SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/ 2763 18. Wahlperiode 16. März 2015 Kleine Anfrage des Abgeordneten Wolfgang Dudda (PIRATEN) und Antwort der Landesregierung – Ministerin für Justiz, Kultur und Europa Medizinische Versorgung von Gefangenen 1. In welchem Umfang wird medizinische Versorgung in den Justizvollzugsanstalten des Landes vor Ort vorgehalten? Hinsichtlich des Personals wird um eine konkrete Angabe zu den vorhandenen Stellen gebeten. Ferner wird je Einrichtung um eine Angabe der Kosten für die Krankenbehandlung der Jahre 2010 bis 2014 gebeten. Antwort: Die ärztliche Versorgung der Gefangenen in den Justizvollzugseinrichtungen des Landes Schleswig-Holstein wird durch eine hauptamtliche Anstaltsärztin in der JVA Lübeck, einen hauptamtlichen Anstaltsarzt in der JVA Neumünster und einen hauptamtlichen Anstaltsarzt in der JVA Kiel gewährleistet. In der Jugendanstalt Schleswig, der JVA Flensburg, der JVA Itzehoe und der Jugendarrestanstalt Moltsfelde wird die medizinische Versorgung durch vertraglich gebundene Ärzte gewährleistet. Die hauptamtlichen Ärzte der JVA Lübeck, JVA Neumünster und der JVA Kiel sind von montags bis freitags im Dienst. Die vertraglich gebundenen Anstaltsärzte haben mehrmals wöchentlich Sprechstunden innerhalb der Justizvollzugseinrichtung. Neben den vereinbarten Sprechstundenzeiten stehen die Vertragsärzte bei Bedarf auch für weitere Behandlungen zur Verfügung. Die in den Medizinischen Bereichen eingesetzten Bediensteten des Allgemeinen Vollzugsdienstes verfügen größtenteils über eine Ausbildung zum Arzthelfer, Sanitäter, Rettungsassistent, Rettungssanitäter, Krankenpfleger bei Drucksache 18/ 2763 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 der Bundeswehr oder zum Gesundheits- und Krankenpfleger. Mit mindestens einer oder einem Sanitätsbediensteten ist der medizinische Bereich der JVA Lübeck 24 Stunden, der der JVAen Kiel und Neumünster jeden Tag mindestens zwischen 07.45 und 18 Uhr und der der Jugendanstalt Schleswig montags bis freitags von 06.30 Uhr bis 18.00 Uhr besetzt. Für die Besetzung von Bediensteten des allgemeinen Vollzugsdienstes mit entsprechender medizinischer Fachausbildung stehen in der JVA NMS 9 Stellen, in der JVA Kiel 5 Stellen und in der JVA Lübeck 12 Stellen zur Verfügung. In der JVA Flensburg ist während des Früh- und des Spätdienstes und in der JVA Itzehoe während des Frühdienstes immer ein Bediensteter des allgemeinen Vollzugsdienstes anwesend, der für den Lazarettdienst zuständig ist und daneben auch andere Aufgaben des Allgemeinen Vollzugsdienstes erfüllt. Außerhalb der Dienstzeit der Ärztinnen und Ärzte wird ein medizinisch auffälliger Gefangener immer dann durch einen Notarzt, Bereitschaftsarzt, Polizeiarzt versorgt oder einem Facharzt oder einem Krankenhaus vorgeführt, wenn keine Bedienstete oder kein Bediensteter sich zweifelsfrei in der Lage sieht, eine Erstversorgung vorzunehmen. Gesamte Kosten für Krankenbehandlungen innerhalb Schleswig-Holstein: Justizvollzugseinrichtung 2010 2011 2012 2013 2014 JVA Itzehoe 44,7 T€ 20,0 T€ 42,8 T€ 31,4 T€ 45,3 T€ JA Schleswig 61,2 T€ 69,3 T€ 86,6 T€ 85,7 T€ 75,1 T€ JVA Kiel 394,1 T€ 293,2 T€ 352,8 T€ 307,7 T€ 287 T€ JVA Neumünster 715,1 T€ 509,1 T€ 472,6 T€ 465,1 T€ 