Seite 1 von 8 SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/2648 18. Wahlperiode 2015-01-30 Kleine Anfrage der Abgeordneten Sven Krumbeck und Uli König (Piratenfraktion) und Antwort der Landesregierung - Ministerin für Schule und Berufsbildung Philosophieunterricht an Schleswig-Holsteins Schulen Vorbemerkung der Landesregierung: In Schleswig-Holstein werden gemäß KMK-Beschluss die Daten der Schulstatistik als Schülereinzeldatensätze erfasst. Dabei werden v.a. die im „Kerndatensatz für schul- statistische Individualdaten der Länder“ (KDS) von der KMK vorgegebenen Merkmale erhoben. Die Schulstatistik erhebt fächerspezifische Daten derzeit nur für die Ober- stufe. Durch eine Erweiterung des Schülerdatensatzes auf die Fächerdaten sind voraussichtlich ab 2018 belastbare zusätzliche Auswertungen möglich. 1. An wie vielen Schulen wird Philosophieunterricht als Alternative zum Religions- unterricht angeboten? Es wird darum gebeten, die Frage aufgeschlüsselt nach Klassenstufen und Schularten zu beantworten. Antwort: Siehe Vorbemerkung, für die Oberstufe siehe nachstehende Tabelle: Seite 2 von 8 2. Wie viele Schülerinnen und Schüler entscheiden sich für die Teilnahme am Phi- losophieunterricht und was bedeutet diese Zahl jeweils in Relation zu den Schü- lerinnen und Schülern, die am Religionsunterricht teilnehmen? Es wird darum gebeten, die Frage aufgeschlüsselt nach Klassenstufen und Schularten zu beantworten. Antwort: Siehe Vorbemerkung, für die Oberstufe siehe nachstehende Tabelle: INSG E Q1 Q2 Gemeinschaftsschule 25 25 24 24 Gymnasium 98 98 97 96 Summe 123 123 121 120 Zahl der Schulen an denen Philosophieunterricht an öffentlichen Gemeinschaftsschulen und Gymnasien in der Oberstufe angeboten wird - Schuljahr 2013/14 - Oberstufe nach Jahrgangsstufen Schulart Seite 3 von 8 INSG E Q1 Q2 * Gemeinschaftsschule Philosophie 2.776 1.058 912 806 Religion 2.233 890 737 606 Summe 5.009 1.948 1.649 1.412 Gymnasium 1) Philosophie 16.446 9.121 4.198 3.127 Religion 17.543 9.226 4.627 3.690 Summe 33.989 18.347 8.825 6.817 Berufliches Gymnasium Philosophie 2.193 943 862 388 Religion 1.138 520 412 206 Summe 3.331 1.463 1.274 594 Zusammen Philosophie 21.415 11.122 5.972 4.321 Religion 20.914 10.636 5.776 4.502 Gesamtergebnis 42.329 21.758 11.748 8.823 1) Doppeljahrgang in der E-stufe * einschl. jahrgangsübergreifendem Unterricht - Absolut - Oberstufe nach JahrgangssstufenSchulart Fach Zahl und Anteile der Schülerinnen und Schüler im Religions- und Philosophieunterrricht der Oberstufe an öffentlichen Gemeinschaftsschulen und Gymnasien - Schuljahre 2013/14 - Seite 4 von 8 3. Wie werden die Schülerinnen und Schüler bzw. ihre Eltern über die Wahlmög- lichkeiten zwischen Religions- und Philosophieunterricht informiert? Antwort: In der Primar- und Sekundarstufe I hat der Philosophieunterricht lt. Kirchenstaatsver- trag den Status eines Ersatzfaches. D.h. überall dort, wo Eltern ihre Kinder oder reli- gionsmündige Jugendliche sich selbst vom Religionsunterricht abmelden, erhalten sie Unterricht in Philosophie, sofern sich eine pädagogisch sinnvolle Gruppe bilden lässt und Lehrkräfte zur Verfügung stehen. Wenn nicht mindestens zwölf Schülerin- nen und Schüler einer Klasse eine Gruppe bilden, ist Philosophieunterricht klassen- und/oder jahrgangsübergreifend zu erteilen. Sofern kein klassen- oder jahrgangs- übergreifender Philosophieunterricht angeboten werden kann, kann im Einverneh- men mit den Eltern auch anderer, pädagogisch sinnvoller Unterricht, der dem Religi- onsunterricht nicht gleichwertig