SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/2647 18. Wahlperiode 29.01.2015 Kleine Anfrage des Abgeordneten des Dr. Patrick Breyer (PIRATEN) und Antwort der Landesregierung - Ministerium für Soziales, Gesundheit, Wissenschaft und Gleichstellung Ehrenamtlich engagierte Schüler und Studenten Vorbemerkung der Landesregierung: Ein Ehrenamt im ursprünglichen Sinn ist nach Auffassung der Landesregierung ein freiwilliges öffentliches Amt, das nicht auf Entgelt ausgerichtet ist. Es wird in der Regel für eine bestimmte Dauer regelmäßig im Rahmen von freien Trägern, Projekten, Vereinen, Initiativen oder Institutionen geleistet. Für ehrenamtliche Tätigkeit fällt gegebenenfalls eine Aufwandsentschädigung an. Zwar hat der Begriff des Ehrenamtes heute eine Erweiterung erfahren, indem zunehmend generell auch „Freiwillige soziale Arbeit“ oder „Bürgerschaftliches Engagement“ darunter subsumiert werden. Gleichwohl ist ehrenamtliche Tätigkeit nach wie vor vor allem dadurch gekennzeichnet , dass sie neben einer Hauptbeschäftigung (also in der Regel in der Freizeit) und ohne Gegenleistung oder Vergütung erbracht wird. 1. Können sich Schüler für ehrenamtliche Tätigkeiten freistellen lassen? Antwort: Für das ehrenamtliche Engagement als Schülervertreterin oder Schülervertreter erhalten die Schülerinnen und Schüler für ihre Tätigkeit Unterrichtsbefreiung gemäß § 83 Abs. 9 Schulgesetz (SchulG). Im Übrigen gilt auch im Fall der Wahrnehmung eines ehrenamtlichen Engagements zunächst die Pflicht der Schülerin oder des Schülers zur Teilnahme am Unterricht gemäß § 11 Abs. 2 SchulG. Eine Beurlaubung von der Teilnahme an einzelnen Unterrichts- oder Schulveranstaltungen kann gemäß § 15 Drucksache 18/2647 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode SchulG auf entsprechenden Antrag ausgesprochen werden, wenn hierfür ein wichtiger Grund vorliegt. Für die Beurteilung dessen kommt es jeweils auf die konkreten Umstände des Einzelfalles an. Eine ehrenamtliche Tätigkeit stellt nicht generell schon einen wichtigen Grund gemäß § 15 SchulG dar. 2. Welche Möglichkeiten gibt es zurzeit, die Wahrnehmung eines Ehrenamts im Studium als entschuldigte Fehlzeit anerkennen zu lassen oder Veranstaltungen zu tauschen, die mit einem Ehrenamt kollidieren? Antwort: Für die Teilnahme an Sitzungen von Hochschulgremien gilt gemäß § 14 Abs. 5 HSG, dass Hochschulmitglieder wegen ihrer Tätigkeit in den Gremien der Hochschule nicht benachteiligt oder begünstigt werden dürfen. Dies bedeutet auch, dass Fehlzeiten von Studierenden aufgrund von Gremiensitzungen entschuldigt sind. § 52 Abs. 4 HSG enthält einen Katalog von Gründen, aus denen eine Prüfung auch dann als innerhalb der Regelstudienzeit abgelegt gilt, wenn sie in angemessener Frist nach Ablauf dieses Zeitpunktes abgelegt wurde. Einer dieser Gründe (Nr. 5) ist die Mitgliedschaft in Gremien der Hochschule oder in satzungsmäßigen Organen der Studierendenschaft oder des Studentenwerks. Darüber hinaus gilt nach Nr. 8 der Vorschrift die Generalklausel anderer wichtiger , in der eigenen Person liegender Gründe, die die Einhaltung der vorgegebenen Studienzeit als unbillige Härte erscheinen lassen. 