485,3 T€ JVA Lübeck 969,9 T€ 782,4 T€ 749,1 T€ 743,3 T€ 1.039 T€ JVA Flensburg 68,3 T € 64,5 T€ 79,8 T€ 93,9 T€ 80,8 T€ Gesamte Kosten für Krankenbehandlungen außerhalb Schleswig-Holstein: Außerhalb des Landes Schleswig-Holstein sind Kosten für die Unterbringung erkrankter Gefangener im Zentralkrankenhaus in Hamburg entstanden. Außerdem sind inbegriffen einzelne Unterbringungen in anderweitigen Krankenabteilungen anderer Bundesländer. Die Kosten werden nicht durch die jeweiligen Justizvollzugseinrichtungen erstattet, sondern zentral durch das Justizministerium. Eine Zuweisung der Kosten zu den jeweiligen Justizeinrichtungen hat nicht stattgefunden. 2010 2011 2012 2013 2014 588,6 T€ 518 T€ 422,8 T€ 403,6 T€ 380,9 T€ Drucksache 18/ 2763 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 3 2. Mit welchen externen medizinischen Leistungserbringern hat das Land Verträge zur Versorgung der Gefangenen in der Haftanstalt abgeschlossen, die sich nicht nur auf die Behandlung im Einzelfall beziehen? Wie ist der Umfang dieser Leistungen bestimmt (z.B. Sprechstunden in der Anstalt, Rufbereitschaften usw.)? Antwort: Justizvollzugseinrichtung Vertragspartner Umfang der Leistungen (Sprechstunde) JVA Itzehoe Vertragsarzt 3 x wöchentlich Sprechstunde, Rufbereitschaft JA Schleswig Vertragsarzt Zahnarzt 2- 3 Tage/Woche 1 Tag/Woche JVA Kiel Zahnarzt Augenoptiker 2 Tage/ Woche Sprechstunde Bei Bedarf innerhalb der JVA Kiel JVA Neumünster Zahnarzt Psychiatrische Ambulanz ZIP Vertretungsarzt Mind. 2 Tage/Woche 6 Std./ Woche 5 Tage/Woche JVA Lübeck Vertretungsärztin Zahnarzt 5 Tage/Woche, Rufbereitschaft 2 Tage/Woche JVA Flensburg Vertragsarzt Vertretungsarzt Zahnarzt 2 Tage/Woche 2 Tage/Woche 1 Tag/ Woche 3. Wie hoch waren die Kosten in den Jahren 2010 bis 2014 für Krankenbehandlung außerhalb der Einrichtungen? Wie viele Arbeitsstunden wurden für die Begleitung aufgewendet? Um eine Aufstellung nach Einrichtungen und soweit vorhanden nach Behandlungsorten und -gründen wird gebeten. Antwort: Die Kosten für Krankenbehandlungen außerhalb der Einrichtungen: Justizvollzugseinrichtung 2010 2011 2012 2013 2014 JVA Itzehoe 7,6 T€ 4,8 T€ 5,3 T€ 5,3 T€ 14,8 T€ JA Schleswig 10,8 T€ 10,6 T€ 12,9 T€ 10,9 T€ 16,7 T€ JVA Kiel 158,4 T€ 93,2 T€ 112 T€ 89,2 T€ 78,3 T€ JVA Neumünster 449,7 T€ 220 T€ 168 T€ 140,2 T€ 112,6 T€ Drucksache 18/ 2763 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 4 JVA Lübeck 550,3 T€ 348,4 T€ 289,4 T€ 283 T€ 255,4 T€ JVA Flensburg 18,1 T€ 13,2 T€ 16,8 T€ 27 T€ 18,1 T€ Die Höhe des Personaleinsatzes bei Krankenhausbewachungen und Facharztvorführungen ist der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen: Krankenhausbewachungen B e d ie n s te te A V D G e s a m ta rb e it s z e it * 2010 2011 2012 2013 2014 Einrichtung Anzahl Std. Anzahl Std. Anzahl Std. Anzahl Std. Anzahl Std. JVA Flensburg 37 61.050 78 37 180 282 197 JA Schleswig 79 130.350 92 0 49 0 426 JVA Kiel 113 189.840 879 933 1.593 1.426 517 JVA Neumünster 195 321.750 667 8.880 7.296 2.880 1.585 JVA Itzehoe 24 39.600 103 72 22 32 79 JVA Lübeck 230 379.500 5.553 6.363 7.495 6.606 3.023 *Es wird eine Gesamtarbeitszeit von 1.650 Stunden pro Bediensteten / Jahr zugrunde gelegt. Facharztvorführungen B e d ie n s te te A V D G e s a m ta rb