SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/2727 18. Wahlperiode 2015-02-26 Kleine Anfrage des Abgeordneten Jens-Christian Magnussen (CDU) und Antwort der Landesregierung – Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Auswirkungen von NordLink auf die Netzkosten und Speicherkapazitäten Vorbemerkung Grundlage der Kleinen Anfrage sind die Medienberichte zur Vertragsunterzeichnung zum Bau des NordLink Kabels. 1. Welche Aufgaben in der Umsetzung und der Realisierung für einen erfolgrei- chen Bau hat die Landesregierung Schleswig-Holsteins zu erbringen? Die Landesregierung ist weder durch Aufgaben in der Umsetzung und der Realisierung noch in anderer Weise am Bau des unter der Bezeichnung NORD.LINK konzipierten Interkonnektors beteiligt. Die Realisierung des von der Landesregierung für den Trassenabschnitt im schleswig-holsteinischen Hoheitsgebiet genehmigten Interkonnektors obliegt allein einem Konsortium, an dem zu jeweils 50% der norwegische Übertra- gungsnetzbetreiber Statnett sowie die DC Nordseekabel GmbH & Co.KG be- teiligt sind. 2. Werden durch die Umsetzungsmaßnahmen Personal des Landes gebunden oder werden externe Dienstleister eingebunden? Drucksache 18/2727 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 Die dem Konsortium erteilten nationalen wie internationalen Genehmigungen berechtigen in keiner Weise die Landesregierung Schleswig-Holstein Bau- maßnahmen oder „Umsetzungsmaßnahmen“ zu übernehmen bzw. dazu Per- sonal des Landes einzusetzen. Ob und in welchem Umfang das Konsortium im Verlauf der mehrjährigen Realisierungsschritte ggf. gebührenpflichtige Amtshandlungen von Fachbehörden benötigen wird, ist derzeit nicht abseh- bar. Im Übrigen wird auf die Antwort zu 1 hingewiesen. 3. Wie viele Pumpspeicherkraftwerke mit welcher Speicherkapazität stehen der- zeit in GW in Norwegen für die Realisierung zur Speicherung des Windstroms aus Schleswig-Holstein zur Verfügung? Der Interkonnektor NORD.LINK stellt eine Verbindung mit dem norwegischen Übertragungsnetz her. Im Netzgebiet des norwegischen Übertragungsnetzbe- treibers stehen sehr hohe und regelbare Kapazitäten von Speicherwasser- kraftwerken zur Verfügung. Die Nutzung der in diesen Wasserkraftwerken ge- speicherten Wasserkraftreserven kann zurückgefahren werden, wenn über den Interkonnektor elektrische Energie importiert wird. Ob dabei ggf. auch Ka- pazitäten norwegischer Pumpspeicherkraftwerke genutzt werden, entzieht sich der Kenntnis der Landesregierung. 4. Wie viele Pumpspeicherkraftwerke mit welcher Leistungskapazität werden in Norwegen im Zuge des Projektes neu gebaut bzw neu ausgerüstet? Zur Anzahl bzw. zu den Kapazitäten der geplanten Pumpspeicherkraftwerke und den damit verbundenen energiepolitischen Erwägungen liegen der Lan- deregierung keine Angaben vor. Im Übrigen wird auf die Antwort zu 3 hinge- wiesen. 5. Gibt es analog zu den deutschen Netzentgelten, die die Pumpspeicherkraft- werke im "Aufladen" des Speichers als Verbraucher klassifizieren, derartige Regelungen im europäischen Netz auch, so dass die Kosten aus dem Nord- Link ggfs. auch für die deutschen Verbraucher anfallen? Nach den EU-Vorgaben zur Entflechtung ist das Geschäftsfeld des Netzbe- triebes, zu dem der Interkonnektor NORD.LINK zählt, vom Geschäftsfeld der Erzeugung und des Kraftwerksbetriebs zu trennen. Pumpspeicherkraftwerke bieten wie andere Kraftwerke ihre Leistung auf dem Strommarkt an, u.a. über Strombörsen. Lediglich im Einzelfall und auf vertraglicher Grundlage mit dem jeweiligen Netzbetreiber können Kraftwerke bzw. Pumpspeicherkraftwerke ih- re Leistungen alternativ zur Stabilisierung der Netzbetriebe zur Verfügung stel- len und in diesen Fällen an Stelle von Erträgen aus Strommarktgeschäften ei- ne Kostenerstattung durch den Netzbetreiber erhalten. Nur bei tatsächlicher Netznützlichkeit und Erforderlichkeit eines Einsatzes von Pumpspeicherkraft- 3 werken kann der Netzbetreiber die Kostenerstattungen an die Kraftwerksbe- treiber in die Netzkosten des jeweiligen Netzgebietes einkalkulieren bzw. bei der Bildung der Netzentgelte entsprechend berücksichtigen. Diese Kosten, wie sämtliche Kosten, die