SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/2723 18. Wahlperiode 2015-02-26 Kleine Anfrage des Abgeordneten Wolfgang Kubicki (FDP) und Antwort der Landesregierung - Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Ansiedlung des Goldenen Scheckenfalters in Schleswig-Holstein 1. Welche Maßnahmen wurden seit 2010 durchgeführt, um den Goldenen Scheckenfalter in Schleswig-Holstein anzusiedeln? Bitte chronologisch und nach Kosten aufschlüsseln. Maßnahmen zur Ansiedlung des Goldenen Scheckenfalters werden nur im Rahmen des EU-kofinanzierten Projektes LIFE-Aurinia durch den Projektträger Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein durchgeführt. Dieses Projekt beinhaltet die Entwicklung nährstoffarmer und artenreicher Offenlandlebensräume wie Heiden, artenreiches Grünland, Feuchtwiesen und Magerrasen. Der Goldene Scheckenfalter ist dabei die Schirmart der Lebensräume und steht für eine Vielzahl gefährdeter Tier- und Pflanzenarten. In 15 Projektgebieten mit insgesamt knapp 4.000 ha wurden Maßnahmen zur Wiederherstellung bzw. Verbesserung der Lebensräume durchgeführt. Die Kostenaufstellung erfolgte nach Jahren und Aktionen und enthält sowohl Sach- als auch Personalkosten. Maßnahmen zur Vegetationsoptimierung (Reaktivierung Wasserhaushalt, Morphologie, Mahd, Flächenvorbereitung, Mahdgutübertragung, Plaggen, Aussaaten, Auspflanzungen, Rohbodenflächen, Gehölzmanagement): 2010 2011 2012 2013 2014 330,82 € 25.856,72 € 82.016,18 € 376.785,78 € 479.968,99 € Drucksache 18/2723 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 Maßnahmen zur Pflege von Lebensräumen mittels Beweidung (Einrichtung von Weiden, Pflegebeweidung mit Ziegen): 2010 2011 2012 2013 2014 214,97 € 1.479,93 € 39.352,99 € 110.965,86 € 180.677,31 € Direkte Maßnahmen zur Wiederansiedlung des Goldenen Scheckenfalters (v.a. Zuchtpopulation): 2010 2011 2012 2013 2014 0,00 € 35,47 € 870,97 € 6.953,98 € 5.058,06 € 2. Ist das Projekt, den Goldenen Scheckenfalter in Schleswig-Holstein anzusie- deln, abgeschlossen? Wenn nein, wann ist dieses Projekt voraussichtlich abgeschlossen ? Das Projekt LIFE-Aurinia ist zum 01.09.2010 mit einer Laufzeit von acht Jahren bis zum 31.12.2018 bewilligt worden. 3. Wie hoch waren die Kosten insgesamt und wie hoch war der Landesanteil an den Projektkosten? Die Kosten betrugen bis Ende 2013 insgesamt 1,04 Mio. Euro, von denen die EU 50 % übernimmt. Eine direkte finanzielle Beteiligung des Landes Schleswig-Holstein an diesem Projekt erfolgt nicht. Das Land beteiligt sich nur insofern an den Kosten, als dass die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein jährlich Zuwendungsmittel über den Haushaltstitel 1313 02 894 02 in Höhe von 240 T€ erhält, die für die Kofinanzierung von Drittmittelprojekten (LIFE, Interreg, etc.) insgesamt sowie für die Förderung von Projekten mit Vereinen, Verbänden und Kommunen vorgesehen sind. Aus diesen Mitteln bestreitet die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein die notwendigen Eigenmittel zur Sicherstellung der Gesamtfinanzierung und damit die Akquise der Drittmittel. 4. Wie viel Hektar Nadelwald wurden insgesamt für das Projekt abgeholzt? Welche Kosten sind dadurch für das Land Schleswig-Holstein entstanden? Die Waldumwandlung hatte einen Umfang von insgesamt 18 ha. Davon wurde eine Fläche von 14 ha kahlgeschlagen. Etwa 3,2 ha waren eingestreute Moorflächen , die rechtlich Wald im Sinne des Gesetzes waren und für die in Folge dessen rechtlich eine Waldumwandlung stattfand, obwohl keine Bäume gefällt wurden. Zum Schutz von benachbarten Waldbeständen verblieb auf 0,8 ha ein Nadelholzbestand, der mit Laubbäumen unterpflanzt wurde. Die Abholzung hat aufgrund der erzielten Holzerlöse keine Kosten verursacht. Im Rahmen der weiteren Biotopgestaltung des Projektgebietes Lütjenholm wurden nach der Abholzung auf 14 ha die Stubben gefräst und die Rohhumusschicht zur Entwicklung einer Heidefläche abgetragen. Die Maßnahmen waren Teil eines Gesamtauftrages, bei dem die Holzerlöse direkt mit den Kos- Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2723 3 ten verrechnet wurden. Insgesamt kostete die Maßnahme 171.232,67 €. Diese Kosten sind in der Antwort zu Frage 1 einbezogen. 