e it s z e it * 2010 2011 2012 2013 2014 Einrichtung Anzahl Std. Anzahl Std. Anzahl Std. Anzahl Std. Anzahl Std. JVA Flensburg 37 61.050 184 187 272 236 235 JA Schleswig 79 130.350 95 173 218 149 151 JVA Kiel 113 189.840 860 827 776 800 974 JVA Neumünster 195 321.750 623 1.632 2.628 2.946 868 JVA Itzehoe 24 39.600 230 118 126 161 87 JVA Lübeck 230 379.500 2.818 5.000 4.300 3.500 1.635 *Es wird eine Gesamtarbeitszeit von 1.650 Stunden pro Bediensteten / Jahr zugrunde gelegt. Behandlungsorte und Behandlungsgründe werden nicht statistisch erhoben. Sie können daher nicht in der Aufstellung dargestellt werden. 4. Kann die bereits in der Haft notwendige Krankenbehandlung Gefangener verweigert werden, weil dieser in absehbarer Zeit aus der Haft entlassen wird? Wenn ja, auf welcher Rechtsgrundlage. Um die Beifügung der entsprechenden Dienstvorschriften wird gebeten. Antwort: Nein. Notwendige Krankenbehandlungen werden keinem Gefangenen verweigert. Gemäß § 58 StVollzG haben Gefangene Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Gemäß § 61 StVollzG gelten für die Art der Gesundheitsuntersuchungen und medizinischen Vorsorgeleistungen sowie für den Umfang dieser Leistungen und der Leistungen zur Krankenbehandlung einschließlich der Versorgung mit Hilfsmitteln die entsprechenden Vorschriften des Sozialgesetzbuches und die auf Grund dieser Vorschriften getroffenen Regelungen. Das Äquivalenzprinizip ist im StVollzG weitgehend umgesetzt Drucksache 18/ 2763 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 5 worden. Für die medizinische Versorgung inhaftierter Menschen gelten daher grundsätzlich die gleichen Maßstäbe wie für die Patienten der gesetzlichen Krankenversicherung. Ausschließlich bei der ärztlichen Behandlung zur sozialen Eingliederung gem. § 63 StVollzG besteht ein Ermessensspielraum. 5. Kann die Kostenübernahme einer medizinisch notwendigen Krankenbehandlung versagt werden? In welchen Konstellationen ist dies aus welchen Rechtsgründen zulässig? Um die Beifügung der entsprechenden Dienstvorschriften wird gebeten. Antwort: Nein. Die Kosten für medizinisch notwendige Krankenbehandlungen werden übernommen. 6. Wer ist für die Entscheidung über die Gewährung der Krankenbehandlung zuständig? Antwort: Über die Gewährung der Krankenbehandlung entscheidet die hauptamtliche Anstaltsärztin oder der hauptamtliche Anstaltsarzt. In den Anstalten ohne hauptamtliche ärztliche Versorgung entscheidet der Vertragsarzt über die Gewährung der Krankenbehandlung. 7. Ist die sachlich zuständige Person fachlich zur Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit der Behandlung befugt und qualifiziert? Soweit Unterschiede zwischen den Justizvollzugsanstalten existieren, wird um eine differenzierte Darstellung gebeten. Antwort: Die sachlich zuständige Person ist fachlich zur Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit der Behandlung befugt und qualifiziert. Es handelt sich bei den zuständigen Personen um ausgebildete Ärzte verschiedener Fachrichtungen, entweder mit einem hauptamtlichen Arbeitsplatz in einer Justizvollzugsanstalt oder um eine vertraglich gebundene Tätigkeit als Anstaltsärztin/-arzt. 8. Wie viele förmliche Beschwerden gab es in den Jahren 2010 bis 2014 jeweils, welche die