ist, vorgesehen werden. In diesem Fall wird keine INSG E Q1 Q2 * Gemeinschaftsschule Philosophie 55,4 54,3 55,3 57,1 Religion 44,6 45,7 44,7 42,9 Summe 100,0 100,0 100,0 100,0 Gymnasium Philosophie 48,4 49,7 47,6 45,9 Religion 51,6 50,3 52,4 54,1 Summe 100,0 100,0 100,0 100,0 Berufliches Gymnasium Philosophie 65,8 64,5 67,7 65,3 Religion 34,2 35,5 32,3 34,7 Summe 100,0 100,0 100,0 100,0 Zusammen Philosophie 50,6 51,1 50,8 49,0 Religion 49,4 48,9 49,2 51,0 Gesamtergebnis 100,0 100,0 100,0 100,0 * einschl. jahrgangsübergreifendem Unterricht Schulart Fach - % - Anteile - Oberstufe nach Jahrgangssstufen Seite 5 von 8 Note erteilt. Stimmen die Eltern einem solchen Unterrichtsangebot nicht zu, nehmen die Schülerinnen und Schüler an keinem Unterricht teil; sie haben jedoch Anweisun- gen der Schule auf der Grundlage der zu gewährleistenden Aufsichtspflicht Folge zu leisten. In der Grundschule werden alle Eltern auf Veranstaltungen vor der Einschulung über ihr Wahlrecht bezüglich des Religionsunterrichts informiert. Die Stellung des Fachs Religion in der Schule sowie die Religions- und Gewissensfreiheit sind grundgesetz- lich geschützt. Deshalb haben die Eltern das Recht, über die Teilnahme ihres Kindes am Religionsunterricht zu entscheiden. Die weiterführenden Schulen informieren darüber in der Regel auf ihren Informati- onsveranstaltungen für die Eltern der Viertklässler und fragen auf ihren Anmeldebö- gen ab, ob Eltern ihr Kind vom Religionsunterricht abmelden. Darüber hinaus infor- miert eine umfassende Broschüre des Bildungsministeriums über „Evangelische Re- ligion, Katholische Religion und Philosophie auf einen Blick“ (auf dem Bildungsportal unter http://www.schleswig-holstein.de/Bildung/DE/Service/Broschueren/Bildung/Religion_ _blob=publicationFile.pdf). In dieser Broschüre werden auch die rechtlichen Rah- menbedingungen (Grundgesetz, Staatskirchenvertrag) angegeben und erläutert. In der Sekundarstufe II können die Schülerinnen und Schüler wählen, hier werden die Schülerinnen und Schüler sowie ihre Eltern auf Informationsveranstaltungen zur Oberstufe über Belegpflichten und Fächerangebote und deren Inhalte und Arbeits- weise informiert. 4. Wie stellt die Landesregierung sicher, dass es hinsichtlich der gerechten Bil- dungschancen und der sich daraus abzuleitenden Wahlmöglichkeiten eine flä- chendeckende Gleichbehandlung der Fächer „Philosophie“ und „Religion“ gibt? Antwort: Für den Philosophieunterricht gelten die gleichen Bedingungen wie für den Religi- onsunterricht. Beide Fächer werden prinzipiell im gleichen Umfang unterrichtet, den Unterricht erteilen grundsätzlich examinierte Lehrkräfte mit einem Hochschulab- schluss in dem entsprechenden Fach. Bei Bedarf können in der Sekundarstufe I auch Lehrkräfte, die Philosophie als Neigungsfach unterrichten, eingesetzt werden. Für diese Lehrkräfte gibt es Fortbildungsangebote am IQSH. Seite 6 von 8 Die Landesregierung sieht die Fächer Religion und Philosophie nicht in einem Kon- kurrenzverhältnis. Die Eltern bzw. religionsmündige Schülerinnen und Schüler ent- scheiden selbst, in welchem Fach sie unterrichtet werden wollen. 5. Wie viel Philosophieunterricht wird derzeit von fachfremden Lehrerinnen und Lehrern unterrichtet? Es wird darum gebeten, die Frage aufgeschlüsselt nach Klassenstufen und Schularten zu beantworten. 