ausbildung und Prüfung werden diese Vorgaben ganz überwiegend umgesetzt. Die jetzige juristische Ausbildung ist eine gute Schulung im analytischen und kritischen Denken, zum Verständnis auch komplexer Strukturen sowie der systematischen Problembearbeitung und fördert die Entwicklung der Fähigkeit zum „vernetzten Denken“. Daneben erfüllen die gegenwärtigen juristischen Prüfungen in einem hohen Maße die Aufgabe, diejenigen Kenntnisse und Fähigkeiten abzuprüfen, über die die Studierenden am Ende des Studiums und die Referendare am Ende des Vorbereitungsdienstes verfügen sollen. Die staatliche Pflichtfachprüfung und die zweite Staatsprüfung erfüllen in vollem Umfang die Anforderungen an eine möglichst objektive Prüfung mit hoher Aussagekraft . Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2643 5 Soweit die Landesregierung jenseits dieser Feststellungen Veränderungsbedarf im Bereich der juristischen Ausbildung sieht, ist darauf hinzuweisen, dass entsprechende Bemühungen vielfach der Einbindung in ein länderübergreifendes Handeln bedürfen; denn gemäß § 5d Abs. 1 S. 2 des Deutschen Richtergesetzes (DRiG) ist die Einheitlichkeit der Prüfungsanforderungen und der Leistungsbewertung zu gewährleisten . Dieses Einheitlichkeitsgebot gibt zugleich den von den Ländern auszufüllenden Gestaltungsrahmen wie auch den Gestaltungsmaßstab vor, indem es die Länder zwar nicht zum Erlass identischer Regelungen, wohl aber dazu verpflichtet , die Gleichwertigkeit der Abschlüsse herzustellen. Unterschiedliche Regelungen in der juristischen Ausbildung und Prüfung sind durch die Zuweisung der Materie zum eigenständigen Regelungsbereich der Länder bedingt und auf die im Grundgesetz vorgesehene föderale Struktur der Bundesrepublik Deutschland zurückzuführen. Dass die Länder allerdings zumindest die Gleichwertigkeit der juristischen Abschlüsse herzustellen haben, ergibt sich auch aus § 6 Abs. 1 und 2 DRiG. Instrument zur Gewährleistung einer Einheitlichkeit der Juristenausbildung im Sinne der Vorschriften des DRiG ist der durch die Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister eingesetzte Ausschuss zur Koordinierung der Juristenausbildung . Defizite in der derzeitigen Juristenausbildung sieht die Landesregierung im Bereich der Vermittlung der Grundlagen des Rechts, die derzeit noch nicht in zufrieden stellendem Maße erfolgt. Ziel der juristischen Ausbildung ist es, Methodik und Systematik der juristischen Denkweise zu vermitteln, die es den angehenden Juristinnen und Juristen ermöglicht, sich zügig in jedes Rechtsgebiet einzuarbeiten und es zu durchdringen. Diesem Ziel dient es nicht, wenn die juristische Ausbildung mit der Vermittlung von teilweise detaillierten Kenntnissen in spezifischen Rechtsgebieten überfrachtet wird und der zu erlernende Prüfungsstoff ausufert. Ein zu breiter Katalog von Prüfungsgegenständen trägt vielmehr maßgeblich dazu bei, dass Studierenden aufgrund des durch den Freiversuch entstehenden Zeitdrucks neben der Vorbereitung auf spezifischen Prüfungsstoff keine Zeit für den Erwerb von Grundlagenkompetenzen sowie die Verfolgung wissenschaftlichen Interesses finden. Behindert wird zudem die wünschenswerte Stärkung weiterer, nicht unmittelbar examensrelevanter Ausbildungsbestandteile wie der Erwerb von Schlüsselqualifikationen sowie die Herstellung frühen Praxisbezugs. Im Rahmen des Koordinierungsausschusses setzt sich die Landesregierung daher dafür ein, einen Vorschlag zu entwickeln, den Stoff der ersten Prüfung und der zweiten Staatsprüfung mit dem Ziel einer signifikanten Begrenzung und Vereinfachung zu bewerten und zu harmonisieren. Hierin sieht die Landesregierung einen Schlüssel zu einer maßgeblichen und nachhaltigen Verbesserung der juristischen Ausbildung. Wünschenswert ist daneben eine Steigerung der Anforderungen an die vorgesehenen universitären Zwischenprüfungen, um Studierenden, die den Anforderungen des Studiengangs nicht gerecht werden, zu einem möglichst frühen Zeitpunkt Gelegenheit zu geben, den Studiengang zu wechseln. Zu allen angesprochenen Veränderungsansätzen und -prozessen ist darauf hinzuweisen , dass die für die Ausbildung und Prüfung junger Juristinnen und Juristen zuständigen staatlichen Stellen einen regelmäßigen Kontakt zur juristischen Fakultät pflegen, um über notwendige Änderungen zu diskutieren.