Krankenbehandlung Gefangener betrafen? Es wird um eine Aufschlüsselung nach den Einrichtungen, der jeweiligen Stelle, an welche sich die Beschwerde richtete (z.B. Strafvollstreckungskammer), des aktuellen Verfahrensstandes sowie des Ausgangs des Verfahrens (Stattgabe der Beschwerde, Ablehnung usw.) gebeten. Antwort: Seit der Aufhebung des Vollzugsbeschwerdegesetzes zum 30.09.2009 werden förmliche Beschwerden nicht mehr durch das Ministerium, sondern als Anträge auf gerichtliche Entscheidung durch die jeweiligen örtlich zuständigen Strafvollstreckungskammern bzw. – zweitinstanzlich – durch das SchleswigHolsteinische Oberlandesgericht beschieden. Im Ministerium gehen lediglich Drucksache 18/ 2763 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 6 Dienstaufsichtsbeschwerden und Petitionen ein. Bis auf wenige Ausnahmen sind für die Bescheidung der Dienstaufsichtsbeschwerden die Leitungen der betreffenden Justizvollzugsanstalten zuständig, so dass die im Ministerium eingehenden Dienstaufsichtsbeschwerden in der Regel dorthin weitergeleitet werden. Gefangene richten aber auch Dienstaufsichtsbeschwerden direkt an die Anstalt. Im Sinne eines vollständigen Überblicks über Beschwerden, welche die Krankenbehandlung betreffen, werden im Folgenden alle drei genannten Formen von Eingaben, hinsichtlich der Petitionen und Dienstaufsichtsbeschwerden in Tabellenform dargestellt: 1) Förmliche Beschwerden Aus den Jahren 2010 bis 2014 existieren fünf förmliche Beschwerden, welche die Krankenbehandlung betreffen. Drei dieser Anträge auf gerichtliche Entscheidung richteten sich gegen die JVA Lübeck, zwei gegen die JVA Kiel. Seitens der zuständigen Strafvollstreckungskammern wurden sämtliche Anträge zurückgewiesen, davon drei als unbegründet, zwei als unzulässig. In drei Fällen – sämtliche Lübecker Fälle - legten die Gefangenen dagegen Rechtsbeschwerde ein. Alle diese Rechtsbeschwerden wurden seitens des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts als unzulässig verworfen. 2) Petitionen Jahr betroffene JVA Stattgabe Ablehnung Rücknahme 2010 Neumünster x Lübeck x Lübeck x 2011 Neumünster x 2012 Neumünster x Lübeck x Lübeck x 2013 Lübeck x Neumünster x Im Jahre 2014 waren keine einschlägigen Petitionen zu verzeichnen. 3) Dienstaufsichtsbeschwerden Jahr betroffene JVA Eingang der Eingabe in Stattgabe Ableh- nung Rück- nahme andere Erledigung 2010 Neumünster JVA NMS x Lübeck MJKE x Drucksache 18/ 2763 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 7 Lübeck MJKE x Lübeck MJKE x Lübeck JVA HL x Lübeck JVA HL x 2011 Kiel MJKE x Kiel MJKE x Kiel JVA KI x Kiel JVA KI x Neumünster MJKE x Neumünster JVA NMS x Neumünster JVA NMS x Lübeck MJKE x Lübeck MJKE x Lübeck MJKE x Lübeck JVA HL x 2012 Neumünster JVA NMS x Neumünster JVA NMS x Neumünster JVA NMS x Neumünster JVA NMS x Neumünster JVA NMS x Neumünster JVA NMS x Lübeck MJKE x Lübeck MJKE x 2013 Kiel MJKE x Kiel JVA KI x Kiel JVA KI x Neumünster MJKE x Neumünster MJKE x Neumünster MJKE x Neumünster JVA NMS x 2014 Kiel JVA KI x Neumünster JVA NMS x Neumünster JVA NMS x Neumünster JVA NMS x Neumünster JVA NMS x Neumünster JVA NMS x Lübeck MJKE x Lübeck MJKE x Drucksache 18/ 2763 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 8 Lübeck MJKE x Lübeck MJKE x