in den nationalen Netzen infolge der Durchleitung grenzüberschreitender Stromflüsse bzw. die für Bereitstellung der Netzinfra- struktur zur Durchleitung grenzüberschreitender Stromflüsse entstehen, sind in der EU nach einem ITC-Verfahren („Inter Transmission System Operator Compensation“) zuzuordnen bzw. auf- zuteilen. Nach dem sog. ITC-Mechanismus, geregelt in der EU-Verordnung 838/2010, findet zwischen den Übertragungsnetzbetreibern auf Basis eines ITC-Fonds ein Ausgleich statt für die Kosten, die ihnen durch grenzüberschreitende Elek- trizitätsflüsse (sog. Transite) über ihre Netze entstehen. Nach dem gegenwär- tigen Stand erhielten die vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber Kompen- sationen in Höhe von rund 42 Mio. Euro, wobei sie im Gegenzug rund 28 Mio. Euro an den Fonds leisten mussten mit der Folge, dass der Saldo in Höhe von 14 Mio. Euro zu einer Verringerung der Netzkosten bzw. der Netzentgelte bei- trug (Monitoringbericht 2014 der Bundesnetzagentur und des Bundeskartell- amtes, Grenzkuppelstellen, Kapitel I E 2.). Die EU-Regelungen gelten gemäß der Beschlüsse der European Free Trade Association (EFTA), der Norwegen angehört, auch in diesen Ländern. Danach sind auch die Kosten des Inter- konnektors NORD.LINK über den ITC-Fonds auszugleichen. Mit Blick auf den derzeitigen Ausgleich über den ITC-Fonds, dem eine mittlere verfügbare Übertragungskapazität über alle deutschen Grenzkuppelstellen hinweg von rund 21.000 MW zugrunde liegt, ist angesichts eines zukünftigen Zuwachses durch den Interkonnektor NORD.LINK mit einer Übertragungskapazität von 1.400 MW nicht zu erwarten, dass an Stelle einer Absenkung eine Erhöhung der Netzentgelte im Netzgebiet der TenneT TSO GmbH eintreten könnte. 6. Fallen für das NordLink-Kabel Netznutzungsentgelte an? Falls ja, wie und auf wen werden die Netzentgelte und die Netzerrichtungskos- ten umgelegt? Falls nein, bitte erläutern. Ja. DieTenneT TSO GmbH kann ihren Anteil der Projektkosten, rund die Hälf- te der für den Interkonnektor NORD.LINK aufzubringenden Investitionen, als sog. Investitionsmaßnahme nach § 23 Anreizregulierungsverordnung über ei- nen Zeitraum von 20 Jahren refinanzieren und die entsprechenden Jahreskos- ten in die Kalkulation der Gesamtnetzkosten der TenneT TSO GmbH bzw. in die Berechnung der jährlich anzupassenden Netzentgelte einstellen. Die von der TenneT TSO GmbH gebildeten Netzentgelte haben die Netznutzer zu leis- ten, die das Netz der TenneT TSO GmbH verbrauchsseitig nutzen. Dazu zäh- len insbesondere die nachgelagerten Verteilnetze. Zur kosten- bzw. netzent- geltdämfenden Wirkung des ITC-Verfahrens siehe Antwort zu 5. Drucksache 18/2727 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 4 7. Wie wirken sich der Trassenausbau auf deutschem Hoheitsgebiet bzw. die Trassenführung zwischen Küstenanlandung Büsum bis Umspannwerk Wilster auf die Netznutzungsentgelte aus, die in Dithmarschen und Steinburg zu zah- len sind? Netzentgelte werden nicht nach politischen bzw. staatlichen Verwaltungsbe- zirken, sondern von Netzunternehmen in ihrem jeweiligen Netzgebiet gebildet. Netzbetreiber, die in Dithmarschen und/oder in Steinburg tätig sind bzw. deren Netzgebiete sich auch über diese Kreise erstrecken, haben nicht nur die Kos- ten des jeweils eigenen Netzbereichs, sondern anteilig und gemäß einer Kos- tenwälzung über die Spannungsebenen bis hin zur Niederspannungsebene, auch die Kosten der sog. vorgelagerten Netzunternehmen einzustellen, in de- ren Netzbereich die jeweiligen Netze eingebunden sind. Zu diesen vorgelager- ten Netzunternehmen zählt die Tennet TSO GmbH. Die TenneT TSO GmbH hat in die Netzkosten bzw. Netzentgelte zukünftig anteilig auch die Kosten einzukalkulieren, die durch den Bau und die Beteiligung an dem Interkonnek- tor NORD.LINK nach Maßgabe des ITC-Verfahrens ausgelöst werden. Ob im ITC-Verfahren eine Aufschlüsselung der Kosten des Interkonnektors nach Trassenabschnitten erfolgt bzw. dabei Trassenabschnitte nach den Hoheits- gebieten von Bundesländern zu bilden sind, ist der Landesregierung nicht be- kannt. Im Einzelnen wird auf die Antwort zu 5 und 6 hingewiesen.