3. Könnten diese Möglichkeiten ausgeweitet werden? Antwort: Die gesetzlichen Regelungen eröffnen den Hochschulen insbesondere aufgrund des § 52 Abs. 4 HSG ausreichende Möglichkeiten, so dass keine Ausweitungen geplant sind. Als Beispiel für diese Möglichkeiten sie auf die Christian -Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) hingewiesen. Die CAU hat, um Kollisionen zu vermeiden, den sog. „Gremiennachmittag“ (jeder Mittwoch) geschaffen , der möglichst weitgehend frei von Lehrveranstaltungen sein soll. 4. Dürfen an Ganztagsschulen Hausaufgaben gegeben werden, die nicht wäh- rend der Anwesenheit an der Schule erledigt werden können? Antwort: Ja, wenn dies pädagogisch dem Grunde sowie dem Umfang nach sinnvoll ist, um den schulischen Lernprozess zu unterstützen. Grundsätzlich gilt, dass einer Überlastung der Schülerinnen und Schüler durch Hausaufgaben vorzubeugen ist. 2 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2647 5. Welche Möglichkeiten gibt es zurzeit, ehrenamtlich tätige Bewerber/innen bei der Vergabe wohnortnaher Studienplätze bevorzugt zu berücksichtigen? Könnten diese Möglichkeiten ausgeweitet werden? Antwort: Nach den geltenden Rechtsvorschriften bestehen unterschiedliche Möglichkeiten , ehrenamtlich tätige Studienbewerberinnen und Studienbewerber im Rahmen der Studienplatzvergabe zu begünstigen. Sowohl der Staatsvertrag für das bundesweite zentrale Vergabeverfahren vom 5. Juni 2008 (GVOBl. Schl.- H. S. 304) als auch das Hochschulzulassungsgesetz vom 19. Juni 2009 (GVOBl. Schl.-H. S. 331), zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 24. September 2014 (GVOBl. Schl.-H. S. 306), für örtlich zulassungsbeschränkte Studiengänge lassen grundsätzlich im Rahmen des Hochschulauswahlverfahrens Möglichkeiten zur Bonierung ehrenamtlicher Tätigkeiten zu. Die Ausgestaltung im Einzelnen obliegt dabei den Hochschulen in ihren jeweiligen Auswahlsatzungen. Im zentralen Vergabeverfahren bestehen darüber hinaus weitere Möglichkeiten zur Berücksichtigung eines Studienortwunsches im Rahmen der Verteilung der in den zentralen Quoten (Abiturbestenquote und Wartezeitquote) ausgewählten Bewerberinnen und Bewerber auf die Studienorte. Im Rahmen der Abiturbestenquote ist allerdings nur eine nachrangige Berücksichtigung möglich . Vorrangig wird hier nach der Wahl des Studienortes und nach der Durchschnittsnote am bevorzugten Studienort zugelassen. Im Rahmen des zentralen Vergabeverfahrens könnten diese Möglichkeiten nur im Konsens aller Länder ausgeweitet werden. Eine einseitige Veränderung durch das Land Schleswig-Holstein ist nicht möglich. Darüber hinaus müssten die verfassungsrechtlichen Vorgaben beachtet werden. Danach muss grundsätzlich ein chancengleiches Verfahren für alle Bewerberinnen und Bewerber ermöglicht werden. 6. Welche Möglichkeiten gibt es zurzeit, ehrenamtliche Aktivitäten im Studium als Studienleistung oder Praktika anzurechnen oder dafür Credit Points zu vergeben ? Könnten diese Möglichkeiten ausgeweitet werden? Antwort: Nach § 51 Abs. 2 Satz 3 ff. HSG sind außerhalb von Hochschulen erworbene Kompetenzen und Fähigkeiten auf ein Hochschulstudium anzurechnen, wenn ihre Gleichwertigkeit mit den Kompetenzen und Fähigkeiten, die im Studium zu erwerben sind und ersetzt werden sollen, nachgewiesen ist. Insgesamt können bis zu 50% der für den Studiengang erforderlichen Leistungspunkte angerechnet werden; insgesamt dürfen nicht mehr als 50% der Prüfungsleistungen angerechnet werden. Die Hochschulen regeln in der Prüfungsordnung, unter welchen Voraussetzungen Kenntnisse und Fähigkeiten, die außerhalb der Hochschule erworben wurden, angerechnet werden. Eine Anerkennung ist grundsätzlich möglich, wenn mit dem ausgeübten Ehrenamt in einem Studiengang konkret geforderte Kompetenzen und Fähigkeiten nachgewiesen werden können. Mit der Begrenzung auf 50% der erforder- 3 Drucksache 18/2647 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode lichen Leistungspunkte sowie Prüfungsleistungen wird der von der KMK vorgegebene Rahmen ausgeschöpft. Eine Ausweitung ist daher weder möglich noch vorgesehen. 4