5. Wie viel Hektar Nadelwald wurden aufgrund der Rodung der Flächen wo neu gepflanzt? Welche Kosten sind für das Land Schleswig-Holstein dadurch entstanden ? Es wurde kein neuer Nadelwald gepflanzt. Stattdessen wurde eine Ersatzaufforstung mit standortgerechten Laubgehölzen im Verhältnis 1:1 an vier Standorten durchgeführt. Sie teilt sich wie folgt auf: Gemarkung Flur Flurstück Fläche (ha) Tinningstedt 4 47 4,8753 Tinningstedt 5 15 1,3134 Tinningstedt 5 16 1,6227 Tinningstedt 5 18 0,9847 Soholm 1 7 1,7747 Soholm 1 31 1,5253 Jörl 5 25 0,3000 Pobüll 3 1/2 3,5000 Bünsdorf 5 115/5 0,4282 Lehmbek 2 74/1 1,6654 Hinsichtlich der Beantwortung der Frage der Kosten, die für das Land Schleswig -Holstein entstanden sind, wird auf die Antwort zu Frage Nr. 3 verwiesen. 6. Liegen Ergebnisse vor, wie sich die Population des Goldenen Scheckenfalters seit Beginn des Projektes in Schleswig-Holstein entwickelt hat? Wenn ja, welche ? Wenn nein, warum nicht? Eine generelle Aussage zur Populationsentwicklung ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht möglich. Die aktive Wiederansiedlung des Goldenen Scheckenfalters ist Bestandteil der 2. Projektphase, die 2014 begann. Erste Erfolgskontrollen werden im Laufe des Jahres 2015 vorliegen. Da der Goldene Scheckenfalter nur eine Generation pro Jahr hat, werden aussagekräftige Angaben zur Entwicklung der Population erst in mehreren Jahren möglich sein. 7. Wie viele lebende Goldene Scheckenfalter sind aus Sicht der Landesregie- rung nötig, um mindestens eine stabile Goldene Scheckenfalter Population zu gewährleisten? Insekten unterliegen natürlicherweise starken Populationsschwankungen. So kann die Anzahl der jährlich auftretenden Individuen um das Hundertfache höher oder niedriger ausfallen als im Jahr zuvor, was Aussagen über eine bestimmte Anzahl in jedem Jahr vorhandener, sozusagen „benötigter“ Individuen unmöglich macht. Dies gilt auch für den Goldenen Scheckenfalter. Drucksache 18/2723 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 4 Allgemein gilt eine Population als stabil, wenn sie die natürlicherweise meist vom Witterungsverlauf induzierten Schwankungen dauerhaft überlebt oder aber lokale Aussterbeereignisse durch eine Wiederbesiedlung von benachbarten Vorkommen ausgleichen kann (Metapopulation). 8. Wie viele Goldene Scheckenfalter wären aus Sicht der Landesregierung als Erfolg dieser Maßnahme zu bezeichnen. S. auch Antwort zu Frage 7. Für den Erfolg des LIFE-Projektes ist die Anzahl der stabil mit Populationen des Goldenen Scheckenfalters besiedelten Gebiete nur ein Kriterium. Das Ziel des LIFE-Aurinia-Projektes geht deutlich über die Wiederansiedlung des Goldenen Scheckenfalters hinaus, der als Schirmart für gefährdete nährstoffarme Lebensräume steht. Dies sind u.a. die FFH-Lebensraumtypen Borstgrasrasen , Heiden, nährstoffarme Feuchtwiesen sowie blütenreiche Magerrasen , die sich in SH insgesamt in einem schlechten Erhaltungszustand befinden und für die nach der FFH-Richtlinie (92/43/EWG) eine Verbesserung erforderlich ist. Diese Lebensräume sind von herausragender Bedeutung für eine Vielzahl weiterer Tier- und Pflanzenarten, die in Schleswig-Holstein z.T. gefährdet oder sogar vom Aussterben bedroht sind. Der Projekterfolg bemisst sich also daran, ob nach Abschluss des Projektes in den Projektgebieten der Erhaltungszustand der Lebensräume verbessert wurde bzw. neue Lebensräume geschaffen wurden und es gelungen ist, die artenreichen Lebensgemeinschaften dieser Lebensräume zu sichern. Im engeren Sinn erfolgreich ist das Projekt zu bewerten, wenn auch über das Projektende (2018) hinaus der Goldene Scheckenfalter mit verschiedenen Teilpopulationen dauerhaft in Schleswig-Holstein etabliert ist und die im Rahmen des Projektes angesiedelten Bestände als Quellpopulation für die Besiedlung weiterer, z.T. im Rahmen des Projektes wiederhergestellter Gebiete dienen . 9. Liegen Ergebnisse oder Beobachtungen vor, ob der Goldene Scheckenfalter in Schleswig-Holstein nachhaltig angesiedelt werden konnte? Wenn ja, welche ? Wenn nein, warum nicht? S. Antwort zu Frage 6. 10. Hat sich die Landesregierung seit 2012 finanziell an ähnlichen Artenschutzprojekten beteiligt? Wenn ja, welche? Bitte nach Jahren und Höhe der Beteiligung aufschlüsseln. Weitere Wiederansiedlungsmaßnahmen für in Schleswig-Holstein ausgestorbene Arten wurden im o.g. Zeitraum vom Land nicht gefördert. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/2723 5 Die Landesregierung hat seit 2012 im Rahmen des schleswig-holsteinischen Artenhilfsprogramms jedoch verschiedene Artenschutzprojekte gefördert oder unterstützt, die aber bezüglich der Ausrichtung oder des Umfangs nicht mit dem LIFE-Aurinia-Projekt vergleichbar sind.