SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/2710 18. Wahlperiode 25.02.2015 Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Patrick Breyer (PIRATEN) und Antwort der Landesregierung - Finanzministerium Uneinbringlichkeit von Steuerforderungen Vorbemerkung: Nach Presseberichten (u.a. SHZ vom 6. Januar 2015) soll dem Land im Fall des Kieler Augenarztes Uthoff die Uneinbringlichkeit von Steuerforderungen in der Größenordnung von 30 Mio. Euro drohen, weil versäumt worden sei, vor der Aussetzung der Vollstreckung Sicherheiten zu fordern. Wegen des Steuergeheimnisses (§ 30 Abgabenordnung) ist eine Stellungnahme zu dem in der Vorbemerkung beschriebenen Sachverhalt und insbesondere zu der Frage, ob eine „Aussetzung der Vollstreckung“ gewährt worden ist oder nicht, nicht möglich. Bei den nachfolgenden Antworten handelt es sich – mit Rücksicht auf das Steuergeheimnis - um allgemeine Ausführungen zu abstrakten Rechtsfragen. Die „Aussetzung der Vollstreckung“ ist in der Abgabenordnung nicht vorgesehen. Unter Bezugnahme auf die vom Fragesteller angeführten Presseberichte betreffen die Antworten zu 1. und 2. daher die Aussetzung der Vollziehung. 1. Ist es pflichtgemäß, die Vollstreckung von Steuerforderungen ohne Sicherheitsleistung auszusetzen? Unter welchen Voraussetzungen ist dies gegebenenfalls pflichtgemäß? Ob die Vollziehung eines Verwaltungsakts ausgesetzt wird und ob diese Aussetzung von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht wird, wird nach pflichtgemäßem Ermessen der Finanzbehörden entschieden. Die Ermessensentscheidung richtet sich hierbei nach den Umständen des Drucksache 18/2710 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 jeweiligen Einzelfalls. Eine pauschalisierte Aussage kann somit nicht getroffen werden. 2. Gibt es Dienstvorschriften über die Möglichkeit, die Vollstreckung von Steuerforderungen ohne Sicherheitsleistung auszusetzen? Wenn ja, wie lauten diese Vorschriften im Wortlaut? Ja. Grundlage dieser Regelung ist § 361 Absatz 2 Abgabenordnung, der auszugsweise wie folgt lautet: „Die Finanzbehörde, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; (...). Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. (…). Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden.“ Im Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) heißt es dazu unter Nr. 9.2.2 (auszugsweise): „Die Anordnung einer Sicherheitsleistung muss vom Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bestimmt sein. Sie ist geboten, wenn die wirtschaftliche Lage des Steuerpflichtigen die Steuerforderung als gefährdet erscheinen lässt.“ Ferner ist im AEAO unter Nr. 9.2.3 geregelt: „Kann ein Steuerpflichtiger trotz zumutbarer Anstrengung eine Sicherheit nicht leisten, darf eine Sicherheitsleistung bei Aussetzung/ Aufhebung der Vollziehung wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts nicht verlangt werden; Aussetzung/ Aufhebung der Vollziehung wegen unbilliger Härte darf jedoch bei Gefährdung des Steueranspruchs nur gegen Sicherheitsleistung bewilligt werden (BFHBeschluss vom 9. 4. 1968, I B 73/67, BStBl II S. 456).“ 3. Besteht eine Anweisung an die Steuerverwaltung, bei Uneinbringlichkeit von Steuerforderungen nach sechs Monaten Insolvenzantrag zu stellen? Wie ist der genaue Wortlaut der diesbezüglichen Anweisung? Nein, es besteht keine Anweisung. 4. Unterstellt die Uneinbringlichkeit einer Steuerforderung in zweistelliger Millionenhöhe würde drohen, würde überprüft werden, ob dies auf einer Pflichtverletzung der verantwortlichen Amtsinhaber beruht? Uneinbringliche Steuerforderungen werden – unabhängig von der Höhe - niedergeschlagen, wenn feststeht, dass die Einziehung keinen Erfolg haben wird (§ 261 Abgabenordnung). Im Rahmen des Zeichnungsrechts wird in der Kette sichergestellt, dass alle Vollstreckungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind, sodass Pflichtverletzungen weitestgehend ausgeschlossen werden können. Eine Prüfung wäre dann vorzunehmen, wenn Anhaltspunkte für eine Pflichtverletzung vorlägen. Eine automatische Prüfung auf Pflichtverletzung in 3 Abhängigkeit von Beträgen ist nicht vorgesehen. 5. Würden die Verantwortlichen gegebenenfalls in Regress genommen werden? Bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz würden Verantwortliche gegebenenfalls in Regress genommen. 6. Würden für die Zeitdauer der Prüfung verjährungsunterbrechende Maßnahmen im Hinblick auf mögliche Regressforderungen ergriffen? Das Finanzministerium setzt alles daran, etwaige Regressforderungen so rechtzeitig anzufordern, dass keine Verjährung eintreten kann.