6. Besitzt die Landesregierung Kenntnisse darüber, in welchem Umfang Philoso- phieunterricht nicht angeboten werden kann, weil es nicht ausreichend viele und qualifizierte Lehrkräfte für das Fach gibt? Wenn ja, wie sehen diese Kenntnisse aus? Wenn nein, beabsichtigt die Landesregierung dieser Frage nachzugehen? Antwort zu Frage 5 und 6: Nein, diese Kenntnisse besitzt die Landesregierung nicht. In der Statistik werden die vorhandenen Lehrbefähigungen einer Lehrkraft erfasst, gleichwohl gibt es keine In- formation darüber,  ob Lehrkräfte ihre Studienfächer überhaupt unterrichten,  in welchem Stundenverhältnis Lehrkräfte ihre Studienfächer unterrichten,  ob die Kompensation eines Faches durch Einsatz von Lehrkräften nach „Nei- gung“ erfolgt. Langfristig ist geplant, Fächerdaten auch bei den Lehrkräften zu erfassen; durch eine Erweiterung des Schülerdatensatzes auf die Fächerdaten sind voraussichtlich ab 2018 belastbare zusätzliche Auswertungen möglich. 7. Besitzt die Landesregierung Pläne oder Konzepte, um gezielt Lehrernachwuchs für den Philosophieunterricht an den Schulen zu generieren? Wenn ja, wie sehen diese Pläne oder Konzepte konkret aus? Wenn nein, beabsichtigt die Landesregierung dieser Frage nachzugehen? Seite 7 von 8 Antwort: Studienangebot: Für alle Schularten gibt es in Schleswig-Holstein ein Lehramts-Studienangebot für das Fach Philosophie, entweder in Flensburg für die Primarstufe und die Sekundar- stufe I oder in Kiel für die Sekundarstufen I und II. Qualifizierung von Grundschullehrkräften: Seit dem 01.08.2011 gibt es einen Lehrplan für Philosophie an der Grundschule. Seit dem Schuljahr 2011/12 findet daher jährlich eine einjährige Qualifizierungsmaßnah- me für Lehrkräfte statt, in deren Rahmen eine Unterrichtsgenehmigung erworben werden kann. Bisher haben pro Jahr 25 Lehrkräfte an dieser Weiterbildungsmaß- nahme teilgenommen. Zukünftig soll diese Zahl erhöht werden. 8. Welche Bedeutung misst die Landesregierung dem Fach Philosophie a) für die Entwicklung junger Menschen, b) für den Fächerkanon aller Schularten und Schulstufen und c) für die zukünftige Lehrer_innenausbildung zu? Antwort: a) Der Philosophieunterricht beschäftigt sich - wie auch die Fächer Evangelische Re- ligion und Katholische Religion - mit den Grundfragen des Menschen. Alle drei Fä- cher wollen Kinder und Jugendliche in ihrem Heranwachsen begleiten und ihnen Wege zu einem Leben in Mündigkeit und Toleranz zeigen. Der Philosophieunterricht zielt auf die Förderung der kognitiven Begründungs-, Ar- gumentations- und Urteilskompetenzen vorrangig in den anthropologischen, ethi- schen, erkenntnistheoretischen und metaphysischen Reflexionsbereichen. Hier gibt es verschiedene thematische Überschneidungen mit dem Fach Religion, so dass aufgrund der unterschiedlichen Herangehensweisen angestrebt wird, fächer- übergreifend zusammenzuarbeiten, um die Vielfalt der Antworten auf eine Frage deutlich werden zu lassen. So können Urteilsfähigkeit, Toleranz und Dialogbereit- schaft entwickelt werden. Seite 8 von 8 b) Mit der Einführung der sog. Kontingentstundentafel und der Reform der Oberstufe 2008 sind die Fächer Religion und Philosophie in das Aufgabenfeld der gesell- schaftswissenschaftlichen Fächer integriert worden. Dennoch sind sie - anders als andere Fächer des Aufgabenbereichs - für die Sekundarstufe I wie auch für die Se- kundarstufe II mit einer festen Stundenzahl ausgestattet worden (jeweils 6 Stunden), diese dürfen nicht unterschritten werden. Für Abiturientinnen und Abiturienten bedeu- tet diese Eingliederung in das gesellschaftswissenschaftliche Aufgabenfeld zudem, dass sie ihre Prüfungspflicht in diesem Aufgabenbereich auch mit Religion oder Phi- losophie abdecken können. c) Siehe Antwort zu Frage 7.